Hallo zusammen,
ich bin neu hier - und habe Tage damit verbracht,fast den kompletten Thread zu lesen. Es ist auf der einen Seite wahnsinnig interessant, die ganzen Geschichgten in ihren unterschiedlichen Verläufen zu verfolgen... und andererseits etwas erschreckend für mich, aber dazu später. Was ich erstmal vorweg schreiben möchte: Ic hfinde es total toll, wike sich die Menschen hier füreinander engagieren, teilweise seit Jahren, und ich habe den höchsten Respekt davor. An vielen Stellen hat es mir geholfen, die Erfahrungen anderer Angehöriger und auch Betroffener zu lesen.
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Mein Partner steckt seit gut vier Wochen tief in einer depressiven Episode - na gut, ging vermutlich vorher los, aber vor vier Wochen hat er eine Verabredung noch ziemlich normal abgesagt und das war es ab dann weitestgehend mit dem Kontakt zwischen uns. Wir kennen uns seit Januar durch eine gemeinsame Weiterbildung, sind seit Februar zusammen, der Kontaktabbruch erfolgte dann wie gesagt Anfangt/Mitte Juli. Es gtab Zukunftspläne, wir wollten zusammenziehen, haben Bewerbungen als Team zusammen geschrieben (sind beide im Theaterbereich, wenn auch mit völlig unterschiedlichen Hintergründen). Es war eine Fernbeziehung, wir haben uns aber wirklich häufig gesehen. Hatten beide das Gefühl, das hier ist es, was wir gesucht haben. Es war sehr intensiv, es hingen viele Pläne und viele Gefühle dran. Und dann von einem Tag auf den anderen bin ich auf fast nichts zurückgeworfen. Aber das kennen die meisten hier ja.
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Grundsätzlich muss ich sagen: Es gibt vieles, was für ihn spricht und was auch dafür spricht, bei ihm zu bleiben, obwohl ich gerade in der Luft hänge und unter der Situation leide.
- Fünf Tage, nachdem alles zusammengebrochen ist, haben wir telefoniert. Er hat recht offen gesagt, dass er am Ende ist und aus dieser Situation nur rauskommt, indem er einerseits das, was abzuarbeiten ist, abarbeitet und andererseits Hilfe von außen braucht. Er hat erzählt, dass er sich in den letzten Tagen bereits Hilfe gesucht hat (er hat das Reststundenkontigent bei seiner alten Therapeutin abgerufen und die hat wohl auch eine Überweisung zum Psychiater geschrieben). Er hat gesagt, es tut ihm leid, dass er die letzten Tage einfach verschwunden war. Als ich gefragt habe, ob er mich noch liebt, war die Antwort: Er glaubt schon, aber diese Panik in ihm würde gerade alles überlagern. Meine Frage, ob wir aus seiner Sicht überhaupt noch zusammen sind, beantwortete er mit: Ich weiuß, dass ich mich gerade nicht verhalte, wie ich mich verhalten müsste, aber das hier war ehrlich kein Versuch, mich zu trennen. Als ich fragte, mit welcher Diagnose er zum Psychiater überwiesen sei, sagte er, genau habe er nicht gefragt - wahrscheinlich mittelgradige depressive Episode, das sei so ein Klassiker bei ihm. Er hat sich also direkt Hilfe gesucht - und dass er offenbar unter Depressionen leidet und das auch weiß, hat er zwar nicht direkt gesagt, das konnte ich mir dann aber rückschließen.
- Er ist gerade in einer unglaublich belastenden Lebenssituation, unter der viele Menschen auch ohne depressive Vorgeschichte zusammenbrechen würden. Einerseits ist vor kurzem ein Rechtsstreit mit seinem früheren Arbeitgeber eingetreten, der potenziell seine Existenz bedroht und außerdem einige alte und sehr tiefe Wunden wieder aufgerissen hat. Andererseits hat er einen kleinen Sohn, der eine potenziell lebensbedrohliche Krankheit hat, und das entwickelt sich gerade nicht gut. Das alles ist zwei oder drei Wochen vor seinem Zusammenbruch passiert; er hat mir beides erzählt, das fiel ihm aber sichtlich schwer und er hat sich auch sehr auf die Fakten beschränkt. Das ist also eigentlich eine Situationn, die auch unabhängig von der Depression die Hölle ist und in der man Menschen eigentlich nicht allein lässt. Und die ich vor allem natürlich verstehe... keine Ahnung, wie ich da reagieren würde... es tut mir wahnsinnig leid, was er durchmachen muss.
Davon abgesehen ist er auf seiner aktuellen Arbeit gerade sehr überlastet und halst sich immer noch weitere Arbeiten auf, das wird auch seinen Teil beitragen. Ich weiß gut, wie das ist, ich hatte selbst mal einen Burnout und kenne die Denkmuster und das Hamsterrad... allerdings ist das dann der Part, den er aktiv ändern könnte, was er bisher nicht gemacht hat.
- Er hat sich anderthalb Wochen nach seinem Abtauchen auf ein Gespräch eingelassen - wahrscheinlich nur, weil er mir nicht aus dem Weg gehen konnte, weil wir Weiterbildungswochenende hatten, aber er hat. Wir sind zusammen Kaffeetrinken gegangen. Er hat da nochmal klar gesagt, er kann diese Nähe gerade nicht, er kann keinen um sich haben - er könnte gerade nur das machen, was für ihn existenziell ist, also die Arbeit und der Umgang mit seinem kleinen Sohn, alles andere ginge nicht. Er wirkte regelrecht erstaunt, dass sein Verhalten bei mir als Zurückweisung ankommt (ähm, ja...). Als ich ihm sagte, dass ich Verständnis haben und im Rahmen dessen, was er braucht, für ihn da sein möchte, es aber selber brauche, ab und zu von ihm zu hören, und sei es belangloses Zeug, weil ich mir sonst einzureden beginne, dass er halt einfach mit mir abgeschlossen hat, meinte er, das sei angekommen. ZWischendurch schüttelte er mal den Kopf und meinte etwas bitter: Wer hätte das gedacht, dass das alles so plötzlich zusammenbricht...
Ich glaube, er hat ehrlich selbst nicht damit gerechnet.
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Ich habe ihn nicht bedrängt, weder an dem Wochenende noch danach. Ich bin in der Woche darauf in Urlaub gefahren (wollten wir eigentlich zusammen machen...), habe den Trip spontan etwas verlängert und ihn gefragt, ob das für ihn passt, ob er weiterhin in Ruhe gelassen werden möchte - darauf hat er noch geantwortet und hat (auf meine Nachfrage) auch gesagt, dass er jetzt irgendein Medikament bekommt, aber erst noch Blutwerte usw. abgenommen werden müssen. Auf dem Weg zurück aus dem Urlaub, vor ca. einer Woche, habe ich ihm noch kurz geschrieben, dass ich jetzt auf dem Weg heim bin und ob wir in den nächsten zwei Tagen telefonieren könnten, ich hätte ein paar Fragen an ihn. In erster Linie wollte ich wissen, ob das jetzt tatsächlich diagnostiziert eine depressive Episode ist und wie seine bisherigen Erfahrungen damit sind.
Die Antwort kam sehr verspätet am Dienstag:
Liebe XX, es freur mich zu lesen,. dass der Urlaub gut getan hat. Und ich wünsche dir, dass es nachwirkt.
Ich werde erst in der zweiten Augusthälfte Urlaub nehmen können und dann mit (sein Sohn) sicher auch mal ein paar Tage wegfahren. Gerade ist er krank, nicht schlimm, aber halt on top. Im Moment kämpfe ich erstmal weiter mit mir selbst und mit der nicht endenden Arbeit und mit einem ewigen Schlafmangel. Ich glaube trotzdem, dass ich langsam Schritt für Schritt auch wieder zu einer gewissen Stabilisierung komme gerade. Auch weil im Rechtsstreit gerade wohl Ruhe vor dem Sturm herrscht. Aber auch, weil ich mit Hilfe der Therapeutin langsam etwas Klarheit in das Chaos bekomme, langsam beginne zu verstehen, warum ich gerade so wegkippe. Och möchte im Moment nicht telefonieren. Aber ich werde dir in den kommenden Tagen ausführlich schreiben, das verspreche ich. Ich denke, das wird vielleicht auch ein paar deiner Fragen klären. Es tut mir sehr leid, dass ich mit meinem Verhalten dir nicht gerecht werde. Aber ich bekomme es besser gerade nicht hin.
Ja... hat mir natürlich keine Klarheit gebracht und einerseits hat es mich für ihn gefreut, dass er sich stabiler fühlt, während es mir andererseits einen Stich gegeben hat, dass er dann Ende August Urlaub nimmt und mit seinem Sohn wegfährt... während ich gerade eigentlich noch mit ihm unterwegs sein sollte (und meinen spontan umgeplanten Urlaub dann eine Woche früher beendet habe)... aber ich hab mir gedacht, na gut, abwarten, und habe geantwortet, dass es schön ist, dass er das Gefüphl hat, stabiler zu sein und dass ich es nach wie vor toll finde, dass er sich direkt Hilfe gesucht hat. Dass es okay ist. Dass die Situation für mich zwar auch hart ist, dass ich mir Sorgen mache und Angst habe, ihn zu verlieren, dass ich ihm seinen Raum aber lassen möchte. Dass ich mich um mich kümmere und zwar nicht alles verstehe, aber vielleicht doch einiges. Dass ich ein Geburtstagsgeschenk für ihn habe und gerne wüsste, an welche Adresse ich es schicken kann, wenn ich darf. Und dass ich mich freue, wenn ich von ihm lese und ein Stück weit sehe, was in ihm vorgeht.
Tja. Bis jetzt nicht nur keine Reaktion, sondern er hat meine Nachrichten nichtmal gelesen. Am Sonntag hatte er dann Geburtstag und ich habe das Geschenk auf gut Glück an die Adresse geschickt, wo ich ihn vermutet habe, da ist es auch angekommen - aufgemacht hat er's wahrscheinlich nicht, jedenfalls keine Reaktion. Auf meine kurze und knappe Geburtstagsnachricht am Sonntag auch nicht.
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Und ganz ehrlich, ich drehe hier langsam durch, die Ungewissheit macht mich wahnsinnig. Ich habe keien Ahnung, was mit ihm ist, ich habe keine Ahnung, was mit uns ist. Ich schwanke zwischen stocksauer, mitfühlend und verzweifelt. Er war in den letzten Monaten immer für mich da, ich renne auch nicht gleich weg, wenbn es ihm schlecht geht - aber er sperrt mich auf eine Art aus, die mich von ihm entfremdet und mich extremen Gefühlen aussetzt, die ich so nicht mehr ewig aushalte. Einmal wirklich erklären, was jetzt gerade los ist. Einmal die Woche eine kurze Nachricht. Das würde schon reichen, um mich zu beruhigen und mir etwas Seelenfrieden zu geben. Stattdessen liest er meine Nachrichten nichtmal - von wegen Stabilisierung.
Ich habe so viel hier im Thread gelesen, den monatelangen Weg, den hier manche Partner:innen gegangen sind... das hat gereicht, um zu wissen: Das kann ich mir so für mich nicht vorstellen. Ich kann easy eine Weile lang zurückstecken, mich selbst ium mein Leben kümmern und da sein, wenn ich gebraucht werde, ich kann verstehen, ich kann mitfühlen, ich kann Raum geben und bei Bedarf zuhören. Aber niemals werde ich noch Wochen und Monate damit leben können, vollkommen in der Luft zu hängen. Ich bin selbst ein sehr direkter und konfrontativer Mensch, der Unstimmigkeiten und Spannungen immer sher schnell aus dem Weg räumt... un d das hier gerade ist die reine Folter für mich. Ich liebe ihn und ich glaube daran, dass wir zusammen etwas waren und immer noch sein können, mehr als allein; ich glaube daran, dass das passt, und ich habe schon lange niemanden mehzr auf diese Art gewollt, mich schon lange nicht mehr so konsequent für jemanden entschieden. Aber ich kämpfe mit der Ungewissheit. An jedem Tag.
Ganz ehrlich: Übertreibe ich? Im Vergleich zu dem, was Andere hier mitgemacht haben, bin ich erst kurz dabei - und mir scheitn auch, dass mein Partner im Vergleich zu vielen superreflektiert ist, sich sofort gekümmert hat und außerdem wirklich, wirklich in einer belastenden Situation steckt, auf die die Depression jetzt nur obendrauf kommt. Bin ich wirklich so ungeduldig, dass ich jetzt schon das Gefühl habe, dass ich das nicht mehr lange aushalte? Bin ich gefühllos oder egoistisch, dass ich jetzt schon über Trennung nachdenke, um diesem Gefühlschaos ein Ende zu machen?
Am liebstenb würde ich gerade einfach innerlich entspannen können. Darauf vertrauen, dass auf irgendeine Art alles gut wird, Ruhe in meine Achterbahn bringen. Ihn innerlich ein Stück weit loslassen.
Ich lese hier im Thread viel von Selbstfürsorge und das erscheint mir auch sehr sinnig. Aber wie zum Teufel macht man das so, dass es einem wirklich hilft? Ich habe selber eigentlich ein sehr aktives Leben und auch jetzt unternehme ich viel mit Freunden. Ich habe durch die Situation zwar leider ein paar gesundheitliche Probleme (vor allem Schlaflosigkeit), versuche aber trotzdem, lieb zu meinem Körper zu sein, mache Sport, gehe in die Sauna. Ich bin von Beruf Schriftstellerin und habe demnach mit dem Schreiben sowieso schonmal ein gutes Ventil - war selten so kreativ und habe soviel erschaffen. Unseren Urlaub hatten wir eigentlich zusammengeplant - ich bin stattdessen mit meinem besten Freund und seinem Sohn gefahren und habe dann noch einen Städtetrip drangehängt. Ich versuche zu meditieren. Und trotzdem - egal, was ich tue, dieser Mann füllt jeden verdammten gedanklichen Freiraum aus, der sich irgendwie bietet. Kaum habe ich mal zwanzig Sekunden Zeit. denke ich an ihn. Meine Gefühle fahren den ganzen Tag Achterbahn, ich schwanke zwischen Wut und tiefem Mitgefühl, ich schreibe eine Nachricht nach der anderen und schicke keine davon ab.
Ich will so nicht sein. Ich will gedanklich freier sein. Ich möchte mich lösen, ich möchte mein Leben leben. Ich möchte unabhängig und geduldig sein. Aber all diese Sachen, die ich mache, tun mir zwar sehr gut, helfen mir aber offenbar kein Stück dabei, dieses Ziel zu erreichen.
Wie stellt man das an? Kann ich daran irgendwie arbeiten oder bleibt mir wirklich nur die Trennung übrig?
Bin ich zu hart mit ihm? Oder zu nachsichtig?
Ach, ich weiß gar nichts mehr...
Danke, dass ihr euch diesen Roman angetan habt.
08.08.2023 14:31 •
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