Angst als Sozialschmarotzer dargestellt zu werden

R
Hallo.

Zur Zeit ist es so das ich in ner Selbsthilfegruppe für Soziale Phobie bin. Die meisten haben eine Arbeit. Ich dagegen bin schon länger arbeitslos. Habe es bisher nicht mehr geschafft auf den 1. Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Aus dem Grund fühle ich mich oft unterlegen. Und diese Gefühle hindern mich weiter zu machen.

Ich hab mal länger darüber nachgedacht und bemerkt das es nicht daran an sich liegt, sondern das es oft so ist das wenn jemand etwas besser kann oder hat als ich, ich dann mich unterlegen fühle. Das war auch schon in der Ausbildung so. Und da hatte ich ja schließlich Arbeit.

Aber gerade bei dem Thema weiß ich oft nicht wie ich reagieren soll. Habe Angst als Sozialschmarotzer dargestellt zu werden. Was ja eigentlich Blödsinn ist, da ich aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann. Aber leider wird man nur all zu schnell in eine Schublade gesteckt.

Kennt jemand von euch auch solche Gefühle?

Wie geht Ihr damit um?

21.11.2011 15:07 • #1


M
Hallo RipEnke,
Zitat:
Habe Angst als Sozialschmarotzer dargestellt zu werden. Was ja eigentlich Blödsinn ist, da ich aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann. Aber leider wird man nur all zu schnell in eine Schublade gesteckt.
ist das eine reine Vermutung von dir, dass man dich so sieht oder hat man es dir gegenüber direkt gesagt ?

21.11.2011 18:15 • #2


A


Hallo RipEnke,

Angst als Sozialschmarotzer dargestellt zu werden

x 3#3


Sarah
Das wäre auch meine Frage gewesen. Häufig malt man sich die Meinung der anderen ja deutlich negativer aus, als diese tatsächlich sind. Gerade der geschützte Raum einer SHG wäre doch eine Möglichkeit, genau diese Bedenken anzusprechen.

Haben andere Mitglieder der Gruppe dort vielleicht schon einmal den Gedanken eingebracht, aus der Gruppe aussteigen zu wollen - aus welchen Gründen auch immer? Und wie hat die Gruppe und auch du persönlich darauf reagiert?

Liebe Grüße

Sarah

21.11.2011 20:40 • #3


R
Zitat von Sarah:
Das wäre auch meine Frage gewesen. Häufig malt man sich die Meinung der anderen ja deutlich negativer aus, als diese tatsächlich sind. Gerade der geschützte Raum einer SHG wäre doch eine Möglichkeit, genau diese Bedenken anzusprechen.


Also nein. Niemand hat mich bisher als Sozialschmarotzer in der Gruppe dargestellt. Es war am Anfang so das einer aus der Gruppe mir öfter vorgeschlagen hat was ich machen könnte. Ich empfand dies irgendwie zu sehr als Einmischung. Da ich ihm diesbezüglich nicht um einen Rat gefragt habe. Wahrscheinlich meinte er es nur gut. Ihm hab ich dann aber erklärt warum es mir mit Arbeit so schwer fällt. Es sind hauptsächlich die Depressionen, die dies erschweren. Er kennt keine Depressionen, wie ich sie habe. Er ist im Gegenteil jemand mit viel Tatendrang. Das hat er mir auch erklärt. Es gibt auch noch eine in der Gruppe, der es ähnlich wie mir ergeht. Mit Ihr versuche ich nun öfter Kontakt zu halten um mich auszutauschen.

Trotzdem weiß ich nicht wie ich am besten darauf reagieren kann, wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache. Vor allem auch wenn ich normale Leute treffe. Zum Beispiel Freunde von Freunden oder so.

Zitat von Sarah:
Haben andere Mitglieder der Gruppe dort vielleicht schon einmal den Gedanken eingebracht, aus der Gruppe aussteigen zu wollen - aus welchen Gründen auch immer? Und wie hat die Gruppe und auch du persönlich darauf reagiert?


Nein. Bisher war es eher so das der ein oder andere nicht mehr gekommen ist ohne den Grund mitzuteilen.

22.11.2011 01:48 • #4


Sarah
Zitat von RipEnke:
Trotzdem weiß ich nicht wie ich am besten darauf reagieren kann, wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache. Vor allem auch wenn ich normale Leute treffe. Zum Beispiel Freunde von Freunden oder so.


Wie wäre es mit Ehrlichkeit? Arbeitslosigkeit ist ja heutzutage kein Einzelschicksal - du teilst sie mit mehreren Millionen anderen in der gleichen Situation. Und wenn jemand weiter fragt kannst du ja auch sagen, dass du aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen gerade keine neue Stelle findest.

22.11.2011 08:34 • #5


R
Zitat von Sarah:
Wie wäre es mit Ehrlichkeit? Arbeitslosigkeit ist ja heutzutage kein Einzelschicksal - du teilst sie mit mehreren Millionen anderen in der gleichen Situation. Und wenn jemand weiter fragt kannst du ja auch sagen, dass du aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen gerade keine neue Stelle findest.


Stimmt. Ich kann ja sagen aus gesundheitlichen Problemen und wenn gefragt wird was für Probleme das sind kann ich sagen das ich darüber nicht sprechen möchte. Schließlich kennt man sich kaum.

23.11.2011 14:34 • #6


Sarah
Zitat von RipEnke:
Stimmt. Ich kann ja sagen aus gesundheitlichen Problemen und wenn gefragt wird was für Probleme das sind kann ich sagen das ich darüber nicht sprechen möchte. Schließlich kennt man sich kaum.


Genau Wobei ich relativ offen mit meiner Erkrankung umgehe und die meisten Menschen damit besser umgehen als man denkt

23.11.2011 18:25 • #7


R
Zitat von Sarah:
Genau Wobei ich relativ offen mit meiner Erkrankung umgehe und die meisten Menschen damit besser umgehen als man denkt


Ja? Was sagst du dann zu den Menschen?

24.11.2011 01:09 • #8


Sarah
Zitat von RipEnke:

Ja? Was sagst du dann zu den Menschen?


Kommt auf den Zusammenhang an. Meine Kollegen wissen alle, dass ich Montags später komme und Mittwochs zwischendurch für 1,5 Stunden aus dem Büro verschwinde, weil ich zu meiner Therapeutin fragen. Meine Chefs wissen es schon deutlich länger.

Einer Bekannten habe ich es irgendwann auch gesagt, da sie mich schon das ein oder andere Mal zu einem Spieleabend oder ähnliches eingeladen hat. Ich habe immer abgesagt, da ich Schiss habe, bei anderen Leuten in die Wohnung zu gehen Damit sie das nicht als Desinteresse wertet, habe ich ihr gesagt, dass ich in dem Bereich einfach gehandicapt bin und sie das bitte nicht falsch verstehen solle. Meine Tanzlehrerin hat mich irgendwann mal gefragt, warum ich mich häufig so aufstelle, dass ich mich nicht im Spiegel sehe. Warum hätte ich sie anlügen sollen?

Wie gesagt, ich mache es von der Situation abhängig. Denn ich weiß, dass manche meiner Verhaltensweisen sonst im zwischenmenschlichen Kontakt schnell falsch aufgefasst werden können. Und damit würde ich mir das verbauen, was ich am liebsten möchte und was mir am schwersten fällt - vertrauensvolle, zwischenmenschliche Beziehungen. Wobei ich es auch nicht jedem flüchtigen Bekannten auf die Nase binde, sondern nur Menschen, an denen ich interessiert bin und bei denen ich das Gefühl habe, ihnen vertrauen zu können.

24.11.2011 09:22 • #9


R
Das klingt echt gut. Bisher habe ich (außer Psychologen und meiner Arbeitsberatung) noch nie jemand außerhalb der SP-Gruppe von der SP oder Depression erzählt. Ich denke immer Sie würden es nicht verstehen und ablehnend oder sogar Schroff reagieren. Gerade auf der Arbeit hätt ich damit die größten Probleme.

Selbst Leute die ähnliche Probleme haben, haben oftmals Schwierigkeiten mich zu verstehen. Meine Mutter und mein Bruder wünschen sich gerne das ich am Weihnachten zu Ihnen komme. Aber da ich dort kein eigenes Zimmer mehr habe und damit keinen Rückzugsort schaffe ich das nicht. Dort herrscht eine schlechte Atmosphäre. Meine Mutter und mein Bruder streiten sich des öfteren, da er immer noch (mit 35 Jahren) dort lebt und das auf ihre Kosten.

Ich hab Ihnen schon zig mal gesagt das ich mich bei Ihnen so nicht wohlfühle und letztens hat mein Bruder ernsthaft mir vorgeworfen das ich herzlos wäre? Obwohl er meine Mutter ausnimmt soll ich der herzlose sein. Ich hab meiner Mutter und Ihm nochmal deutlich gesagt das ich das nicht kann und das wenn Sie mich sehen wollen zu mir fahren sollen. Da mein Bruder das ganze Geld verbraucht ist es klar das Sie sich's nicht leisten können. Ich hoffe das Sie nach meinen deutlichen Worten endlich meine Entscheidung akzeptieren.

Ich hab Ihnen auch gesagt das ich verstehen kann das Sie mich sehen wollen. Aber mich müssten Sie auch verstehen.

Ich komme mir vor als müsste ich mich ständig verteidigen was meine Erkrankung betrifft. Ein Rollstuhlfahrer muss doch auch nur einmal sagen das er aufgrund von Treppen dort nicht hingehen kann. Das ist gleich verständlich.

24.11.2011 13:32 • #10


Sarah
Zitat von RipEnke:
Das klingt echt gut. Bisher habe ich (außer Psychologen und meiner Arbeitsberatung) noch nie jemand außerhalb der SP-Gruppe von der SP oder Depression erzählt. Ich denke immer Sie würden es nicht verstehen und ablehnend oder sogar Schroff reagieren. Gerade auf der Arbeit hätt ich damit die größten Probleme.


Naja, es muss schon eine gewisse Vertrauensbasis da sein, um andere Leute einzuweihen. Aber zum Glück arbeite ich inzwischen in einem tollen Team. Ich würde denen zwar nicht unbedingt mein Herz ausschütten und sie auch nicht als Freunde bezeichnen. Trotzdem vertraue ich ihnen soweit, dass sie mit der Info nicht hausieren gehen würden, mich damit aufziehen oder sonstwas machen.

Zitat:
Ich hab Ihnen schon zig mal gesagt das ich mich bei Ihnen so nicht wohlfühle und letztens hat mein Bruder ernsthaft mir vorgeworfen das ich herzlos wäre? Obwohl er meine Mutter ausnimmt soll ich der herzlose sein. Ich hab meiner Mutter und Ihm nochmal deutlich gesagt das ich das nicht kann und das wenn Sie mich sehen wollen zu mir fahren sollen. Da mein Bruder das ganze Geld verbraucht ist es klar das Sie sich's nicht leisten können. Ich hoffe das Sie nach meinen deutlichen Worten endlich meine Entscheidung akzeptieren.

Ich hab Ihnen auch gesagt das ich verstehen kann das Sie mich sehen wollen. Aber mich müssten Sie auch verstehen.


So eine Situation ist natürlich blöd für dich Und ich muss zugeben, dass ich auch eine Person habe, die mich nicht verstehen kann - dummerweise ist es mein Vater Aber bei ihm weiß ich auch, dass es keine böse Absicht ist. Er versucht wirklich mich zu verstehen, verhält sich dann aber die ein ELefant im Porzelanladen. Das macht den Umgang für mich nicht unbedingt einfach. Aber ich weiß, dass er eigentlich versucht, mich zu verstehen und sich richtig zu verhalten. Daher versuche ich, manche Fettnäpfchentritte einfach zu übersehen - was mir bei Weitem nicht immer gelingt. Daher ist das Verhältnis im Moment relativ distanziert - was weder er noch ich gut finden. Ich hoffe mal, dass sich das irgendwann wieder verändert.

Zitat:
Ich komme mir vor als müsste ich mich ständig verteidigen was meine Erkrankung betrifft. Ein Rollstuhlfahrer muss doch auch nur einmal sagen das er aufgrund von Treppen dort nicht hingehen kann. Das ist gleich verständlich.


Und ich denke, dass das Verstehen wirklich das Problem ist. Ein Rollstuhl ist etwas offensichtliches - das versteht jeder. Aber die Probleme und EInschränkungen, die man bei einer psychischen Erkrankung hat. Denn sie sind einfach nicht leicht nachzuvollziehen. Das weiß ich auch aus verschiedenen Gesprächen. Dort erlebe ich oft eine Art Neugier, denn die Leute können sich kaum nachvollziehen, dass ich extrem angespannt bin, wenn ich bei anderen Leuten (auch Freunden) in der Wohnung bin.

Dieses Nicht-Verstehen-Können (was meiner Meinung nach nicht mit Nicht-Verstehen-Wollen zu tun hat) macht das Leben für psychisch erkrankte noch schwieriger, als es eh schon ist. Daher stehe ich immer wieder für Fragen zru Verfügung. Die Leute können ihrer Neugier bei mir unverhohlen ihren Lauf lassen. Denn vielleicht erreiche ich so ein winziges bisschen mehr Verständnis. Das dürfte zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, aber viele kleine Schritte führen auch zum Ziel.

27.11.2011 12:07 • #11


R
Zitat von Sarah:
Naja, es muss schon eine gewisse Vertrauensbasis da sein, um andere Leute einzuweihen. Aber zum Glück arbeite ich inzwischen in einem tollen Team. Ich würde denen zwar nicht unbedingt mein Herz ausschütten und sie auch nicht als Freunde bezeichnen. Trotzdem vertraue ich ihnen soweit, dass sie mit der Info nicht hausieren gehen würden, mich damit aufziehen oder sonstwas machen.


Ich komm zu euch. Das klingt ja super. ;) Darf ich fragen, als was du arbeitest?

Zitat von Sarah:
So eine Situation ist natürlich blöd für dich Und ich muss zugeben, dass ich auch eine Person habe, die mich nicht verstehen kann - dummerweise ist es mein Vater Aber bei ihm weiß ich auch, dass es keine böse Absicht ist. Er versucht wirklich mich zu verstehen, verhält sich dann aber die ein ELefant im Porzelanladen. Das macht den Umgang für mich nicht unbedingt einfach. Aber ich weiß, dass er eigentlich versucht, mich zu verstehen und sich richtig zu verhalten. Daher versuche ich, manche Fettnäpfchentritte einfach zu übersehen - was mir bei Weitem nicht immer gelingt. Daher ist das Verhältnis im Moment relativ distanziert - was weder er noch ich gut finden. Ich hoffe mal, dass sich das irgendwann wieder verändert.


War bei meinem Vater ganz genau so. Letztlich wurde er schon fast schüchtern im Umgang mit mir.

Zitat von Sarah:
Und ich denke, dass das Verstehen wirklich das Problem ist. Ein Rollstuhl ist etwas offensichtliches - das versteht jeder. Aber die Probleme und EInschränkungen, die man bei einer psychischen Erkrankung hat. Denn sie sind einfach nicht leicht nachzuvollziehen. Das weiß ich auch aus verschiedenen Gesprächen. Dort erlebe ich oft eine Art Neugier, denn die Leute können sich kaum nachvollziehen, dass ich extrem angespannt bin, wenn ich bei anderen Leuten (auch Freunden) in der Wohnung bin.


Ja. Man versteht sich manchmal selbst kaum. Das man mein Verhalten nicht immer nachvollziehen kann ist mir eigentlich verständlich. Ich habe auch schon Leute kennengelernt, die z. B. Schizophren waren und auf einmal in Ihrer eigenen Welt eintauchten und wirres Zeug redeten. Das war für mich erst mal auch ziemlich verwirrend.

Zitat von Sarah:
Dieses Nicht-Verstehen-Können (was meiner Meinung nach nicht mit Nicht-Verstehen-Wollen zu tun hat) macht das Leben für psychisch erkrankte noch schwieriger, als es eh schon ist. Daher stehe ich immer wieder für Fragen zru Verfügung. Die Leute können ihrer Neugier bei mir unverhohlen ihren Lauf lassen. Denn vielleicht erreiche ich so ein winziges bisschen mehr Verständnis. Das dürfte zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, aber viele kleine Schritte führen auch zum Ziel.


Ich finde es bemerkenswert wie offen du mit deiner Erkrankung umgehst.

Ich sollte mal bei einem begleiteten Praktikum mitmachen, wo man entscheiden konnte, ob offen über die Erkrankung gesprochen werden kann. Ich konnte mir aber nicht vorstellen wie das funktionieren soll? Aber wenn ichs mir recht überlege hatte ich Angst davor wie darauf reagiert wird. Ich hatte Angst vor negativen Reaktionen und negativen Bewertungen.

Wie war das auf deiner Arbeit? Wie kams das die Kollegen über deine Erkrankung Bescheid wissen? Bzw. warum hast du es angesprochen?

30.11.2011 15:43 • #12


Sarah
Für mich gab es vor allem zwei Gründe, den überwiegenden Teil meiner Kollegen einzuweihen.

Zum einen ist es so, dass mein Therapietermine innerhalb meiner Arbeitszeit liegt. Das ist aufgrund von Gleitzeit möglich - und mein Chef hatte damit von Anfang an weniger Probleme damit als ich. Ich hatte einfach Schiss, was die wohl denken, wenn ich Montags immer erst um halb elf komme statt wie sonst um sieben. Und wenn ich Mittwochs zwischendurch für 1,5 Stunden verschwinde - und manchmal etwas neben der Spur bin, wenn ich wieder komme Bei solchen Gedanken bin ich äußerst kreativ und male mir die übelsten Geschichten aus - schlimmer als es wohl jemals realistisch gekomme wäre. Dadurch das fast alle eingeweiht sind muss ich mir diese Sorgen nicht machen. Und meine Kollegen wissen auch, dass sie mich in solchen Momenten einfach am Besten in Ruhe lassen.

Der andere Grund für meine Offenheit ist ein eher rationaler. Am Anfang hatte ich selbst große Probleme mit meiner Erkrankung. Ich habe mich ihrer geschämt, wollte sie um jeden Preis verbergen. Für mich waren psychische Erkrankungen ein großes Tabu. Inzwischen stehe ich zu meiner Krankheit. Und der einzige Weg, um ein Tabu zu bekämpfen, ist offene Information. Und für diese Kommunikation braucht es Betroffene, die auch bereit sind, darüber zu reden. Ich habe da kein Problem mit, also versuche ich, das Leben mit einer psychischen Erkrankung verständlicher zu machen. Denn für Verständnis braucht es Verstehen - das habe ich ja oben schon geschrieben.

Ich hatte wahrscheinlich bisher einfach viel Glück, dass ich bisher eigentlich nur positive Reaktionen erlebt habe.

Ach ja, ich arbeite bei einer Versicherung im Bereich Vertriebsunterstützung/Vertriebssteuerung. Also nicht unbedingt ein Bereich, in dem man mit einer Ansammlung von Gutmenschen rechnen würde

01.12.2011 21:40 • #13


Anima
Ich hatte die selbsen Ängste. Allerdings habe auch ich irgendwann einmal die Entscheidung getroffen, in die Offensive zu gehen. Was folgte war dann eine gewisse Betroffenheit und war auch so weit offen, dass mich Kollegen gefragt haben, was ich fühlen kann, wie es mir dann geht usw. Sie meinten, davon nichts gemerkt zu haben. Das Arbeiten jetzt ist zwar immer noch schwer aber mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.

Sprechen konnte ich allerdings nur mit den direkten Kollegen, darüber hinaus - nö. Ein Teil des Teams sein zu können, das ist wichtig.

Anima

02.12.2011 16:56 • #14


R
Ich finde es toll zu hören das es möglich ist offen mit der Erkrankung umzugehen. Meine Einstellung war und ist eigentlich auch offen damit umzugehen und sich derer nicht zu schämen. Um so erschreckter war ich das es in meiner Selbsthilfegruppe niemand gibt der offen auf der Arbeit das ansprechen würde. Die meisten machen ein extremes Geheimnis daraus und fürchten, wenn der Arbeitgeber was davon erfährt, entlassen zu werden. Ich würde gerne mehr Erfahrungen aus dem Arbeitsleben hören. Es könnte mir Mut machen. :)

06.12.2011 09:48 • #15


Anima
Ich schäme mich immer weniger, seit ich darüber offen spreche. Es war sogar eher der Fall, dass meine Art, damit umzugehen, richtig anerkannt wurde, die Sorge um Ablehnung war unbegründet, auch wenn ich wirklich damit gerechnet habe. Meine Offenheit hatte Wind aus den Segeln genommen.

Gerade wenn man merkt, dass diese Krankheit die Arbeitskraft beeinflusst, man dagegen ankämpt und nicht als faul oder lustlos angesehen werden möchte. Bei mir war das so! Die Vorgesetzten dachten, ich hätte keine Lust und wolle mich nicht für meine Arbeit einsetzen. Die wussten nicht, wie fertig ich war und bin, wenn ich nach Hause komme, dass die Konzentration den Bach runter geht. Jetzt wissen die Kollegen im engsten Kreis Bescheid und auch noch ein Vorgesetzter darüber. Kein blöder Kommentar kommt mehr, im Gegenteil. Ich wurde sogar gefragt, was da in einem vor geht.

Wichtig ist eben auch, dass man zeigt, wie man die Krankheit bekämpft: Bei mir wird es zunächst der Klinikaufenthalt. Wir haben verabredet, dass ich den Kontakt halte und meine Kollegen wissen, wie lange ich dann ausfalle, wie der weitere Weg geht. Jetzt wurde schon im Vorfeld eine zusätzliche Kraft geordert, das ist gut so.

06.12.2011 10:45 • #16


Sarah
Zitat von RipEnke:
Ich finde es toll zu hören das es möglich ist offen mit der Erkrankung umzugehen. Meine Einstellung war und ist eigentlich auch offen damit umzugehen und sich derer nicht zu schämen. Um so erschreckter war ich das es in meiner Selbsthilfegruppe niemand gibt der offen auf der Arbeit das ansprechen würde. Die meisten machen ein extremes Geheimnis daraus und fürchten, wenn der Arbeitgeber was davon erfährt, entlassen zu werden. Ich würde gerne mehr Erfahrungen aus dem Arbeitsleben hören. Es könnte mir Mut machen. :)


Ich denke es ist kein Allheilmittel und auch nicht der richtige Weg für jeden, am Arbeitsplatz mehr oder weniger offen damit umzugehen. Mein letzter Chef war in vielerlei Hinsicht ein Idiot. Er wusste auch Bescheid, da ich anders keine Therapietermine hätte wahrnehmen kkönnen. Und er konnte gar nicht damit umgehen. Es passierte gerne mal, dass ich leicht neben der Spur von einer Stunde beim Couchologen wieder ins Büro kam und er mich 10 Minuten später zum Anpfiff ins Büro gerufen hat. Aber er war in jederlei Hinsicht ein Idiot und hatte die soziale Kompetenz eines Betonträgers - wobei ich dem Betonträger damit wohl sogar Unrecht tue

Damit der offene Umgang mit der Krankheit einem weiterhilft und mehr schadet als nützt müssen einige Punkte gegeben sein. Zum einen muss man selber seine Krankheit akzeptieren und mit ihr Umgehen können. Zum anderen muss auch das berufliche Umfeld stimmen. Man muss ein gewisses Vertrauen zu seinen Kollegen haben, die man einweihen will. Und auch zum eigenen Vorgesetzten sollte man ein gewisses Vertrauensverhältnis haben.

09.12.2011 11:11 • #17


Pyxidis
Nach meinem zweiten Zusammenbruch mit halb jährlicher Fehlzeit habe ich meinen Chef und dei Personalfrau eingeweiht. Als ich dann während der Wiedereingliederung Panikattacken am Arbeitsplatz bekommen habe, haben mich beide so dermaßen ünterstützt, daß ich die Attacken überwinden konnte und weiter an meinem Arbeitsplatz arbeiten konnte. Ich bin beiden sehr dankbar und habe daher auch sehr gute Erfahrungen gemacht mit einem offenen Umgang am Arbeitsplatz. Allerdings habe ich meine Kollegen nicht eingeweiht.

Scorpio

27.12.2011 13:34 • #18


R
Danke für die zahlreichen Antworten. Ich habe viel daraus ziehen können das mir Mut macht. Deswegen habe ich auch vor gleich Offensiv mit der Erkrankung umzugehen. Im Moment wird Entschieden, ob ich ein berufliches Trainingszentrum bezahlt bekomme. Dort werden viele berufliche Situationen simuliert und entsprechende Reaktionsweisen gelernt. Ebenso Belastung und Stressfähigkeit, soziale Kompetenzen, etc.

22.01.2012 14:40 • #19


Anima
Ich habe da eine ganz dumme Frage: Was ist ein berufliches Trainingszentrum? Davon habe ich bisher noch nichts gehört!

22.01.2012 19:15 • #20


Albarracin
Experte

22.01.2012 19:40 • #21


R
Ja das ist so etwas ähnliches was Albarracin geschrieben hat. Die genaue Bezeichnung lautet Berufliches Trainingszentrum Rhein-Neckar. Gibt auch ne Webseite. Aber wenn ich hier nen Link poste verschwindet er ja gleich wieder. Also einfach mal googlen.

24.01.2012 18:35 • #22


Albarracin
Experte

24.01.2012 20:39 • #23


A


Hallo RipEnke,

x 4#24


R
Achso. Wusst ich net. Ich dachte externe Links wären Standardmäßig net erlaubt. War auch net bös gemeint. Na dann versuch ich mal mein Glück: http://www.btz-rhein-neckar.de/

26.01.2012 16:48 • #24

Pfeil rechts




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