Zitat von TomdeLong:Ich glaube nicht, dass es in anderen Jobs soviel anders ist. Jeder kämpft unterschwellig um seine Existenz, gerade in heutigen Zeiten... Die einen strampeln, und andere machen es mit unfairen Mitteln, so meine Erfahrungen auch in anderen Branchen. Wenn's um den Lebensunterhalt geht es halt zu, wie in der Wildnis! ...
Wir alle mussten uns auf unsere Positionen kämpfen. Davon nehme ich mich auch nicht aus und ja, mich mögen bestimmt auch nicht alle, weil jede wahrgenommene Chance auch Missgunst bei anderen hervorruft, die sich nicht durchsetzen konnten. Meine jetzige Abteilung war früher toll. Ein wertschätzendes miteinander, in dem man selbst große Probleme professionell löste, war normal. Ich sage immer: Niveau ist keine Creme. Egal in welcher Gehaltsgruppe du bist, der Umgang miteinander muss passen. Deshalb bin ich so lange geblieben. Immerhin 6 Jahre, nur passt der Umgang leider nicht mehr.
Die schöne neue Arbeitswelt mit sinnfreien Agilitätsvorgaben, absurden Besetzungsverfahren und nicht zu vergessen völlig unbedarften Menschen, die für Führungsaufgaben Freunde und Familie einstellen, sorgen regelmäßig nicht nur bei mir für Frust. Die neue Struktur bei uns beruht auf Seilschaften - so nannten das unsere ostdeutschen Kollegen früher. Da wird einer der Gruppe Führungskraft und holt seine Leute nach. Ein kleines Beispiel aus meiner jetzigen Abteilung. Wir haben einen Kollegen als obersten Chef bekommen, der gleich mal einen neuen Bereichsleiter eingestellt hat. Beide sind vor der Grenzöffnung im Osten in dem selben Ort aufgewachsen. Die kannten eine Kollegin ohne IT-Bezug, die, wie sollte es auch anders sein, ebenfalls aus diesem Ort kommt. Das kling wie ein komischer Zufall. Bedenkt man jedoch, dass die Frau ohne IT-Bezug dann plötzlich eine IT-Ingenieurstelle in unserer Abteilung bekam, ist das schon extrem. Sie kannte nun wieder einen Kollegen aus ihrer Heimat, den sie trotz der Aussage es gäbe keine 100 Prozent Homeoffice stellen, zu uns auf ihrer Stellenhöhe ohne Anwesenheitspflicht rein brachte. Das sind nur Auszüge aus meiner Abteilung, in der zusätzlich noch die Behinderten- und Frauenquote wichtiger ist, als Qualifikation, weil man die bei anderen ja einfach abfragen kann. Ist aber im ganzen Systemhaus so...
Manchmal denke ich mir wie schade es ist, was diese permanenten Umstrukturierungen anrichten. Wir werden jetzt bereits 3 Jahre neu strukturiert - immer wenn ein neuer Chef kommt. Ob Systemhaus oder im Geschäftsbereich - wir müssen immer etwas einführen, das in dessen Lebenslauf gut aussieht. Unser neuer Leitsatz ist (kein Scherz) Chaos Engineering - also alles bewährte einreißen und mit Menschen ohne Fachbezug wieder aufbauen; hoffend, es wäre danach besser, um nach viel Geld und PT festzustellen, dass der alte Prozess sinniger war. Trotz dieser Einsicht darf oft nicht zurückgegangen werden, weil sonst eine schon auf dem Papier unsinnige Vorgabe nicht eingehalten wird, was man dann wieder erklären müsste.
Aber gut, so spielt einem das Leben eben immer wieder seltsame Scherze, auf die ich eines Tages vielleicht lächelnd zurücksehe. Heute aber ärgert es mich einfach nur.