Julie_Norden
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ich habe ein sehr diffuses Problem, bei dem bislang weder Medikation noch ein Therapeut helfen konnte. Ich bekomme Panik, wenn Lärm aus der Nachbarschaft kommt. Egal ob zuhause oder auf dem Campingplatz.
Aber der Reihe nach: Ich habe zehn Jahre in einer wirklich sehr hellhärigen Wohnung gelebt. Die Wohnung war von vier anderen Wohnungen umgeben. Fröhlich schallerte der Lärm (Kaffetassen-geklirre, Mixstab, Wein entkorken, Handybrummen, Gespräche, Husten, Niesen, Wasserrauschen, Musik, Schritte, Stuhl-schieben, ganz schlimm war es mit Besuch) aus jeder Wohnung. Vor allem oben und unten teilte ich mir quasi. Leider hatten beide Wohnungen noch extra Herausforderungen: über mir zog man fünf mal ein und aus und wohnte mit einem extra-lauten Mann zuletzt, unter mir sogar zeitweilig zu fünft mit einem Baby. Auf 50qm. Der Lärm hat mich gestresst. Aber nicht beängstigt.
Das kam mit einem mal, als ich 2016 in einen Burn-out rutschte. Januar 2017 habe ich mich dann endlich krankschreiben lassen, da war ich aber auch schon weit, weit drüber. Ich wollte mich also zuhause auskurieren. Was passierte? Die Frau unter mir nahm eine kleine Familie mit zwei kleinen Kids auf (50qm!) und über mir zog wieder eine neue ein, die sich direkt ein Pärchen aus Griechenladn dazu nahm, die fröhlich unfassbar laut abends mit Athen skypten. Ich bin wahninnig geworden. 1,5 Jahre war ich in der Wohnung wie gefangen und konnte mich nicht vom Burn-out erholen, der Lärm hat es vervielfacht und so viel schlimmer gemacht!
Der Lärm aus den zwei Wohnungen hat mri so zugesetzt, dass ich weinend in meiner Wohnung saß. ich konnte nicht schlafen, habe mir Ohropax in die Ohren so weit reingeschoben, dass es wehtat, darüber eine enge Mütze, darüber eine Kapuze, darüber ein Kissen, damit ich nichts höre. Aber klar, das Nervensystem hat jede Schallwelle wahrgenommen, an Schlaf war nicht zu denken. Ich war über Wochen in einem Panikrausch. Ein echter Rausch, der nicht aufhörte. Cortisol, 24h lang. Nichts hat geholfen, wirklich gaaaar nichts.
Tja und davon hab ich mir eine chronische Panik eingefangen. Ich habe Angst, wenn ich nur ein Poltern aus einer Wohnung wahrnehme. Ganz übel ist es bei Musik. Nur ein Beat und mein Herz wummert in Todespanik. Auch hier: nichts hilft. Keine Medikation, die Therapeuten sind überfragt, weil alles so unspezifisch ist. Sogar Angstherapeuten zucken nur mit den Schultern. O-ton an der Havel in einer Rehaklinik: Kenn ick nich. Unterbewusst kann es die Angst vor Konfrontation sein. Nachbarn zu konfrontieren und aus der Situation nicht raus zu können. Und die Angst, sich nicht ausruhen zu können. Denn auch wenn ich seit zwei Jahren wieder arbeite - ich bin noch komplett Burn-outer. Müde und erschöpft bis zum umfallen.
Daher tritt genau diese Panik auch auf, wenn mir Dinge zu viel werden.
Ein riesen bescheuerter Kudelmuddel.
Wir sind nun in eine sauteure Wohnung gezogen, die Neubau ist und tatsächlich kaum Geräusche der Nachbarn überträgt. Aber durch Corona ist im Innengarten auf einmal ständig was los - das war vorher nie so wurde uns geschworen. Und gegenüber hat seit heute wieder eine Kneipe auf, wo die Besoffkis vorstehen und sich lauthals zuprosten. Und ich reagiere direkt wieder mit Panik. Man, das nervt mich so. Akzeptanz hin oder her.
Ich wäre so dankbar wenn ihr eure Erfahrungen mit mir teil! Vielleicht ist geteiltes Leid ja halbes Leid
Danke!