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Angst vor Krankheiten

D
Hallo Ihr Lieben,

ich bin seit ein paar Monaten stille Mitleserin und nun habe ich mich entschieden meine Geschichte zu erzählen:

Ich bin 38 Jahre alt und Mutter von zwei kleinen Kindern. Meine Krankheitsgeschichte begann schon während meiner Pubertät- ich hatte ständig Migräne und Kopfschmerzen. Als ich so 18/19 Jahre alt war, hatte ich das Gefühl, dass meine Knochen jucken. So hab ich das Gefühl damals beschrieben bzw. wahrgenommen. Der Satz des Orthopäden damals: Mehr Sport treiben, junge Dame. Der Neurologe hat mir attestiert, dass er aus neurologischer Sicht keine Auffälligkeiten feststellen kann.
Doch dieses Gefühl blieb. Ich hatte ständig das Gefühl meine Muskeln bewegen und drücken zu müssen. Wie ein Tic. Aber es ha mir für den Moment Linderung verschafft. Ich denke, durch die Erfahrung, dass niemand mir meine Symptome erklären konnte, ist bei mir eine massive Angststörung entstanden, die nach der Geburt meiner Kinder ihren Höhepunkt erreicht hat. Während der Schwangerschaft vor 7 Jahren hatte ich ständig Angst, dass es etwas mit dem Kind nicht in Ordnung sein könnte. Ich hab sogar schmerzen simuliert, damit mein Frauenarzt mit dem Ultraschall nachguckt ob alles ok ist. Nach der Geburt war ich ständig schlecht gelaunt, hatte Ängste. Ich war mit dem Kind viel zuhause, wollte nie raus. Ich habe angefangen an Gewicht zuzunehmen, ich wiege mittlerweile 25 kg mehr als noch vor den Geburten.

Nun zu meinen (neuen) körperlichen Symptomen: Meine Gelenke schmerzen. Ich war schon beim Orthopäden, der hat mir nur Schmerztabletten verschrieben und das wars. Keine Ursachenforschung. Im September 2020 war ich beim Neurologen, der mich über eine Stunde lang untersucht hat. Ohne Ergebnis. Ich musste ein paar Bögen ausfüllen und er hat mir eine Generalisierte Angststörung attestiert und mir Citalopram verschrieben. Ich hatte massive Nebenwirkungen, so dass ich auf Sertralin umgestiegen bin. Ich hatte ständig Muskelzucken im Gesicht und diese Symptome haben mir eine so starke Angst bereitet, dass ich es schleichend abgesetzt habe. Das Muskelzucken begleitet mich seitdem ständig. Es ist diffus und tritt überall am Körper auf. Ich habe das Gefühl es ist mal stärker, mal schwächer. Vor ein paar Monaten haben meine Augenlider ständig gezuckt. Ausserdem habe ich generell das Gefühl, dass meine Augen verrückt spielen.

Gestern früh bin ich mit massiven Schwindel, Erbrechen und Durchfall aufgewacht. Nach ein paar Stunden habe ich meine Brille aufgesetzt und hab meinen Mann und Sohn doppelt/verschwommen gesehen. Ich muss aber dazu sagen, dass ich an dem Tag nichts getrunken habe und versuche mich seitdem damit zu beruhigen, also dass dieses Phänomen aufgrund des Flüssigkeitsmangels aufgetreten ist. Trotzdem hat das hat in mir Panik hervorgerufen und ich bin ins Krankenhaus gefahren. Eine Neurologin hat mich untersucht und konnte nichts neurologisches Feststellen. Der Schwindel kam wohl von einem Magen-Darm Infekt. Zu dem Doppelt/verschwommen sehen hat sie nichts gesagt.

Jedes Symptom hat in meiner Vorstellung einen schlimmen Hintergrund. Ich habe Angst körperlich krank zu sein und niemand bemerkt es. Die ganzen Symptome die ich habe können doch nicht alle von der Psyche kommen, oder?

Eine Diagnose habe ich jedoch: Ich bin aufgrund meiner Nacken Verspannungen zum Orthopäden gegangen. Der hat bei mir HWS Syndrom/ HWS Blockade festgestellt und Physio verschrieben.

Aber können meine Beschwerden ausschließlich davon kommen?

Ein MRT hat bis jetzt kein Arzt für nötig betrachtet.

Ich hoffe ihr könnt mich etwas beruhigen/ mit Euren Erfahrungen helfen

27.05.2022 00:14 • #1


Juju
Guten Morgen, meine Liebe.

Ich kann Dich sehr gut verstehen und nachvollziehen, wie Du Dich fühlst. Ich hatte es eine ganz lange Zeit sehr schlimm mit der Hypochondrie, bis ich wirklich eine Erkrankung bekommen habe und seither denke ich ganz anders über reale und irreale Krankheiten. Ganz nüchtern betrachtet sage ich immer, es kommt sowieso wie es kommen mag und mit Ängsten zerstört man seine wertvolle Lebenszeit. Angst ist nie ein guter Begleiter.
Was möchte ich Dir also raten. Lass Dir in jedem Fall einmal einen Vitamin D Status machen. Das wirst Du zwar selbst bezahlten müssen, kostet zwischen 20-40 Euro.
Knochen- Gelenkprobleme können so entstehen. Ich würde rein prophylaktisch Magnesium einnehmen. Viel trinken ist ganz wichtig, 2 Liter am Tag.
Versuch Dich nicht verrückt zu machen, denn es bringt Dich keinen Schritt weiter.
Bei mir selbst hat tatsächlich nur eiserne Härte geholfen, auch alles nüchtern betrachten. Wir können es nicht verhindern krank zu werden.
Aber erst wenn es soweit sein sollte, dann kann man sich mit einem realen Problem auseinander setzen.
Durch mein heutiges Gebrechen, welches ja real ist, weiß ich , wie lächerlich es damals war mit irreale Ängste zu machen. Zeitverschwendung!
Ich möchte nicht hart klingen, aber hier hilft tatsächlich nur die Realität und die Aussage meines, leider verstorbenen Psychologen.... DAS LEBEN IST NUNMAL LEBENSGEFÄHRLICH.

Du kannst auch mal in meinen Themen schauen, dort findest Du Du sicher einiges über dieses Thema. Heute lebe ich damit und mache mich einfach nicht mehr verrückt. Das braucht viel Arbeit an sich selbst. Denn irgendwo liegt der Hund begraben, das musst Du für Dich herausfinden. Also der Grund für Deine Krankheitsangst findet sich irgendwo in Deiner Seele. Vielleicht auch mal eine Verhaltenstherapie beantragen und machen.
Liebe Grüße und sorry für meine direkten Worte.

27.05.2022 06:53 • x 2 #2


A


Hallo DiesUndDas,

Angst vor Krankheiten

x 3#3


A
Guten Morgen, liebe @DiesUndDas ,
als sehr furchtsame Person, allerdings in Bezug auf Krankheiten meiner Familie, nahen Freunden und Verwandten, verstehe ich deine Angst sehr gut. Dennoch schließe ich mich ich den Worten von @Juju an.
Ich bin selber sehr krankheitsängstlich, gehe aber eher zu wenig als zu viel zum Arzt. Ich will es einfach nicht wissen, was alles in mir los ist. Einige gesicherte Diagnosen- körperlich und psychisch - reichen mir.

Wenn zig Ärzte dir versichern, dass du in keinem Zustand mit besorgniserregendem Krankheitswert bist, darfst du den Medizinern vertrauen.
Die Psyche ist in der Lage, ihre ganze Palette an körperlichen Symptomen auffahren. Das habe ich selber erlebt und nun durch die Teilnahme an einem Ernährungs-und Bewegungsprogramm erkannt, wie die Kommunikation im Körper abläuft. Dafür bin ich sehr dankbar, denn dort gibt es Aufklärung, die ängstlichen Personen Licht ins Dunkel bringt.
Wie gingen deine Eltern mit deinen frühen Krankheitsbeschwerden um?
Wart ihr oft beim Arzt oder wurden deine Schmerzen nicht ernstgenommen?
Wie belastet bist du denn als Mutter?
Hast du auch Ängste, im Beruf wegen Krankheit auszufallen?

Diese Fragen, die mir mein Psychiater und Therapeut anfangs stellte, möchte ich an dich weitergeben.
Schreib doch mal, wie es dir weiterhin ergangen ist. Du könntest hier unter der Rubrik Tagebuch, Stimmungen und Gedanken ein eigenes Tagebuch eröffnen, wo du alles hineinschreiben kannst, was dich belastet und zwar so oft du es willst. Der Tagebuchbereich kann von von Personen, die als Gast im Forum stöbern, nicht gelesen werden.
Alles Gute wünscht dir Anchi

27.05.2022 08:21 • x 2 #3


D
@Juju Vielen Dank für deine Antwort. Du hast mit deinem Ansatz absolut recht und so schwer es scheint, aber ich denke ich werde erst Frieden finden können, wenn ich mich damit abfinde, nicht alles kontrollieren zu können.

Ich habe seit Jahren Ängste und schlimme Gedanken. Meine Odyssee begann vor 20 Jahren und ich lebe immer noch

Ich mach mir "was wäre wenn"- Gedanken, statt erst drüber nachzudenken wenn der Fall eintreten sollte. Stattdessen vergeude ich meine kostbare Zeit mit Negativität und Ängsten.

Bestes Beispiel: Mein Sohn hatte einen geschwollenen Lymphknoten am rechten Kiefer. Ich hab sofort ans Schlimmste gedacht. Ich habe es an einem Freitag ertastet und bis zum Arzttermin am Montag bin ich durchgedreht; weinend eingeschlafen und weinend wieder aufgewacht. Das Ende der Geschichte: Kinderarzt hat Entwarnung gegeben. Es kam von einer Entzündung am Zahnfleisch und ist auch mittlerweile wieder so klein dass man den kaum spürt. Die ganzen Sorgen einfach umsonst.

Am Mittwoch habe ich einen Termin bei meinem Neurologen und ich überlege sogar in eine Tagesklinik zu gehen. Ich denke 1 mal pro Woche Verhaltenstherapie ist in meinem Fall zu wenig.

27.05.2022 21:37 • #4


D
@Anchiwa4964
Ich denke auch, dass Bewegung und Ernährung DIE zentrale Rolle für das seelische und körperliche Wohlbefinden spielen. Aber dies auch umzusetzen ist schwer, wenn man in einer Abwärtsspirale gefangen ist.

Das stimmt, ich muss anfangen den Ärzten zu vertrauen und nicht immer denken, dass die bestimmt etwas übersehen haben und ich als absolut Fachfremd im dem Gebiet klüger bin und den Durchblick habe, als ein studierter Mediziner mit langjähriger Erfahrung

Mein Vater hat meine Beschwerden nie ernst genommen. Meine Mutter ist sehr überfürsorglich. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie mit mir ständig zum Arzt gerannt ist als Kind, vielleicht hat sie ihre Angst auf mich übertragen und sie hat sich so in mir manifestiert und ist weiter gewachsen.

Ich als Mutter bin sehr belastet. Mich belastet der Alltag, mich belasten die Sorgen. Mein Mann ist das absolute Gegenteil von mir. Er nimmt sich seine Freizeit. Trifft sich oft mit Freunden oder Arbeitskollegen. Ich hab so gut wie keine privaten Kontakte, außer mit Personen die auch Kinder haben und wir uns alle zusammen treffen. Ich habe absolut keinen Ausgleich. Aber ich nehme ihn mir auch nicht. Die Schuld liegt nicht an meinem Umfeld, sondern an mir. Was meinem Beruf angeht habe ich tatsächlich die wenigsten Ängste. Ich habe einen sehr verständnisvollen Arbeitgeber (dadurch dass ich im sozialen Bereich Arbeit, erst recht).

Ich denke auch, dass die Psyche in der Lage ist dir einen Streich zu spielen und Symptome zu intensivieren. Ein Lungenfacharzt meinte mal zu mir, dass es zwar gut ist auf seinen Körper zu hören, aber im Falle einer Angststörung neigt man einfach dazu normale körperliche Symptome, die wahrscheinlich jeder Mensch hat und nie drüber spricht, überzubewerten und über zu dramatisieren.

Das mit dem Tagebuch ist ne super Idee

27.05.2022 22:04 • x 1 #5


G
Hallo DiesUndDas,

ich glaube, letztes Jahr hatte ich auch so ein hypochondrisch-psychosomatisches Erlebnis, das sich über mehrere Wochen erstreckt hatte. Im Nachhinein hat es mich ganz schön stutzig gemacht, dass bei den ganzen Untersuchungen nichts gefunden wurde, was die Schmerzen und sonstigen Symptome erklären konnte, die ich hatte. Also muss ich mich zum Großteil darin hineingesteigert haben, psychisch eben. Es war befreiend, dass nichts absolut Lebensbedrohliches gefunden wurde. Danach verschwand dieser Wahn langsam, oder was auch immer das war.

Ich habe mal gelesen, dass bei psychosomatischen Leiden verdrängte psychische Konflikte sich über die körperliche Ebene ausdrücken. Dabei gibt es einmal den Begriff des Affektkorrelats und den des Affektäquivalents. Das geht so in die Richtung von dem, was @Juju gesagt hat: Der Grund liegt irgendwo in der Seele begraben. Ich denke, die Tagesklinik könnte da schon einen guten Anfang liefern, den Grund (oder die Gründe) für dich zu erforschen, gerade das ist da ja Programm. Ich selbst habe auch Angst, dass es wiederkommen könnte. Also Angst vor der Angst quasi.

Rückblickend denke ich, dass es vor allem wichtig, ein Gespür dafür zu entwickeln, wann man beginnt, sich in die Angst hineinzusteigern und den Fokus immer mehr auf dieses oder jenes Körperteil zu lenken. Genau an diesem Punkt entscheidet sich, ob man sich wieder verrückt macht und das Symptom stärker wird (Teufelskreislauf) oder einen kühlen Kopf bewahrt und den Kreis durchbricht. Dann zu sagen: Okay, ich fühle gerade so und so, bin kurz davor mich wieder hineinzusteigern, aber ich gebe dem nicht nach und lass den Gedanken, dass es diese oder jene schlimme Krankheit sein könnte, erstmal unbewertet so stehen, lasse diese Idee vorüberziehen. Ich habe erst hinterher gelernt, dass das Achtsamkeit heißt.

Alles Gute auch von mir

27.05.2022 22:36 • x 3 #6


Claumoni
Ich hatte letztes Jahr so heftige Schmerzen im Gesicht, dass ich dachte, das muss mindestens ein Tumor oder ein ganz schlimme Erkrankung sein. Auf der Schmerscala 9-10. Es tat noch mehr weh, wenn es untersucht wurde. So war ich Im CT, bei der Neurologin und alles ohne Befund. Seit meinem Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik sind die Schmerzen weg.

15.06.2022 15:56 • #7

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