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Angstlich vermeidende & selbstunsichere Persönlichkeitsstörung

David Spritz
Gerade hatte ich ein paar sehr interessante Gedanken. Und zwar habe ich vor einiger Zeit angefangen, darüber Buch zu führen, welche ängstlich-vermeidende Ausweichhandlungen ich so im Verlauf des Tages begehe, ohne sie mir normalerweise bewusst zu machen. Ich habe mir dabei Folgendes notiert:

    Finger nach dem Toilettengang nur nass machen statt sie richtig zu waschen, um niemandem begegnen zu müssen, der mich dann als unwürdig entlarven könnte

    Desktop-Wallpaper suchen statt zu arbeiten, um nicht damit konfrontiert zu werden, dass mir eine Aufgabe möglicherweise zu schwierig sein könnte und mich das als unwürdig entlarvt

    mich in die Arbeit stürzen statt einen Makler zu suchen, um dieses unangenehme Thema vor mir her zu schieben, damit ich keine Entscheidung treffen muss, die falsch sein könnte, was meine Unwürdigkeit beweisen würde

    Süßigkeiten essen statt meinem Schmerz zu begegnen, um das Gefühl der Kontrolle nicht aufgeben zu müssen, die mir ermöglicht, meine Unwürdigkeit zu verbergen

    bei der Arbeit Musik anmachen statt die Angst zu spüren, um nicht von dem Gefühl verschlungen und dadurch als unwürdig entlarvt zu werden

    beim Einschlafen Musik anmachen statt die Stille auszuhalten, die mich mit meinem Schmerz konfrontieren würde, der mich bedauernswert erscheinen ließe, was wiederum meine Unwürdigkeit preisgeben würde
Nachdem ich mir die Liste durchgelesen hatte, kam mir der Gedanke, ich müsse diese Ersatzhandlungen so schnell wie möglich aufgeben. Dann aber fiel mir ein, dass man, um eine Sache zu verändern, diese erst mal akzeptieren muss, da sie sich sonst nicht verändern kann. Ich fühlte mich schlecht. Ich fragte mich dann, woher dieses schlechte Gefühl kommt. Ich stellte mir vor, wie jemand mir gegenübersitzt und mir direkt ins Gesicht sagt: Es ist ein Fehler, von der Bestandsaufnahme direkt zur Beseitigung überzugehen. Der einfachste Weg wäre nun gewesen, dieser Person die Schuld an meinem schlechten Gefühl zu geben. Aber dann fiel mir ein, dass schlechte Gefühle niemals von anderen Personen verursacht werden, sondern dass diese Personen nur etwas in uns aktivieren, das vorher schon da war. In diesem Fall war dies ein negativer Gedanke, der durch die Aussage ausgelöst wurde. Dieser Gedanke ist einer von vielen, die ich schon mein Leben lang denke, ohne deren Wahrheitsgehalt jemals überprüft zu haben. Er beruht nicht auf rationaler Logik, sondern auf einer falschen Schlussfolgerung, die ich als Kind getroffen habe. Der Gedanke lautet: Du darfst keine Fehler machen. Jeder Gedanke, der mit Du darfst nicht... oder Du darfst kein... beginnt, muss zwangsläufig ein negatives Gefühl in uns auslösen. Und dabei sind die meisten dieser Gedanken nicht einmal wahr. Man darf so ziemlich alles, was man gerne möchte, es sei denn, es verstößt gegen irgend ein Gesetz. Aber ein Gesetz gegen das Fehlermachen ist mir nicht bekannt.

Ist es nicht irre, was alles zu Tage kommt, wenn man mal gründlich und in Ruhe über alles nachdenkt? Ich lade Euch daher ein: Nehmt Euch Zeit zum Denken! Denken ist der Schlüssel zur Macht.

01.11.2011 22:50 • #1


David Spritz
Ärgern, ändern oder akzeptieren?

Wenn uns etwas nicht gefällt, dann haben wir die Wahl, ob wir uns darüber ärgern, es ändern oder es akzeptieren. Es beginnt mit dem Ärgern. Man kann entweder dort verweilen oder sich bemühen, möglichst schnell zum Ändern oder zum Akzeptieren überzugehen. Tut man dies nicht, so verbleibt man im Unfrieden mit der Welt und schafft sich seine eigene Hölle.

So weit, so gut! Aber wie entscheidet man sich zwischen Ändern und Akzeptieren? Man kann natürlich so herangehen, wie es klassische Ratgeber empfehlen:
1.) Ist es zu ändern? Falls nein: Akzeptieren. Falls ja: weiter bei 2.)
2.) Ist es den Aufwand wert? Falls nein: Akzeptieren. Falls ja: Ändern.

Aber genau wie das Ärgern ist das Ändern eine Sache des Egos, des Kopfes, der Angst, des Unfriedens. Das Akzeptieren hingegen ist eine Sache des Selbst, des Herzens, der Liebe, des Friedens. Wenn wir ständig nur damit beschäftigt sind, die Dinge, die uns Ärgern, zu verändern, dann ist das eine klare Botschaft von uns an die Welt: So, wie Du bist, Welt, gefällst Du mir nicht. Ich möchte, dass Du anders bist. Ich möchte, dass Du so bist, wie *ich* mir das vorstelle. Wenn wir die Welt aber mit diesen Augen sehen, wie soll sie uns dann jemals gefallen? Wie sollen wir uns jemals wohlfühlen in einer Welt, die ständig geändert werden muss? Das ist die gleiche Stolperfalle wie Ich finde mich zu dick. oder Ich habe nicht genug Geld. Mehr zum Thema findet Ihr bei Byron Katie's The Work.

Daher habe ich beschlossen, mich im Akzeptieren zu üben. Denn im Akzeptieren liegt der Schlüssel zum Frieden und zur Freude. Anfangen werde ich hier auf Arbeit, wo ich gerade sitze, und wo ich mich ständig ärgere, wenn mal wieder jemand...
- das Fenster aufgemacht hat, ohne die Heizung auszudrehen.
- den Kaffee leergemacht hat, ohne neuen zu kochen.
- den Ventilator im Fahrstuhl ausgeschaltet hat und die Luft dadurch muffig ist.
- über Nacht das Toilettenfenster aufgelassen hat und es ar$(-kalt auf dem Klo ist.
- sein Motorrad quer statt längs geparkt hat, so dass nur 3 statt 4 Fahrzeuge auf den Motorradparkplatz passen.
- einen Tippfehler im Betreff seines Wochenberichts hat, so dass dieser nicht per Outlook-Regel automatisch in meinem Spezial-Ordner landet.
- eine Outlook-Besprechungsanfrage mit Unter Vorbehalt zusagen beantwortet.
- eine längere Sitzung ohne Pausen ansetzt.
- Führungsansprüche erhebt, obwohl er/sie nicht höher qualifiziert ist als ich.
- meine Arbeit nicht zu schätzen weiß.
- während einer ganzen Sitzung den Beamer laufenlässt, auch wenn er gar nicht mehr gebraucht wird.
- ...

Da würden mir jetzt bestimmt noch 1000 weitere Sachen einfallen. Aber damit will ich mich in Zukunft nicht mehr beschäftigen, da ich dadurch nur Mangelzustände in mir erzeuge, falsche Freunde, die ich nicht mehr brauche. Tschüß!

07.11.2011 18:08 • #2


A


Hallo David Spritz,

Angstlich vermeidende & selbstunsichere Persönlichkeitsstörung

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David Spritz
Kleiner Nachtrag: Durch das Ändern nähren wir wieder neues Ärgern, über andere Dinge. Unsere Ansprüche werden immer höher, und zufrieden werden wir niemals sein. Das Akzeptieren hingehen bietet keinen Nährboden für neues Ärgern, sondern entzieht ihm jedes Mal ein Stück mehr seine Existenzberechtigung. Wir werden bescheidener und damit auch leichter zufriedenzustellen. Das Leben hört auf, ein ewiger Kampf zu sein, und wandelt sich in ein erfüllteres Leben mit mehr innerem Frieden.

Natürlich hämmert uns die Werbung täglich ein, dass wir eben *nicht* zufrieden sein sollen, dass wir anspruchsvoll sein sollen, dass wir uns nur mit dem Besten zufrieden geben sollen, dass wir vielleicht sonst zu kurz kommen würden. Aber das ist nur Marketing-Strategie, denn nur unzufriedene, ängstlich-unsichere Menschen sind gute Konsumenten.

07.11.2011 18:16 • #3


meckpommbi
interessantes Selbstgespräch habe versucht irgendwie rückschlüsse auf meine Ängste zu finden aber ich fürchte ich bin da schon weiter als du ich finde mich nicht so schlecht ! ich weiss das ich wenn ich gesund bin stark bin ! und ein bisschen ärgern halte ich auch nicht für schädlich nur muss man dann auch mal den Mund aufmachen und versuchen solche Blödsinnigkeiten wie Beamer,Heizung usw abzustellen all das kann ich und trotzdem habe ich Angst sie tut weh und ich weiss nicht mal genau vor was ich angst habe, ich weiss nur eins im Moment habe ich angst mich aus meinem schneckenhaus zu bewegen obwohl mir niemand was tut aber ich habe trotzdem anst
gruss Birgit

10.11.2011 14:49 • #4


David Spritz
Habe inzwischen auch feststellen müssen, dass es ganz so einfach nicht ist. Je mehr ich versucht habe, die Dinge so zu nehmen wie sie sind statt mich zu ärgern oder sie zu ändern, desto geringer wurde mein Selbstvertrauen. Ab und zu mal ein bisschen kämpfen und siegen kann auch mal ganz zuträglich sein!

10.11.2011 21:05 • #5


meckpommbi
Zitat von David Spritz:
Habe inzwischen auch feststellen müssen, dass es ganz so einfach nicht ist. Je mehr ich versucht habe, die Dinge so zu nehmen wie sie sind statt mich zu ärgern oder sie zu ändern, desto geringer wurde mein Selbstvertrauen. Ab und zu mal ein bisschen kämpfen und siegen kann auch mal ganz zuträglich sein!

jup die mischung machts humor ist wenn man über sich selber macht vieleicht kannst du die ganzen ärgerpunkte auch ein bisschen humorisch sehen das erleichtert die sache ungemein
gruss birgit

12.11.2011 03:48 • #6


Pyxidis
Zitat von David Spitz:
Habe inzwischen auch feststellen müssen, dass es ganz so einfach nicht ist. Je mehr ich versucht habe, die Dinge so zu nehmen wie sie sind statt mich zu ärgern oder sie zu ändern, desto geringer wurde mein Selbstvertrauen. Ab und zu mal ein bisschen kämpfen und siegen kann auch mal ganz zuträglich sein!


Das ist genau mein Dilemma, was ich in der Therapie habe. Ich soll den Leistungsdruck auf der Arbeit rausnehmen, aber wenn ich das tue, habe ich keine Erfolgserlebnisse mehr und mein Selbstbewußtsein sinkt ständig.

Wie schafft man es auch ohne Bestätigung seiner Lesitung oder seines Seins, selbsbewußt zu bleiben.

Weiß jemand Rat?

Viele Grüße
Scorpio

14.11.2011 13:26 • #7


David Spritz
Na sowas! Genau darüber habe ich heute auf dem Heimweg nachgedacht. Ich gehe oft morgens mit dem Gedanken zur Arbeit: Hoffentlich schaffe ich den Tag! Hoffentlich bin ich den Anforderungen gewachsen! Am Ende des Tages schaue ich dann zurück und stelle meistens fest, dass meine Sorge übertrieben war und ich das Meiste sogar besser gemacht habe als man vom durchschnittlichen Arbeitnehmer erwarten würde. Trotzdem plagt mich abends oft schon wieder die Sorge um den nächsten Tag.

Da fiel mir ein, dass es doch eigentlich viel klüger wäre, den Tag nach anderen Maßstäben zu beurteilen:
- Wie gut ging es mir heute?
- Wie viel Spaß hat mir meine Arbeit heute gemacht?
- Wie entspannt bin ich heute geblieben, wenn etwas Unerwartetes auftrat?
- Wie gut habe ich heute für mich gesorgt?
- Habe ich heute ausreichend Pausen gemacht?
- Habe ich es heute geschafft, mich nicht mit meinen eigenen übertriebenen Perfektions-Ansprüchen zu überfordern?

*Das* sind die Gedanken, mit denen man sich beschäftigen sollte, und nicht, wie perfekt ich meine Arbeit gemacht habe oder wie zufrieden mein Chef mit mir war. *Das* sind die Kriterien, mit denen man einen Tag als gelungen oder misslungen bewerten sollte. Denn diese Kriterien sind keine, die mir Angst machen, sondern welche, die ein angenehmes Gefühl in mir auslösen. Und es sind welche, die direkt in meinem Einflussbereich liegen, während Anforderungen oder Zufriedenheit Anderer außerhalb meines direkten Einflussbereich liegen und deshalb nicht immer erreichbar und erfüllbar sind, was zwangsläufig Angst machen muss. Und wenn man ständig in Sorge und Angst lebt, dann arbeitet man erfahrungsgemäß unbewusst darauf hin, den schlimmsten befürchteten Fall selbst herbeizuführen, in dem Fall also den Totalausfall meiner Arbeitskraft, den ich ja schon mehrmals erlebt habe.

Ich denke, wenn man zu sehr auf seine Leistungsfähigkeit fokussiert ist, dann geht dabei über kurz oder lang das Wohlbefinden drauf. Wenn man allerdings das Wohlbefinden fokussiert, kommt die Leistungsfähigkeit über kurz oder lang von ganz alleine. Und da der Arbeitgeber in der Regel eher an Leistung als an Wohlbefinden der Mitarbeiter interessiert ist, muss und darf jeder selbst dafür sorgen.

14.11.2011 20:33 • #8


Pyxidis
Hallo David,

das sind ja mal weise Worte. Auch mir sind die Gedanken, ob ich den Tag auf der Arbeit schaffe vertraut.

Ich werde mir Deinen Beitrag bestimmt noch mehrmals durchlesen. Besonders Deine Kriterien für einen gelungenen Tag, werde ich für mich nutzen.

Bitte schreibe weiter Deine Gedanken zur Angst.

Alles Gute
Scorpio

15.11.2011 14:53 • #9


David Spritz
Wieso mal weise Worte???

Ja, die Liste ist gar nicht schlecht. Werde sie gleich mal für meinen heutigen Tag beantworten!

Zitat von David Spritz:
- Wie gut ging es mir heute?

Nicht so gut, da heute mein erster Tag ohne Antidepressiva war. (-1 Punkt)

Zitat von David Spritz:
- Wie viel Spaß hat mir meine Arbeit heute gemacht?

Es fiel mir schwer mich zu konzentrieren. Aber die Arbeit hat mich einigermaßen von meinem Gedankenkarussel abgelenkt. Überwiegend positiv, würde ich mal sagen! (+0,5 Punkte)

Zitat von David Spritz:
- Wie entspannt bin ich heute geblieben, wenn etwas Unerwartetes auftrat?

Ich hatte hier und da leichte Anflüge von Panik, konnte mich aber immer schnell wieder beruhigen. Das ist mir also heute gut gelungen. (+1 Punkt)

Zitat von David Spritz:
- Wie gut habe ich heute für mich gesorgt?

Ich habe zwischendurch am Schreibtisch mal für 5 Minuten die Augen zugemacht, um mich zu entspannen. Das tat gut. (+0,5 Punkte)

Zitat von David Spritz:
- Habe ich heute ausreichend Pausen gemacht?

Die meiste Zeit ja, nur einmal saß ich fast 2 Stunden am Stück am Schreibtisch. Das muss morgen besser werden! (-0,5 Punkte)

Zitat von David Spritz:
- Habe ich es heute geschafft, mich nicht mit meinen eigenen übertriebenen Perfektions-Ansprüchen zu überfordern?

Ja, das ist mir heute gut gelungen. (+1 Punkt)

Insgesamt betrachtet war es also mit einer Summe von +1,5 Punkten (auf einer Skala von -6 bis +6) ein gut gelungener Tag.

15.11.2011 20:02 • #10


meckpommbi
hej das ist super ich gratuliere einen haken seh ich allerdings noch bei der sache auch mit einer solchen liste kann druck entstehen
wenn ich nur wuesste wie man dieses gruebeln generell anstellen könnte ? erst dann haben wirs geschafft fürchte ich
gruss Birgit

15.11.2011 20:30 • #11


David Spritz
Ja, ein wenig Druck verspüre ich durchaus. Aber die Ziele, die ich mir da gesetzt habe, dienen ja einem guten Zweck, so dass ich den Druck durchaus als positiv empfinde. Es geht ja nicht um Dinge, die mir von außen aufdiktiert wurden, sondern um Dinge, die nur mir dienen und niemandem sonst. Und nur ich bin berechtigt, das Urteil zu fällen. Ich muss es hier also niemandem rechtmachen außer mir selbst. Und das nimmt den Druck auch ganz schnell wieder raus.

Weils so schön war, gleich nochmal:
- Wie gut ging es mir heute? = Ganz Ok (+0,5)
- Wie viel Spaß hat mir meine Arbeit heute gemacht? = Waren ganz interessante Sachen dabei. (+0,5)
- Wie entspannt bin ich heute geblieben, wenn etwas Unerwartetes auftrat? = Hatte heute morgen vergessen, mein Johanniskraut zu nehmen. Aber ich hab's relativ entspannt gesehen. (+0,5)
- Wie gut habe ich heute für mich gesorgt? = Auf dem Fußweg zur Arbeit hatte ich plötzlich das Gefühl, nicht mehr vorwärts zu kommen, als würde ich durch Sümpfe gehen. Bin dann stehengeblieben und hab erst mal tief durchgeatmet. (+0,5)
- Habe ich heute ausreichend Pausen gemacht? = Ja, das ist mir heute sehr gut gelungen. (+1)
- Habe ich es heute geschafft, mich nicht mit meinen eigenen übertriebenen Perfektions-Ansprüchen zu überfordern? = Ich habe heute ein Problem in Excel gelöst, das mir Kopfzerbrechen bereitet hatte. Hinterher ist mir aber aufgefallen, dass das Problem nur zum Teil gelöst war. Ich habe es aber trotzdem gut sein lassen. (+1)

Macht insgesamt +4 Punkte auf der Skala von -6 bis +6.


Ist ja irre! War mir gar nicht bewusst, dass der Tag heute so gut gelaufen ist! Erst jetzt merke ich's und spüre plötzlich so eine innere Zufriedenheit. So ist das halt, die negativen Dinge registriert man automatisch, aber die positiven muss man sich erst mühsam bewusst machen. Aber es lohnt sich. Ich werde das hier mal noch eine Weile weiterführen und täglich eine kleine Bilanz machen. Wobei, täglich wäre schon wieder perfektionistisch. Also sagen wir mal lieber: einigermaßen regelmäßig, das klingt entspannter. Fühle mich auch gleich viel entspannter, während ich das eintippe! ;-)

16.11.2011 20:55 • #12


M
Hallo David,

Dein Punktesystem finde ich richtig gut!
Es scheint ja wirklich so zu sein, dass dadurch die positiven Dinge in den Blick geraten. Ich neige nämlich auch manchmal dazu, nur das Negative zu sehen.

Das mit dem Druck ist ja auch so eine Sache . Ganz ohne Druck führt nun mal kein Weg durch's Leben. Du scheinst da eine Möglichkeit für Dich gefunden zu haben, die den auftretenden Druck doch etwas relativiert.

Du machst das richtig gut .

17.11.2011 09:38 • #13


meckpommbi
ja schliesse mich da gern an ich finde auch du machst das richtig gut
gruss Birgit

17.11.2011 12:08 • #14


David Spritz
Danke Euch! Allerdings hatte ich gestern keine Lust, weil der Tag echt zum In-die-Tonne-Treten war. Ich hatte die Nacht zuvor nur 3 Stunden schlafen können und war entsprechend gerädert, was mir wiederum Angst gemacht hatte, dass ich vielleicht meine Arbeit nicht schaffe. Tatsächlich bin ich auch nur sehr schleppend vorangekommen, aber das war egal, weil derzeit kein Termin drückt. Jedenfalls habe ich mir danach fest vorgenommen, unter der Woche abends nicht mehr in der Excel-Tabelle mit meinen Finanzen zu arbeiten und vorm Schlafengehen noch mit meiner Ex-Frau darüber zu diskutieren.

Heute im Newsletter von Robert Betz, den ich übrigens sehr empfehlen kann und aus dem ich viele der Inspirationen zu meinen Beiträgen hier bekomme, standen noch mehr Fragen, die man sich stellen kann und sollte:
Zitat von Robert Betz:

Was treibst du hier eigentlich? Ist das, was du tust und lebst genau das, was du tun und leben willst? Stimmt diese Arbeit noch für dich und liebst du es, sie zu tun? Stimmt diese Partnerschaft, die Ehe noch? Ist es eine lebendige Beziehung zu einem Menschen, die von Frische, Freude, Liebe und Wertschätzung gekennzeichnet ist? Stehst du am Morgen mit Freude auf und begrüßt den neuen Tag als ein herrliches Geschenk auf Mutter Erde? Liebst du dein Frau-Sein oder dein Mann-Sein? Diese Fragen verdrängen Millionen von Menschen solange sie können. Solange, bis das Leben ihnen Zeit schenkt und sie [...] krank werden lässt. Wer von sich aus nach innen geht, der kann dies vermeiden. [...]
Wozu stehe ich morgens auf? Wozu lebe ich? Was für ein Mensch will ich sein? Ein Liebender oder ein Verurteilender, ein Verbindender oder ein Trennender?
Bin ich im Frieden mit mir selbst und meiner Vergangenheit? Wenn nein, bin ich bereit und willens, jetzt Frieden zu machen und mir selbst und Anderen zu vergeben?
Bin ich bereit, in meinem Nächsten, d. h. in jedem Menschen meinen Bruder, meine Schwester zu erkennen und sie mit Wertschätzung und Liebe zu behandeln?
Bin ich bereit, meinen Beitrag zu leisten zu einer Gemeinschaft der Menschen, die in Freude miteinander arbeitet, lebt und das Leben feiert?

Am besten finde ich die Passage bis das Leben ihnen Zeit schenkt. So kann man das auch betrachten!

Ich will also heute mal von meinen Fragen abweichen und versuchen, einige von diesen hier zu beantworten:

Ist mein Leben das Leben, das ich gerne führen möchte? JEIN! Ich liebe meine Kinder, habe bei meinen Freunden aussortiert, dabei aber mindestens 3 richtig gute Freunde behalten, und meine Arbeit macht mir zumindest inhaltlich Spaß, und es gibt viele Kollegen, die ich sehr mag. Außerdem fühle ich mich sehr wohl mit meiner Ernährung (Bioladen und Selber-Kochen), meinem Sport (Badminton, Yoga, Eislaufen und Joggen), habe eine tolle Sammlung von Filmen und Musik, an der ich mich jeden Tag erfreue, eine klasse Wohnung und fühle mich superwohl in der Großstadt. Allerdings vermisse ich meine Kinder sehr, wünsche mir auch eine neue Frau zum Liebhaben und Kuscheln, würde mich gerne beruflich ein wenig umorientieren, sorge mich um meine stetig steigenden Schulden, fühle mich oft gehemmt durch Ängste und dergleichen, bin Samstag vormittags zu nichts zu gebrauchen, da ich mich unter der Woche auf Arbeit zu sehr verausgabe, würde gerne Reisen machen können, z.B. nach Island zum Reiten mit meiner Tochter oder nach Bora Bora zum Baden mit meinem Sohn oder Snowboarden in die Alpen oder Fahrradfahren im Schwarzwald, aber das ist alles auf Jahre finanziell nicht drin. Außerdem würde ich gerne mehr ich selbst sein können und nicht mehr die Notwendigkeit verspüren, eine Rolle spielen zu müssen, weil mich angeblich sonst keiner mag. Und ich wäre gerne *noch* liebevoller und freundlicher als ich es bereits bin.


Ok, das reicht für heute! Ein Andermal mehr!

18.11.2011 21:12 • #15


meckpommbi
wenn du mit dem schreiben von diesem Herrn Betz was anfangen kannst gut, mich hat das regelrecht wütend gemacht - ich habe da raus gelesen bist doch selber Schuld,steh freudig auf dann geht alles von alleine, such dir was neues wenn dir das alte nicht mehr passt sonst bist du zu blöd und hast den schwarzen peter
vieleicht seh ich das ja falsch aber solche wischi waschi ratschläge nach dem motto positives denken richtet alles das macht mich schon öfters ein bissl agressiv
ich denke viele dinge sehen deshalb grau aus weil wir krank sind und nicht umgekehrt
gruss Birgit

nachtrag:
Wozu stehe ich morgens auf? Wozu lebe ich? Was für ein Mensch will ich sein? Ein Liebender oder ein Verurteilender, ein Verbindender oder ein Trennender?
einfach ein Mensch! wozu diese einteilungen was sollen diese schubladen ? machmal bin ich das am anderen tage etwas anderes kommt doch immer auf die situation an. Unsinn in meinen augen
Bin ich im Frieden mit mir selbst und meiner Vergangenheit? Wenn nein, bin ich bereit und willens, jetzt Frieden zu machen und mir selbst und Anderen zu vergeben?
Jein, im prinzip verdient jeder eine zweite chance ich andere aber es giebt dinge die kann man nicht vergeben - wischiwaschi
Bin ich bereit, in meinem Nächsten, d. h. in jedem Menschen meinen Bruder, meine Schwester zu erkennen und sie mit Wertschätzung und Liebe zu behandeln?
demagogie!!!!
Bin ich bereit, meinen Beitrag zu leisten zu einer Gemeinschaft der Menschen, die in Freude miteinander arbeitet, lebt und das Leben feiert?
noch mehr demagogie das stinkt schon bis zum himmel

jetzt hör ich lieber auf sonst reg ich mich einfach zu sehr auf

19.11.2011 01:20 • x 1 #16


David Spritz
Ja, ich gebe ja zu, dass der gute Herr Betz, wenn man seine frühen Werke nicht kennt, in letzter Zeit fast wie ein taoistischer Mönch daherredet. Er beschreibt da Idealzustände, die ein Normalsterblicher wahrscheinlich niemals erreicht. Aber man wird doch wohl mal träumen dürfen!

Von Schuld distanziert er sich allerdings immer ganz entschieden. Er sagt immer, dass jeder es zu jeder Zeit so gut gemacht hat, wie er es eben konnte, und dass man viele Dinge einfach nicht besser wusste, weil man sie sich damals noch nicht bewusst gemacht hatte. Es muss sich also niemand für irgend etwas schuldig fühlen, es sei denn er hat es tatsächlich in böser Absicht getan.

Das Thema Vergebung möchte ich auch noch einmal kurz aufgreifen. Dazu sagt er immer, wer Anderen nicht vergibt, was sie uns angetan haben, der verharrt dadurch in der Vergangenheit und kann sich deshalb nicht vom Schmerz befreien und neu anfangen. Wenn man also keine Vergebung praktiziert, dann macht man sich dadurch selbst zum Opfer. Ich denke, da ist auf jeden Fall was dran. Aber ich selbst kann meinen Eltern und meiner Ex-Frau auch noch nicht vergeben, wie sie mich behandelt haben, das sitzt einfach zu tief. Aber vielleicht irgendwann! Dazu fällt mir ein Song der wunderbaren deutschen Band Tempeau ein:

Zitat von Tempeau:
Ich werd Dir verzeih'n, aber nicht mehr heut
Vorbei ist vorbei, alles hat seine Zeit
Wir werden seh'n was übrigt bleibt
Aber heut werd' ich in Frieden schlafen

19.11.2011 18:53 • #17


meckpommbi
das mit dem Vergeben stimmt schon aber so wie der da auf seiner seite schreibt habe ich heut nacht gedacht ich bin im falschen film
gruss Birgit

19.11.2011 20:34 • #18


David Spritz
Man muss sein Werk im Gesamtkontext betrachten. Das ist mit so einem kleinen Fetzen aus einem kleinen Newsletter natürlich nicht möglich.

Morgen besuche ich einen seiner Vorträge: Glücklich in einem gesunden Körper! Bin schon ganz gespannt...

Aber hier und jetzt möchte ich noch mal ein paar meiner Gedanken posten, und zwar genau zu diesem Thema:

Hier und Jetzt

Um ein Leben frei von Angst leben zu können, heißt es, sollen wir im Hier und Jetzt leben. Aber die meisten von uns, mich selbst eingeschlossen, sind stets unbewusst bemüht, dem Hier und Jetzt zu entfliehen, aus Angst, was uns dort begegnen könnte.

Die erst Form der Flucht ist die Flucht aus dem Hier. Dies geschieht mit Hilfe unserer Sinne. Wir nehmen die Welt wahr, aber wir beobachten nicht, was diese Eindrücke mit uns selbst tun. Wir vertiefen uns in Vorgänge, die sich außerhalb unseres Körpers abspielen und beobachten nicht die Vorgänge, die sich in uns selbst abspielen. Was passiert mit uns, wenn wir beobachten, wie eine Biene Honig sammelt oder ein Spatz sein Nest baut? Wenn wir nicht nur mit unserer Aufmerksamkeit bei den Dingen im Außen verharren, sondern auch immer wieder prüfen, wie unser Körper auf diese Dinge reagiert, dann sind wir nicht wirklich im Hier, sondern „im Außen verloren“. Da die äußeren Dinge nicht in unserem direkten Einflussbereich liegen, müssen sie uns zwangsläufig Angst machen, es sei denn, wir sind zumindest zum Teil auch bei uns und unseren Reaktionen auf diese Dinge. Wenn wir etwas basteln, musizieren oder kochen, dann sind das zwar auch äußere Dinge, aber welche, die in unserem direkten Einflussbereich liegen und die helfen können, uns wieder zurück ins Hier zu bringen, sofern wir voll bei der Sache sind.

Die zweite Form der Flucht ist die Flucht aus dem Jetzt. Auch wenn es uns gelingt, die Umwelt vollständig auszublenden und nur bei uns selbst zu sein, kann unser Geist uns noch immer in die Vergangenheit oder in die Zukunft entführen, also wieder in Dinge, die nicht in unserem direkten Einflussbereich liegen. In der Vergangenheit beschäftigen wir uns häufig mit Dingen, die wir bereuen, wo uns geschadet wurde oder die wir hätten besser machen können. In der Zukunft beschäftigen wir uns häufig mit Dingen, die noch unsicher sind, bei denen wir nicht wissen, ob und wie wir sie bewältigen können und denen wir uns nicht gewachsen fühlen. Beides muss wieder Angst erzeugen. Aber diese Angst ist nur gering im Vergleich dazu, was wir befürchten, in der Gegenwart zu erleben, denn dort haben die Gedanken wenig Macht, und es lauern die Gefühle. Und mit Gefühlen und dem, was sie mit uns tun, kommen sehr viele von uns (mich selbst eingeschlossen) nicht gut zurecht.

Der Weg ins Hier und Jetzt führt also nicht über die Außenwelt und unsere Gedanken, sondern über unseren Körper und unsere Gefühle. Wenn wir den Mut aufbringen können, uns dem zu stellen, was hier und jetzt ist, egal wie furchtbar es sein mag, wenn uns möglicherweise ein altes Trauma wiederbegegnet, dann haben wir den ersten Schritt auf dem Weg von unserem selbst geschaffenen Gefängnis der Außenwahrnehmung und der Gedanken in die Freiheit des Herzens und der Liebe getan.

20.11.2011 21:39 • #19


meckpommbi
und wie war der vortrag?

25.11.2011 01:07 • #20


David Spritz
Super! Es ging um das hier: (Link entfernt - siehe auch Nutzungsbedingungen) (Serafina) und um einige andere Themen. Außerdem haben wir ein interessante Lichtmeditation gemacht, die bei mir sehr viel in Bewegung gebracht hat.

Kann ich nur empfehlen.

Aus rechtlichen Gründen dürfen wir verschiedene Links nicht mehr posten.

29.11.2011 08:47 • #21


Nogua
Hallo David, ich bin immer inspiriert von den Vorträgen des Robert Betz, bekomme auch den Newsletter. Es ist schade, dass hier nun keine links mehr gepostst werden dürfen, vielleicht kannst du das anders verpacken, so dass wir die Seite finden können aufgrund eines Stichwortes? Wünsche dir noch viel fruchtbares Nachdenken im Hier und jetzt

29.11.2011 10:59 • #22


S
Ihr könnt euch gerne über PN eure Empfehlungen zukommen lassen.

Serafina

29.11.2011 11:06 • #23


David Spritz
Sorry, ich vergess das immer mit den Links. In den anderen Foren, wo ich so verkehre, ist das nämlich kein Problem. Aber ich versuch in Zukunft dran zu denken.

29.11.2011 18:50 • #24


David Spritz
Ich habe mal ein Dokument ausgegraben, wo ich mir vor ein paar Jahren Gedanken zum Umgang mit der Angst gemacht habe. Da ich momentan wieder ängstlich bin, aber glücklicherweise nicht mehr depressiv, habe ich es mal ein wenig überarbeitet und will es Euch mal zur Verfügung stellen.

Schreibt mir doch mal, was Eure Gedanken dazu sind.

06.01.2012 19:48 • #25


David Spritz
Angst

Hintergrund
Da ich selbst Angstpatient bin, möchte ich hier versuchen, Anderen den Umgang mit ihrer Angst ein wenig zu erleichtern. Dennoch handelt es sich bei dem, was ich hier schreibe, um persönliche Erfahrungen, die keineswegs auf Jeden zutreffen müssen. Auch erhebt diese kleine Sammlung keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Meine Vorgeschichte
2002 habe ich mit einer Gestalttherapie begonnen und hatte schon wenige Wochen später mit starken Ängsten zu kämpfen. Ende 2006 habe ich die Therapie beendet und mich für geheilt gehalten. Die Ängste kamen aber nach unserem Hauskauf 2008 stärker als je zuvor zurück und haben mich in eine schwere Depression getrieben. Ich war dann 6 Wochen stationär in der Psychiatrie, 3 Monate in der psychiatrischen Tagesklinik und insgesamt 8 Monate krank geschrieben.

Da mir meine Angst oft ausweglos erschien, habe ich in der gesamten Zeit immer wieder verzweifelt nach Wegen gesucht, mit der Angst umzugehen, und dabei einige wertvolle Erkenntnisse gesammelt, die ich hier gerne teilen möchte.

Umgang mit der Angst
Ich habe hier verschiedene Wege zum Umgang mit der Angst zusammen gestellt. Dabei habe ich nicht besonders auf die Reihenfolge geachtet.

Die 10 Regeln zur Angstbewältigung
Diese Regeln habe ich von meiner Therapeutin in der Tagesklinik bekommen. Man muss sich wirklich jede Regel Wort für Wort auf der Zunge zergehen lassen. Es handelt sich dabei nicht um etwas, das „für die meisten“ „größtenteils“ zutrifft, sondern fast um so etwas wie Naturgesetze, die 10 Gebote der Angst sozusagen. Also am besten ausdrucken und jeden Tag durchlesen, bis Ihr es auswendig könnt!

1. Angstgefühle und dabei auftretende körperliche Symptome sind verstärkte normale Stressreaktion.
2. Angstreaktionen sind nicht schädlich für die Gesundheit.
3. Verstärken Sie Angstreaktionen nicht durch furchterregende Phantasievorstellungen.
4. Bleiben Sie in der Realität, beobachten Sie innerlich, was um Sie herum geschieht.
5. Bleiben Sie in der Situation, bis die Angst vorübergeht.
6. Beobachten Sie, wie die Angst von allein wieder abnimmt.
7. Vermeiden Sie keine Angstsituationen.
8. Setzen Sie sich allen Situationen aus, die Ihnen Angst machen.
9. Seien Sie stolz auf kleine Erfolge, auch die ganz kleinen.
10. Nehmen Sie sich in Angstsituationen Zeit.

Mutig sein
Bei vielen Ängsten ist der beste Weg „mittendurch“. Wenn man es schafft, über seinen eigenen Schatten zu springen, dann verschwindet die Angst meist von ganz allein. Das ist zwar oft leichter gesagt als getan, aber es ist nun mal der Königsweg. Man kann sich an seinen Ängsten nun mal nicht vorbeimogeln, sondern muss sich ihnen letztendlich stellen.

Dinge trotzdem tun
Bevor man sich entschließt, auf eine geplante Aktivität aus Angst zu verzichten, könnte man sich klar machen, dass man damit im Territorialkampf gegen die Angst zum Rückzug bläst. Die Angst besetzt so nach und nach immer mehr Lebensbereiche, die man sich später wieder mühevoll zurück erobern muss. Irgendwann kann es sogar so weit sein, dass die Angst so viele Lebensbereich besetzt hat, dass kein normales Leben mehr möglich ist.

Statt dessen finde ich es sinnvoll, man macht die Aktivität einfach trotzdem, auch wenn man vielleicht gar keinen Spaß daran hat, und betrachtet es als Investition in die Zukunft. Wenn man es heute schafft, die Dinge, die man sich vorgenommen hat, trotz Angst zu tun, dann schafft man das morgen auch wieder. Und wer weiß, vielleicht ist schon beim nächsten Mal die Angst so gering, dass man wieder anfangen kann, Spaß zu haben!

Bewusst den Rückzug antreten
Wenn man sich überlegt, ob einem eine Sache wirklich wichtig ist, oder ob man sie kampflos der Angst überlassen möchte, dann ist das auch eine Frage des Haushaltens mit den eigenen Kräften. Was bringt es, seine Angst zu überwinden für Dinge, die einem eh nicht so wichtig sind? Aber Vorsicht: Die Angst ist voller List und Tücke und versucht uns einzureden, dass uns eine Sache nicht wichtig ist, nur damit wir sie ihr kampflos überlassen. An dieser Stelle muss man also ehrlich zu sich selbst sein und sich auch eingestehen, wenn man sich nur vorgemacht hat, eine Sache sei unwichtig, nur um sich nicht der Angst stellen zu müssen.

schei.
Bei Dingen, die einem nicht ganz so wichtig sind, die einem aber trotzdem Angst machen, kann es hilfreich sein, wenn man es schafft, trotzig zu sein und sich damit in eine Art „schei.“ zu versetzen. Wenn man zum Beispiel einen Vortrag halten muss vor Leuten, die man nie wieder sieht, und die einen auch nicht den Job kosten können, falls man es vergeigt, dann kann man sich ja sagen: „Das Ganze ist mir so was von egal, es lohnt sich gar nicht, deswegen Angst zu haben!“ Der Vortrag wird dann vielleicht nicht perfekt, aber wahrscheinlich deutlich besser als er es mit Angst geworden wäre.

Das Problem bei dieser Technik ist nur, dass sie bei Dingen, die einem wichtig sind, viel schwieriger anzuwenden ist. Man darf sich nämlich nicht bloß einreden, dass es einem egal wäre, sondern es muss einem ehrlich und aufrichtig egal werden.

Aggression
Viele Menschen bekämpfen Ängste mit Aggressionen. Wenn ihnen jemand Angst macht, wird er gnadenlos zusammenstaucht. Ich selbst bin zu dieser Art des Umgangs mit Ängsten nur bedingt fähig, da ich eher introvertiert bin, denke aber, dass er temporär eine gute und schnelle Hilfe sein kann. In der Gestalttherapie habe ich nämlich gelernt, dass aggressive Gefühle einen positiven Effekt auf mich haben, nämlich dass ich mich stärker und lebendiger fühle und mehr Schaffenskraft entwickle. Ich empfinde Wut daher nicht als Bedrohung, sondern als positive Kraft. Wenn man es dann noch schafft, die Aggression nicht sinnlos verpuffen zu lassen, sondern in sich zu tragen und wohldosiert über den Tag verteilt einzusetzen, dann hat man einen starken Begleiter an seiner Seite.

Andererseits neigen Menschen, die Ängsten mit Aggressionen begegnen oft dazu, andere grundlos zu verletzen oder zu bedrohen, was sozusagen die Kehrseite der Medaille ist. Dieser Weg ist also mit Vorsicht zu genießen, da man sich leicht verrennen kann. Wut auf sich selbst ist ebenfalls kein guter Begleiter.

Wenn ich Angst habe und gehemmt bin, dann mache ich mir aber gerne bewusst, wie viele Dinge ich in meinem Leben schon aus Angst getan habe, und wie viele Dinge ich vor allem aus Angst nicht getan habe. Ich werde dann wütend auf die Angst und sehe es gar nicht ein, dass sie die Entscheidungen für mich trifft. Es fällt mir dann oft leichter, die Angst zu überwinden.

Resignation
Lange Zeit war dies mein einziger Weg, mit der Angst umzugehen. Ich habe mich selbst so sehr dafür bedauert, dass ich ständig von den Ängsten gequält werde, bis ich mich so wertlos gefühlt habe, dass ich weinen musste. Die Resignation tat gut, da beim Weinen ja auch Stresshormone ausgeschieden werden und das Weinen somit eine beruhigende Wirkung hat. Außerdem hat mich die Angst, nachdem sie ja „gewonnen“ hatte, für eine Weile in Ruhe gelassen. Aber ich habe mit der Zeit festgestellt, dass diese Vorgehensweise ganz schlecht für mein Selbstvertrauen war, da ich mich jedes Mal, wenn ich diese Technik angewendet hatte, ein Stückchen wertloser gefühlt habe. Daher versuche ich mich heute der Resignation nur noch im Ausnahmefall hinzugeben.

Aktivität
Ich stelle mir manchmal das Leben vor wie eine Autofahrt auf einer Autobahn. Man tuckert gemütlich mit 90 km/h dahin, achtet auf den Verkehr so weit es nötig ist und schaut ab und zu mal aus dem Fenster und genießt die schöne Landschaft. Wenn sich aber nun von hinten das Angst-Auto nähert und anfängt zu hupen und zu drängeln, fällt es natürlich schwer, cool zu bleiben und einfach normal weiter zu fahren. Ich habe dann die Entdeckung gemacht, dass es hilft, das Tempo zu erhöhen, um die Angst abzuhängen. Mir war leider nicht aufgefallen, dass die Angst nach einiger Zeit aufgeholt hatte und erneut anfing zu hupen und zu drängeln. Ich musste also erneut beschleunigen, um die Angst wieder abzuhängen. Ich habe Überstunden geschoben, wurde zum Putzteufel, war immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen, stand ständig unter Strom, war immer irgendwie aktiv. Bevor ich mich versah, war ich bei 220 km/h und wusste nicht mehr, wie ich bremsen sollte. Ich war vom Jäger zum Gejagten geworden. Ich konnte mich auch nicht mehr entspannen, ich hatte es völlig verlernt. Irgendwann war ich so ausgebrannt, dass ich ins Loch der Depression gefallen bin.

Vom dauerhaften Umgang mit der Angst auf diese Art kann ich also nur dringend abraten. Wenn man vor der Angst wegläuft, dann ist sie zwar im Moment nicht mehr da, und man fühlt sich stark und gut, dafür kommt die Angst aber später um so stärker zurück. Und der Aufwand, der nötig ist, um der Angst zu entkommen, steigt von Mal zu Mal. Außerdem ist die Geschwindigkeit wie eine Sucht, und es ist schwer, wieder davon herunter zu kommen.

Ich zwinge mich zum Beispiel dazu, während der Arbeitszeit regelmäßig Pausen zu machen. Anfangs habe ich alle 60 Minuten eine 8-minütige Pause gemacht, inzwischen reichen vier zehnminütige Pausen pro Tag. Oft denke ich, ich brauche gar keine Pause. Aber wenn ich dann einigermaßen zur Ruhe gekommen bin, merke ich erst, wie nötig ich die Pause wirklich hatte.

Sport/Bewegung
Eine ähnliche, aber deutlich nachhaltigere und gesündere Art des Umgangs mit der Angst ist der Sport bzw. die Bewegung. Es heißt ja, als Depressiver soll man sich eine Ausdauersportart suchen, der man regelmäßig nachgeht. Und tatsächlich ist es so, dass Bewegung einfach gut tut, besonders wenn sie an der frischen Luft statt findet, wo ja noch der positive Einfluss des Tageslichts hinzu kommt.

Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Jeden Tag 1 Stunde spazieren gehen oder 3x die Woche 45 Minuten joggen ist noch Ok. Aber wenn man es übertreibt, indem man zum Beispiel jeden Tag den ganzen Tag wandert bis man *beep* an den Füßen hat oder täglich 90 Minuten joggt bis zur totalen Erschöpfung, dann ist man bereits „over the Top“, dann ist die willkommene Ablenkung zur Sucht geworden.

Entspannung/“Loslassen“
Neben der Ausdauersportart wird Depressiven ja auch das Erlernen einer Entspannungstechnik nahe gelegt. Für viele ist die Progressive Muskelentpannung (PMR) das Richtige, für mich funktioniert die Atementspannung und das Autogene Training besser, für Andere kann auch eine andere Form der Entspannung besser geeignet sein. Man lernt hier, sich selbst in einen angenehmen Zustand der Ruhe zu versetzen und alle Probleme für einen Moment lang loszulassen, ohne dass man hierfür irgend welche äußeren Hilfsmittel benötigt. Wenn man es schafft, innerlich loszulassen und darauf zu vertrauen, dass die Welt sich weiter dreht, auch wenn man sich mal nicht um alles selbst kümmert, dann wirkt Vieles gleich viel weniger bedrohlich und Angst einflößend.

Wichtig ist hierbei, dass man die Entspannungstechnik täglich ausführt. Besonders in Zeiten mit viel Stress, wo man dazu neigt, Abstriche bei der Selbstfürsorge zu machen, ist es wichtig, diszipliniert zu bleiben. Auch in Zeiten, in denen es einem gut geht, sollte man die Übungen weiter machen, denn es kommen ja auch wieder schlechtere Zeiten. Die Regelmäßigkeit ist ganz wichtig.

Musik
Man erzählt Kindern ja oft, dass sie ein fröhliches Lied trällern sollen, wenn sie Angst haben, und dass die Angst dann ganz von allein verschwindet. Und das funktioniert tatsächlich, auch für Erwachsene! Wenn man die für sich richtige Ausdrucksform gefunden hat, sei es dass man singt, pfeift, mit den Füßen stampft, mit den Fingern klopft, tanzt oder ein Instrument spielt, dann kann einem das richtig helfen, die schweren Momente zu überbrücken, ohne völlig zusammenzubrechen.

Dro.
Der Vollständigkeit halber will ich auch diese Art des Umgangs mit der Angst nicht unerwähnt lassen. Hier ist ganz besonders auf die Suchtgefahr zu achten. Ich glaube, dass das ohnehin bei Dro. vorhandene Suchtpotential noch verstärkt wird, wenn man sie gezielt zur Angstbekämpfung einsetzt. Wenn man mal abends ein Bierchen trinkt, um sich zu entspannen, ist das noch unproblematisch. Aber sobald man am folgenden Abend wieder ein B. trinkt, um das angenehme Erlebnis des Abends zuvor zu wiederholen, befindet man sich bereits in der Sucht. Gleiches gilt auch für Nikotin, Zucker und Onlinespiele wie z.B. „World of Warcraft“.

Außenbeobachtung
Wie viele Angstpatienten bin ich ein guter Beobachter, richte meine Beobachtung aber oft nach innen. Emotional passiert dort aber Vieles, das ich nicht verstehe und das mir Angst macht, so dass sich quasi die Angst durch die zu genaue Beobachtung der eigenen Ängste und Gefühle verstärkt. Statt dessen versuche ich jetzt zu üben, meine Aufmerksamkeit mehr nach außen zu lenken, andere Menschen und Dinge zu beobachten statt immer nur mich selbst. So wird es ja auch in Angstregel Nr. 4 (s.o.) empfohlen. Natürlich soll man nicht nur die Außenwelt, sondern auch die eigenen Gefühle beobachten, aber es gilt hier, wie bei allem im Leben, ein ausgewogenes Maß zu finden.

Wenn ich merke, dass es meine eigenen Gefühle sind, die mir Angst machen, dann sage ich mir, dass ich kein kleines Kind mehr bin und dass ich diese Gefühle auf jeden Fall überleben werde, egal wie schlimm es sich möglicherweise anfühlen wird. Meist wird die Angst dann allein durch solch konstruktive, beruhigende Gedanken weniger.

Positive Affirmation
Ein anderer Weg zu mehr (Selbst-)Vertrauen und damit weniger Angst könnte es sein, dass man absichtlich kleine Risiken eingeht oder sich kleine Fehler leistet, um anschließend darin bestätigt zu werden, dass nichts Schlimmes passiert. Mal absichtlich zu spät kommen, das Portemonnaie in der Kneipe auf dem Tisch liegen lassen während man auf Klo geht (nur mit guten Freunden!), Rechtschreibfehler in E-Mails unkorrigiert lassen, solche Dinge können helfen, unbegründete Befürchtungen abzubauen. Man weiß zwar vom Kopf her oft, dass bestimmte Befürchtungen unbegründet sind, neigt aber doch eher dazu, seinen Gefühlen zu trauen, die genau das Gegenteil behaupten. Da kann ein tatsächlicher Beweis gute Überzeugungsarbeit leisten und das „falsche“ Bauchgefühl korrigieren.

Erdulden
Wie schon oben in Regel Nr. 1 erwähnt, sind einige Ängste durchaus berechtigt und müssen überhaupt nicht „bekämpft“ werden. Wenn man z. B. Angst vor einer wichtigen Prüfung hat, die man auf keinen Fall verpatzen darf, weil man sich sonst berufliche Chancen verbaut, dann ist das völlig Ok. Man muss dann die Angst einfach ertragen und darauf vertrauen, dass sie nach überstandener Situation ganz von allein verschwinden wird, was ja dann auch normalerweise geschieht.

Mudra
Aus dem Indischen kommt die Technik der Mudras, des „Finger-Yoga“, um bestimmte Energiezustände und –flüsse im Körper zu beeinflussen. Hierbei ist jedem Finger eine bestimmte Emotion zugeordnet, z.B. dem Mittelfinger die Wut, dem Zeigefinger die Angst. Wenn man den entsprechenden Finger der einen Hand mit der anderen Hand festhält, kann man dadurch die jeweilige Emotion ein wenig abmildern, was z.B. beim Einschlafen helfen kann. Diese Technik hat nur eine geringe Wirksamkeit, kann aber unauffällig und in Kombination mit anderen Techniken unterstützend eingesetzt werden.

Ablenkung
Man kann sich zeitweise von der Angst ablenken, indem man sich mit Dingen beschäftigt, die einem Freude machen. Die Freude kommt dann zwar nicht immer sofort (oder manchmal sogar gar nicht), man kann sich aber zumindest eine kleine Auszeit verschaffen, indem man z.B. einen Film guckt, ein Buch liest, etwas Schönes kocht, sich mit Handarbeit beschäftigt, Rätsel löst o.Ä.

Liebe
Die Angst kommt meistens aus dem Kopf. Dieser lebt nicht im Hier und Jetzt, sondern beschäftigt sich häufig mit Dingen aus der Vergangenheit, der Zukunft oder einem Ort außerhalb der näheren Umgebung. Diese Dinge machen uns dann Angst, dass sich zum Beispiel negative Dinge aus der Vergangenheit wiederholen könnten, dass wir mit der Zukunft möglicherweise überfordert sein werden oder dass unserem Kind auf dem Schulweg etwas passieren könnte. All dies liegt aber außerhalb unseres direkten Einflussbereichs, so dass es zwangsläufig Angst machen muss, wenn wir uns damit zu sehr beschäftigen.

Hier kann es helfen, wenn man es schafft, den Denker im Kopf abzuschalten und sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Denn im Hier und Jetzt wohnen die Gefühle, die zwar auch anstrengend oder schmerzhaft sein können, die uns aber näher zu uns selbst und damit raus aus dem Kopf und rein ins Herz bringen. Dort wohnt nämlich die Liebe. Und wo Liebe ist, kann nicht gleichzeitig Angst sein. Wenn wir intensiv fühlen, können wir nicht gleichzeitig denken. Und das ist gut, wenn man wie ich dazu neigt, immer zu viel nachzudenken. Die Augen zu schließen, an Personen zu denken, die wir lieben, und tief in den Bauch zu atmen kann uns in diesen Zustand bringen. Dann haben wir nichts mehr zu befürchten.

06.01.2012 19:53 • x 1 #26


S
Oh man...ich hab mir das grade wirklich alles durchgelesen.
Mir ist aufgefallen dass auch ich Angstdepressionen habe.

Meine Ängste: Angst vor anderen Menschen. Besonders habe ich Angst vor der Schule und meinen Mitschülern. Am meisten aber fürchte ich das Gefühl der Einsamkeit. Wenn ich in den Pausen mal alleine war hatte ich immer regelrechte Panik, weshalb ich mich immer mit mindestens einem Menschen umgeben habe.

Meine Angstbewältigung: Eine weitere schlechte Art der Angestbewältigung ist die Flucht in den Schlaf, welche nach meinen eigenen Erfahrungen echt fatal ist, da man mit seine Problemen einschläft und auch wieder aufwacht. Nach dem Aufwachen ist die Angst dann nur noch schlimmer und auch der Stress, weil einem viel Zeit verloren geht. Trotzdem hat sie einen guten Heilungseffekt.
Außerdem habe ich mich in Onlinespiele (mmorpgs) geflüchtet und mich überhaupt nicht mehr nach draussen gewagt.

Die Zeit: Zeit heilt bekanntlich Wunden und ich habe mich der Zeit vollkommen anvertraut. Ich bin mit Musik im Ohr eingeschlafen und habe dadruch sozusagen eine Selbsttherapie gemacht, da mich die Musik im Schlaf begleitet hat. Es war und ist überwiegend traurige Musik, die ich auch heute noch gerne höre. Mittlerweile habe ich nur noch Angst nicht beachtet zu werden und reagiere sensibel auf abfällige Bemerkungen mir gegenüber.

08.01.2012 15:04 • #27


David Spritz
Zitat von Seelenwelt:
Oh man...ich hab mir das grade wirklich alles durchgelesen.
Mir ist aufgefallen dass auch ich Angstdepressionen habe.

Du bist ja wieder schnell mit Deinen Selbst-Diagnosen! Gerade noch warst Du manisch-depressiv, plötzlich hast Du eine Angst-Depression, was kommt als Nächstes? Geh zum Arzt!!!

Zitat von Seelenwelt:
Meine Ängste: Angst vor anderen Menschen. Besonders habe ich Angst vor der Schule und meinen Mitschülern. Am meisten aber fürchte ich das Gefühl der Einsamkeit. Wenn ich in den Pausen mal alleine war hatte ich immer regelrechte Panik, weshalb ich mich immer mit mindestens einem Menschen umgeben habe.

Angst vor anderen Menschen hatte ich auch lange Zeit, jetzt aber nicht mehr. Mir hat es sehr geholfen, dass ich irgendwann entdeckt habe, was hinter der Angst eigentlich steckt. Mein Psychotherapeut hat mich immer gefragt: Wovor genau haben Sie eigentlich Angst? Ich konnte das jahrelang nicht beantworten. Ich hatte mich schon damit zufrieden gegeben, dass ich offensichtlich eine Generalisierte Angststörung habe (siehe Wikipedia), da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Meine Ängste basierten auf Lebenslügen, die ich irgendwann in ganz jungem Alter übernommen und danach nie wieder auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft hatte. Die beiden schlimmsten lauteten:
- Du bist wertlos, aber wenn Du geliebt werden willst, musst Du dafür sorgen, dass das keiner merkt.
- Wenn Du einen Fehler machst, wirst Du mit Prügeln bestraft.

Ich kann gut verstehen, wie ich als kleines Kind zu diesen Thesen gekommen bin. Aber trotzdem hat es dann nochmal gedauert, bis ich mir klar gemacht hatte, dass ich *nicht* wertlos bin, sondern dass vor Gott jeder Mensch, jedes Tier, jede Pflanze, ja jedes Sandkörnchen, den gleichen Wert hat, dass ich mich *nicht* verstellen muss, um gemocht zu werden, dass es nicht verboten ist, Fehler zu machen, und dass mich heute *niemand* mehr mit Prügeln bestrafen kann. Würde meine Mutter das heute noch mal versuchen, dann würde ich *sie* übers Knie legen und ihr den Hintern versohlen.

Liebe Seelenwelt, was sind *Deine* Lebenslügen? Stichwort: Schuld. Denk mal drüber nach!

Zitat von Seelenwelt:
Meine Angstbewältigung: Eine weitere schlechte Art der Angestbewältigung ist die Flucht in den Schlaf, welche nach meinen eigenen Erfahrungen echt fatal ist, da man mit seine Problemen einschläft und auch wieder aufwacht. Nach dem Aufwachen ist die Angst dann nur noch schlimmer und auch der Stress, weil einem viel Zeit verloren geht. Trotzdem hat sie einen guten Heilungseffekt.
Außerdem habe ich mich in Onlinespiele (mmorpgs) geflüchtet und mich überhaupt nicht mehr nach draussen gewagt.

Die Online-Spiele hatte ich ja unter Dro. erwähnt. Vielleicht hätte ich den Abschnitt Sucht nennen sollen!? Das mit dem Schlafen kannte ich noch nicht. Wäre bei mir aber nicht gegangen, da ich in meiner schlimmen Zeit auch schlaflos war.

Zitat von Seelenwelt:
Die Zeit: Zeit heilt bekanntlich Wunden und ich habe mich der Zeit vollkommen anvertraut. Ich bin mit Musik im Ohr eingeschlafen und habe dadruch sozusagen eine Selbsttherapie gemacht, da mich die Musik im Schlaf begleitet hat. Es war und ist überwiegend traurige Musik, die ich auch heute noch gerne höre. Mittlerweile habe ich nur noch Angst nicht beachtet zu werden und reagiere sensibel auf abfällige Bemerkungen mir gegenüber.

Musik, die zu meiner momentanen Stimmung passt, höre ich auch sehr gerne. Dein Körper merkt dann, dass Du seinen momentanen Zustand erkannt hast, und fühlt sich ernst genommen und akzeptiert. Im Gegensatz zur Zeit kann das wirklich Wunden heilen. Zeit allein bringt's leider nicht, das wirst Du noch feststellen. *altklugdaherred*

09.01.2012 18:45 • #28


S
Du hast recht...manisch depressiv war es von anfang an wohl nicht wirklich. Deshalb ist mein Thema ja auch unter Soziale Phobie-Kontaktschwierigkeiten, eins führt zum anderen. Meine eigene Lebenslüge habe ich tatsächlich. Es ist dieses Gefühl, du darfst keine Fehler machen. Am besten müsstest du perfekt sein sonst wird es immer jemanden geben, der dich nicht mag. Ausgelöst wurden diese Selbstzweifel dadruch, dass ich schon im Kindesalter fast immer verloren habe, zu schnell aufgegeben habe. Dazu kam, dass mir nie jemand gesagt hat ich würde etwas gut machen. Wahrscheinlich weil es nichts gab, das es zu loben wert gewesen wäre.

Ich will schon lange mal zu einem Arzt, aber meine Mutter kommt damit auch nicht in die Gänge und ich selber weis nicht ob ich einfach irgendwo anrufen kann und mir einen Termin holen kann.? Sollte ich zuerst zu einem normalen Hausarzt gehen? Achso eine weitere Sache, die mach daran hindert einen Hausarzt aufzusuchen...ich habe verdammte Angst vor Spritzen. Bei meiner letzten Impfung ist mir schlecht geworden und auch bei Themen wie Krankheiten und Blut wird mir schwindelig. Weichei eben

Wenn dann endlich mal eine Diagnose feststehen sollte geb ich dir nochmal bescheid...hoffe höchsten auf Antidepressivas/Adhs.

Heute in der Schule konnte ich mir größtenteils schon wieder kein Gehör verschaffen und fühlte mich wie Luft. Mein momentaner Gemütszutand gestaltet sich getrübt. Hyperaktive Anfälle bleiben im Moment aus...

09.01.2012 19:52 • #29


A


Hallo David Spritz,

x 4#30


David Spritz
Zitat von Seelenwelt:
Meine eigene Lebenslüge habe ich tatsächlich. Es ist dieses Gefühl, du darfst keine Fehler machen. Am besten müsstest du perfekt sein sonst wird es immer jemanden geben, der dich nicht mag. Ausgelöst wurden diese Selbstzweifel dadruch, dass ich schon im Kindesalter fast immer verloren habe, zu schnell aufgegeben habe. Dazu kam, dass mir nie jemand gesagt hat ich würde etwas gut machen. Wahrscheinlich weil es nichts gab, das es zu loben wert gewesen wäre.

Und schon sind wir Deiner nächsten Lebenslüge auf der Spur: Es gibt bei mir nichts, das es zu loben wert ist. Ist das wirklich wahr?

Zitat von Seelenwelt:
Ich will schon lange mal zu einem Arzt, aber meine Mutter kommt damit auch nicht in die Gänge und ich selber weis nicht ob ich einfach irgendwo anrufen kann und mir einen Termin holen kann.? Sollte ich zuerst zu einem normalen Hausarzt gehen? Achso eine weitere Sache, die mach daran hindert einen Hausarzt aufzusuchen...ich habe verdammte Angst vor Spritzen. Bei meiner letzten Impfung ist mir schlecht geworden und auch bei Themen wie Krankheiten und Blut wird mir schwindelig. Weichei eben

Wenn Du in diesem Quartal noch bei keinem Arzt warst (außer Zahnarzt oder Krankenhaus), dann brauchst Du Deine Krankenversicherungskarte und 10 Euro. Wenn Du noch keinen Psychiater hast, dann wäre es vielleicht einfacher, als Erstes zu Deinem Hausarzt zu gehen. Der kann Dir dann eine Überweisung schreiben, damit Du nicht noch ein zweites Mal 10 Euro bezahlen musst, und vielleicht kann er Dir ja auch Adressen geben. Oder er kann Dich selbst behandeln, manche Hausärzte machen das. Psychiater sind schwer zu finden, die meisten haben Wartelisten zwischen 3 und 12 Monaten. Du wirst also wahrscheinlich mehrere anrufen müssen, und mit etwas Glück findest Du einen, der Dir sofort einen Termin gibt.

Überlass es nicht Deiner Mutter! Mach es! Jetzt! Es ist *Dein* Leben, und Du hast nur eins. Du kriegst das hin, ich glaub an Dich.

10.01.2012 18:09 • #30

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