Eigentlich sollte ich jetzt in meinem Bett liegen, aber beim Stöbern hier im Forum und beim Nachdenken darüber was ich euch beiden, Pelle und Anima, antworten soll, fing das Gedankenkarusell wieder an zu drehen.
Aber fange ich einfach mal ganz am Anfang an:
Vor gut zwei Jahren, saß ich als heulendes Elend beim Vorgänger meines jetzigen Hausarztes. Auch der hat damals gut reagiert und mich zur Psychotherapie überwiesen. Der Psychotherapeut, den ich mir ausgesucht hatte, war gleichzeitig auch Psychiater. Das war zumindest gut für die richtige Einstellung meiner Schilddrüse. Mein TSH lag damals bei über 7. Ich hatte bei ihm einen Test und zehn Sitzungen, woraufhin er zu dem Schluss kam, 25 Stunden Gruppentherapie und die Normalisierung der Schilddrüsenwerte würden genügen.
Irgendeine Diagnose, welche die Gruppentherapie begründet hätte, hab ich nie bekommen. Auch hatte ich das Gefühl, dass Gruppentherapie nicht das Richtige für mich ist, weil es da einfach Dinge gab und immer noch gibt, zu denen ich für mich ganz allein Zugang bekommen will, bevor mit anderen ein Austausch stattfinden kann. Zu der Therapie ist es auch nie gekommen. Ich denke, ich habe zuviele skeptische Fragen gestellt und den Anschein vermittelt ich wollte gar keine Therapie, weil ich mir auch damals nicht vorstellen konnte, auf Grund meines Jobs, noch abends feste Termine einzuplanen. Mein erster Termin bei diesem Arzt, der anderthalb Stunden nach meiner Arbeitszeit lag, wäre fast geplatzt, weil mein Chef meinte ich müsse den Termin absagen, weil noch Arbeit fertig werden müsste.
Nun ja. Der gute Mann saß halt da, lächelte freundlich, fragte wenig. Ich saß da, lächelte freundlich, fragte viel und im Endeffekt passierte nichts. Okay, das stimmt nicht ganz. Ich beobachte mich und meine Emotionen seit dem genauer und versuche immer, eine kleine objektive Stimme im Hinterkopf zu behalten. Das hat mir bei der Einstellung meiner Schilddrüse sehr geholfen, denn ich habe die Wertschwankungen immer an meiner Stimmung bemerkt, daraufhin ein Blutbild machen lassen und dann die Dosis des Thyroxins angepasst.
Daher habe ich mich auch jetzt, als ich wieder starke Stimmungveränderungen bemerkte, an den Strohhalm geklammert, dass es ja nur die Schilddrüse sei. Aber dem ist nicht so. Mein SD-Werte sind ok. Dann fing auch mein Körper an zu streiken. Meine Hals- und Nackenmuskulatur hat sich über Wochen so verkrampft, dass ich fast jeden Tag starke Kopfschmerzen hatte und Schmerzmittel nehmen musste. Der Orthopäde, bei dem ich wegen einer Skoliose in Behandlung bin, hat mir daraufhin Muskelentspanner verschrieben und mir empfohlen was zur Entspannung zu machen. Der Muskelentspanner war ziemlich cool. Ich hab erstmal geheult als er anfing zu wirken, denn so entspannt war ich schon gefühlte hundert Jahre nicht mehr.
Aber da war mir dann auch irgendwie klar, dass da etwas bei mir ganz und garnicht stimmt.
Und nun komm ich dann auch zu dem Teil, der die gestellten Fragen beantworten wird: Ich hab also nen Termin bei meinem Hausarzt gemacht. Das war mein erstes Ziel. Da überhaupt hingehen. Sagen wie es mir geht. Ich hatte solche Angst, dass er mich nicht ernst nimmt. Aber das hat er. Er hat mir zugehört, mir Mut gemacht, mich ne Woche Arbeitsunfähigkeit geschrieben und eine Überweisung zum Psychiater ausgestellt.
Mein zweites Ziel war also der Termin beim Psychiater. Ich hatte Glück, jemand sagte ab, und so musste ich nur vier Wochen warten. Aber ich sollte ja nach einer Woche wieder arbeiten. Nach Herzrasen, klammen Händen, Stechen in der Brust und einer Stimmung die irgendwo zwischen Wutanfall und Heulkrampf pendelte am Sonntagabend, hab ich dann beschlossen doch nochmal zum Arzt zu gehen. Es war nur eine Vertretung da. Es gab wieder ne Woche Arbeitsunfähigkeit und Antidepressiva (Opipramol). Wollte ich eigentlich nicht, da ich die Wirkung solcher Medis als Angehörige kennengelernt hab, aber gut. Ich hab sie genommen, denn ich sollte ja den Montag darauf wieder arbeiten gehen. Trotz Medis, dann die Woche darauf das selbe Spiel, also hat mein Arzt mich gleich Arbeitsunfähigkeit geschrieben bis zum Termin beim Psychiater.
Auch vor dem Termin hatte ich tierische Angst. Das war dann zunächst ein wenig begründet. Die Art der Dame nervte mich sehr. Sie ließ mich nicht erzählen, fragte immer dazwischen und es war ja so schon schwer genug, alles zusammen zu bekommen. Nachdem sie dann mal zehn Minuten ans Telefon verschwunden war - wichtiger Anruf vom Kollegen - hat sich mich dann wieder heulend vorgefunden. Da konnte sie auf einmal auch besser zuhören. Ich habe ihr dann auch gesagt, dass ich das nicht ok finde. Wenn ich schon grad beim Seelenstriptease war.
Ich habe dann neue Medis bekommen (Fluxetin und Promethazin), Überweisung zur Radiologie, Überweisung zur Psychotherapie, neue Arbeitsunfähigkeit, neuer Termin bei ihr. Den Termin in der Radiologie hab ich, aber das was eigentlich wichtig wäre, die Psychotherapie, die krieg ich nicht. Alles voll. Die Krankenkasse ist auch keine Hilfe und kann mir nicht mit Adressen aushelfen. Die wollen nur wissen, wann ich wieder arbeiten kann. Das Formular landete natürlich bei meinem Hausarzt, obwohl denen längst die Arbeitsunfähigkeit der Psychaterin vorliegen muss. Zum Glück hatte ich mir die Diagnoseschlüssel notiert, so dass wir der Kasse wenigstens etwas antworten konnten, mit dem Verweis auf die Fachärztin.
So. Nun hocke ich Zuhause. Warte auf das Ende der Arbeitsunfähigkeit. Und bis dahin wird sich rein garnichts geändert haben, weil ich ja nicht mal mit der Psychotherapie anfangen kann oder überhaupt irgendeine Aussicht darauf habe. Wie fragte die nette Dame von der Krankenkasse so schön, nachdem ich ihr sagte, dass ich Depressionen hab Antidepressiva nehme und nen Therapieplatz suche: Und was machen sie sonst noch? Was soll ich denn bitte sonst noch machen?
Ja, ich fühle mich im Moment damit allein gelassen. Hab erst einmal die Therapeuten angerufen, die ich noch relativ gut erreichen könnte, wenn ich wieder arbeiten gehe. Wenn ich den Kreis weiter ausweite, dann bekomme ich jetzt schon Panik, dass ich das dann später nicht schaff dahin zu kommen. Auch die Vorstellung ohne Therapie und nur mit Medis wieder in meinen Job zurückzukehren macht mir Angst. Ich kann mir sogar sehr gut vorstellen, auch was anderes zu machen, aber was genau weiß ich nicht und im Moment hab ich auch die Angst, bei was Neuem zu versagen.
Die Antidepressiva's dämpfen zwar alle Gefühle etwas, aber ich weiß sie sind da und sie fehlen mir. Die einen mehr, die anderen weniger.
Eine Erkenntnis kämpft sich allerdings immer mehr an die Oberfläche: Die Beziehung zu meinem Ex hat sehr viel damit zu tun, wie es mir heute geht. Eigentlich sollte ich darüber weg sein. Auch war ich diejenige, die Beziehung beendet hat, aber er hat Narben auf meiner Seele hinterlassen. Er war Meister der emotionalen Erpressung. Das hat er auch irgendwann selbst gemerkt, nachdem er als Erpresster in so einer Beziehung steckte und sich auch bei mir entschuldigt, aber das lässt mich bis heute nicht los.
Entschuldigt den Sermon. Ich schreibe gerne. Normal lieber Geschichten, aber das mag im Moment nicht so recht klappen.
LG
Eloise
08.01.2012 05:25 •
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