denkzettel
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ich bin vor einigen Tagen auf dieses Forum hier aufmerksam geworden und erlaube mir nun auch, mal meine aktuelle Situation zu schildern.
Ich bin 40 Jahre alt, groß und stark wie ein Bär - 192cm und 140kg! Ich arbeite seit beinahe zwei Jahrzehnten in der Jugendhilfe, ich bin Erzieher. Ich habe zwei Kinder, mit 17 und 19 Jahren, beide wohnen bei mir, eine gescheiterte Ehe hinter mir und bin jetzt in einer sehr liebevollen Beziehung. (Die eigene Familiengeschichte nicht ganz unproblematisch, die erste Ehe und die Familie meiner Ex-Frau ebenfalls nicht ohne Schwierigkeiten).
Egal, was in meinem Leben passierte, ich habe es ausgehalten, angepackt und bin vorwärts gegangen oder habe nen neuen Weg eingeschlagen.
So führte mich mein Beruf von Berlin nach Schleswig-Holstein und jetzt nach Bayern. Höhen und Tiefen des beruflichen und privaten Alltags meisterte ich immer gut - mich hat nichts umgehauen auf Arbeit und im privaten Bereich immer höchst motiviert das bestmögliche zu erreichen - für mich, meine Familie und den mir anvertrauten Jugendlichen.
Im letzten Jahr allerdings gab es das erste Mal einen Hinweis darauf, dass mich irgendetwas überfordert. Ich konnte da noch nicht sagen, was genau mich aus der Bahn geworfen hat. Die Schuld habe ich einer Extrem-Situation (Schlägerei zwischen mehreren Jugendlichen, Polizeieinsatz und mehrere Verletzte) auf Arbeit gegeben und die Aufarbeitung mit meinem alten Arbeitgeber, die letztlich in einer Kündigung durch mich endete.
Über ein Jahr arbeite ich in einer neuen Einrichtung - alles etwas entspannter. Und trotzdem habe ich schon vor wenigen Monaten festgestellt, dass ich keine Motivation mehr habe, die Arbeit habe ich versucht mit so wenig Einsatz wie möglich zu erledigen. Die Zeit häufig nur noch abgesessen. Ich habe es nicht geschafft, um die Probleme der mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen adäquat zu kümmern. Dann kam mein Urlaub und ich hoffte, dass es danach besser werden würde. Ich war zwei Tage auf Arbeit, die habe ich mehr schlecht als recht auf Arbeit verbracht. Ich habe gemerkt, ich kann das nicht mehr. Seit dem bin ich krank geschrieben.
Das ist der Teil auf Arbeit.
Privat sah es so aus, dass die Trennung schon 2016 war, meine neue Beziehung ebenfalls im Jahr 2016 begann. Meine Kinder haben sich entschieden bei mir bleiben zu wollen. Zur Mutter besteht seit etwa drei Jahren kein Kontakt. Da die Mutter die Kinder ignoriert und sämtliche versuche der Kinder abblockt bzw. ohne Begründung ignoriert.
Mein jüngeres Kind hat sich das sehr zu Herzen genommen. Ich dachte mir aber, durch meine Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen, die es zu Hä nicht leicht haben, schaffe ich das schon und wir bekommen das ohne therapeutische Hilfe hin. Was folgte war ein Schulabbruch - folglich ohne Abschluss, ein gescheitertes berufsvorbereitende Jahr, ein Suizid-Versuch und eine gescheiterte, aber empfohlene stationäre Therapie in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Klar, ich habe das Problem zu spät erkannt und zu spät professionelle Hilfe eingeschaltet. Wobei die Therapeutin sagt, dass ich mir diesbezüglich nichts vorwerfen soll, da ich dennoch alles für mein Kind getan habe.
Mein älterer Sohn kommt anders mit der Situation zu recht, aber in meinen Augen leidet er dennoch. Auch wenn er was anderes sagt. Er hat zwar nen Schulabschluss, aber sieht keine berufliche Perspektive und hat auch keinen Elan überhaupt irgendwas zu machen. Hat stark abgenommen, weil er zu wenig isst. Aber er ist nicht bereit, sich therapeutische Hilfe zu holen. Er ist 19 Jahre, da kann ich natürlich auch nichts befehlen - nur Hilfestellung geben.
Dazu kommt, dass meine Partnerin ebenfalls an Depression leidet, sie ist aber in Behandlung und macht das echt gut. Aber sie hat zusätzlich noch Epilepsie, zwar nur selten bis gar keine Anfälle (letzter ist schon ein Jahr her) aber dennoch ist die Gefahr immer da, trotz Medikamente.
Irgendwann vor einiger Zeit bin ich dann das erste Mal in meinem Leben zusammengebrochen und habe geheult und immer wieder gebrabbelt, dass ich einfach nur ein normales Leben haben möchte! Seit dem bekomme ich in den unterschiedlichsten Situationen Heulanfälle, das kann beim kochen sein, beim Rad fahren, Gartenarbeit oder einem Gespräch über Fussball. Also nicht immer wo es um etwas persönliches geht.
Ich fühle mich erledigt und k.o. - an den meisten Tagen schaffe ich noch eine gute Routine im Haushalt, aber an anderen Tagen bin ich nicht aus dem Bett zu kriegen bzw. hänge den gazen tag auf der Couch und schaue Fern oder spiele am Computer.
Und das Gefühl ist so merkwürdig, weil so unbekannt. Ich kannte das von mir nicht! Ich war doch immer der große starke Mann, der für alle da war und dafür gesorgt hat, dass es allen gut geht - tja. und nun!?
Keine Ahnung, wie es im Moment weiter geht. Ich plane eigentlich, meinen Beruf (Erzieher) an den Nagel zu hängen. Ich kann mich nicht noch um andere (Fremde) kümmern, wenn es mir oder meiner Familie nicht gut geht. Ich packe das einfach nicht mehr. Mir sind die Probleme auch egal der anderen!
Ich habe ein paar Bewerbungen abgeschickt, um ohne große Anträge, einen beruflichen Neustart zu wagen, aber leider bisher ohne Erfolg - nagut, die Post würde mich wahrscheinlich als Verbundzusteller einnehmen. Aber da ist der Verdienst um mehr als 1000Euro brutto weniger, als momentan.
Also kam ich auf die Idee einer Umschulung, um Fachkraft in einem anderem Beruf zu seinem, fernab des sozialen Bereiches. Ob das klappt - keine Ahnung!
Ich habe Angst davor! Angst davor diesen Schritt zu gehen. Finanziell kann uns nicht so viel passieren, wir wohnen glücklicher Weise in einem Haus, welches wir geerbt haben und kein Kredit oder Schuld abzubezahlen ist. Wir haben also nur Nebenkosten, unsere eigenen Schulden durch Ratenzahlungen (aber überschaubar). Und noch etwas Alt-Schulden aus meiner ersten Ehe - die sind aber auch bald Geschichte.
Also selbst mit Krankengeld fallen wir in kein finanzielles Loch.
Die Angst ist dennoch da! Was ist, wenn eine Umschulung nicht in Frage kommt, wenn gesagt wird, Du kannst weiter in Deinem Beruf arbeiten - geh doch in den Kindergarten oder so! Ne! Das würde ich nicht schaffen!
Das ist ein Teil meiner Geschichte.