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Bedeutungslos im Leben

T
Hallo Leute, da das mit der Klinik noch ein wenig dauert, meine Gedanken aber zumindest schon mal irgendwie raus müssen, habe ich gedacht, ich lade hier ein bisschen schon mal was ab. Ich habe mir gründlich Gedanken gemacht. Ich habe revue passieren lassen, was ich im Leben eigentlich will und was ich habe und wie beides eigentlich zusammen steht. Verdammt konträr. Ich kann machen, was ich will. Mein Ausgangspunkt ist immer derselbe. Nun ja, nicht ganz. Viel häufiger geht es auch noch deutlich unter diese verdammt niedrige Messlatte. Während die Sehnsüchte in der normalen Ausgangslage schon sehr stark sind, werden diese unerträglich, wenn es weiter abwärts geht. Andere wenden sich an andere Menschen, an denen, die ihnen wichtig sind, - an die, die ihnen beistehen. Da vermisst man umso mehr das, was man nicht hat. Ich merke immer wieder, wie krass allein ich bin. So will ich nicht leben. Mit Menschen in Kontakt zu kommen war immer ein kurzes Hoch, denn eigentlich kann ich gut mit Menschen. Aber durch bestimmte Umstände hält das nie lange und mittlerweile frag ich mich auch, inwieweit ich mich auf Menschen noch einlassen kann. Will ich überhaupt so tief in mich blicken lassen? Will ich überhaupt jemanden so nah an mich ran lassen? Das kollidiert eigentlich mit dem, der ich sein will und unter anderen Umständen sein könnte. Ich wäre gern einer, der mit beiden Beinen im Leben steht, der einen anständigen Kontostand hat und normale Probleme hat, die man selbständig behandeln kann, statt mit so abnormal vielen Päckchen ausgestattet zu sein, wovon man die Hälfte gar nicht mal zeigen will, aber auch nie wirklich verstecken kann und man sich permanent so anders fühlt. Mit jedem Jahr werde ich älter, ich habe vieles probiert, da ich schon immer ein Mann der Tat war. Aber Jahr für Jahr vergeht für nichts. Es ändert sich rein gar nichts. Mittlerweile resigniere ich. Ich will so nicht leben. Aber ich werde irgendwie dazu genötigt. Meine Idee ist es, wenn sich nichts ändert, dann macht das Leben auch keinen Sinn. Aber nicht nur das Leben ist bedeutungslos, sondern ich bin es auch. Klar, ohne Eltern, Freundeskreis und ne grobe Bekanntschaft. Ich will es nicht aussitzen, nicht länger ertragen und ständig so viel fühlen mit stetigem Hin und Her. Ich bin es einfach leid. Wenn sich nichts ändert, muss ich das anders lösen. Ich werde in der Klinik mal ansprechen, wie man eine passive Sterbehilfe in Anspruch nehmen kann. Nicht für direkt, aber wenn sich in ein bis zwei Jahren nichts getan hat und ich im Rahmen meiner Möglichkeiten meine Bucketlist abgearbeitet habe, dann soll diese Möglichkeit definitiv gegeben sein.

28.03.2021 19:09 • x 1 #1


Juju
Puh.....ich muss erst einmal tief durchatmen ...

Ich hätte Deine Zeilen zum Teil schreiben können.

Darf ich Dir einen Film empfehlen, in dem es um das letzte Thema in Deinem Beitrag
geht?
Ich war immer dafür, bis zu diesem Film, weil am Ende eine Frage gestellt wird, die ich weder beantworten konnte noch wollte.

Ich kann all Deine Zeilen verstehen.
Darf ich Dich fragen was Du glaubst, woran es hängen könnte, dass die Bekanntschaften -Freundschaften nicht halten?
Vielleicht gibt es da ja einen Ansatz?
Liebe Grüße, Juju


Der Film heißt...

GOTT von Ferdinand von Schirach

Findest Du in der ARD Mediathek

Danach überlegst Du vielleicht nochmal ob Du diese Frage wirklich in der Klinik stellen möchtest.
Alles hat einen Sinn.

28.03.2021 19:56 • #2


A


Hallo Traumwelt,

Bedeutungslos im Leben

x 3#3


T
@Juju

Hi und natürlich darfst du mir die Frage stellen. Das ist natürlich nicht so einfach zu beantworten, da hier mehrere Gründe zum Tragen kommen. Zum einen, weil einige keine Zeit haben, da sie ja praktisch ein Leben haben und Kontakte soweit eigentlich einschlafen. In anderen Fällen sind es Umstände, in denen man böse auseinander geht, ohne dass persönliche Probleme entstanden sind. Ja, das ist etwas kompliziert und sicher nicht leicht zu verstehen. Bedeutet: man kam super klar und irgendwie passte die Chemie, aber durch blöde Gegebenheiten verläuft alles plötzlich anders.
Was auch gerne passiert: man trifft einen tollen Menschen und man fühlt sich wohl mit der Person und dann kommt. in einer Woche zieh ich weg!
Irgendwas ist immer.

Hm, welche Frage ist das denn? Kannst du sie hier stellen?

Edit: habe die Frage gefunden und ich würde sagen, ja. Selbstbestimmt sterben sollte unbedingt möglich sein. Kein Arzt soll mir die Entscheidung abnehmen und für mich entscheiden.
Schließlich bin ich derjenige, der so leben müsste, was eigentlich der Grund war, es zu beenden.

28.03.2021 20:11 • x 1 #3


Juju
Zitat von Traumwelt:
@Juju Hi und natürlich darfst du mir die Frage stellen. Das ist natürlich nicht so einfach zu beantworten, da hier mehrere Gründe ...


Wem willst Du diese Aufgabe auferlegen?
Daher ist es schier unmöglich...

Du bist 29 Jahre.... da kann noch so viel gutes kommen....

28.03.2021 20:27 • x 1 #4


T
Zitat von Juju:
Wem willst Du diese Aufgabe auferlegen?
Daher ist es schier unmöglich...


Welche Aufgabe?

Genau daran glaube ich nicht. Mein Leben ist ja nicht erst seit einem Jahr sch.ße, sondern eigentlich immer gewesen. Nach dem Bruch mit der Familie wurde ich zu einer Akte, zu einem Job und es ging um Zuständigkeit und dergleichen. Ich war ein Job. Aber nicht nur das. Und als ich aus den Heimen draußen war mit 17, gab es eine ganze Zeitspanne bis jetzt mit 29, in der nichts positives mein Leben beeinflusste. Das sind 13 weitere Jahre. Eine unglaubliche Zeit. In der sich vieles hätte ändern können. Tat es aber nicht.
Und vor wenigen Monaten hatte ich wieder eine unglaubliche Krise durchzustehen. Ich glaube an gar nichts mehr. Echt nicht. Meine Lebenserfahrung spricht da Bände. Und ich will nicht mehr.

28.03.2021 20:47 • #5


B
Hallo, Taumwelt,
ich gehe mal davon aus, dass Du alle Möglichkeiten ausgeschöpft hast, die die Medizin so bietet, auch z.B. EKT, rTMS, THS. Wenn nicht, hole es nach, jetzt, solange noch Zeit ist. Danach ist nichts mehr rückgängig zu machen. Stelle Dir irgend eine winzige Kleinigkeit vor, die Dir gefallen hat oder die Dich einen Moment lang glücklich gemacht hat in Deinem Leben. Du wirst sie nie wieder sehen. Das war Deine letzte verpasste Chance.
Nimm diese Kleinigkeit als Strohhalm, suche nach einem nächsten... usw. Hangle Dich von einem zum anderen, immer so weiter. Lass Dich von einem Psychotherapeuten dabei begleiten, auch wenn es nur coaching ist. Hilfreich! Damit gewinnst Du Zeit. Kein Grund, in Panik zu geraten. Sich das Leben zu nehmen, ist ein Notausgang, das bleibt Dir immer noch, wenn's gar nicht mehr geht .
Ich habe mal einen SV gemacht und wurde dabei gestört. Auf dem Rückweg war ich extrem schockiert darüber , dass ich tatsächlich fähig und in der Lage war, so etwas zu tun. Ich habe in dem Moment eine unglaubliche Euphorie bekommen. Nur hielt die nicht lange an. Das nur nebenbei. bake 37

28.03.2021 21:25 • x 1 #6


T
Hallo bake, vielen Dank für deinen Beitrag. Naja, Medizin empfinde ich nicht als Lösung, da es meine Probleme nicht löst. Wenn ich Medizin nehme, bin ich immer noch bedeutungslos. Immer noch alleine.

Die Sache mit den winzigen Positiven funktioniert nicht mehr so richtig, da diese die unglaublichen negativen Dinge nicht aufwiegen und nichts wett machen.

Irgendwann sterben wir alle und dann ist alles ohnehin weg, da führt nie ein Weg dran vorbei. Wenn ich tot bin, dann ist es egal, was ich nie wieder sehe, es würde mich nicht weiter kümmern. Aber ich müsste nicht mehr nur so rumexistieren, ständig so viel fühlen und vor allem müsste ich nie wieder glücklichen Menschen dabei zusehen, wie sie ihr Leben leben, glücklich sind (jaja, manchmal sind sie es auch nicht, Höhen und Tiefen, schon klar) und ich?

Ein Leben, das nicht lebenswert ist, muss auch nicht gelebt werden.
Klar, für mich ist es verständlich, dass andere das Leben als erhaltenswert betrachten, aber ich habe hier wirklich gar nichts. Wenn dich in einem Ort nichts mehr hält, ziehst du weg. Ich habe nichts, wofür es sich zu leben lohnt.

Es ist nicht nur, dass man diese Sehnsüchte hat, sondern man muss auch damit fertig werden, diese Menschen zu finden, die einen kurz was gegeben haben und dann wieder aus
dem Leben verschwunden sind. Und oft dann auch noch über das wie. Das ist zu viel, was man fühlen muss.

28.03.2021 21:45 • x 1 #7


R
Hallo @traumwelt,
bei mir ist es genau umgekehrt als es jetzt bei dir der Fall ist.
Ich habe mein Leben 40 Jahre lang gelebt, hab 2 Berufe erlernt, immer gearbeitet, hatte Freunde/innen, man mochte und schätzte mich, ich war anerkannt, stand mit beiden Beinen im Leben.
Tja, und dann wurde ich krank, ich konnte nicht mehr arbeiten, Freunde/innen brachen weg, ich war nicht mehr anerkannt, gemocht, geschätzt, ich stehe nicht mehr mit beiden Beinen im Leben.
Das war hart, sehr hart für mich, alles was ich mir hart erarbeitet hatte, war von heute auf morgen futsch.
Nun, das Ganze ist jetzt fast 10 Jahre her und in dieser Zeit hatte ich viel Zeit über mein Leben nachzudenken.
Ich wollte auch immer jemand anders sein als ich war und dafür hab ich wirklich hart gearbeitet, bis ich halt irgendwann nicht mehr konnte und zusammen brach.
Es war wirklich ein sehr, sehr schwerer Weg für mich mit der jetzigen Situation klar zu kommen, aber irgendwann hab ich verstanden, hör auf zu kämpfen, hör endlich auf. Damit meine ich, gegen die Krankheit anzukämpfen, ich wollte mein altes Leben wieder haben und nicht dieses Leben das überhaupt nichts lebenswertes mehr hatte, dachte ich zumindest.
Aber als ich verstanden habe, dass es um Annahme geht, und dass nur das der Weg ist um überhaupt weiter leben zu können, hat sich etwas verändert. Annahme der Erkrankung, Annahme, dass sich viele gute Freunde/innen von mir getrennt haben, Annahme, dass ich nicht mehr arbeiten kann, Annahme, dass ich nicht mehr so bin wie andere, Annahme, dass ich nicht mehr mit beiden Füssen im Leben stehe, Annahme, dass mein Konto bei weitem nicht mehr so gut bestück ist wie früher.
Komischer Weise lebe ich heute eher das Leben das mir entspricht, denn ich war nie die starke, selbstbewusste Frau, die ich oft vorgab zu sein. Nein, ich bin ein schwacher Mensch, der durch das was ich erlebt habe in meinem Leben geprägt wurde. Und diese Prägung sagte mir immer wieder, streng dich an, dass aus deinem Leben etwas wird, dass du nicht bedeutungslos bist, dass du anerkannt und geschätzt wirst für deine Leistung.
Ich wollte dir damit eigentlich nur sagen, dass du nicht bedeutungslos bist, nur weil du den Anforderungen und Erwartungen von anderen nicht entsprechen kannst. Du bist du und das ist nicht verkehrt. Du darfst sein so wie du bist und ich wünsche dir von Herzen Menschen die dich so annehmen wie du bist und nicht wie du in ihren Augen vielleicht sein solltest, oder vielleicht sogar in deinen eigenen.
Herzliche Grüße
Robbe

29.03.2021 13:34 • x 6 #8


Juju
Eines ist jedenfalls klar Du wirst niemanden finden, der Dir da helfen kann, denn die Kriterien, die man dafür erfüllen muss, die erfüllst Du bei weitem nicht.
Darüber bin ich erst mal froh.

29.03.2021 13:56 • #9


T
@Robbe
Wirklich ein schöner Beitrag und ein sehr bewegender Text. Eines lässt dein Text aber offen: wie sieht dein Leben heute aus? Hast du diese Menschen um dich rum?
Ist auch eine Frage, die ich mir selber stelle, inwiefern es noch realistisch ist, solche Menschen zu treffen in der heutigen Zeit. In einer Zeit, in der du nichts bist, wenn du nichts hast und gehasst wirst, wenn du mehr hast als alle anderen.

@Juju
Es gibt keine Kriterien.

Hierzu mal ein Auszug:
Zitat:
Diese Verschärfung hat das Bundesverfassungsgericht nun für "nichtig" erklärt. Es betont die Autonomie des Menschen in Fragen von Leben und Tod. Sein Recht über den eigenen Tod zu bestimmen, bestehe "in jeder Phase der menschlichen Existenz", sagen die Karlsruher Richter; es ist also nicht auf alte und schwer kranke Menschen beschränkt. Der Sterbewillige darf nach diesem Urteil die Hilfe anderer Menschen in Anspruch nehmen. Und der Staat muss diese Hilfe möglich machen.


https://www.quarks.de/gesellschaft/ster...erwirrend/

29.03.2021 15:14 • #10


Juju
Gut, dem ist dann nichts mehr hinzuzufügen...
Ich bin dann auch raus...
Wenn Du gerne leben möchtest, dann bin ich gerne mit einem offenen Ohr da und dabei, ansonsten muss ich dann leider Abstand zu diesem Thema nehmen.

29.03.2021 15:39 • x 3 #11


Kate
Zitat von Traumwelt:
In einer Zeit, in der du nichts bist, wenn du nichts hast und gehasst wirst, wenn du mehr hast als alle anderen.


Hi Traumwelt,
da stelle ich meine Ansicht schon mal dagegen. Du pauschalisierst ein bisschen zu sehr. Auch wenn ich Dich verstehen kann. Es gibt nicht nur alles gut und alles schlecht. Wir bewegen uns dazwischen, vom einen zum anderen Ende immer wieder hin und her.

Liebe Grüße Kate

29.03.2021 15:47 • x 2 #12


T
Zitat von Juju:
Gut, dem ist dann nichts mehr hinzuzufügen... Ich bin dann auch raus... Wenn Du gerne leben möchtest, dann bin ich gerne mit einem offenen Ohr da und dabei, ansonsten muss ich dann leider Abstand zu diesem Thema nehmen.

Wieso muss man dann Abstand zu diesem Thema nehmen? Ich halte es für falsch, dieses Thema zu tabuisieren und zu etwas schrecklichem zu machen, was es im Grunde nicht ist und nur weil ein paar diesen Weg gehen, musst du es ja nicht. Dieses Thema totzuschweigen hilft da keinem.

@Kate
Ich pauschalisiere deshalb, weil die Menschen dazwischen eher die Ausnahme denn Regel sind. Es gibt keine Garantie, dass ich genau diese Menschen treffe. Dafür treffen zu viele die falschen. Der Unterschied zu mir ist jedoch, dass diese Falschen der anderen erweiterte Kontakte sind, also nicht die einzigen...
Wie viele Gespräche und Telefonate kann man an öffentlichen Plätzen mitbekommen, in der es genau um solche Themen geht?! Es fühlt sich mittlerweile für jemanden, der so gar keine Kontakte hat, so unwahrscheinlich an, jemand richtig Gutes kennenzulernen, wie ein 6er im Lotto.

29.03.2021 17:11 • x 1 #13


Kate
Zitat von Traumwelt:
Es fühlt sich mittlerweile für jemanden, der so gar keine Kontakte hat, so unwahrscheinlich an, jemand richtig Gutes kennenzulernen, wie ein 6er im Lotto.


Ich musste erst 43 werden um so jemanden kennenzulernen. Da ist bei Dir also noch Luft nach oben.
Hätte ich damals das Handtuch geworfen, so wie ich es jedes Jahr plane, hätte ich definitiv was verpasst.

29.03.2021 17:16 • x 2 #14


A


Hallo Traumwelt,

x 4#15


T
Zitat von Kate:
Ich musste erst 43 werden um so jemanden kennenzulernen. Da ist bei Dir also noch Luft nach oben. Hätte ich damals das Handtuch geworfen, so wie ich es jedes Jahr plane, hätte ich definitiv was verpasst.


Genau das ist es ja. Ich bin jetzt in der Blüte meines Lebens und ich will nicht erst nach dieser Blüte anfangen, zu leben.
Dass mein Jungsein einfach so verwelkt, belastet mich enorm.

29.03.2021 17:40 • x 1 #15

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