Xerhe
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wir sicherlich vielen Anderen hier geht es mir momentan (seit ca. einer Woche) ziemlich schlecht. Da ich keine Freunde habe, möchte ich mich euch auf diesem Wege anvertrauen. Vielleicht bekomme ich ein paar Ratschläge, wie ich mit meiner aktuellen Situation umgehen kann. Ich weiß nicht, ob es sich hierbei schon um eine Depression handelt. Aber so fühlt es sich momentan für mich an.
Kurz zu mir: ich bin in den Dreißigern und Vater einer kleinen Tochter, die ich mehrmals in der Woche bei mir habe. Für sie gebe ich natürlich mein Bestes, auch wenn es mir aktuell zum Teil sehr schwer fällt. Ich bin zudem ohne Arbeit und, wie schon angedeutet, ohne nennenswertes Sozialleben. Aufgrund meiner Arbeitslosigkeit und der damit verbundenen Scham, versuche ich es auch gar nicht, mir neue Bekanntschaften zu suchen. Ich bin wirklich kein Mensch, der viele Freunde braucht. Aber ich muss zugeben, dass ich mich oft doch ziemlich einsam fühle. Auf jeden Fall geht das alles schon eine Weile so. Parallel kümmere ich mich um meinen Papa, der pflegebedürftig ist. Ansonsten habe ich recht viel Zeit, die ich leider oftmals alleine zuhause mit Grübeln verbringe. Und ich bin mittlerweile Meister in Negative Gedanken erzeugen.
Keine Arbeit, kein Sozialleben, viel Zeit für negative Gedanken - vielleicht liegt hier schon der Hund begraben
Ich habe vor einer Weile meine Antidepressiva, Escitalopram, aufgrund von Nebenwirkungen (starke Müdigkeit, verringerte Libido) abgesetzt. Im Nachhinein war das vielleicht keine gute Idee. Leider kann ich nicht genau abschätzen, ob es daran liegt, dass ich mich momentan so miserabel fühle. Denn die erste Zeit nach dem Absetzen ging es mir den Umständen entsprechend gut. Die Tabletten wurden mir von meinem Hausarzt verschrieben. Bei einem Psychologen war ich nie.
Ich glaube, mein Zustand hat sich verschlechtert, weil ich mich aktuell mit meinen Problemen auseinandersetze. Jedes mal, wenn ich das tue, merke ich, wie mein Körper in ein Abwehrmechanismus gerät. Wenn ich zum Beispiel nach Jobs Ausschau halte, bekomme ein leichtes Herzrasen und es kommen Gedanken wie:
- du wirst es eh nicht schaffen
- die werden dich wegen des Lebenslaufs auslachen
- Papa, Tochter und Arbeit - das wird dich eh überfordern
- etc.
Das alles hat so starke Auswirkungen auf mein Gemüt, dass ich dieses Vorhaben oftmals wieder pausieren muss. Das macht mein Körper (also ich selber ) nicht nur bei der Jobsuche, sondern bei allen Dinge, die eine gewisse Herausforderung für mich darstellen.
Morgens ist es am schlimmsten. Sobald ich die Augen aufmache, spüre ich eine innere Leere in mir. Ich bin antriebslos und komme nur schwer aus dem Bett. Einige werden das Gefühl sicherlich kennen. Es fühlt sich echt erdrückend und deprimierend an. Tagsüber geht es mir dann ein klein wenig besser. Ich fühle mich aber grundsätzlich den ganzen Tag über müde (kann aber nicht schlafen) und antriebslos, habe Konzentrationsprobleme, und permanent so ein unangenehmes - ich nenn es depressives - Gefühl in der Brustgegend, das nur verschwindet, wenn ich es schaffe, mich mal richtig abzulenken.
Ich muss hinzufügen, dass ich, was mein Psyche angeht, vorbelastet bin. Meine Kindheit war normal, tendenziell eher glücklich, auch wenn ich schon kleine Ängste in mir trug. Im Teeniealter hatte ich eine kurze, aus dem Nichts aufgetretene Depression. Ich hatte viel über den Tod nachgedacht und mich nach Nähe und Geborgenheit gesehnt. Die ist aber auch so schnell verschwunden, wie sie gekommen ist. Es hat sich dann eine - selbst diagnostizierte - Soziale Phobie entwickelt, die dazu führte, dass ich meine komplette Jugend und teilweise mein Studium alleine, also sozial isoliert, verbracht habe. Ich bin mein Leben lang immer schön in meiner Komfortzone geblieben und habe es so dahergelebt. Keine großen Höhen, aber viele kleine Tiefen. Die Angst vor Veränderung, vor dem Neuem, war jedes Mal stärker als der Wille, im Leben voranzukommen. Heute weine ich verpassten Gelegenheiten/ein nicht gelebtes Leben hinterher.
Ich weiß jetzt nicht, wie ich weiter machen soll. Ich wache auf und habe eigentlich gar keine Idee, warum ich auf dieser Welt bin. Natürlich weiß ich, dass ich zum Beispiel zum Thema Arbeit eine familiäre als auch gesellschaftliche Verpflichtung habe. Irgendwo, weit versteckt in meinem Kopf, weiß ich auch, dass wenn ich versuche, etwas anzupacken, sich mein Leben zum Besseren ändern könnte. Dass ich mich einfach bewegen muss. Da ich eher pessimistisch veranlagt bin, ist das schon viel für mich. Nur weiß ich nicht, wie ich das handhaben soll.
Eine Möglichkeit wäre, dass ich meine Tabletten wieder einschleiche und das durchhalte bis ich mich in einer stabileren Lebenssituation befinde. Vielleicht wäre es auch ratsam, zu einem Psychologen zu gehen oder zumindest zu versuchen, einen Termin zu erhalten. Aber ich habe in der Vergangenheit dazu keine nachhaltige Einstellung bewiesen. Sobald es mir wieder etwas besser ging, dachte ich mir, dass ich keine professionelle Hilfe benötige. Alternativ kann ich auch einfach so weitermachen, und versuche in kleinen Schritten selbst aus dieses Loch zu kommen. Hier ist aber für mich in keinster Weise absehbar, wie ich das schaffen soll. Mir fehlt momentan einfach die Kraft für Alles.
Ich weiß auch selber, dass vieles selbst verschuldet ist. Wie sagt man so schön: Jeder ist seines Glückes Schmied. Und wenn man sein Leben einfach so daherlebt, dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass man sich irgendwann in solch einer Situation wiederfindet.
Ich merke, es ist ein echter Roman geworden, der sich zudem noch ziemlich mitleidig liest. Es tut auf jeden Fall gut, diese Dinge loswerden zu können. Danke für's Lesen.