Flipp
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ich hoffe, ihr könnt mir ein wenig Hilfestellung geben. Ich bin vor über einem Jahr in eine neue Stadt gezogen für einen Job in einem 3 Jahre befristeten Projekt. Ich hatte große Lust auf das Projekt, weil ich es inhaltlich spannend fand. Auch aus privaten Gründen (Trennung) erschien mit der Wohnortwechsel sinnvoll. Ich habe bereits nach kurzer Zeit (1-2 Monate) gemerkt, dass das Projekt inhaltlich nicht meinen Vorstellungen entspricht. Auch mein Aufgabenbereich wich stark von meinen Vorstellungen ab. Nach 6 Monaten in der neuen Stadt kam Corona auf. Das heißt, ich bin hier in der neuen Stadt nie richtig angekommen, habe kaum soziale Kontakte. Ich mag die Stadt und das Umfeld auch überhaupt nicht. Ich fahre mittlerweile recht häufig in die alte Heimat zurück, um meine Freunde zu sehen.
Das Verhältnis zu meiner Vorgesetzten hat sich im Laufe der Monate immer mehr verschlechtert. Anfangs habe ich mir erstmal nichts weiter gedacht über ihre kontrollierende Art. Mittlerweile finde ich es einfach nur schrecklich. Sie muss alles kontrollieren, will alles absegnen, war wir (ich) machen. Gleichzeitig kritisiert sie uns dafür, dass wir zu wenig Verantwortung übernehmen und zu wenig Einsatz zeigen. Meine Vorschläge zur Umsetzung des Projekts wischt sie sehr schnell vom Tisch. Es ist als müsse immer alles genau so laufen wie sie es sich denkt. Ich habe schon recht frühzeitig angemerkt, dass ich den Eindruck habe, sehr wenig Spielraum in meinem Aufgabenbereich zu haben. Die Rückmeldung hat sie zunächst ignoriert. Später warf sie mir vor, ich würde meinen Aufgabenbereich einfach nicht gut genug verstehen. Mir meine scheinbaren Freiräume zu erklären, dafür hat sie aber auch keine Zeit. Die Situation mit ihr wurde irgendwann immer schlimmer für mich. Es kamen seltsame Dinge vor: Sie gibt bspw. eine Rückmeldung, dass sie bei einem Arbeitstreffen nicht dabei sein müsse und ich ihre Termine nicht berücksichtigen solle und hinterher beschwert sie sich bei mir, dass ich das Treffen ohne sie ansetzte. Es kam auch schon vor, dass ich ihr eine kritische Rückmeldung gab, was mir nicht gefällt an ihrem Verhalten meinem Arbeitsbereich gegenüber. Dazu antwortete sie nur: Daran erinnere ich mich nicht und die Diskussion war beendet. Es fanden zwischen ihr und mir zwei klärende Gespräche mit einer Mediation statt. Die Sitzungen hat sie genutzt, mich und meine Arbeitsweise zu kritisieren. Ich finde ihre Kritikpunkte allerdings wenig überzeugend und kann sie schlecht annehmen. Dabei schätze ich mich eigentlich nicht als Person ein, die schlecht mit Kritik umgehen kann. Meist nehme ich mir kritisches Feedback sehr zu Herzen, bin verständnisvoll und knicke schnell ein. Sie unterstellt mir eine nachlässige Arbeitsweise und ist der Meinung, ich nehme meine Arbeit nicht ernst genug. Komischerweise bekomme ich von anderen Projektbeteiligten immer super Rückmeldungen für meine Arbeit. Ich werde gelobt für meine Achtsamkeit, meine gute Vorbereitung und mein Engagement. Nur meine Vorgesetzte kritisiert mich ständig. Lob erhalte ich praktisch nie, obwohl ich das eigentlich brauche, um mich gewerschätzt zu fühlen auf Arbeit.
Meine Kolleginnen sind auch sehr unzufrieden mit der Vorgesetzten. Sie sind aber etwas jünger und unerfahrener als ich und trauen sich deshalb nicht, etwas zu sagen. Sie haben beide Angst vor meiner Chefin. Das ist doch nicht normal. Eine Person, die meinem Arbeitsgebiet zugeteit ist, hat schon mehrfach geweint nach Terminen mit meiner Chefin. Ich finde das Arbeitsklima hier einfach nur schrecklich. Ich komme ungern zur Arbeit: wegen meiner Vorgesetzten und weil es für mich inhaltlich einfach nicht passt.
Seit einigen Monaten bin ich so unter Druck und Stress, dass ich einen Tinnitus entwickelt habe, der einfach nicht weg geht. Ich hab Rücken- und Nackenschmerzen. Kann schlecht atmen, mein Brustkorb ist wie zugeschnürt und versteinert. Schlaf erholt mich gar nicht mehr, ich wache mit Kopfweh auf, weil ich so angespannt bin. Mein Selbstbewusstsein ist auch richtig niedrig mittlerweile, dabei war ich eigentlich zuvor ein recht selbstsicherer und ausgeglichener Mensch. Freude habe ich kaum noch. Mich strengt alles an: die Arbeit, der Haushalt, neue Kontakte knüpfen. Ich bin gefühlt dauererschöpft.
Am Montag war ich endlich beim Hausarzt. Er hat mich krankgeschrieben mit Erschöpfungssyndrom und Burnout. Ich hatte das etwas geahnt, trotzdem reißt mir das gerade den Boden unter den Füßen weg. Ich habe eine Vergangenheit mit psychischen Erkrankungen und habe jetzt richtig Panik, dass ich wieder richtig abrutsche, nicht arbeitsfähig bin, dauerhaft depressiv werde, irgendwann in die Klinik muss und ich mir meine Karriere kaputt mache, verarme. Ich katastrophiere total, was mich noch angespannter und unruhiger macht. Ich kann es aber nicht abstellen.
Morgen habe ich einen Termin bei meinem Psychiater. Ich wurde von meinem Hausarzt erstmal eine Woche krankgeschrieben (das war mein Wunsch). Nach den paar Tagen merke ich aber erstmal so richtig, wie fertig ich bin. Ich brauche eigentlich noch länger eine Auszeit. Darf ich das dem Psychiater sagen? Ich hab Angst als Simulant hingestellt und nicht ernst genommen zu werden. Nach außen mache ich oft einen sehr funktionstüchtigen Eindruck. Ich überspiele viel, will damit aber endlich aufhören, weil es mir überhaupt nicht gut tut (und mir mittlerweile einfach die Kraft fehlt, die Fassade weiter aufrecht zu erhalten). Meine Traumvorstellung wäre eigentlich, erstmal krank geschrieben zu werden, damit mich meine Vorgesetzte kündigt (sie hatte im Team eh mal gesagt, dass sie uns kündigen würde, wenn wir länger, d.h. mehr als 4 Wochen, krankheitsbedingt fehlen). Dann könnte ich hier endlich wieder weg ziehen und zurück in die alte Heimat, um mir dann einen Job zu suchen, der mich wirklich ausfüllt. Ich schreibe aktuell schon Bewerbungen, aber das geht sehr langsam voran, weil mir oft die Energie dazu fehlt. Habt ihr einen Tipp, was ich tun sollte? Was würdet ihr machen? Ich spiele auch mit dem Gedanken, selbst zu kündigen, habe aber Angst vor der Sperre (dabei hätte ich das Geld, die Sperrzeit finanziell zu überbrücken).