Flipp
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dass ich 'burnoutgefährdet' bin, weiß ich schon eine ganze Weile: Ich bin perfektionistisch veranlagt, habe seit jeher hohe Ansprüche an mich und andere, kann schlecht Nein sagen, bin eher ein people pleaser und gehe im Job oft über meine Grenzen. Jetzt ist wieder der Zeitpunkt gekommen, an dem ich meinen aktuellen psychischen und körperlichen Zustand hinterfrage und unsicher bin, wie schlimm es wirklich um mich steht. Vielleicht könnt ihr mir bei der Einschätzung helfen?
Ich bin Mitte 30, männlich, arbeite in der Forschung (Vollzeit). Die Arbeit ist stets befristet (Projektbasis), ich mache mir relativ viel Druck 'abzuliefern', was auch daran liegt, dass ich mir oft wie ein Imposter vorkomme. Ich habe nie das Gefühl, genug geleistet zu haben oder gut genug zu sein, andere kommen mir immer besser vor. Bin deswegen auch schon in Therapie (psychoanalytische Gruppentherapie). Ich versuche immer, so effizient und produktiv wie möglich zu arbeiten: Da ich jedoch vor allem geistig arbeite, laugt mich die 40h Woche extrem aus (mache auch oft Überstunden); ich fühle mich meistens gehetzt, atme kaum durch, nutze gefühlt jede freie Minute um produktiv zu sein. Das geht für mich auf Dauer nicht gut, und das merke ich bereits seit vielen Monaten, eigentlich Jahren.
Ich habe seit Jahren auf einem Ohr einen Tinnitus, Nacken- und Schulterverspannungen sind für mich schon zur Normalität geworden (manchmal bekomme ich davon auch Schwindel), jetzt gerade bin ich mit dem dritten Infekt in 6 Monaten krank geschrieben (mein Immunsystem scheint ziemlich im Eimer, denke ich mir), ich bin ständig müde und ausgelaugt und seit einigen Monaten bin ich in sozialen Situationen richtig ängstlich geworden (eine Angststörung wurde schon diagnostiziert), sodass ich mich entweder sozial zurückziehe (das tut auch manchmal gut, oftmals führt es aber zu Grübeleien und noch mehr Unsicherheit) oder extrem unsicher bin. Mein Selbstbewusstsein wird immer schlechter und ich kann scheinbar nichts dagegen tun. Ich versuche schon, mir ab und an 'Erfolge' aufzuschreiben, aber ich 'fühle' sie nicht, sie rutschen irgendwie durch mich durch und bleiben in meinem inneren System nicht haften. Stattdessen habe ich da eine innere Stimme in mir, die viel zu kritisch mit mir ist, die immer was zu bemängeln hat. Es macht mich wahnsinnig. Entspannt und relaxt war ich schon lange nicht mehr.
Ich fühle mich außerdem richtig entfremdet von mir selbst. Früher war das anders. Da war natürlich auch nicht immer alles rosig, aber ich hatte zumindest das Gefühl Ich oder irgendwie bei mir zu sein. Jetzt ist es eher so, dass ich irgendwie wie fremdbestimmt oder ferngesteuert durch mein Leben wandele und die Verbindung zu mir verloren habe. Das macht mich oft traurig. Darunter leiden auch meine engen Beziehungen. Ich fühle mich immer wie ein Schauspieler. Auch mein Therapeut meint, ich sei ein Maskenmensch. Ich denke, ich trage diese Masken, um nach außen den Eindruck zu vermitteln, dass alles gut ist und ich klar komme. Wie es mir wirklich geht, weiß ich gar nicht richtig.
Es ist so, dass ich in meinem Alltag noch ganz gut klarkomme. Ich bin funktional. Kann meine Arbeit noch einigermaßen ok erledigen, einkaufen gehen, Wohnung und mich selbst sauber halten, Termine einhalten, etc. Dennoch leide ich sehr unter diesem Entfremndungsgefühl und der Energielosigkeit.
Abgesehen vom Job habe ich nicht sonderlich viel vorzuweisen. Ich habe zwar ein paar enge Freunde, aber keine Partnerschaft und keine Kinder. Aufgrund der Energielosigkeit strengen mich (erste) Dates auch eher an. Von daher ist es eher schwierig für mich, andere Bereiche in meinem Leben auszubauen, auch wenn ich mir eine Partnerschaft eigentlich sehr wünsche. Hobbies habe ich, mir fehlt aber oft die Zeit dafür.
Mich würde interessieren, welchen Eindruck ihr von mir und meiner Situation habt, wenn ich meine Zeilen lest. Ich brauche eine 'Außenperspektive', um meine Lage einschätzen zu können.