Frank Sacco · Arzt und Therapeut.
Double bind Kommunikation Symptom oder Ursache der Schizophrenie?
Sehr auffällig ist eine nahezu durchgehende Gläubigkeit bei Schizophrenen. Psychiater bemerken das allerdings – wie so vieles – nicht. Doch schon Nietzsche schrieb darüber. Wer es wagt, Kindern eine ewige Verdammnis zu predigen, der erntet massive Angsterkrankungen. Der Psychotherapeut Gregory Bateson war es nun, der spezifische Kommunikationsmuster innerhalb von Familien entdeckte, in denen Psychosen vermehrt auftraten. Er nannte sie die Double bind Kommunikation. Durch zwei unterschiedliche Botschaften, versandt durch die Über-Ich –Personen an das Kind, ist es quasi in einer Zwickmühle an eine doppelte Kette gebunden, gefesselt. Ein Beispiel: Die Mutter maßregelt das Kind im Rahmen der Erziehung. Folglich kann das Kind zornig auf die Mutter sein. Nahezu zeitgleich fragt sie in verstehbarer Angst, ob es die Mutter (noch) liebe. Statt ehrlich seine Gefühle wie Wut, Ärger und empfundenen Hass zu äußern, soll es der Mutter unter Zwang seine angeblich durchgängige Liebe versichern. Das Kind, in der Angst des Verlustes der Mutterliebe, wird sich zu einem Leitsymptom der Schizophrenie gezwungen sehen: zur Aufgabe seiner Identität.
Die religionsbedingte Seite der Angelegenheit wurde bisher nicht oder kaum erörtert. Eines der 10 „christlichen“ Gebote verpflichtet das Kind zur Liebe zu den Eltern. Bei einer sündigen Übertretung des Gebotes kommt ein weiteres Familienmitglied auf den Plan: Der Jesus der Bibel. Er sei als zweiter Vater des Kindes mit Gott identisch. Als überhöhte Über - Ich - Instanz wird er mit „Du“ angesprochen und ist als „Gast“ bei den gemeinsamen Mahlzeiten der Familie lebendig-auferstanden präsent. Ja, er ist Mitglied dieser pathologischen Familie. Wer die Eltern nicht liebt, dem droht dieser „Jesus“ mit seinem, dann endgültigen Liebesentzug mit ungleich härteren Strafen, als Eltern sie vornehmen könnten. Ja, mit ewigem Feuer wolle er Sünder foltern, so die elende Bergpredigt. Das Kind kennt aber das höchste Gebot Jesu: Ihn bzw. Gott zu lieben. So „liebt“ es den, den es nur fürchtet. Unterschwellig oder offen können sich damit negative Gefühle auch gegen den immer strafbereiten Gott der Bibel entwickeln. Immerhin erlässt er über 600 Gebote.
„Jesus“ potenziert also das Geschehen, ja in der Regel ist er durch sein Strafmaß dessen eigentliche Ursache. Die eigenen Wünsche sind zurückzustellen, ja auf Aggressionen und Übergriffe ist paradox und unnatürlich mit Liebe zu antworten: Man hält nach Schlägen die andere Backe auch noch hin. Kinder können sich kaum so verbiegen. Eigenes soll man in der Nachfolge Jesu nicht haben oder haben wollen. Dieser „Jesus“ züchtet kranken Verzicht bis hin zur Askese. Jeder Besitz macht das Nadelöhr noch kleiner, als es schon ist. Jeder Dreißigste, ja nur jeder Hundertste komme hindurch, so der Vatikan. Der Rest landet nach der unheiligen Schrift im feurigen Pfuhl. Jedes abgrenzende, identitätsformende „Nein“ in der Familie muss unterbleiben: Es wird als Sünde der mangelnden Nächstenliebe eingestuft. Das Kind lernt die Verrücktheit, seinen Empfindungen nicht zu trauen und nahezu alle Gefühle (außer Liebe) als schlecht, böse und automatisch höllenwürdig anzusehen - und in der Folge aufzugeben. So sehen wir Gefühllosigkeit bei vielen autistischen Kindern in ihrer kindlichen Angst-Psychose. Sie können sogar den Schmerz einer Verbrennung ignorieren. Sie gehen den „sicheren“ Weg des Aufgebens sozialer Kontrakte. Nur so, in einer Sozialphobie, können sie sich am Nächsten nicht versündigen. Empfindliche Kinder sehen gar ihre Mitverantwortung am Hunger in Afrika. Jeder volle Teller wird ihnen in einer Nadelöhrneurose zur Sünde. Jedes therapeutische Training zum Nein-Sagen, zur Ich-Stärkung, muss scheitern, wenn bzw. weil die dahinterstehenden Ursachen nicht besprochen werden: Die etablierte Psychiatrie ist in Religionsdingen selbst in Ketten gelegt und daher hier taubstumm.
In christlichen Familien wird die Anerkennung einer Sündenfreiheit dieser Jesusfigur als ein Muss vorgeschrieben. Jesuskritik ist dort, wie auch in der heutigen Tiefenpsychologie (!) ein absolutes No-Go. Ja, Demut und Dankbarkeit müsse man zeigen, habe dieser ja „in Stellvertretung“ das Kreuz auf sich genommen, das eigentlich dem Sünderkind zustand. Dazu muss die Hitlerseite dieses „Richters ohne Ausbildung“ verdrängt werden. Sie besteht in dessen Verbrechen der Planung des Holocausts Apokalypse (Lukas 17). Dies gilt nach § 323c StGB als Straftrat. Auch die Vorhaltung eines Folter-KZ´s namens ewige Hölle ist strafbar. Die Heilige Faustine habe „Jesus“ dort bei den Folterungen zugesehen, so der Vatikan im Jahr 2000. „Vor Entsetzen“ sei sie fast gestorben. Das Folterverbot gibt das Grundgesetz vor. Mit dem so grausamen Bibel-Jesus vergewaltigt die Geistlichkeit sowohl unsere Kinder als auch den historischen Jesus, von dem wir nichts Wirkliches wissen. Auf jeden Fall war er im Verhalten christlicher als sein Kunstprodukt aus der Bibel. Dessen Speisung der 10.000 war zwar nett, geschah aber ohne jeden Aufwand. Auch war sie ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Wiederherstellung des Paradieses wäre sinnvoller und ebenso einfach gewesen.
Wenn Aggressionen nicht zugelassen werden, brechen sie, so die Gefahr, irgendwann in Form körperlicher oder psychischer Gewalt sadistischer oder masochistischer Art hervor. Irgendwo sind angehende Schizophrene hochintelligent, hochsensibel und Kämpfernaturen. Das Kind kann schwer erziehbar werden. Es kann seine Eltern oder sogar seinen Gott, und selbst den Heiligen Geist verfluchen. Ein Beispiel ist eine Patientin vom Niederrhein, die sich als kleines Kind in der Kirchenbank am heiligen Geist versündigt habe. Das vergab man ihr in der Beichte nicht. Unter diesem katholischen Verbrechen der Nichtvergebung wurde sie manifest schizophren. Sie halluziniert ihr Verbrennen in einer Kirche. Maximalangst würfelt die Neurotransmitter durcheinander. So kommt es, wie im LSD-Rausch, zu Halluzinationen im Wachzustand. Dort wird das ins Kind gepresste Über-Ich aktiv und beschimpft das angeblich so sündige Ich in übelster und quälendster Art und Weise. Das Unbewusste liegt hier, analog zu Traum, offen auf dem Tablett. Auch kann ein angstbedingter Buß- und Betzwang zwecks Besänftigung Gottes resultieren. Alte Schizophrene geben meist in einer Defektheilung auf: Sie werden zu Vorzeigegläubigen der Anstaltsgeistlichen. Ihr Leben wird zum Gebet. Besser ein Leben irgendwo behindert in einer Dauerunterbringung, als eine Ewigkeit im Feuer des Unbarmherzigen, so der Gedanke.
Es gibt sie also, die schizophrenogene Mutter. Doch auch sie wurde halt durch ihre Religion verrückt gemacht. Sie ist daher schuldlos. Die eigentlichen Verursacher eines Sacco-Syndroms, seit 2013 auch Religious Trauma Syndrom genannt, sind die Religionsmacher. Und der Staat: Er verbietet zwar Eltern sowohl die Androhung als auch die Anwendung körperlicher und psychischer Gewalt, toleriert aber das kriminelle Ausdenken und auch die schulische Lehre von Gottheiten, die als hitleroide Despoten selbst vor der Anwendung ewiger Feuerfolter nicht zurückschrecken.
Ja, sind denn alle Gläubigen schizophren Gemachte? Die allsonntäglich in muffigen Kirchen einen Gott anbeten müssen, der diese gotteslästerlichen Orte schon vor Jahrhunderten fluchtartig verlassen hat? Er soll doch die Liebe – und kein Despot.
05.10.2024 17:36 •
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