Hallo und vielen Dank auch noch für eure Antworten.
Wieder ein Monat rum und irgendwie drehe ich mich etwas im Kreis. Habe viel gelesen, denke viel nach und glaube irgendwie mehr die Kernbereiche meiner Probleme schon ganz gut zu kennen. Hauptproblem ist aber die praktische Umsetzung. Packe fast nichts an, auch die dringenden Dinge lasse ich schleifen und wenn, bleibe ich nicht an der Sache. Mir gelingt zu wenig, die Berge werden immer größer und das alles beunruhigt mich wieder.
In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie habe ich jetzt 8 Sitzungen hinter mir, nach 5 Probesitzungen habe ich nun seit 3 Wochen fest einmal pro Woche einen Termin. 50 wurden genehmigt von der Krankenkasse. Nun habe ich ja schon einiges zuvor in der Klinik gelernt, aber immer bin ich noch mit Neuem in der Analyse konfrontiert. Es ist anstrengend und danach bin ich oft ziemlich aufgewühlt.
Mein Hauptproblem ist meine Arbeitsthematik. Sie war Auslöser für einen Burnout, wobei dann auch erst die Depression erst sichtbar wurde. Es geht nicht um die Arbeit an sich, sondern um die Menschhen und die Umstände dort. Noch genauer, habe ich keine normale Arbeitsstelle, sondern habe mich ab dem 17. Lebensjahr nach meinem coming out (vom vernachlässigten, zurückgezogenen, wenig geliebten und problembehafteten Kind/Jugendlicher) sehr intensiv und engagiert mit dieser Tätigkeit persönlich identifiziert, habe mich in einem anderen Beruf aber schon ehrenamtlich erfolgreich betätigt, sozial, an Werten und Gerechtigkeit engagiert, dabei Erfolge gehabt, Aufstieg, Gunst, Lob, Liebe, Aufmersamkeit, Bestätigung durch die besten Wahlergebnisse usw. Mit 27 dann in die hauptberufliche Tätigkeit gewechselt mit weiterer Karriere, Erfolge, immer vorne dabei, immer mehr Perfektinismus usw. In einer Familie mit Arbeitskollegen, Freunden bundesweit tätig. Habe mich mein ganzes Leben lang darüber definiert, mit den Zielen und Werten identifiziert und mich wohl gefühlt, auch weil ich dort meine Bestätigungen bekam. Das war in den letzten 10 Jahren immer schwerer. Veränderungen, immer weniger Personal, immer mehr Aufgaben und Verantwortung, trotz toller Reputation außen immer Kritik und uNzufriedenheit innen, Mobbing, Stress, Seilschaften, Intriegen, keien Wertschätzung, Vorgesetze die nicht einschätzen konnten was ich tat, Mutierung zum Bedenkenträger, der den unprofessionellen schnellen Aktionismus kritisierte, was dann immer wieder mehr Arbeit einbrachte. Unzufriedenheit, nur persönliche Angriffe, keine Liebe, keine Bestätigung mehr - meine Familie hat mich zerstört.
Es geht bei mir also nicht nur um Überlastungssyndrome, sondern um den kompletten Verfall meiner bisherigen Identität. Ich glaube immer weniger, dass ich dort noch einmal arbeiten kann.
Im Moment kann ich es auch noch nicht wegen der Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche und der Schlafstörungen und immensen Schlafbedarf am Tage.
Ich wollte schon resignieren und mich einfach wieder da reinstürzen und sehen, wie ich mich durchfummele. Mein Psychiater hat mir aber massiv davor abgeraten. Es müssten noch wesentliche Verbesserungen eintreten, bevor eine Wiedereingliederung versucht werden kann. Vor August/September sieht er das aus heutiger Sicht nicht, es könne auch wesentlich länger dauern. Auch die Gutachter beim Medizinischen Dienst der Kasse halten noch die Füße still, obwohl die Gespräche dort alle zwei Monate meist ziemlich nervend sind.
Ich bin jetzt seit Juni 12 Arbeitsunfähigkeit, hatte im Juli zwei Wochen Akutklinik, Ende August bis Anfang Dez. Klinik und im Dez. und Jan. das beschriebene Loch danach. Das ist jetzt zwar besser, aber eben noch ziemlich schlecht.
Die Albträume über irgendwelche skurile Arbeitssituationen mit ganz präzisen Erinnerungen an Personen und Gesprächsverläufe sind fast täglich. Allerdings schlafe ich wieder ein und bleibe nicht wach wie früher. Es gelingt mir mich zu beruhigen, da die Bedrohungslage nicht akut ist.
Ich vermeide jeden Kontakt mit ehemaligen Arbeitskollegen (auch solchen, die fast den Status Freund haben) mit einer Ausnahme. Irgendwie geht das nicht, nicht nur, weil ich nicht über meine Krankheit reden möchte oder weil ich weiß, dass wenig Verständnis für diese Erkrankung bzw. die Arbeitsunfähigkeit besteht, sondern auch weil alle und alles was mit dem Laden zu tun hat, mir als enorme Bedrohung erscheint und ich mich von all dem abwenden will. Deswegen habe ich auch kaum noch Kontakte, weil ich wenige Freunde außerhalb habe. Dadurch bin ich ziemlich einsam, habe keine Unterstützung, was alles erschwert.
Nun stehe ich ernsthafter vor der Überlegung, nicht zuletzt auch ausgelöst durch meinen Psychiater, einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente, zumindest befristet, zu stellen. Das ist eine schwere Entscheidung. Dagegen spricht vor allem der Statusverlust, habe eine führende Stellung bisher im Beruf gehabt und Rentner ist irgendwie seltsam. Natürlich muss das ja auch erst bewilligt werden, wovor mir auch schon graut. Momentane Krankengeldzahlung läuft ja noch bis Dez. 2013, Rente wäre wohl ca. nur 85% meines bisherigen Netto, abzüglich Steuern. Allerdings dürfte ich geringfügig was hinzuverdienen.
Aber danach könnte ich besser an mir arbeiten, an der Bewältigung meiner Probleme und Defizite, könnte mich auch freier bewegen, ohne Angst vor Kontakten mit ehemaligen haben zu müssen, könnte meine Skills trainieren, an positiver Entwicklung arbeiten, die Belastung Arbeitssituation ausblenden.
Das ist meine größte Baustelle, die ich in den nächsten ein bis zwei Monaten beackern muss.
Der zweite Bereich ist Schlafproblematik, Antriebslosigkeit und Konzentrationsschwäche. Und der schlechten Bewältigung der Alltagsaufgaben. Länger als zwei bis Stunden könnte ich eh nicht arbeiten im Moment, bin vollkommen kaputt. Kann keien längeren Texte mehr lesen bzw. brauche mehrmaliges Lesen und es strengt enorm an. Früher habe ich ganz komplexe Texte über zig Seiten quergelesen und danach bearbeitet.
Hier habe ich nun eine Ergotherapie begonnen, in der es vor allem um Organisatzion des Tagesablaufes und kognitives Training geht. Aufbau des Selbsbewustsein soll auch dort gemacht werden. Halte ich nicht so für wichtig. Wäre ich wieder fit, wäre ich auch selbstbewusst.
Habe auch noch eine Selbserfahrungsgruppe einmal / Woche abends, so dass ich drei feste Termine pro Woche habe. In der übrigen Zeit bin ich aber fast nur zu Hause, bekomme viel zu wenig gebacken, bin oft müde, Haushalt sieht übel aus, einige Post ist liegengeblieben usw.
Da weiß ich im Moment nicht weiter. Zweite Baustelle (vor allem die vielen to-do's) also....
Dritte wichtige Baustellle ist zu wenig Kontakt, zu wenig Freuunde, zu wenig Gespräche - Einsamkeit. Da habe ich gar keine Lösung. Genausowenig traue ich mich im Moment an einer neuen Beziehung zu arbeiten.
So, nun habe ich den Status mal so ein wenig aufgeschrieben, ohne konkrete Fragen. Vielleicht hat doch jemand von euch ein paar Hinweise oder Anregungen.
Viele Grüße,
Frank.
14.04.2013 14:53 •
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