Ich hatte gerade wieder so einen schonungslosen Moment der Klarheit.
Ich habe letzte Woche einige Arbeitskolleginnen gegen mich aufgebracht, weil sie eine Äußerung von mir gegen Frauenfußball in den falschen Hals gekriegt hatten und mich daraufhin als Chauvinist und Macho bezeichneten. Nach außen tat ich zwar so, als würde mich das nicht berühren, und beharrte auf meiner Meinung. In mir drin aber hatte ich den Impuls, vor ihnen auf die Knie zu fallen, sie um Verzeichung zu bitten, meine Aussagen zurückzunehmen, meine Meinung ab jetzt für mich zu behalten und sie anzuflehen, mich doch bitte, bitte, bitte wieder zu mögen.
Und heute wurde mir bewusst, dass es genau das gleiche ist mit meiner Ex-Frau, die unser gemeinsames Haus, in dem sie noch wohnt, gerne behalten würde, während ich versuche, es zu verkaufen. Es ist für mich dermaßen furchtbar, mich bei ihr und meinen Ex-Schwiegereltern unbeliebt zu machen, dass ich mich regelrecht zum Weitermachen zwingen muss, weil es sich so dermaßen beschissen anfühlt. Dabei könnte es mir doch eigentlich vollkommen egal sein, was die von mir halten, so lange ich selbst überzeugt bin, das Richtige zu tun, und das bin ich nun mal.
All das geht natürlich zurück auf meine Mutter, die mir ebenfalls immer und immer wieder zu verstehen gegeben haben muss, dass ich nicht mehr liebenswert sei, wenn ich mich nicht so verhalte, wie sie es von mir braucht. Und auch das wirkt noch heute nach und bestimmt einige Aspekte meines Verhaltens.
Das Problem ist, dieses Muster ist so tief eingebrannt, dass es einfach zur Selbstverständlichkeit geworden ist, und dass ich es oft nicht mal merke, wenn ich mal wieder drauf reingefallen bin. Man muss offensichtlich echt aufmerksamer durchs Leben gehen, was manchmal ganz schön anstrengend ist. Aber ich glaube ganz fest daran, dass sich das irgendwann mal bezahlt macht, wenn man diese ganze Ursuppe mal aufgearbeitet hat.
Oder was meint Ihr?
Kleiner Nachtrag: Das erklärt auch, warum mir meine Umwelt manchmal aus heiterem Himmel total bedrohlich vorkommt. Ich habe dann offensichtlich die Befürchtung, dass wenn ich aufhöre, mein Verhalten zu kontrollieren, und mich einfach mal gehen oder hängen lasse, man mich plötzlich nicht mehr mögen wird und ich mich dann mies fühlen werde. Und ich nehme es meiner Umwelt offenbar übel, dass sie mir mit derlei Konsequenzen droht und mich damit zwingt, immer ganz viel Energie in die Aufrechterhaltung meiner Fassade zu stecken. Und dabei passiert das alles in Wirklichkeit nur in meinem Kopf. Krass!
11.07.2011 12:41 •
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