Depersonalisation & Derealisation - Definition

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Hier geht es um die Borderline Dissoziation sowie um das Depersonalisations- / Derealisationssyndrom. Das Leitsymptom ist eine Änderung der Selbstwahrnehmung und des Selbsterlebens, meist parallel mit einer Veränderung der Realitätswahrnehmung.

Was ist eine Depersonalisation / Derealisation?

Eine Depersonalisation/Derealisation beschreibt einen Entfremdungszustand, bzw den Verlust, oder die Veränderung des ursprünglichen und natürlichen Persönlichkeitsgefühls.
Oftmals auch bezeichnet als emotionale Taubheit, oder Unwirklichkeitsgefühl.

Bei den Gefühlen der Unwirklichkeit besteht entweder ein Angst machendes Fremdheitserleben gegenüber sich selbst (Depersonalisation) oder gegenüber der Umwelt (Derealisation). Betroffenen erleben eine massive Verunsicherung und einen starken Vertrauensverlust in die Umwelt bzw. in die Selbstwahrnehmung.

Symtomatik / Symptome

- Emotionale Taubheit:
Betroffene klagen, dass sie nichts fühlen oder dass ihre Gefühle „flach“ oder unwirklich sind. Ihre Wahrnehmung von Personen oder Objekten „lässt sie oft kalt“, d.h. das Beobachten eines Sonnenuntergangs, die Wahrnehmung von Schmerz oder das Berühren ihres Partners löst keine Emotionen aus.
- Veränderung des Körpererlebens:
Der eigene Körper oder Teile des Körpers werden als verändert (leichter/schwerer, größer/kleiner), als leblos oder als nicht zu-sich-gehörig empfunden. Das eigene Spiegelbild oder die eigene Stimme können fremd wirken. Manche Betroffene haben das Gefühl, nur „ein Kopf ohne Körper“ oder nur „Augen ohne Körper“ zu sein.
- Veränderung der visuellen Wahrnehmung:
Viele Betroffene haben das Gefühl, „neben sich zu stehen“, so, als würden sie ihre Umwelt aus einer veränderten Perspektive (von weit weg, von außerhalb ihres Körpers, durch eine Kamera oder wie auf einer Filmleinwand etc.) sehen. Objekte, Menschen oder die gesamte Umgebung werden als fremd, unvertraut, unwirklich, roboterhaft, fern, künstlich, zu klein oder zu groß, farblos oder leblos erlebt.
- Gefühl der Automaten- oder Roboterhaftigkeit der eigenen Bewegungen oder mentalen Prozesse:
Bewegungen können zwar problemlos willentlich und kontrolliert ausgeführt werden, doch die Betroffenen empfinden oft keine Zugehörigkeit einer bewusst ausgeführten Bewegungen zu einem eigenen willentlichen Entschluss, diese Bewegung auszuführen. Sie haben z. B. nicht das Gefühl, ihre Hand zu bewegen, sondern empfinden, dass die Hand – wie ferngesteuert – „sich bewegt“.
- Veränderung von Gedächtnisprozessen:
Erinnerungen können als blass, undeutlich oder fern wahrgenommen werden; ein nur wenige Stunden zurückliegendes Ereignis kann in der Erinnerung so empfunden werden, als läge es schon Jahre zurück. In traumatisierenden und extremen Stress-Situationen kann das Bewusstsein so weit eingeengt sein, dass das Erlebte im Gedächtnis nur fragmentarisch und zusammenhangslos abgespeichert wird. Dies kann dazu führen, dass Betroffene solche Erlebnisse später nicht verbal schildern können.
- Andere Wahrnehmungsstörungen:
Seltener können auch die auditive oder taktile Wahrnehmung, das Geschmacksempfinden oder die Zeitwahrnehmung gestört sein. Weiterhin können Gefühle von „Gedankenleere“ bestehen, die Unfähigkeit, sich visuell oder auditiv etwas vorzustellen, oder eine erhöhte Selbstbeobachtung.
- Realitätserhalt:
Gleichzeitig dennoch; ein Erhalt von Einsicht und intakte Realitätsprüfung sowie das Fehlen einer wahnhaften Ausdeutung des Erlebten

Beispiele:

- ich kann mich im Spiegel nicht erkennen
- mein(e) Bein/Arm/Hand sieht komisch aus, irgendwie gehört der/die/das nicht zu mir
- mein Schreibtisch fühlt sich so an als könnte ich hindurch fassen
- ich kann meine Stimme nicht erkennen, manchmal ist es so als ob nur diese Stimme spricht, aber ich erkenne sie nicht mehr
- ich kann gar nichts von meinem Körper spüren, es nichts mehr da
- ich fühle mich wie betrunken, oder in einem Traum in Watte gepackt

Trotz der vielen unterschiedlichen Äußerungsformen ist allen Entfremdungserlebnissen gemeinsam, dass sie von den Betroffenen als unangenehm und beunruhigend empfunden werden. Die Betroffenen haben das Gefühl, dass etwas anders ist, als es vor dem Auftreten der Depersonalisationserlebnisse war, und anders ist, als es eigentlich sein sollte. Sie leiden oft unter Ängsten „verrückt zu werden“ oder auch nur solchen, von anderen „für verrückt gehalten zu werden“, wenn sie von ihren Erlebnissen erzählen.

Ursachen

- Müdigkeit und Erschöpfungszustände
- Prädisposition und Stress
- Dro., Alk., Medikamente
- Traumata
- PMS (prämenstruelles Syndrom bei Frauen)
- schizoide, narzisstische, oder Borderline-Persönlichkeitsstörungen
- Depressionen, Panik - und Angsterkrankungen:
Depersonalisation und Derealisation sind oft Symptome einer Panikattacke und stellen den Hauptgrund dar, warum Menschen mit Panikstörung häufig die Angst haben, „durchzudrehen und verrückt zu werden“, wenn die Depersonalisationserfahrung im Rahmen einer Panikattacke auftritt. Eine Depersonalisationsstörung als eigenständige Störung liegt nur dann vor, wenn die beschriebenen Zustände nicht ausschließlich im Rahmen einer Angststörung, einer Depression oder einer anderen psychischen Störung auftreten.

Psychotherapie

Bislang gibt es keine Langzeitstudien zu wirksamen psychotherapeutischen Ansätzen bei der Depersonalisationsbehandlung. Deshalb ist es wichtig sich auch über Behandlungsansätze bei verwandten Störungen zu informieren, um neue Perspektiven erarbeiten zu können.
Alternative Begleittherapien(!), wie Akupunktur, Cranio Sacral Therapie, oder körpertherapeutische Ansätze können ebenfalls in die Überlegungen zur Behandlung mit einbezogen werden, da sich dadurch bei einigen Verbesserungen ergeben haben.

Selbsthilfe

Natürlich muss vorab ganz klar differenziert werden, woher die DP Symptome eigentlich kommen.

Ist die Grundstörung...:

- eine Angst- oder Panikstörung?
- eine posttraumatische Belastungsstörung?
- Depression?
- eine Persönlichkeitsstörung?
- Borderlinestörung?
- oder tatsächlich die primäre Depersonalisations/Derealisationsstörung?

Dies gehört unbedingt durch einen Facharzt abgeklärt!
Die Ursachenbekämpfung steht immerzu im Vordergrund! Eine anhaltende Verbesserung/Heilung tritt meist nur nach erfolgreicher Behandlung der Grunderkrankung/Ursache ein.

Dennoch ist vielen Betroffenen gar nicht bewusst, dass sie selber auch etwas gegen die Depersonalisations/Derealisationsphasen tun können! Auch wenn die DP/DR 24/7 anhält, gibt es fast immer Abstufungen des Erlebens und der Intensität, die von außen beeinflussbar sind.

Was kann ICH also tun? - Tipps, Tricks:

- Sport (körperliche Auslastung), auch Gemeinschaftssport wie Volleyball, Basketball, Fußball, um die Isolationsgefühle zu überbrücken
- Ablenkung suchen um die Aufmerksamkeit auf etwas anderes als die Symptomatik zu fokussieren
- kreative Arbeiten
- Selbstberuhigung (Entspannungsübungen, Mediation, autogenes Training)
- Kinästhetische Aktivierung durch z.B. Igelbälle oder Massagehandschuhe
- Sensorische Reize aktivieren, über Geruch (Duftstoffe), Geschmack (scharfes Essen), Hören (Musik, die klar strukturiert ist) - Achtung: Reizüberflutung vermeiden!
- kalt/heiß Duschen oder auch Eiswürfel auf die Haut legen, um die eigenen Grenzen zu spüren
- den Boden als tragenden Halt versuchen wahrzunehmen
- bei drohendem Identitätsverlust den eigenen Namen laut sagen, gleichzeitig betonen: Ich bin DA!, oder von anderen bestätigen lassen
- Dinge bewusst berühren, um zu merken, dass diese sich nicht wirklich auflösen (dadurch kann auch die Ich-Außenwelt-Grenze stabiler werden) sich auf die verspürten Empfindungen konzentrieren und laut aussprechen, ohne sie gleichzeitig zu bewerten
- Sich darauf konzentrieren wie Bewegungen sich anfühlen, um zu schauen, dass der eigene Körper noch vorhanden ist und die Auflösungserscheinungen nur gefühlt sind (Kopf hin und her bewegen, Arme schlendern lassen, mit den Beinen stampfen)
- mit einer wohltuenden Lotion eincremen, um den eigenen Körper bewusst zu spüren, sich massieren lassen (Hände, Füße, Beine selbst massieren)
- Singen, auch Begleit-Singen während des Radiohörens, um wieder einen Bezug zur eigenen Stimme bekommen zu können
- Kalender, oder Uhren können eine erste Orientierung bieten
- mit Gleichgesinnten austauschen
- DP/DR-Tagebuch führen - Erfahrungen, Empfindungen und Emotionen während eines Zustandes aufschreiben (auch wodurch Besserung eintrat - ggf. daraus einen Notfallplan erstellen)


Quellen
- Wikipedia.de
- beepworld.de/members17/depersonalization/
- panikattacken.at
inklusive eigener Ergänzungen

04.02.2010 12:35 • #1

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