Hallo Zora,
ich berichte mal von mir; vielleicht findest Du ein paar Antworten auf Deine Fragen.
Also, dass Antidepressiva`s die Depression (Major Depression; Depr. Episode; Rezidive) heilen, kann ich nicht bestätigen. Ist objektiv auch nicht so. Das Medikament bzw. die Medikamente bekämpfen die Symptome der Depression; sie helfen auf dem Weg zurück in ein Leben, wie es Menschen leben, die nicht an der Depression erkrankt sind. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass die medikamentöse Einstellung unbedingt durch einen Facharzt für Psychiatrie/Nervenheilkunde erfolgen sollte. Mittlerweile und gottlob sind viele Allgemeinmediziner in der Lage, psychsiche Erkrankungen der Patienten zu erkennen und das ist gut so. Wenn es um die Auswahl der Medis und um die Dosierung geht, sind die Hausärzte den Fachärzten jedoch unterlegen.
Ich habe viele Monate mal das eine, mal das andere Medikament (verschrieben vom Hausarzt) genommen. Ging es mir gut, habe ich die Pillen einfach wieder abgesetzt. Das alles geschah zu einer Zeit, als ich mich mit der Thematik nicht beschäftigt hatte, keine Ahnung hatte etc. Also nicht so gut...
Heute bin ich durch eine sehr erfahrene Psychiaterin, der ich unbedingt vertraue, gut eingestellt. Ich nehme zwei verschiedene Antidepressiva. Es hat aber ein ganzes Jahr gedauert, die für mich richtigen Medis herauszufinden. An den Stellschrauben der Dosierung haben wir auch immer wieder gefeilt. Wir haben mit verschiedenen Substanzen in verschiedenen Dosierungen gearbeitet, ausprobiert. Es gab Wochen, in denen es mir extrem schlecht ging, weil die erhoffte Wirkung ausblieb oder die Nebenwirkungen extrem waren. Es gab auch wirklich gute Wochen/Monate. Sehr wichtig ist für mich die Erkenntnis, dass zwischen meiner Ärztin und mir die Chemie stimmt, das wir uns in regelmäßigen Abständen von ca. 8 Wochen sehen und das wir uns immer Rückmeldungen geben.
Das mit den Nebenwirkungen ist so eine Sache. Es gibt zig tausend Menschen, die das Medi X super gut vertragen. Garantiert kommt dann einer, der es gar nicht verträgt. Ging mir so mit Venlafaxin. Haben wir gegen Amitriptylin getauscht, weil ich von Ami, wie tausend andere Menschen, an Gewicht zugelegt habe (10 Kilos in acht, neun Monaten). Unter Venlafaxin habe ich echt gelitten. Und ein wenige Tage dauernder Versuch mit Lithiumcarbonat war auch nicht so toll, jedenfalls für mich. Heute nehme ich wieder Ami. Gegen die Gewichtszunahme und die Fressattacken auf alles Süße hilft ein Stück weit Disziplin (die Schokolade auch mal liegen lassen) und regelmäßig Ausdauersport. Und ich muss sagen: lieber die paar mehr Kilos, als in dem Depriloch zu stecken. Des Weiteren nehme ich noch Fluoxetin, Beide Medis zusammen lassen mich gut leben und ich bin echt sehr dankbar dafür, dass ich die Chemie habe.
Außerdem bin ich seit etwa zwei Jahren in psychotherapeutischer Behandlung, was mir sehr viel gebracht hat.
Meine Empfehlung an Dich: vertraue Deinem (Fach)arzt. Wenn er (oder sie) Dir Antidepressiva`s verschreibt, weil er eine entsprechende Indikation sieht, dann laß Dich von den möglichen Nebenwirkungen, die natürlich in der ganzen Bandbreite beschrieben sind (und beschrieben sein müssen)
nicht verängstigen oder gar abschrecken. Meistens sind Nebenwirkungen, wenn Du sie überhaupt verspürst, am Anfang der Behandlung schlimmer und legen sich nach ein paar Wochen. Habe Geduld. Es gibt Therapiestufen. Mit der Zeit findet sich das für Dich richtige Medikament und die für Dich richtige Erhaltungsdosis. Du wirst sehen, alles wird gut.
Wenn sich die gesundheitliche Genesung stabilisiert hat, kann man langsam ausschschleichen. Manche Menschen brauchen im Anschluß daran noch einen mood-stabilizer. Andere brauchen nie wieder Antidepressiva`s. Dennoch kann es sein, erneut an der Depression zu erkranken. Und dann kann es erforderlich werden, erneut Antidepressiva`s zu nehmen. Ist halt so.
LG
mintaka
06.04.2011 20:23 •
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