chaotine
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ich weiß nicht mehr weiter. Ich müsste dringend Bewerbungen schreiben weil ich in einer sehr schlechten Firma in einem beschissenen Job festhänge den ich nie dauerhaft ausüben wollte. Ich möchte wieder in mein erlerntes Berufsfeld zurück, habe den Beruf nach der (späten) Ausbildung nicht ausüben können, weil ich dann erstmal in besagtem schei. (Callcenter) gelandet bin um überhaupt was zu haben.
Aber sobald ich nur ans Bewerben denke erfasst mich eine riesige Angst und lähmt mich. Mittlerweile macht mir alles Angst: Einkaufen, rausgehen, bewerben, zwischenmenschliche Kontakte. Ich sitze nur noch zu Hause.
Leider muss man sagen, dass ich ohnehin keinen schönen Anblick biete. Ich bin von Natur aus unglaublich abstoßend und mit rund 190 Kilo auch mörderisch fett. Dazu habe ich das riesige Pech das Aussehen und die Stimme meiner verhassten Erzeugerin geerbt zu haben und das macht es nicht leichter. Mir wird ja schon schlecht wenn ich in den Spiegel schaue, wie geht es da erst anderen Leuten die mich sehen müssen?
Also halte ich aus Rücksicht auf meine Umgebung meine Interaktionen mit Anderen so gering wie möglich.
Dazu kommen lebenslange Depressionen und mittlerweile eine überwältigende Erschöpfung hinzu. Ich bin durchgehend sehr müde und könnte den ganzen Tag durchschlafen ohne wirklich mal wach zu sein. Ich habe massive Probleme bei der Konzentration, bei Besprechungen fallen mir die Augen zu (ein Hoch auf Onlinebesprechungen ohne Kamera!) und muss mich in der Mittagspause und nach der Arbeit oft erstmal hinlegen. Geht zum Glück sehr einfach, da ich aufgrund der Infektionslage im Homeoffice arbeite.
Dann auch noch mein Selbsthass. Ich meinen Augen bin ich die größte Versagerin und einfach nur wertlos. Wertloser Müll, Dreck, schleimiger Abschaum der entsorgt werden muss. Ich verdiene es zu versagen, verdiene es verarscht und fertiggemacht zu werden weil ich einfach schlecht und unnütz bin. Gute Sachen dürfen mir nicht passieren weil ich es nicht wert bin. Passiert doch mal was, dann muss ich das sofort unter den Teppich kehren weil es mir ja nicht zustand was Gutes zu erleben. Das war nicht ich, das war Zufall, das hätten alle Anderen viel besser gekonnt.
Ich rutsche ständig geistig in Erinnerungen in denen es mir schlecht ging und durchlebe sofort diese Gefühle von damals wieder. Ich weiß nicht wie oft ich besonders dieses Jahr wieder in Erinnerungen aus meiner Kindheit und Jugend fest hing in denen ich panisch am Boden kauerte, die Hände über dem Kopf geschlagen in der Hoffnung, dass ich weit genug von der Wand weg bin sodass sich mein besoffener Erzeuger diesmal nicht daran abstützen kann wenn er schlägt und tritt. Dann gings nämlich länger und wurde schmerzhafter als sonst. Wenn ich ihn rechtzeitig genug gehört habe und mitten im Raum lag hat er meist nur kurz auf mich eingedroschen weil er im Suff das Gleichgewicht für längere Prügelorgien nicht hatte, deswegen der wichtige große Abstand zur Wand. Tat zwar auch weh, aber nur an dem Abend und wenigstens nicht noch am nächsten Tag.
Erinnerungen in denen meine Erzeugerin mir sagt, dass sie weiß dass er mich schlägt, aber O-Ton: Er macht das ja nur, weil er sich an mich nicht rantraut. Denn wenn ich mich schlägt bin ich sofort weg Und meine Erkenntnis aus diesem Satz: Sie schützt mich nicht und zwar nicht weil sie es nicht kann, sondern weil sie es nicht WILL!
Immer wieder Erinnerungen an diese Sätze: warum machst du das schon wieder? Warum kannst du nicht wie deine Geschwister sein? Warum immer du? Warum bist du so gemein zu uns und machst uns immer soviel Kummer? Warum provozierst du ihn immer? Willst du so gerne bestraft werden? Warum bist du so seltsam/anstregend/dumm? Warum kannst du dich nicht einmal im Leben benehmen/anpassen? Warum tust du uns das alles an? Warum lügst du immer und sagst dir geht es so schlecht? Wir haben dich doch lieb. Dir geht es doch so gut hier! Deine Depressionen liegen an anderen Ursachen, deine Kindheit war doch toll und ganz unbeschwert, wir sind doch gute Eltern!
Gleichzeitig denke ich durchgehend, dass das alles ja nicht so schlimm gewesen ist und es anderen Leuten viel schlechter geht und die viel eher einen Grund zum Jammern hätten. Wir sind doch noch in den Urlaub gefahren, lebten in einem Haus, hatten Haustiere usw. Ich habe immer das Gefühl, dass ich übertreibe, alles aufbausche, kein Recht habe deswegen Probleme zu haben oder jetzt noch darunter zu leiden.
Ich hätte so gern nur einmal einen einzigen Tag ohne diese Sätze in meinem Kopf, einen Tag ohne Selbsthass, einen Tag ohne Angst zu haben. Stattdessen muss ich all das immer weiter ertragen. Ich kann nicht mehr zählen wie viele verschiedene Medikamente ich in meinem Leben genommen habe, bei wie vielen Ärzten/Therapeuten ich schon war. Es wurden zwar Sachen behoben, aber der Kern blieb immer da und der raubt mir die Kraft. Ich kann mich an meine Abschlussfeier und die Zeugnisverleihung in der Ausbildung kaum noch erinnern, obwohl sie erst 2016 war. Aber zb eine unglaublich peinliche Situation von vor 10 Jahren habe ich sofort in meinem Kopf, sogar mit all den dazugehörenden Gefühlen.
Ich bin einfach nur noch erschöpft von allem. Ich kämpfe seitdem ich denken kann damit und bin mittlerweile fast 40. Ich kann nicht mehr. Wenn ich aber jetzt versage, dann verliere ich den schei., stehe auf der Straße und kann von dem ALG meine Wohnung auf Dauer nicht halten. Die Wohnung die ich mir hart erkämpft habe und die der einzige Ort ist, an dem ich mich noch halbwegs sicher fühle.
Ich bin also darauf angewiesen Vollzeit zu arbeiten und beim Mindestlohn eine ordentliche Rücklage zu bilden ist in einer recht teuren Stadt was die Mieten angeht fast nicht möglich.
Ich kann nicht mehr. Fällt irgendwem noch was ein?