David Spritz
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Eigentlich wähnte ich mich in Sicherheit: Ich hatte, nachdem sich meine Frau von mir getrennt hat und ich einen Selbstmordversuch unternommen hatte, ein knappes halbes Jahr Tagesklinik erfolgreich absolviert, beruflich nach Hamburger Modell wieder Fuß gefasst und wollte als nächstes eigentlich mein Antidepressivum absetzen.Aber wie es halt im Leben so ist, kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Ich weiß nicht mal wirklich, woran es liegt, da in den letzten Tagen sehr viele Faktoren zusammengekommen sind, die dafür auslösend sein könnten.
Erst mal habe ich das erste Mal dieses Jahr 3 Wochen Urlaub. Ich kann also momentan nicht meine Arbeit dazu missbrauchen, mir den Wert meiner Person zu beweisen. Wenn mein Zustand sich allerdings weiter verschlechtert, weiß ich nicht, ob ich Anfang August wieder arbeitsfähig sein werde.
Dann habe ich für 2 Wochen meine beiden Kinder, so lange am Stück hatte ich sie nach der Trennung noch nie. Ich hab sie gerne um mich, da ihre bloße Anwesenheit mich über den Trennungsschmerz hinwegtröstet, aber es ist natürlich auch anstrengend und ich trage die ganze Verantwortung allein.
Außerdem hatte ich ein Gespräch mit meinem Psychiater, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich meine Medikamente nicht vorschnell absetzen sollte, da bei einer dritten depressiven Episode innerhalb so kurzer Zeit eine Dauermedikation verordnet wird, also Antidepressiva bis zum Lebensende. Bei einer dritten Depression innerhalb der nächsten 3 Jahre würde ich außerdem kein Krankengeld bekommen, da ich die 18 Monate bereits fast komplett erschöpft
habe. Und mein Arbeitgeber hat sich nach der zweiten Depression auch wesentlich weniger mitfühlend gezeigt als nach der ersten.
Und schließlich habe ich mich nach einem halben Jahr Hin- und Herüberlegen schließlich dazu durchgerungen, endlich einen Makler damit zu beauftragen, unser Haus zu verkaufen, in dem meine Ex und die Kids allerdings noch wohnen. Die müssen dann also demnächst umziehen. Aber ich mag es den Kindern erst sagen, wenn der Termin feststeht, damit sie nicht mit mir mitzittern müssen. Meine Ex ist nicht begeistert über den Verkauf und lässt mich das auch spüren.
Außerdem hat sich noch eine Freundin von mir dermaßen über meine abfälligen Kommentare über die Frauen-Fußball-WM aufgeregt, dass sie mir die Freundschaft quittiert hat. Ich weiß natürlich, dass es dann mit der Freundschaft nicht so weit her gewesen sein kann und dass ich froh sein kann, dass ich sie los bin. Aber weh tut es trotzdem.
Vielleicht ist es auch die Summe all dieser Dinge. Besonders in den Hausverkauf habe ich mich tierisch reingesteigert, weil ich Angst hatte, dass ich am Ende resigniere und es doch nicht tue, obwohl es absolut notwendig für mich ist, diese bleischwere Altlast loszuwerden.
So, jetzt hab ich mir das alles mal von der Seele geschrieben, da geht's mir gleich ein bisschen besser. Für Ratschläge oder Aufmunterndes bin ich natürlich trotzdem offen und dankbar. ;-)