Pacifique
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Also mein Vater kann auch ein superlieber, umgänglicher Mensch sein, aber man weiß halt nie, wie er reagiert. Ich wollte schon mit 16 gerne ausziehen. Spätestens in einem Jahr, wenn ich für den Master den Studienort wechsele, werde ich das tun. Ich bin auch allgemein ein sehr unsicherer Mensch und habe Probleme, auf fremde Menschen zuzugehen. Das hängt vielleicht auch mit meiner Sehbehinderung zusammen. Bisher wollte ich mir das nicht eingestehen, weil ich eigentlich obwohl ich nur 30% mit einem Auge sehe (das andere ist blind) kaum Einschränkungen habe. Nur in ungewohnten Situationen kann es mal schwierig werden. Und ich kann z.B. gängige Nebenjobs wie Kellnern und Kassenjobs nicht machen, weswegen ich keine eigene Wohnung finanzieren kann. Und solange ich pendeln kann, zahlen meine Eltern das verständlicherweise nicht. Ich habe auch oft Angst davor, Erwartungen anderer nicht erfüllen zu können, im Studium oder später im Job zu scheitern (wofür es egtl keinen Grund gibt, meine Noten waren und sind immer gut), keinen Job zu finden usw.
Zu dem Wunsch nach Geborgenheit noch mal. Ich habe mir schon als kleines Kind immer abends im Bett vorgestellt, dass mich jemand in den Arm nimmt. Meistens war das sogar eine konkrete Person, eine Lehrerin oder so. Das habe ich nie jemandem erzählt. Ich habe mir eine andere Mütter gewünscht. Ich habe eigentlich eine gute Beziehung zu meiner Mutter, kann mit ihr über alles (außer diesen Wunsch) reden. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie mich je in den Arm genommen hätte. Eine Umarmung zum Geburtstag oder wenn man verreist, das ja, aber das wars.
Und dann vielleicht noch ein letzter Punkt, ich kaue meine Fingernägel und versuche seit Jahren, es mir abzugewöhnen. Aber es geht einfach nicht, ich hab alles versucht.
Das alles beschäftigt mich schon seit Jahren, aber so richtig klar ist mir das erst seit relativ kurzer Zeit. Ich war im Dezember lange krank, hatte erst eine Rippenfellentzündung und dann im Januar immer wieder Blasenentzündungen. Ich hatte durch die lange Krankheit viel in der Uni verpasst und nach den Weihnachtsferien ging es direkt los in die Klausurenphase. Ich musste also viel nachholen und gleichzeitig die Klausuren vorbereiten. Und mehrere Referate halten.
Ich bekam Mitte Januar Magen-Darm-Beschwerden, konnte nicht mehr schlafen, mich nicht konzentrieren, war oft innerlich aufgeregt ohne Grund, hatte Herzklopfen... Damit bin ich zu meiner Ärztin und die hat natürlich erst mal gefragt, wie denn meine Stimmung sei und ob ich Probleme in der Uni oder in der Familie hätte. Ich hab ihr von dem Stress erzählt, aber war erst mal verärgert, weil alles gleich in die Psycho-Schublade geschoben wurde und war enttäuscht, weil ich mich bisher immer gut behandelt gefühlt hatte. Aber ich kam dadurch ins Grübeln und das wollte gar kein Ende mehr nehmen. Es ist ein Wunder, dass ich trotzdem alle Klausuren geschafft und sogar recht gut abgeschnitten habe. In der Zeit kamen all diese Gedanken, die ich oben geschildert habe, in mir hoch und ich nahm mir vor, in den Semesterferien damit noch mal zum Arzt zu gehen.
Das hab ich getan, meine Ärztin war super lieb und verständnisvoll und hat mir empfohlen, eine Therapie zu machen (damit hatte ich ja schon gerechnet), hat auch gleich für mich bei einem Therapeuten angerufen und gefragt, ob er in absehbarer Zeit jemanden nehmen kann und ich konnte in derselben Woche noch zu einem Erstgespräch dort hin (Termin musste ich dann selber ausmachen).
Ich war jetzt zweimal bei dem Therapeuten. Er ihat gleich beim ersten Mal gesagt, dass ichbauch andere Therapeuten ausprobieren darf und soll. Und durch beim zweiten Gespräch sagte er, dass er denkt, dass eine Verhaltenstherapie für mich besser passt (er macht tiefenpsychologische Therapie). Wegen meiner Unsicherheit. Ich bräuchte ein Selbstsicherheitstraining. Er hat mir freigestellt, ob ich das probieren möchte oder bei ihm bleiben.
Ich hatte allerdings auch den Eindruck, dass er sich sehr auf meine Unsicherheit und Schüchternheit fixiert hat und den anderen Problemen wenig Beachtung geschenkt hat.
Ich möchte mir natürlich mal einen Verhaltenstherapeuten anschauen. Ich habe eine lange Liste mit Therapeuten aus der Gegend bekommen und muss mich da jetzt durchtelefonieren, soll sagen, dass mir eine Verhaltenstherapie mit Selbstsicherheitstraining empfohlen wurde. Das ist schon die erste Schwierigkeit für mich, fremde Leute anzurufen. Bzw.das Anrufen geht erstaunlicherweise relativ gut, aber es geht fast immer der Anrufbeantworter hin und ich traue mich nicht, auf ABs zu sprechen.
Der tiefenpsychologische Therapeut hat auch gesagt, ich kann jederzeit wieder zu ihm kommen, wenn es je gar nichts wird.
Ich habe dann letzte Woche einer Gemeinschaftspraxis und einem weiteren Therapeuten eine Mail gewchrieben, darauf kam keine Antwort. Bei der Gemeinschaftspraxis habe ich dann aber am Mittwoch per Telefon jemanden erreicht. Die hatten meine Mail gesehen und hätten sich auch noch gemeldet, denn sie können zwar niemanden in Einzeltherapie nehmen, aber es gibt ab April eine Gruppe von einer Therapeutin in der Praxis, wo es um Selbstsicherheit geht. Ich war etwas überrumpelt und habe gesagt, ich überlege es mir. Habe dann heute eine Mail mit Fragen gingeschickt, weil ich wieder niemanden erreichen konnte.
Jetzt frage ich mich, ob das das Richtige für mich wäre. Ich weiß, dass Selbstsicherheitstraining in der Gruppe wahrscheinlich am sinnvollsten ist. Aber ich weiß nicht, ob das das einzige ist, was ich brauche. Die anderen Probleme könnte ich da ja nicht bearbeiten.
Ich habe in meiner Mail unter anderem gefragt, ob man die Gruppentherapie auch mit einer Einzeltherapie kombinieren könnte. Dafür müsste ich allerdings einen anderen Therapeuten suchen, weil diese Praxis ja keine Kapazitäten hat. Und ob die Kasse dann beides bezahlen würde.
Was ich nicht gefragt habe, aber auch gerne wüsste, ist, ob ich dann ggf. die Einzeltherapie auch mit dem tiefenpsychologischen Therapeuten, bei dem ich schon war, machen könnte oder ob das dann auch ein Verhaltenstherapeut sein müsste. Und ob es überhaupt Sinn macht, dann sozusagen zwei Therapeuten zu haben. Oder ob ich die Gruppentherapie versuchen soll und falls danach noch Probleme übrig bleiben, immer noch eine Einzeltherapie anschließen kann.
Gut wäre an der Gruppentherapie natürlich auch, dass ich sie ab April anfangen könnte. Bei dem tiefenpsychologischen müsste ich 2-3 Monate warten und bei den Verhaltenstherapeuten weiß ich ja auch nicht, wie lange da die Zeiten sind. Und in einem Jahr ziehe ich ja wahrscheinlich weg, da macht es wenig Sinn, ein halbes Jahr oder länger auf die Therapie zu warten, um sie dann nach 6 Monaten wieder abzubrechen - oder eben in der neuen Stadt einen neuen Therapeuten zu suchen und wieder zu warten.
Eigentlich möchte ich auf die Einzeltherapie nicht verzichten. Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, noch andere Therapeutinnen anzurufen (eine Frau ist mir nämlich egtl lieber) und notfalls auch auf den AB zu sprechen. Hoffentlich gelingt mir das.
Wenn gar nichts geht, würde ich auch die tiefenpsychologische Therapie machen. Aber ich bin mir nicht mehr so sicher, ob der Therapeut wirklich zu mir passt, je länger ich darüber nachdenke... Er hat ja auch selbst gesagt, dass er denkt, dass seine Therapie nicht ideal für mich ist. Aber es wäre vielleicht besser als nichts?
Mit diesem Post hoffe ich auf Antworten von Leuten, die vielleicht etwas mehr Erfahrung haben und mir eventuell Tipps und Denkanstöße geben können...
Danke jedenfalls an alle, die meinen Roman wirklich bis hierher durchgelesen haben!
Liebe Grüße,
Pacifique