Lieber Frederick
Ich verstehe, was Du meinst und doch geht es mir anders. Seit ich denken kann, leide ich, verdränge ich und der Schmerz ist da. Ich musste ihn zeitlebens ignorieren, musste akzeptieren, daß ich einfach kein Glück habe.
Daß der Schmerz soviel verhindert hat, daß unermessliche Energie dafür drauf ging. Daß der Schmerz Kontakt verhinderte oder skurile Formen annahm. Bis zu dem Freund, den ich auswählte, weil ich nichts besseres verdient habe. Der mich verfolgte, bedrohte umd alle Freunde. Der meine Katzen quälte und mir täglich mit Mord drohte.
Ich kann nichts dafür, daß erst jetzt tiefgreifend Hilfe da ist. Daß erst jetzt klar ist, die Depression habe ich ewig. Ich bin so müde, meinen Ärzten zu erklären, welche Krankheiten ich habe und sie gefälligst nicht über mich entscheiden. Mit mir oder gar nicht.
Ich habe mich zeitlebens verausgabt, immer Ruhebedarf ignoriert. Mit der Ruhe kam die Depression, schlagartig und unverrückbar. Oder die Unruhe hielt mich auf ungesundem Trab.
Ich kann nie wieder über meine Verhältnisse leben, d.h. einfach ausgehen, danach essen gehen. Zuviel für mich. Großveranstaltungen zu anstrengend. Mehr als drei Menschen im Raum stressen mich.
Musik ist unerträglich, manchmal geht Radio. Radfahren in der Stadt ist sehr anstrengend mit all den ignoranten, dummen anderen Verkehrsteilnehmern, die mir die Vorfahrt nehmen, mich schneiden, mich übersehen oder mir auf der falschen Seite entgegenkommen.
Ich verstehe das und akzeptiere es nicht. Ich bin gesellig, gern unterwegs, entdecke gern Neues, bin vielseitig interessiert- nichts davon kann ich tun und genießen. Das finde ich ganz furchtbar. Die Isolation, das ganze Leben bin ich isoliert gewesen und jetzt genieße ich, raus zu kommen. Aber die Vollbremsung Depression stört mich, oder das Aufmerksamkeitdefizitsyndrom macht gesellschaftliche Kontakte nicht möglich, so ohne Aufmerksamkeit und dem durchgehendem Vergessen. Erklären will ich mich genauso wenig, wie zeigen, daß ich nicht dumm bin.
Ich weiß daß ich es immer gut meine mit Anderen, sie aber erstmal nicht. Ich bin diejenige, die Zettel am Wagen hinterlässt, als ich einen PKW touchierte. Ich bin diejenige, die Ideen sammelt, wie andere Briefmarken.
Ich helfe Anderen, wenn es erwünscht ist. Es spielt keine Rolle, ob es Bekannte oder Fremde sind.
Ich mische mich ein, zuletzt brüllte ich aus dem Auto einen Begleiter eines Behinderten an, er soll den Mann zufrieden lassen.
Leben ist bunt und schön und ich darf nicht teilnehmen, sitze auf dem Sofa mit der Depression, das ist doch sch.
Ich kann das innere Chaos nicht akzeptieren, es macht mich wahnsinning, und es ist laut in der Stille.
Liebe Grüße
Alexandra