Das Pharmaunternehmen Pfizer hält Arzneimittel-Prüfern zufolge Daten zu einem Mittel gegen Depressionen zurück und nährt damit Zweifel an dessen Wirksamkeit. Belege für einen Nutzen könnten aus den vorliegenden Daten nicht abgeleitet werden.
Konzernzentrale von Pfizer in New York.
Dies teilte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) am Mittwoch in Köln mit. Pfizer wies die Vorwürfe als nicht nachvollziehbar zurück und kritisierte «überzogene Ausführungen des IQWiG».
Gibt es für ein Mittel keinen Nutzenbeleg, kann der Bundesausschuss von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen es letztlich aus dem Leistungskatalog der Kassen streichen. Bereits eine britische Studie von 2008 hatte ergeben, dass viele Antidepressiva bei den meisten Patienten kaum eine Wirkung haben.
Institutsleiter Peter T. Sawicki warf Pfizer «Verschweigen von Studiendaten» vor. Das Mittel Edronax mit dem Wirkstoff Reboxetin sei in mindestens 16 Studien getestet worden, von 9 Studien fehlten jedoch die zentralen Informationen zur Bewertung. Dem Institut lagen eigenen Angaben zufolge nur Daten für rund 1600 Patienten vor, obwohl an den Studien 3000 weitere Patienten teilgenommen hätten.
Ein Pfizer-Sprecher betonte: «Wir haben dem IQWiG ausreichend Daten zur Verfügung gestellt.» Ein Zurückhalten von Studiendaten zum Nachteil von Ärzten und Patienten sei nicht erkennbar. Außerdem sei Edronax ein älteres Präparat, das nur noch bei einem kleinen Teil der Patienten eingesetzt werde.
Zu einem weiteren Antidepressivum - Mirtazapin des Herstellers Essex Pharma - stellt der IQWiG-Vorbericht heraus, dass es in Studien zwar einen Beleg für eine Besserung der Depression gegeben habe, aber die Aussichten auf Heilung nicht größer seien als unter Mitteln ohne Wirkstoff (Placebos). Außerdem hätten Patienten die Behandlung oft wegen Nebenwirkungen abbrechen müssen. Möglicherweise seien auch dazu nicht alle Studien offengelegt worden. Bei einem weiteren Wirkstoff - Bupropion XL von GlaxoSmithKline - hätten sich unter vollständiger Datenbasis Nutzenbelege gefunden, Hinweise auf Schäden nicht.
Das IQWiG kritisierte, auf bestehende freiwillige Vereinbarungen zur Daten-Übergabe sei kein Verlass. Die Hersteller müssten dazu verpflichtet werden. Das IQWiG untersucht im Auftrag des Bundesausschusses oder des Bundesgesundheitsministeriums den Nutzen medizinischer Leistungen. Zu den nun vorgelegten vorläufigen Ergebnissen zu Antidepressiva können Stellungnahmen abgegeben werden. Der Abschlussbericht ist dann Grundlage für die Ausschuss-Entscheidungen.
Eine britische Studie von 2008 hatte ergeben, dass Antidepressiva der neuen Generation auf die meisten Menschen mit mittelschweren Depressionen keinen anderen Effekt haben als Placebos. Die Forscher der Universität Hull berichteten, Wirkung hätten die Medikamente nur bei einer sehr kleinen Gruppe von Patienten, die an schwersten Depressionen litten. Die Wissenschaftler um Irving Kirsch hatten vier häufig verschriebene Medikamente untersucht, die unter anderem die Wirkstoffe Fluoxetin, Venlafaxin und Paroxetin enthielten.
25.11.2009 17:32 •
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