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Einfach nur der falsche Beruf? Wo fängt man an?

H
Hallo zusammen,

ich weiß nicht so recht wie oder wo ich anfangen soll. Ich bin einfach aufgewühlt, emotional, reizbar, verwirrt, überfordert oder vielleicht doch einfach nur zu wenig stressresistent und faul? Im Großen und Ganzen denke ich, dass entweder meine Einstellung oder mein Job das Problem sind. An ersterem habe ich, gemäß den Ratschlägen meiner Mitmenschen (wenn du die Situation nicht ändern willst, ändere deine Einstellung), bereits massiv versucht zu arbeiten (eine Auflistung folgt weiter unten), aber irgendwie wird es nur noch schlimmer, sodass ich keine Kraft mehr habe an zweiterem zu arbeiten.

Zu meiner Person
Ich bin 35 Jahre alt, in einer glücklichen Beziehung, habe keine Kinder und arbeite seit 7 Jahren im Büro im Vertriebsinnendienst. Ich wusste noch nie so richtig ob Büro überhaupt das richtige für mich ist, aber es ist ein sicherer Beruf mit relativ gutem Verdienst. Und das ist ja genau das, was einem vorgelebt wird. Freunde beschreiben mich als kreativ und eigentlich! perfektionisstisch und sagen mir außerdem ständig, dass ich ein zu großes Helfersyndrom habe und alles zu nah an mich ran lasse. Eigentlich schreibe ich deswegen, weil ich aktuell weder Kraft habe anderen zu helfen noch meine Arbeit perfekt auszuführen.

Vorgeschichte
Da ich vermute, dass auch folgendes relevant sein könnte, kurz ein Auszug aus der Zeit vor diesem jetzigen Job.
In meinem Ausbildungsbetrieb habe ich bis zu meinem jetzigen Job gearbeitet, war aber auch dort nie so wirklich glücklich. Allerdings eher unterfordert. Hatte aber Angst etwas zu ändern und wusste auch sowieso nicht wohin mit mir. Nachdem ich dann Mitte 20 plötzlich per Zufallsbefund eine Krebsdiagnose bekam und die Chemotherapie plus Bestrahlung und anschließender Reha nach 9 Monaten erfolgreich abgeschlossen habe und ich kurz danach endlich begriffen habe, dass mein damaliger Freund ein narzisstischer Trottel ist und zudem ein Doppelleben führt, hatte ich beschlossen endlich den Hintern hoch zu kriegen, mich zu trennen und mein Leben irgendwie zu ändern. Also entschloss ich mich für einen neuen Job und bin nun da gelandet wo ich heute bin. Paradoxerweise habe ich mir damals fest vorgenommen intensiver zu leben, dankbarer zu sein und das Leben einfach zu genießen. Nicht so viel Wert auf den Job zu legen und zu akzeptieren, dass ich nicht immer perfekt sein kann und Fehltritte halt zum Leben dazugehören. Blöderweise dachte ich nämlich, bis zu meiner krebs Diagnose und meinem Exfreund, dass ich alles unter Kontrolle habe und eine gute Menschenkenntnis besitze. Dem war bzw ist offensichtlich nicht so. Und auch das mit dem den Job nicht so wichtig nehmen hat nicht funktioniert.

Zu meinem Beruf
Meine Vorgesetzt und Kollegen haben also schnell bemerkt, dass ich schlecht nein sagen kann und selbst wenn ich nein sage, schnell umzustimmen bin. Ich sehr genau, zuverlässig und strukturiert arbeite, ich außerdem nie krank bin und wenn doch, auch krank zur Arbeit komme. Ich gerne unbezahlte Überstunden in Kauf nehme, weil ich angefangene Arbeit nicht einfach liegen lassen kann, weil es mich sonst gedanklich bis in den Feierabend verfolgt. (Ich bin mir bewusst, dass das bescheuert ist) Man will es ja schließlich jedem recht machen und nicht als Versager da stehen. Man sollte eigentlich meinen, dass ich es aufgrund meiner gesundheitlichen Vorgeschichte besser weiß.

In meiner Abteilung herrscht eine sehr hohe Fluktuation. Wir waren vor 7 Jahren, als ich dort angefangen habe, 6 1/2 Personen. Von der Stammbesetzung gibt es heute nur noch eine einzige übergebliebene Kollegin und eben mich. Insgesamt sind wir wegen Corona nur noch zu 4. In den letzten Jahren habe ich ca. 10 Kollegen kommen und gehen sehen. Teilweise waren wir dann einige Zeit nur noch zu 3.
Obwohl das Unternehmen jedes Jahr eine Gewinnmaximierung erzielt, wird das Personal erst dann aufgestockt, wenn wir Übriggebliebenen nervlich am Ende sind bzw. die Arbeit der fehlenden Besetzung auch mit Überstunden nicht mehr von uns aufgefangen werden kann. Diese außerordentlich angeordneten Überstunden werden immerhin vergütet. Allerdings wird von einem erwartet, dass man Überstunden macht, auch wenn sie nicht vergütet werden.
Wer pünktlich geht wird verspottet. Wer krankgeschrieben ist macht einfach nur blau und lässt seine Kollegen im Stich, da die Kollegen dann natürlich die Arbeit der fehlenden Person zu 100 Prozent und in der gleichen Geschwindigkeit auffangen müssen.
Man wird ständig kontrolliert und gefragt ob man noch genügend zu tun hat, der Umsatz muss am Ende des Tages stimmen, sonst gibt's ärger. Der Umgangston der GF ist launenabhängig und teilweise cholerisch. Man wird mit den Kollegen verglichen, wer zu langsam ist oder Fehler macht wird nicht gekündigt sondern sozusagen raus geekelt. Stehst du auf der Liste, spürst du es. Du wirst vor der gesamten Belegschaft angeschrieen, kriegst keine komplexen Aufgaben mehr und deine Kollegen hassen dich, weil sie ja deine Aufgaben für dich auffangen müssen. So lange jeder in seiner Spur läuft, ist alles bestens.
Ich hatte bisher zwar sozusagen Glück, habe bisher scheinbar alles richtig gemacht und habe sogar das Gefühl, dass die Vorgesetzten meine Arbeit schätzen, schließlich geben sie mir immer die schwierigen Aufgaben. Aber die Angst einen Fehler zu machen, genau weil sie meine Arbeit schätzen, wird immer unerträglicher. ich will ja auch niemanden, einschließlich mich selbst, enttäuschen. Ich sehe wie alle um mich herum immer schneller arbeiten ( die langsamen Kollegen sind ja schließlich schon gegangen-worden). Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Lese jeden Satz zur Sicherheit 5 x Korrektur und verzettele mich. Jedes Geräusch ist mir zu viel. Und das Schlimmste und Unangenehmste an der ganzen Sache: bei den kleinsten Problemen oder schon bei minimalem Stressaufkommen (oder mittlerweile auch nur bei dem Gedanke an Stress) raste ich völlig aus, verfallen in eine Art Panik, fluche lautstark und sinnlos rum und muss anschließend heulen und blockiere, sodass ich den restlichen Tag nichts mehr auf die Reihe kriege. Die Abstände meiner Ausraster werden immer kürzer.

Meine Kollegen sagen, ich solle mich nicht so anstellen und halt einfach Eins nach dem Anderen bearbeiten. Die Zeit, die ich mit Fluchen verschwende, hätte ich auch arbeiten können. Recht haben sie ja.
Mein Vorgesetzter ignoriert meine Ausraster und Heulkrämpfe und hat zu anderen Kollegen wohl schon gesagt, dass das bei der normal ist. So lange sie noch flucht ist alles okay, die beruhigt sich wieder und macht dann ihre Arbeit.
Meine Freunde und Familie sagen ich soll kündigen.
Seit einer ganzen Weile träume ich immer wieder von der Arbeit oder den Kollegen. Kann entweder gar nicht erst einschlafen oder schlafe nicht durch. Am Wochenende wiederum schlafe ich zumindest Freitags und Samstags 10 bis 12 Stunden. Sonntags fängt dann wieder das Gedankenkarusell an. Ich weiß jedoch nicht mal wovor ich Angst habe. Wäre das schlimmste was passieren könnte, eine Kündigung, wohl doch gleichzeitig auch das Beste was mir passieren könnte. Dann wäre ich schließlich gezwungen mir eine neue Arbeit zu suchen und alles wird gut.

Aber dann kommen wieder Phasen, an denen ich mir denke: reis dich zusammen, hör auf es zu überdramatisieren, so schlimm ist es nicht, du übertreibst, du bist nur zu ängstlich und zu faul. Du verdienst gutes Geld und der Arbeitsplatz ist trotz Corona sicher, andere wären froh so einen Arbeitsplatz zu haben. Irgendwo anders wird es dir wieder so gehen, weil du nunmal so bist wie du bist. Lass es halt einfach nicht so nah an dich ran. Suche dir einfach einen Ausgleich Zuhause. Steigere dich nicht immer in alles rein. Du bist gesund, glücklich vergeben, hast eine tolle Wohnung und einen sicheren, gut bezahlten Job, sei gefälligst glücklich. Außerdem, was willst du denn stattdessen machen?

Dazu kommt, dass ich unheimliche Angst vor Prüfungen habe, ich träume heute noch von Prüfungssituationen aus der Vergangenheit, obwohl ich noch nie durch eine Prüfung durchgeflogen bin und immer 1er Schüler war. Genauso ist es mit Bewerbungsgesprächen. Zumal ich ja nicht mal weiß, was mich beruflich glücklicher machen würde.

Ich habe in den letzten Jahren schon folgendes probiert um entspannter zu werden
Yoga, Fitnessstudio, Meditation, Bulletjurnaling, Tagebuch schreiben, stricken, pflanzliche Beruhigungstabletten, Lavendelspray u.ä. Habe mich in diversen Büchern und online zu Themen wie Selbstfindung, Selbsttherapie und Ayurveda eingelesen. Die meisten habe ich jedoch aufgrund mangelnder Konzentration nie fertig gelesen.
Habe Faszienrollen, Basenbäder und Akupressurmatte ausprobiert.
Habe die Pille abgesetzt und das Rauchen aufgehört.

Ich weiß nicht wo ich anfangen soll und habe keine Kraft mehr, das Chaos in meinem Kopf zu sortieren. Freunde und Familie können die alte Leier schon lange nicht mehr hören und senden mir regelmäßig Stellenangebote. Keiner mag Jammerlappen. Wenn ich nur an Montag und den Stapel auf meinem Schreibtisch denke, fange ich an zu heulen. Ich habe mir für das neue Jahr fest vorgenommen, einfach lockerer zu werden. Welch Ironie, schon am 4. Arbeitstag habe ich meinen ersten Heulkrampf hinter mich gebracht.

Liebe Grüße von der, die sich einfach nicht kurzfassen kann.

09.01.2021 17:32 • x 3 #1


R
Liebe Hope38,
puh das ist einiges was du da zu tragen hast. Beim Lesen ist mir manches sehr bekannt vorgekommen.
Ich denke du brauchst eine Auszeit und nicht eine neue Arbeitsstelle. Klar, deine Kollegen werden dir dafür nicht Beifall klatschen aber das müssen sie ja auch nicht.
Weisst du die Wutanfälle und die Heulausbrüche das sind doch Zeichen von Überforderung. Ich kann verstehen dass du deine Kollegen nicht im Stich lassen möchtest, aber ich glaube es ist wirklich an der Zeit für dich die Notbremse zu ziehen bevor es noch schlimmer wird.
Ich wünsche dir Mut den Schritt zu gehen und dich krankschreiben zu lassen.
Liebe Grüße, Robbe

09.01.2021 17:59 • x 5 #2


A


Hallo Hope38,

Einfach nur der falsche Beruf? Wo fängt man an?

x 3#3


H
Hallo Robbe,

Danke für deine schnelle Antwort.
Einfach im Bett bleiben, Pause machen wäre mein größter Wunsch. Aber verschiebt das mein Problem nicht einfach nur...
Das waren ja nur meine beruflichen Probleme, Privat sieht es ja nicht anders aus. Quch hier kriege ich kaum was auf die Reihe. Der Haushalt wird zum größten Teil von meinem Freund übernommen. Noch so ein Punkt, auch hier müsste ich doch eigentlich glücklich sein. Wer hat schon so ein Glück.
Was soll ich also meinem Hausarzt sagen um eine Krankschreibung zu bekommen? Ich denke ja selbst wenn ich eine offensichtliche Grippe habe, dass der Arzt denkt, dass ich simuliere. Was soll er dann von mir denken wenn ich sage, dass ich eigentlich glücklich sein müsste, es aber nicht bin....

09.01.2021 18:09 • x 2 #3


R
Na ja, das eine ist dass du glücklich sein kannst so einen lieben Mann zu haben, das andere ist deine Erschöpfung. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun, denke ich.
Ich habe auch immer gesagt bekommen dass ich funktionieren muss, arbeiten gehen, nicht krank sein und wenn ich doch krank bin gehe ich trotzdem zur Arbeit, mich nicht beklagen, immer alles geben und nur nicht an mich denken, die anderen sind viel wichtiger.
Das hat dazu geführt dass ich 2011 eine Erschöpfungsdepression bekam.
Du kannst deinem Hausarzt die Wahrheit sagen, so wie es dir momentan geht, nicht nur auf der Arbeit, sondern auch zu Hause. Das ist keine Schande liebe Hope38, das kommt dir nur so vor, weil du es nicht kennst.
LG

09.01.2021 18:20 • x 4 #4


hlena
Robbe hat Recht : zieh die Notbremse,bevor es jemand anderer tut.
Geh zum Arzt,du brauchst unbedingt eine Auszeit.

09.01.2021 18:25 • x 6 #5


Tragedy
Liebe @Hope38
ich kann deine Situation verstehen, mir ging es bei meiner alten Arbeit ähnlich und auch mein Mann berichtet von solchen Zuständen bei seinem Arbeitgeber. Sowas gibt es leider häufiger...
Ich dachte damals auch viel darüber nach, ob ich meinen Job überhaupt noch machen will, zweifelte alles an. Letzten Endes habe ich mir eine neue Stelle gesucht und gekündigt und jetzt habe ich wieder Spaß an meiner Arbeit.
Wie die anderen hier kann ich dir nur raten, zum Arzt zu gehen, die Karten offen zu legen und dich krankschreiben zu lassen. Mach dir keine Gedanken um deine Kollegen, klar ist es doof, aber das schlechte Gewissen darf dich nicht dazu bringen, weiter und weiter zu machen... Und wenn ich richtig interpretiere, hast du ja einen tollen Freund, der dich unterstützt und dir Rückendeckung gibt, das ist viel wert, auch wenn du es im Moment nicht so empfinden kannst.
Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg und bin mir sicher, dass du ihn findest.

09.01.2021 18:35 • x 5 #6


H
Ihr seid lieb, danke. Jetzt muss ich gerade schon wieder weinen.
Ja, ich habe einen sehr lieben Freund und habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ihm nichts zurück geben kann. Im Gegenteil, ich merke, dass es ihm wegen mir schlecht geht. Er versucht mir die ganze Zeit irgendwie zu helfen und dabei bin eigentlich ich diejenige, die sonst jedem weiter hilft.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich ihm Schade, ähnlich so wie mein Exfreund mir damals geschadet hat.
Er ist schließlich so zufrieden und ausgeglichen, fröhlich, geerdet, liebevoll aufgewachsen und hatte nie solche Dramen. Ich bin das krasse Gegenteil.
Er hat mir vorhin wieder eine Stellenanzeige vorgelegt, ich musste weinen und habe mich abgeschottet. Ich weiß, er meint es nur gut. Ich kann einfach nicht mehr. Jetzt versaue ich mir auch noch das einzige was ich habe, meine Beziehung und meine wenigen übrigen Freunde.

Vielleicht ist jetzt auch alles nur so dramatisch in meinem Kopf wegen Corona? Aktuell hat ja jeder sein Päckchen zu tragen.

Bzgl Auszeit wäre ich zwar jetzt gerade froh drum, aber ich weiß schon wie das ablaufen wird. Ich war schonmal 9 Monate wegen der Chemotherapie Zuause. Klar, das kann man nicht vergleichen, aber im Prinzip saß ich da auch zuhause und habe mir, wenn es der Zustand zuließ, etliche Gedanken gemacht wie es weiter gehen soll wenn ich wieder gesund bin. Ich wollte damals auch an mir arbeiten, nämlich an meiner vermeintlichen Eifersucht. (Die hatte mir mein damaliger Freund jedoch nur eingeredet... Schließlich stellte sich nach meiner Genesung raus, dass er tatsächlich eine Affäre hat und meine, wie er meinte, krankhafte Eifersucht, tatsächlich begründet war...es überrascht mich selbst, dass ich trotz allem, meinem jetzigen Freund blindes Vertrauen schenken kann.)
Jedenfalls fühlte ich mich neben meiner Chemotherapie und meiner Arbeit an mir selbst verpflichtet den Haushalt in Schuss zu halten, diverse Dinge zu organisieren wie Geschenke für Freunde zu planen usw. weil ich war ja schließlich nur zuhause, andere müssen arbeiten, die haben keine Zeit dafür. Manche bestätigten mich in meinem Denken und meinten, sie selbst wären jetzt auch lieber zuhause und nicht auf ihrer arbeit. Sie meinten auch, dass man mir meine Krankheit gar nicht anmerkt und ich ja noch Glück gehabt hätte, dass ich das alles so gut weg stecke...ja, glück hatte ich echt, ich bin geheilt. Und Ich weiß wie sie es meinten... und dass sie es nur gut meinten und selbst überfordert waren mit meiner Situation, verständlich dass sie nicht wussten, was sie sagen sollen... Ich habe ja auch nie gezeigt, dass es mir schlecht ging, woher sollen sie es also wissen. Total absurd, insgeheim weiß ich, dass ich jedes Recht der Welt gehabt hätte einfach nur faul zu sein...Ich hätte es schließlich selbst jedem meiner Freunde in so einer Situation geraten. Aber ich wollte stark sein.

Also würde ich mich jetzt erst recht wie ein fauler Simulant fühlen. Anderen geht es schließlich schlimmer als mir. Denen schlägt es auf Organe oder den Rücken usw. Meine Probleme erfordern eigentlich nur einen neuen Job oder eine gelassenere Einstellung. Jetzt sieht man mir mein Befinden ja tatsächlich überhaupt rein gar nicht an, weil es ja in meinem Kopf stattfindet. Ist es also schlimm genug sich Krankschreibung zu lassen?! Sollte ich nicht einfach mal eine Bewerbung schreiben statt dem Arzt auf die Nerven zu gehen, der jetzt mit Corona sicherlich besseres zu tun hat. Und
was soll ich denn in der Firma erzählen, die wissen übrigens auch nichts von meiner damaligen Therapie, ich wollte kein Mitleid erregen.

Ich fühle mich gerade echt wie ein absoluter Versager wenn ich ehrlich bin.

09.01.2021 19:39 • x 2 #7


hlena
Du hast es immer noch nicht verstanden oder kannst es nicht verstehen.
Mit einer neuen Arbeit ist es nicht getan, du brauchst eine längere Pause.

09.01.2021 19:47 • x 1 #8


Tragedy
Eine längere Auszeit, um zu dir zu kommen, dich zu erden und dich auf dich zu fokussieren ist wichtig, unterschätze das nicht. Auch Mal nur rumsitzen und grübeln muss sein.
Ich sage immer, es ist dann ein Problem, wenn es für dich ein Problem ist. Und offenbar ist es das. Auch wenn man diese Krankheit nicht sehen kann, ist sie da. Das macht auch mir immer noch Schwierigkeiten, aber nimm das wirklich ernst. Und die meisten Ärzte sind was Depressionen und Erschöpfung angeht nicht so abgeklärt, dass sie sagen reiß dich zusammen. Und wenn dein Arzt dich nicht ernst nimmt, such dir ganz schnell einen neuen...
Du bist an dem Punkt, an dem du Unterstützung brauchst.
Und mach dir keine Gedanken wegen deiner Beziehung. Dein Freund liebt dich doch. Klar ist es auch schwer für ihn. Hast du denn mit ihm über alles gesprochen und weiß er Bescheid? Damit auch er verstehen kann...

09.01.2021 19:58 • x 2 #9


R
Ach liebe Hope, ich kann dich wirklich so gut verstehen. Du denkst an alle anderen nur nicht an dich, aber das ist jetzt wichtig, du bist wichtig.
Ich hatte damals ein Gespräch mit meinem AG und sagte ihm, dass ich angst hätte dass ich auf der Arbeit zusammen breche. Ich wusste ja nicht was mit mir los war niemand hat mich gewarnt, dass eine Erkrankung dahinter stecken könnte.
Als ich dann den nächsten Tag auf die Arbeit ging, weil krank melden das war für mich überhaupt keine Option, also ich hab nicht mal daran gedacht, so wie du, da hat mich mein AG nach Hause geschickt, er könne die Verantwortung nicht tragen, dass ich evt. zusammenbreche, ich habe damlas in der Altenpflege gearbeitet.
Ich bin dann zum Arzt und der hat mich 14 Tage krank geschrieben und daraufhin kam erst mein Zusammenbruch. Es war so als wenn ich erst die Erlaubnis gebraucht hätte krank sein zu dürfen. Ich konnte selbst wenn ich wollte nichts mehr machen, ich war einfach nur total erschöpft und musste mich ganz viel ausruhen.
Ich denke heute über vieles ganz anders, aber ich musste erst durch diesen langen Leidensweg gehen um zu verstehen, dass arbeiten gehen wichtig aber nicht das wichtigste ist in meinem Leben.
Ich bin heute berentet, ich hab viel zu lange gewartet und immer und immer wieder weiter gemacht. Ich wünsche dir nicht dass du so endest wie ich, deshalb lass dich bitte krankschreiben, auch wenn man es dir nicht ansieht, du bist krank.
Ach ja, rede doch mit deinem Freund und sage ihm wie es dir wirklich geht. Er kann es nur verstehen wenn du mit ihm redest und ihm ganz ehrlich sagst wie du dich fühlst. Er ist stark genug dich zu unterstützen da musst du dir keine Gedanken machen und das ist auch gut so.
Herzliche Grüße, Robbe

09.01.2021 20:02 • x 3 #10


H
Ich weiß, dass es so nicht weiter gehen kann. Ich weiß auch, dass es eine psychische Erkrankung sein könnte, aber vielleicht ja eben auch nicht. Wo fängt es an, wo hört es auf. Vielleicht übertreibe ich ja auch wieder nur. Ich bin mir auch dem Ursprung dieser Gedankengänge bewusst. In meiner Vergangenheit habe ich schon oft von Ärzten indirekt gesagt bekomme, dass ich mich nicht so anstellen soll.

Trigger

als ich wegen Mundtrockenheit, einer Folge der Bestrahlung, bei meinem ehemaligen Hausarzt war weil ich Probleme beim Sprechen und Essen hatte, meinte er zu mir, dass es für diese Lapalie keine Lösung gibt, einfach aussitzen. Außerdem habe ich noch Glück mit meiner Krebsart, da diese eine sehr hohe Überlebensrate hat, diese Chance hat sein Bruder mit Lungenkrebs gerade nicht.... am Anfang der Therapie ist meine OP- Narbe unschön auseinander geklafft und meine Haare fielen vollständig aus, was natürlich ganz normal ist und auch nicht gefährlich oder so. Jedenfalls erzählte ich meiner Ärztin in einem Gespräch,
dass ich traurig über die Narbe und meine Haare bin....Sie meinte, na wenn das ihr einziges problem ist... als ich dann das erste mal stationär aufgenommen wurde, lag ich neben einer recht alten Frau, sie hatte gesagt bekommen, dass man sie nicht mehr heilen kann. An diesem tag wurde mir im Zimmer gezeigt, wie ich mich spritzen muss zuhause... Ich hatte Angst mich selbst zu spritze und habe mich wohl sehr dämlich angestellt, die alte Dame im Bett neben mir meinte in rauem Ton, dass ich mich nicht so anstellen soll, schließlich gibt es für mich wenigstens noch eine Chance zu Leben. Mir ist natürlich bewusst, dass haare, Narben, spritzen, mundtrockenheit alles lapalien sind im Vergleich zu den anderen Krankheiten, aber genau das hat sich in mir eingeprägt. Alles was ich habe, ist nicht schlimm genug um sich so anzustellen.



Ich habe ja auch vor 3 Jahren das Gespräch mit meinem Chef gesucht und ihm auch meine Symptome geschildert, damals war mir auch noch nicht bewusst dass das eine Depression sein könnte. Ich habe ihm erzählt, dass ich Konzentrationsschwierigkeiten habe, sehr leicht reizbar bin und einfach irgendwie überfordert bin. Mittlerweile breche ich fast wöchentlich auf dem Klo oder auch direkt am Arbeitsplatz in Tränen aus und sitze dann mit verquollenen Augen und zittriger Stimme in Meetings mit ihm, das interessiert ihn nicht. Wie gesagt, so lange ich noch fluche ist alles in Ordnung, seiner Meinung nach.

Während ich das schreibe bin ich so wütend auf meinen Chef, dass ich am liebsten jetzt sofort mein Adrenalin nutzen würde um mich endlich zu trauen zum Arzt zu gehen... am Montag bin ich nämlich wie nach jedem Ausbruch bestimmt wieder soweit gefasst, dass ich mir einrede dass alles nicht so schlimm ist, meinen Ausbruch bereits und a la stell dich nicht so an, augen zu und durch wieder zur Arbeit fahre. Dann kommt die erste blöde Email und zack heult sie wieder, dann mache ich mir wieder Vorwürfe, dass ich schon wieder zu schwach bin und alles fängt von vorne an.

Mein Freund weiß Bescheid, über jedes Detail. Ich konnte meine Heulkrämpfe Zuhause nicht mehr verbergen.... Leider... eigentlich dachte ich sogar, dass über alles Reden hilft. Aber in dem Fall habe ich jetzt wie gesagt ein schlechtes Gewissen, dass ich ihm sowas aufdrücke und ihm seine Energie raube. Helfen kann er mir ja natürlich nicht.

09.01.2021 21:25 • x 1 #11


H
Ok, kann bitte jemandem den Regisseuren sagen, dass Sie aufhören sollen das Drehbuch zu ändern. Mein Leben ist echt ein Film, das wird immer absurder. Wie viele Hürden muss man eigentlich überwinden um sich zum Arzt zu trauen.... jetzt schreibt eine Kollegin in der WhatsApp Gruppe sie fühlt sich nicht gut und geht am Montag zum Arzt wenn es nicht besser wird.... Danke für die Vorwarnung und danke für nichts. Wenn ich jetzt hinterher ziehe sieht es ja so aus, als würde ich mich vor der Vertretung drücken. Aber Ja verdammt, am liebsten würde ich mich davor drücken, denn der Gedanke an ein weiteres Aufgabengebiet löst in mir Angst aus.

09.01.2021 22:08 • x 2 #12


Mira13
Liebe Hope,
ich bin auch der Meinung : wage den Schritt und nimm dir die Auszeit, um dich zu sammeln. Bei dir war es auch ähnlich wie bei mir. Ich habe mich damals nicht wahr genommen und bereue es jetzt. Dein Körper sendet dir eindeutig die Signale : ich brauche Ruhe!
Ich wünsche dir von Herzen ganz viel Mut und Kraft das Richtige zu tun. Es ist schön zu lesen, wieviel schöne Worte hier von den anderen geschrieben wurden. Danke dafür.
LG
Mira

09.01.2021 22:13 • x 2 #13


Tragedy
Damit kommt nur noch mehr Stress auf dich zu. Aber ich verstehe dein Zögern. Hör auf, darüber nachzudenken, was die anderen denken. Du hast alles Recht der Welt, an dich und deine Gesundheit zu denken. Davon haben wir alle nur eine... Vielleicht merkt auch dein Chef dann endlich, dass es so nicht geht. Immerhin haben Chefs auch eine Sorgfaltspflicht, die nur allzu gerne vergessen wird...

09.01.2021 22:26 • x 4 #14


A


Hallo Hope38,

x 4#15


R
Hallo Hope,
dass mein Chef mich damals heimgeschickt hat war wirklich gut für mich, aber ich muss auch ganz klar sagen, dass er das aus Eigennutz getan hat, weil stell dir vor ich wäre wirklich auf der Arbeit zusammengebrochen wer hätte denn dann so schnell meinen Dienst übernehmen können? Die Bewohner müsser ja trotzdem versorgt und betreut werden und in der Altenpflege wird jeder Mitarbeiter gebraucht.
Ich war immer der Meinung, man muss mir doch ansehen dass ich nicht mehr kann, aber das ist zu viel verlangt, bei der Arbeit hat jeder mit sich zu tun, da ist einfach nicht die Zeit sich noch um andere Kollegen und ihr Befinden zu kümmern und man ist einfach nur froh wenn alle da sind und wenn sie nicht da sind, ja dann muss es auch irgendwie gehen.
Komischer Weise dachte ich immer, dass die Kollegen bei der Arbeit nicht ohne mich zurecht kommen würden, aber im nachhinein musste ich feststellen dass sie auch gut ohne mich zurecht kamen.
Drei Jahre hast du jetzt durchgehalten, gekämpft und alles dir mögliche gegeben meinst du nicht dass es jetzt an der Zeit ist dir Ruhe zu gönnen um wieder zu Kräften zu kommen?
Ganz liebe Grüße, Robbe

10.01.2021 10:52 • x 1 #15

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