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Erfahrung EKT Behandlung - wie ausgewechselt

B
Hallo zusammen,

Ich möchte euch gerne von unserer Ekt Erfahrung berichten, da ich mich vor ein paar Wochen durchs Internet gesucht habe und selbst kaum Antworten zur Ekt Behandlung bekommen habe.

Ich schreibe hier aus Sicht einer Angehörigen und nicht als Betroffene selbst, daher kann ich natürlich nicht die eigene Wahrnehmung beschreiben, aber die einer Partnerin, die den ganzen Tag mit gelitten hat.
Mein Mann leidet seit 4 Jahren an schwersten Depressionen, die aber nur jedes halbe Jahr auftraten, dann 4-6 Monate komplett weg waren und dann von heute auf morgen wieder auftauchten. Wir haben dementsprechend vier Kliniken durch, ca. 15 Medikamente versucht, darunter Lithium und Valprost in Kombi mit Venlafaxin oder Sertralin, und auch mittlerweile Quetiapin, Lamotrigin, Elontril. Wir haben es mit Pychotherapie, Medikamenten, Lichttherapie, Ketamin, Neurofeedback, Vitaminen, Hormonuntersuchungen etc. versucht. Mein Mann leidet zusätzlich unter Schilddrüsen und Nebenschilddrüsen Erkrankungen, er leidet unter Hypoparathyreoidismus, einer recht seltenen Hormonkranheit, bei der das Parathormon nicht arbeitet. Das beeinflusst massiv den Calcium und Vitamin D Haushalt. Aber das löst nicht die Depression aus. Er wird hormonell behandelt und die Depression ist plötzlich wieder weg. Er zwitscht zwischen alles normal und schwerst Depression und das jeweils für Monate. Für die Monate der Depression jetzt hat er eine Pflegestufe bewilligt bekommen, weil ich das alleine nicht mehr bewerkstelligen kann. Er steht nicht mehr auf, ich muss ihn anflehen abends aufzustehen, er isst und trinkt nicht, zu allem muss ich ihn zwingen und da schaffe ich nicht viel. Meistens kann er mental gar nicht anwesend sein. Er weint den ganzen Tag, liegt weinend im Bett, er hat Angst vor dem Tag. Sein einziges Thema ist die Depression. Ich sag ihm immer, er ist depressiv weil er depressiv ist. Der Zustand macht ihn fertig. Er schafft nichts, hat den ganzen Tag Gliederschmerzen und auch Tavor schlägt 0 an. Egal was ich versucht habe und er wortwörtlich über sich ergehen lassen musste, ist einfach nur traurig. Es ist eine so furchtbare Krankheit, die meines Erachtens kein anderes Ziel hat, als dass der Betroffene dich das Leben nimmt. Weil ein Leben ist das so auch nicht mehr. Mein Mann versucht alles, was ich ihm Vorschlage oder ich als Versuch werte. Da bin ich auch sehr dankbar drüber. Aber was tut man, wenn alles was man versucht, nicht einmal eine Veränderung bewirkt. Ich bin da jeden Tag dran verzweifelt. Also als letztes auf unserer Liste stand das Ekt. Ich habe viele Kliniken in unserer Umgebung angerufen, die diese Behandlung durchführen. Ich wollte schnellst Möglich einen Termin für ein Beratungsgespräch bekommen. Und natürlich eine schnellst Mögliche Behandlung. Ich muss dazu sagen, dass mein Mann jetzt mittlerweile seit 7 Monaten liegt. Die meisten Kliniken hatten 3-4Wochen Wartezeit auf ein Vorgespräch und dann kam man auf die Warteliste. Dann habe ich eine Klinik in Dortmund gefunden, die mir innerhalb von 3 Tagen einen Termin gab. Der Verlief sehr gut, kompetent und aufschlussreich. Wir waren ca. 1 Stunde im Arztgespräch. Sie hatte ihm eine Woche später ein Bett auf der Station organisiert. Also ging es los.
Mein Mann hatte tierische Angst vor der Klinik, weil er nicht wüsste wie er das schaffen sollte. Aus meiner Sicht war da natürlich eigentlich nur ein andres Bett als zuhause zum liegen, aber das habe ich ihm natürlich so nicht gesagt.
Nach schlaflosen Nächten vor den Ekts ging es los. Er ging 2 Tage stationär und am 3.Tag wurde die erste Sitzung durchgeführt. Um elf Uhr ging mein Handy und mein Mann war dran. Er hat normal gesprochen, war sehr gut drauf und meinte, dass er sich um einiges besser fühle. Er hatte Muskelkater, Kopfschmerzen und ein wenig Kieferschmerzen. Aber sein Gemütszustand war toll im Vergleich zu vorher.
Am Nachmittag habe ich ihn besucht und er war richtig auf den Beinen, Er hat viel gesprochen und mir alles genau erzählt. Er hat es gar nicht als schlimm empfunden. Heute nach der 2. Ekt Behandlung war es noch besser. Wir sind auf seinen Wunsch hin in die Stadt Eis essen und wir waren etwas bummeln. Es war so ungewohnt normal. Das wäre 5 Tage vorher undenkbar gewesen. Er hatte auch wieder andere Gespächsthemen und hat Interesse gezeigt. Einfach wie ausgewechselt.
Freitag ist die 3. Und ich bin sehr optimistisch. Auch wenn ich nicht weiß, wie lange es so gut anhält, ist aber jeder normale Tag weniger Quälerei.
Er hat übrigens heute vor der Behandlung eine Paracetamol Infusion bekommen und die Kopf und Kieferschmerzen waren deutlich besser

31.07.2019 21:14 • x 9 #1


Hoffnung21
Hallo Besa,

Vielen Dank, dass du die Erfahrungen mit uns geteilt hast. Ich wünsche euch, dass es lange anhält. Du kannst gerne weiter berichten. Man weiß nie, ob es einen nicht mal selber trifft und ich hatte bisher einen gehörigen Respekt davor. Allerdings habe ich auch mal einen sehr positiven Fernsehbericht mit einem Patientenfall gesehen, da ging es dem Patienten danach auch sehr gut.

LG Eis

31.07.2019 21:37 • x 2 #2


A


Hallo Besa,

Erfahrung EKT Behandlung - wie ausgewechselt

x 3#3


S
Hallo Besa,

schön, dass die EKT so schnell anschlägt.

Mir ging es zwar nicht ganz so schlimm, wie Deinem Mann, trotzdem hatte bei mir auch nichts mehr richtig angeschlagen, so dass bei mir auch EKT gemacht wurde. Beim ersten Mal war ich sieben Wochen stationär und habe ich vier Wochen zwölf mal EKT bekommen. Dann kam ich wieder nach Hause und nach drei oder vier Monaten ging es mir wieder genauso schlecht wie vorher.

Also kam ich noch mal in die Klinik, habe noch mal zwölf EKT-Behandlungen innerhalb von vier Wochen bekommen und danach fast zwei Jahre Erhaltungs-EKT. Ich musste erst alle zwei Wochen einmal, irgendwann vergrößerte sich der Abstand auf drei Wochen, vier Wochen, fünf Wochen bis ich dann aus eigenem Antrieb versucht habe, die EKT abzusetzen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich soweit sei. Hat geklappt, seit eineinhalb Jahren geht es mir ohne EKT, nur mit Medikamenten, gut.

Schöne Grüße und viel Erfolg
Martina

01.08.2019 08:44 • x 3 #3


B
Hallo,

Vielen Dank für die Rückmeldungen. Danke dir Martina für deine EKT Erfahrungen. Die Ärztin ist sich noch nicht sicher wie wir weiter verfahren. Sie möchte abwarten wie es sich entwickelt. Es ist ja schon unglaublich, dass es ihm nach einer Ekt Behandlung so viel besser ging. Ich hatte frühstens nach der 4. oder 5. mit einer Verbesserung gerechnet. Mein Mann natürlich mit gar keiner. Er war ja jedes Jahr auch mind. 5 Monate depressionsfrei, daher stellt sich die Frage, ob man Erhaltungsekts macht oder guckt wie lange es so anhält. Ich freue mich sehr, dass es dir schon so lange gut geht. Wie hast du das denn mit den Medis gehandhabt? Er nimmt aktuell noch 300mg Quetiapin und 300mg Elontril. Die möchte ich ungern bei ihm absetzen, aber vor den Ekts haben noch nie Tabletten auch nur eine Verbesserung gebracht. Weder Wirkung noch wirkliche Nebenwirkungen hat er gemerkt. Und wir haben wirklich sehr viele ausprobiert, weil ich bei jeder Phase schlaflose Nächte hatte, weil ich Angst hatte, dass er die Phase nicht überlebt. Letztendlich war dieses Nichtskönnen auch das was ihm das Leben gerettet hat, weil er schlicht handlungsunfähig war.

Können die Medis vielleicht durch das Ekt besser wirken? Oder sollen wir nochmal andere testen. Ich bin da echt ratlos und ich glaube die Ärztin auch noch.

Vielleicht kannst du mir ja mal berichten mit welchen Medis du zurecht kommst und wie du das gehandhabt hast.

LG
Besa

01.08.2019 20:07 • x 3 #4


S
Hallo Besa,

ich nehme seit 2014 Jatrosom, Elontril, Aripiprazol und Lithium. Nach knapp zwei Jahren ging es mir aber trotzdem so schlecht, dass wir die EKTs gemacht haben.

Jetzt geht es mir mit o.g. Medikamentencocktail gut, das Jatrosom habe ich sogar schon reduzieren können.

Schöne Grüße
Martina

02.08.2019 08:56 • x 2 #5


Hoffnung21
Hallo Martina

Ich musste Elontril absetzen vor der Einstellung auf Jatrosom mit 2 Wochen Wartezeit vor der Umstellung. Ist das bei dir kein Problem?

LG Eis

02.08.2019 09:23 • x 1 #6


S
Nein. Ich habe, wenn ich mich richtig erinnere, mit Elontril zur gleichen Zeit wie mit Jatrosom angefangen.

Schöne Grüße
Martina

02.08.2019 11:35 • x 2 #7


maya60
Hallo Besa, ich bin froh, zu lesen, dass es deinem Mann und damit euch beiden so deutlich besser geht und hoffe, das bleibt so.

Von Depressionen, die so wie bei deinem Mann an- und aus-switchen wie du schreibst, habe ich zuvor noch nicht gewusst. Gesund-schwerst depressiv wie mit einem Schalter geändert - was sagen die Ärzte zu ihren Erfahrungswerten dazu? Wie viele Betroffene gibt es?

Wirken die üblichen Medikamente vielleicht deshalb nicht, weil diese schwere Depression etwas ganz anderes ist als Depressionen, die sich langsam aufbauen und wieder abbauen?


Liebe Grüße! maya

02.08.2019 12:04 • x 2 #8


B
Hallo Maya, leider wissen die Ärzte auch nicht so genau welche Form der Depression er hat. Unterschiedliche Kliniken und Neurologen haben unterschiedliche Diagnosen gestellt. Eine Klinik meint es könnte eine Form der bipolaren Störung sein, aber ohne Manie. Andere Kliniken sprechen von einer endogenen Depression, also körperlich ausgelöst. Wir wissen es nicht wirklich. Ich habe 4 Jahre jetzt ein Stimmunggstagebuch geführt um zum einen die Medis beurteilen zu können und zum anderen den Auslöser herauszubekommen. Leider ohne Erfolg. Es gibt keine wirklich erkennbaren Gründe für seine Depressionen. Es gab nie einen Streit, oder eine extrem belastende Situation, keine Verluste oder Existenzängste etc. Psychologisch haben wir ihn mehrfach therapieren und checken lassen. Alle Psychologen sind der Meinung, dass nicht seine Psyche dahintersteckt, sondern es körperlich ausgelöst wird. Ich kann nur sagen, dass er vorher immer gripping wird mit Kopf und Gliederschmerzen. Das ist jedes Mal so gewesen und es beginnt immer zwischen Oktober und Januar. Also in den Wintermonaten. Aber auch Lichttherapien konnten es nicht verhindern. Und dann halt schlagartig.
Heute war die 3. Ekt. Er hat sich noch etwas benommen gefühlt als ich kam. Aber seine Stimmung ist weiterhin ein Traum. Einfach normal und gut.

LG Besa

02.08.2019 19:33 • x 4 #9


Hoffnung21
Hallo Besa,

Habt ihr Vitamin D überprüft, wenn es immer in den Wintermonaten auftritt?

LG Eis

02.08.2019 19:55 • x 1 #10


bones
Es freut mich zu sehen, dass es dein Mann besser geht und ekt gut anschlägt. Die Freude gönn ich dir voll und ganz.

02.08.2019 20:15 • x 2 #11


B
Ja das Vitamin D wird ständig gecheckt. Da er an Hypoparathyreoidismus leidet, bekommt er sowieso aktives Vitamin D verschrieben und auf den normalen Spiegel wird auch ständig geachtet. Er hat einen Grundwert von 60, also ziemlich gut. Vitamin D war auch meine Vermutung, aber sein Blutpiegel gibt das einfach nicht her.

02.08.2019 20:49 • x 2 #12


B
Danke übrigens für die netten Antworten und Berichte. Es tut gut nicht ganz alleine damit zu sein

Besa

02.08.2019 20:50 • x 2 #13


B
Guten Morgen,

ich möchte euch gerne einen aktuellen Stand geben. 6 Ekts sind geschafft und es geht ihm weiterhin gut. Die Depression ist weg. Er leidet weiterhin an Gedächtnislücken und vergisst schnell etwas, aber wir hoffen dass es bald weg geht. Die Ärzte haben entschieden nur 8 Ekts durchzuführen, weil es so schnell und gut angeschlagen hat. Er darf somit Mittwoch Nachmittag nach Hause. Ob wir noch Erhaltungsekts machen oder abwarten wie lange es anhält, werden wir noch mit den Ärzten besprechen. Jedenfalls haben ihm die Ekts das Leben gerettet und wir hoffen, dass es positiv bleibt.

LG Besa

10.08.2019 09:06 • x 2 #14


A


Hallo Besa,

x 4#15


Hoffnung21
Danke für die Info, das freut mich sehr für euch.

Nimmt er eigentlich weiterhin seine Antidepressiva, oder wird/würde da was abgesetzt?

LG Eis

10.08.2019 09:51 • #15

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