Erfahrungen mit einem depressiven Mann an meiner Seite

S
Ich kenne meinen Mann seit 14 Jahren, und er war, wenn ich zurückblicke immer schon depressiv. Nur im letzten Jahr ist es immer extremer geworden. Seit wir uns kennen, ist er nun das erste mal in der Tagesklinik. darüber bin ich schon mal sehr froh, da er bisher noch nie an sich gearbeitet hat. Ich bin so ein Typ der immer funktioniert hat, im Leben und immer für Andere da war. Und nun, da ich wegen eigener Probleme (Verarbeitung meines Missbrauchs) nicht mehr die Kraft für 2 Menschen habe und mich anlehnen möchte, geht mein Mann in die Knie.

Nun meine Fragen an Euch als Partner eines depressiven Menschen:

Wie geht es Euch?
Fühlt Ihr Euch auch oft verraten, verletzt, betrogen?
Wie geht Ihr mit Eurer Wut um, die unweigerlich kommt, wenn der Andere sich nicht bewegt?
Was tut ihr Euch Gutes?
Wer ist für Euch da?
Wie haltet Ihr Euch selbst bei Kräften?

29.09.2009 14:36 • #1


S
Hallo Sternenglanz,

sei willkommen hier bei uns.

Viele von uns kennen die Problematik. Irgendwie gleichen sich die Fälle.

Zitat:
Wie geht es Euch?
Fühlt Ihr Euch auch oft verraten, verletzt, betrogen?
Wie geht Ihr mit Eurer Wut um, die unweigerlich kommt, wenn der Andere sich nicht bewegt?
Was tut ihr Euch Gutes?


Mir geht es genau so schlecht wie dir.
Ja, auch ich fühle mich verraten, verletzt und betrofen.
Mittlerweile versuche ich meine Wut unter Kontrolle zu haben, was mir nicht immer gelingt.
Ich versuche im Rahmen des Möglichen mir einige Auszeiten zu nehmen, um Kraft zu tanken.

Zitat:
Wer ist für Euch da?
Wie haltet Ihr Euch selbst bei Kräften?


Eigentlich ist niemand da, weil niemand sich in die Situation hineinversetzen kann. Und ich will es auch nicht unbedingt nach außen tragen.
Mit den Kräften haushalten, w.s.o.e. einige Auszeiten nehmen.

Wichtig ist immer das Gespräch mit dem Partner. Ihm zu vermitteln, wie du leidest und dass das so keine Partnerschaft mehr ist, wie du es dir vorstellst.

Hat er denn selbst Perspektiven? Wie sieht er die Zukunft eurer Ehe?

Ich habe dann irgendwann das Problem mit meinem Therapeuten besprochen. Er war für mich immer der Anker.

Ich wünsche dir viel Kraft.

Serafina

29.09.2009 14:57 • #2


A


Hallo sternenglanz,

Erfahrungen mit einem depressiven Mann an meiner Seite

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S
Hallo Serafina,

danke für Deine lieben Worte.

Meine Wut unter Kontrolle halten kann ich auch, aber ich spüre sie ja tief in mir und ich glaube auch, dass man sie mir im Endeffekt auch anmerkt.
Andererseits sind unsere Gefühle auch nicht verkehrt, wir haben ein Recht darauf wütend zu sein.

Ja, das mit den Auszeiten das versuche ich auch, wann immer es geht.
Ich muss gut auf mich achten, denn diese Traurigkeit in mir, über all das was verloren ist, all meine Träume, die ich mit meinem Mann hatte, sind verloren.
Ich muss und will mich neu orientiern und will gut für mich sorgen.

Morgen früh habe ich einen Termin bei der SEKIS und werde mich über die Gründung einer Angehörigen-Selbsthilfegruppe erkundigen.

Serafina, Du hast recht damit, dass niemand sich in die Situation hineinversetzen kann. Aber es nicht nach außen zu tragen, damit machst Du es Dir zusätzlich schwer. Ich erzähl es natürlich auch nicht jedem den ich treffe.

ob er Perspektiven hat?
Ich weiß nicht........
Jetzt steht erst mal seine Entscheidung an, ob Klinik und wenn ja, welche.
Ich versuche mich zurückzuhalten, was Entscheidungen angeht, es muss von ihm aus eine Veränderung kommen. Er muss es wollen!
Ich bin eher so ne Macherin und würde am liebsten alles in die Hand nehmen. Aber damit tue ich weder ihm noch mir einen Gefallen.

Er sieht unsere gemeinsame Zukunft mit genauso gemischten Gefühlen wie ich.

Liebe Serafina, ich wünsche Dir viel Kraft und trotz allem viel Freude in Deinem Leben und Menschen, die Dir zur Seite stehen.

liebe Grüße
sternenglanz

29.09.2009 21:31 • #3


S

30.09.2009 14:53 • #4


M
Hallo sternenglanz,

was Du schreibst, kann ich alles sehr gut nachvollziehen! Mein Mann und ich waren BEIDE betroffen, ich hatte Depressionen, er litt unter Burn-Out.

Zitat von sternenglanz:
Ich versuche mich zurückzuhalten, was Entscheidungen angeht, es muss von ihm aus eine Veränderung kommen. Er muss es wollen!
Ich bin eher so ne Macherin und würde am liebsten alles in die Hand nehmen. Aber damit tue ich weder ihm noch mir einen Gefallen.

Das ist im Prinzip vollkommen richtig. Aber es ist immer ein ganz schmaler Grat zwischen Für den Liebsten da sein und ihm nicht alles abnehmen! Der Betroffene braucht ganz sicher immer mal wieder einen Tritt in den Allerwertesten - aber die Sicherheit, dass der Partner im Notfall da ist und hilft, ist auch ganz wichtig. Der Betroffene wird sich sonst noch einsamer fühlen, als ohnehin schon durch seine Erkrankung. Der Depressive ist, je nach Phase seiner Erkrankung, mit einigen Dingen und Situationen einfach überfordert. Manches GEHT einfach nicht. Da hilft kein gutes Zureden und kein Druck. In diesem Fall ist Hilfe und Unterstützung für ihn ganz wichtig. Für die Angehörigen ist dieser Punkt natürlich nicht immer leicht zu erkennen. Da helfen nur ganz viele Gespräche.

Ja, und Wut...... natürlich ist da immer wieder Wut. Man fühlt sich oft
Zitat von sternenglanz:
verraten, verletzt, betrogen
Der Depressive will diese Gefühle aber gar nicht auslösen, es ist ihm auch nicht bewußt. Auch da kann man nur reden, reden, reden. Erklären, wie man sich als Partner dabei fühlt....

Mein Mann hat mich sehr lange in vielen Dingen voll und ganz unterstützt und hat mich dann nach und nach (mit Fortschreiten der Therapie) immer weiter zurück ins Leben entlassen. Da bin ich jetzt wieder angekommen - die Therapie wurde erfolgreich abgeschlossen. Nur ein kleines Überbleibsel habe ich aus der Zeit der Depresionen übrig behalten: Ich kann nicht gut telefonieren (Außer mit einigen sehr wenigen Menschen, die mir privat wichtig sind. Ich kann aber besser anrufen, als angerufen werden) Wenn ich das jetzt so überlege, denke ich auch: ist aber so.....Die meisten Telefonate nimmt mir mein Mann heute noch ab. Dafür bin ich ihm ausgesprochen dankbar.

01.10.2009 12:24 • #5


S
Liebe Martina

es freut mich zu lesen, dass ihr es gemeinsam geschafft habt.

Leider habe ich meinem Mann in der Vergangenheit immer zuviel abgenommen, hab ich aber viel zu spät erkannt.
Dadurch habe ich ihm auch nicht so sehr die Möglichkeit gegeben, zu wachsen. So wurde er immer unsicherer.

Nun, da er in der Tagesklinik ist, werden wir sehen, wie es weitergeht.
Ich hoffe sehr, dass er sich wirklich ganz öffnen kann, um seine tiefe Trauer loszuwerden.
Es ist für den Partner auch sehr frustrierend und traurig zu erleben, dass man nie ganz an ihn rankommt.

Gespräche sind bei uns ziemlich eingeschlafen in letzter Zeit, so gaaaaaaaaaaaanz langsam kommt da etwas mehr zustande.
Mein Mann ist auch eher so ein Schweiger, der viel mit sich alleine ausmacht.
Auch jetzt verschließt er sich noch immer.
Und es ist für mich schwer, immer wieder das Reden anzufangen, wenn er eigentlich nicht reden will.

Wie schön, dass Dein Mann Dir so zur Seite stand.
Und das mit dem Telefonieren, Übung macht den Meister.
Hab mir auch eben so gedacht, dass wenn jemand anruft, man ja auch nicht genau weiß, wer es ist, oder was derjenige möchte. Das kann ja schon verunsichern.

Liebe Martina, ich wünsche Dir weiterhin alles Gute

liebe Grüße
sternenglanz

03.10.2009 15:41 • #6


S
hallo sternenglanz,
wie ich es verstanden habe, macht er doch jetzt was und bewegt sich!? er geht in die tagesklinik. das kannst du doch als einen schritt nach vorne und zum positiven sehen, oder?
lieb sparow

12.11.2009 18:17 • #7

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