Erschöpfung und Antriebsstörung oder eine Depression?

C
Hi zusammen,
ich möchte doch jetzt noch mal einen eigenen Thread aufmachen.

Wie ich an anderer Stelle bereits schrieb, sind bei mir rezidivierende Depressionen diagnostiziert.
Meine Ärztin (die mich seit 2004 kennt) hat mich Montag wieder damit krank geschrieben (f33.1. - mittelgradige episode).

Mir geht es nicht richtig elend, kann ich nicht behaupten. Kein Heulen, keine tiefe Traurigkeit, keine Auswegslosigkeit, bin eigentlich grundsätzlich nicht so schlecht drauf und auch willens wieder zu arbeiten.

Ich bin nur dauernd schrecklich müde, schlafe nachts recht gut, und tagsüber mache ich 1-2 stunden etwas - lesen, frühstücken, tv gucken. und dann bin ich wieder so müde, dass ich wieder 2-3 stunden tief schlafe. Sobald ich mehr als 1 Stunde Informationen aufnehme bin ich völlig platt.

Das ist natürlich auf der ARbeit ein Problem, ich kann mich nicht konzentrieren, sitze manchmal da und starre vor mich hin.... dadurch bedingt kriege ich dann allerdings Angst. Und wenn ich morgens aufstehe und da schon kaum die Augen aufkriege, kriege ich die Kurve auf die Arbeit nicht.

So, jetzt war ich heute bei einem Vertretungsarzt, da meine Ärztin nur Mo/Di in der PIA ist.

Der meinte jetzt, ich hätte keine Antriebsstörung (das sehe er mir an Haltung und Reden an, offenbar bin ich noch zu fit oder was???), sondern eine Erschöpfung. Mir persönlich ist das echt Latte, ich will nur wieder fitter sein. Dadurch, dass ich ständig müde bin, ist durchaus auch mein Antrieb gestört *argh*

Er sagte, dass wären Unterschiede in der Behandlung, bei der Erschöpfung müsse man die Müdigkeit wegbekommen, bei einer Antriebsstörung sollte man über (Tages)Klinik nachdenken. Aber er wolle sich da jetzt auch nicht einmischen. Aber mit der Medikamentenwahl (VEnlafaxin) war er doch einverstanden.

Sensationell....

Mal davon abgesehen: eine Antriebsstörung ist doch keine eigene Krankheit, sondern ein Symptom? Ich bin nun schon etwas verwirrt.

Was meint ihr?

Danke und Grüße
Clarice

01.03.2012 14:52 • #1


Anima
Hallo Clarice,

ich denke es ist gleichgültig, wie man das Kind nun nennt. Du hast definitiv also eine Depression und ich (dieselbe Diagnose) wäre ohne Hilfe der Tagesklinik nicht aus dem Tief heraus gekommen. Ich nehme auch die gleichen Medikamente wie Du in recht hoher Dosierung.
Das aber alleine hilft nicht, es braucht eine Anleitung, um mit den Problemen, die die Depression mit sich bringt, das Leben so zu gestalten, dass es Spaß macht, dass man in der Lage ist, einen normalen Alltag zu leben.

Du beschreibst, dass Du morgens nicht aus dem Bett kommst etc. - das ist die Depression. Der Vorschlag mit der Tagesklinik, ich finde ihn gut.

Gruß Anima

01.03.2012 22:40 • #2


A


Hallo Clarice,

Erschöpfung und Antriebsstörung oder eine Depression?

x 3#3


C
Liebe Anima,
ich denke du hast recht. Ich frag mich ja auch was der Unterschied ist.

Aber die Tagesklinik empfahl der Arzt ja nur bei Antriebsstörung und eben nicht bei Erschöpfung, die er mir ja attestiert hat.

Wie auch immer: so schlecht geht es mir zum Glück noch nicht, dass ich in die (Tages)Klinik muss.

Ich habe rechtzeitig gehandelt und merke auch heute wie mein neues Antidepressiva (Venlafaxin) anfängt zu wirken. ich habe zwar schlecht geschlafen (ist halt eine NW), aber ich bin durchaus fit und guter Dinge.

Gernervt bin ich allerdings von meiner Firma.... mein Chef und eine Kollegin wissen bescheid. Eben kam ne SMS Gute Besserung von der Gruppen und Herrn X, bis Montag dann.

Na, da wird aber schön Druck und Erwartungshaltung aufgebaut... Danke, dass Sie so offen sind Frau Clarice; Aber klar, du bist krank.... Aber bitte trotzdem Montag wieder mit 150 % Einsatz....

Ich hätte grad Bock mich weiter krank schreiben zu lassen...
Nee, mach ich aber nicht, ich will ja arbeiten. ich mag meine Arbeit ja grundsätzlich, ebenso wie meine Kolleginnen und es gibt auch sicher schlimmere Chefs als meinen. *g*

LG Clarice

02.03.2012 14:00 • #3


Anima
Mal eine Frage nebenbei: Was ist das für ein Arzt? Deine Ärztin hat ja etwas anderes attestiert. Etwas verwirrend - damit meine ich nicht Dich, sondern den Arzt.

02.03.2012 23:20 • #4


C
sind beides Psychiater an der PIA hier bei uns.
Aber du weißt doch: 3 Ärzte, 5 Meinungen...

Puh, was hab Bammel vor Montag.

Aber ich habe eine Idee:
Unsere Abteilung hat gerade einen Coach (eine Coachin *g*) zur Verfügung. Sie ist Psychologin und war lange in unserem Unternehmen, u.a. für Auslandsmitarbeiter in Krisensituationen). Jetzt ist sie selbständig.

Sie hat unseren Workshop geleitet, moderiert das Aufwärtsfeedback für den Chef.

Ich denke er (oder er und ich) sollten uns mal mit ihr zusammen setzen. ggf. kann sie gut vermitteln und ihm meine Bedürfnisse/Probleme auch klar machen?


Cheers,
Clarice

03.03.2012 15:22 • #5


Anima
Ja, warum nicht! Wäre interessant, was dann dabei heraus gekommen ist.

03.03.2012 18:00 • #6


C
Ja, ich werde das auch machen/vorschlagen. Es ist bestimmt gut, wenn er von einem Profi nochmal was dazu hört.
Ich kann ihm ja viel erzählen.
Und sicher kann sie mir auch Tips geben.
Ich werde berichten!

04.03.2012 15:03 • #7


S
Hi ,
ich bin so ziemlich auf dem selben Dampfer,
aber ich hab erst für mitte April ein termin fürs vorgespräch bekommen,
ich würde gern hören was für erfahrungen du da machst,
Wäre nämlich das erste mal für mich.

Danke im vorraus
Stefan

04.03.2012 20:09 • #8


C
Yeehaw! Ich hab den ersten Tag erfolgreich hinter mich gebracht!

Es fühlt sich echt gut an, wieder 'wach' zu sein und zu sehen, dass die Arbeit durchaus wieder geht.
ABer ich habe mir geschworen laaaaangsam zu machen. War fast zwei Woche nicht da, und die Welt ist nicht untergegangen. Geht sie auch nicht, wenn man mal nicht alles innerhalb 1 Tag erledigt.

Zu meinen direkten Kolleginnen, 6 an der Zahl: Jede einzelne von ihnen hat genauso reagiert wie ich es erwartet habe.
Meine Menschenkenntnis ist unschlagbar. Zwei waren so sensationell herzlich, empathisch, begeistert wie mutig ich sei, etc.
Eine dritte war sehr ruhig und besonnen, auch lieb irgendwie, wenn auch nicht ganz so 'überschwenglich' wie die beiden ersten.

Zwei andere haben es, naja, zur Kenntnis genommen sage ich mal. Beide kennen übrigens jemanden mit Depressionen, ja, das wünscht man ja keinem, aber die Arbeit, Mehrbelastung, du fällst ja sicher öfter mal aus, bist ja eh öfter mal krank. etc. Worauf dann die ruhig-besonnene sagt: Führungsaufgabe jetzt entsprechend zu handeln. Kommt halt davon, wenn wir immer am Limit kratzen. Ich mein, ich kenne meine Kolleginnen, sie meinen es sicher nicht persönlich, aber sie sind halt nicht sehr feinfühlig und empathisch. Aber das kann man halt auch nicht von jedem erwarten. Das muss ich auch akzeptieren.

Die letzte stand die ganze Zeit mit hochrotem Kopf und motzigem Gesicht da, die Augen teilweise gerötet und schimmernd. Kein Ton gesagt.
Tja, ich schätze ich weiß wieso: sie schleppt sich wie bekloppt, ist sehr fragil, himmelhochjauchzend und zu tode betrübt, kratzt m.E. teilweise auch am Limit. Hätte mir vermutlich am liebsten an den Kopf geworfen: mir gehts auch schei., ich schlepp mich auch. Aber das muss sie für sich selbst erkennen

So, jetzt mein Chef.
Nicht in seinem Büro haben wir uns zusammen gesetzt, sondern im Cafe um die Ecke; hat mich aufn Kaffee eingeladen.
Er war - ich muss es fast so sagen - nahezu begeistert, wie ich damit umgehe. Begrüßt es außerordentlich, dass ich so gehandelt habe (also rechtzeitig), wie offen ich damit umgehe etc. Es bringe ja keinem was, wenn ich richtig abrutsche und dann wochen/monatelang fehle. Er schätze mich und meine Arbeit sehr, bin wichtig für das Team mit außerordentlicher Routine und Erfahrung.

Ggf. hilft es durchaus, dass seine Mutter Psychologin ist, er weiß also durchaus, was Depressionen sind (auch wenn er es natürlich nicht nach empfinden kann), hat auch Freunde mit Burn out etc.

Also im Moment, für heute, kann ich nur sagen: alles richtig gemacht.
Bin gespannt was die Langzeitstudie bringt.

Achja: Fragen anderer Kolleg/innen nach meiner Erkrankung habe ich mit meinem freundlichen: möchte ich nicht drüber reden beantwortet. Und gut war's



Lieben Gruß
Clarice

05.03.2012 20:00 • #9


S
Hört und liest sich erstmal richtig positiv. Weiter so. Das sollte dir Motivation geben.

Serafina

05.03.2012 20:08 • #10


C
Guten Morgen zusammen!
Die erste Woche ist rum und ich war gestern echt geschafft.

Ich bin dank des Antidepressivas nicht mehr müde, habe aber natürlich erstmal auch nachts nicht gut geschlafen.
Die Arbeit ist mir recht locker von der Hand gegangen, ich habe aber trotzdem aufgepasst, dass ich nicht vor lauter Euphorie zu viel mache und alles langsam angehe. Nichts destotrotz merke ich, dass mich manche Sachen sehr anstrengen. Bei schwierigeren Fälle merke ich dann meine geistige Begrenzung doch ganz schön.

Was mich allerdings viel mehr belastet und fertig macht, ist die Stimmung im Team. Und die hat, so wie ich das empfinde, wenig bis gar nichts mit mir zu tun.
Die jungen Wilden (4 aus 7), wie ich sie nenne sind ungelogen nur am Zetern. Hauptsächlich über unseren Chef, der 'arme' Mann kann machen was er will, es ist immer Falsch. Über Kolleg/innen wird hergezogen. Ja, die hat damals ganz schnell einen unbefristeten Vertrag bekommen und mehr Geld. Aber die konnte ja auch besser schleimen als ich - aber vorne rum zuckersüß, hallo Schätzchen.

Ich höre aus deren Mündern im Moment nur negatives. Nach den letzten beiden MIttagspausen ging es mir richtig schlecht, ich hatte einen Kloß im Hals und flaues Gefühl im Magen.

Na klar, ich könnte nicht mehr mit essen gehen, mich fernhalten. Aber es sind meine direkten Kolleginnen, und ich bin grundsätzlich froh, dass die meisten mit mir nach meiner offenbarung am Montag normal umgehen und grundsätzlich mag ich sie ja auch.

Ich traue mich auch nicht was zu sagen. ich bin kein guter Redner und würde von der Meute eh nur überrannt werden.

Insofern, heute bin ich echt platt nach einer Woche arbeiten und fühle mich wie vor 3 Wochen, einfach nur erschöpft....

LG Clarice

PS: da ich seit zwei Jahren keine Thera mehr über die KV hatte, kann ich auch wieder starten und mein Lieblings-Therapeut hat auch relativ schnell wieder einen Termin für mich gefunden. MIttwoch geht's wieder los.

10.03.2012 10:44 • #11


C
Hallo Clarice,
schön, dass deine Therapie so bald wieder losgehen kann. Dort kannst du dann auch lernen, dich eben von solchen negativen Äußerungen der Kolleginnen nicht runterziehen zu lassen. Das ist deren Problem, nicht deins!
Wenn du einerseits mit ihnen essen möchtest, andererseits aber nicht das Genörgel hören willst, dann macht doch aus, dass während des Essens nicht über die Arbeit geredet werden darf. Das hat bei uns sehr gut geklappt.

Versuche, das Gerede nicht so nah an dich ranzulassen. Du scheinst noch sehr dünnhäutig zu sein, das ist aber normal. Schön, dass es mit der Arbeit an sich so gut läuft. Weiter so!

10.03.2012 11:30 • #12


C
Hallo Caspara,
ja, ich bin in der Tat sehr dünnhäutig. Im Grunde immer, auch wenn ich keine depressive Phase habe, bin ich sehr empfindsam. Jetzt halt noch mehr.

Stimmt, das wäre mal einen Versuch wert mit dem Dienstlich-Verbot in der Pause ;)
Ansonsten habe ich mir überlegt, dass ich, wenn so eine Diskussion z.B. in der KÜche oder in einem Büro entsteht, einfach raus gehe.

MOrgen habe ich auch ein Gespräch mit der Coachin, die unseren Workshop geleitet hat, das Feedback für meinen Chef leitet und überhaupt für unsere ganze Abteilung beratend tätig ist. Sie ist Psychologin. Mal gucken, was sie noch zu sagen hat.

Liebe Grüße
Clarice

11.03.2012 09:26 • #13


C
Hallo Clarice,

ich wünsche dir viel Erfolgfür das Gespräch morgen! Überleg dir vorher, was du genau erreichen möchtest und besprich mit ihr, wie du dahin kommen kannst. Es ist auch nicht schlimm, wenn nicht alles, was du eigentlich möchtest, sofort umsetzbar ist. Kompromisse sind eher gut.

11.03.2012 12:45 • #14


A


Hallo Clarice,

x 4#15


C
Halli-Hallo!

Das Gespräch am Montag mit der Betriebspsychologin war suuuuper!

Sie teilt meine Einschätzung zu meinen Kolleginnen und meinem Chef und der ganzen Problematik, die herrscht.
Mein Problem sieht sie u.a. darin, dass ich so empathisch bin und integrierend wirke.Ich hänge ja ständig zwischen den zwei Gruppen, die es innerhalb meiner Gruppe gibt. Mein ständiges Verständnis für alle und die Versuche zu vermitteln saugen zu viel Energie. Da soll ich auf mich aufpassen und mich auch mal mehr abgrenzen.

Ansonsten war sie ziemlich begeistert von mir - mutig, stark, souverän, erfahren.
Man, ich bin nach zwei Stunden zurück in mein Büro und dachte: ich bin der König der Welt

Am Mittwoch war ich dann wieder bei meinem Therapeuten (der, der mich schon lange kennt). Da bin ich raus, und wusste nicht ob ich lachen oder weinen soll. Im Grunde ähnliche Worte wie oben, aber auch sehr schnell mir auf den Kopf zugesagt, dass ich nach wie vor zu sehr mit meinem Ex beschäftigt bin (seit 17 Monaten getrennt). Nicht dass ich das nicht eigentlich selbst wüsste , aber so schnell durchschaut zu werden *autsch*

Ansonsten habe im Moment leider so etwas wie Abendtiefs....ihr kennt doch sicher Morgentiefs. Kloß im Hals, flaues Gefühl im Magen.... das hab ich abends. Hatte ich noch nie - abends gings mir sonst immer besser.

Und ich merke, wie mich - da wären wir wieder bei der Dünnhäutigkeit - vieles total mitnimmt und ich die kleinsten Dinge, die mich gar nicht persönlich betreffen, total an mich ran lasse.

So, das war's mal wieder!
Liebe Grüße
Clarice

15.03.2012 19:52 • #15

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