Es ist großartig, wie sich viele durchschlagen im Burnout
Meine Burnout-Geschichte ist ein schleichender Prozess, 20 Jahre und mehr, bis der Zusammenbruch kam.
Vorbelastet kam vor 22 Jahren unser Wunschkind zur Welt, es war krank (Sauerstoffmangel bei der Geburt) und brauchte jahrelang intensive Betreuung, Pflege, Therapien, damit Schulabschluss und Ausbildung möglich war. Ich hatte Gottseidank 3 Jahre Elternzeit.
Zusätzlich gab es Probleme in der Partnerschaft (exzessiv Alk.) und ich trennte mich, für Beide (und mich) hatte ich keine Kraft.
Sofort nach der Elternzeit begann ich ein berufsbegleitendes Studium, das viel Organisation, Kraftaufwand bedeutete, aber ein Lebenstraum war.
Nach dem Studium arbeitete ich wieder alleinerziehend mit unglaublich vielen Therapien fürs Kind. Mein Arbeitsplatz Berufsschule hatte sich in der Elternzeit komplett verändert (Zusammenlegung kleiner Schulen zu einem Riesenkomplex) mit massiven Qualitätseinbußen. Es gab mehrere Fachbereiche (in dem ständig recherchiert werden muss), ich arbeitete im Unliebsamen mit einem Schülerschlüssel 1:300 in verschiedenen Ausbildungsgängen. Dazu ein eigener Kurs, Praktikumsbesuche, Hausarbeiten, Klausuren, Prüfungen und und und. Der Arbeitsplatz war sowohl im Homeoffice als auch die verschiedenen Aufgaben vor Ort. Der Arbeitgeber nutze uns komplett aus; der Betriebsrat war aktiv, aber der Konzern mächtig. In schlechten Zeiten kam ich auf 80 Stunden/ Woche (ohne vorgeschriebene Pausenzeiten!) im Homeoffice mit Kind. Ich begann zu meditieren, um die immer schlimmer werdende Erschöpfung irgendwie mal auszublenden. Es gab keine freie Zeit für mich, wenn doch, war ich viel zu erschöpft, um irgendetwas für mich zu tun.
Vor 8 Jahren wachte ich eines morgens bewegungsunfähig und mit massiver Blockade im Kopf auf. Schwere Depression, viele Behandlungsansätze (die einen langen Leidensweg schrittchenweise beendeten) und volle Erwerbsminderungsrente. Ich konnte mich kaum um meinen Sohn kümmern, hatte aufsuchende Familienhilfe.
Nun, zwei weitere psychische Diagnosen (mit GdB 50) und Jahre der Therapie später, möchte ich mein Leben in die Hand nehmen, werde wieder durch Ereignisse davon abgehalten. Kürzlich starb der Vater unseres Sohnes plötzlich, mein Sohn ist süchtig (hat sich kürzlich offenbart) und sein Privatleben ein Desaster. DIe Trauer hat uns aus der Bahn geworfen. Wir haltten zusammen und bringen Vieles gemeinsam in Ordnung. Unsere Beziehung ist gut, vertrauensvoll und liebevoll; etwas, das ich selbst nicht hatte. Deshalb war es mir besonders wichtig, immer für ihn da zu sein. Nun hat er niemanden mehr außer mir. Halt geben ohne zu gängeln, da sein, wenn es nötig ist.
Und wieder zu mir selbst kommen, was unter diesen Umständen nicht leicht ist.
Ich war bei meinem damaligen Zusammenbruch so wütend (und handlungsunfähig), daß ich am liebsten meinen Arbeitgeber bei der Berufsgenossenschaft angezeigt hätte wegen Gesundheitsschädigung. Viele Arbeitgeber nutzen ihre Angestellten k....frech aus und viele Arbeitnehmer haben nicht den Mut, ihre Schutzrechte einzufordern (Arbeitszeitgesetz, Gesundheitsschutz etc), sind auch nicht organisiert (zB Gewerkschaft), nehmen keinen Bildungsurlaub (10 Tage in 2 Jahren), sind zu wenig informiert, solidarisieren sich nicht untereinander usw. Das hat nach meiner EInschätzung zu Wildwuchs an den Arbeitsstätten geführt- die Chefs bestimmen und Arbeitnehmer lassen über sich bestimmen.
Ich lerne mit der chronischen Depression zu leben, mal schlechter, mal besser. DIe Angst vor dem nächsten Absturz ist immer da, Hilfe aber auch. Am wichtigsten ist, die eigene Befindlichkeit und Belastbarkeit in den Mittelpunkt zu stellen und nicht das, was andere von einem wollen.
Ich wünsche allen viel Kraft für den Tag und immer wieder ein kleines Lächeln im Knopfloch, Schönes sehen und für sich tun.
Alexandra