Hey du,
auch lieben Dank an dich für deine mitfühlenden Worte.
Ich kann sehr gut verstehen, dass es dir schwerfällt, seine Worte zu akzeptieren. Es soll ja Menschen geben, die nette Dinge zwar sagen, aber diese in Wahrheit gar nicht so meinen. So verstehe ich das hier mit deinem Partner - vielleicht hat er gesagt, dass er sich freut, weil es ja eh keinen anderen Ausweg mehr gab und eben auch, um dich nicht zu verletzen. Und nun im Nachhinein, mit der für uns schlimmsten Nachricht überhaupt, fällt ihm ein Stein vom Herzen und er platzt mit der Wahrheit heraus - ohne dabei aber an dich zu denken. Denn so wie ich dich hier lese, glaube ich schon, dass du dich aufs Baby gefreut hast. Auf eine Familie. Auf einen möglichen Weg im Leben.
Ich kann mir vorstellen, dass es gut für dich wäre, erstmal eine kleine Pause einzulegen. Darüber nachzudenken, was du vom Leben möchtest oder was du dir von dir und für dich wünschst. Du schreibst, du weißt nicht, was du gern machst. Gibt es denn Dinge, die dich interessieren oder die du mal gern gemacht hast oder gibt es etwas, das du unbedingt mal ausprobieren möchtest? Hast du eine Arbeit, die dir gefällt, gibt es dort oder auch in deinem Umfeld Menschen, mit denen du gut auskommst... Ich überlege gerade, ob es sinnvoll ist zu glauben, dass ein Kind dir die volle Erfüllung schenken kann, die du scheinbar suchst. Lassen wir das doch einfach mal dahingestellt.
Ich lese auch, dass dir Alleinsein schwer fällt.
Wovor hast du da Angst? Dass Gedanken auf dich zukommen, die nicht kommen sollen? Oder dass du nicht weißt, was du mit dir anfangen könntest? Ich weiß, dass die Depression das nicht gerade leichter macht. Aber überleg doch mal ins Positive - könnte es nicht durchaus sein, dass du anfängst, das Alleinsein zu genießen? Alle Entscheidungen liegen nur bei dir, du hast die totale Kontrolle für dich und musst z. B. auch auf niemanden Rücksicht nehmen. Alleinsein kann man lernen und es ist etwas ganz anderes, als z. B. einsam zu sein.
Sicher wird es Männer geben, die mit dir - auch jetzt noch und auch noch in 1 oder 2 Jahren den Schritt wagen möchten, eine Familie mit dir zu gründen. Ich würde den Fokus vielleicht einfach mal versuchen etwas zu drehen und dabei nicht nur ganz stark auf die gewünschte Familie zu schauen, sondern auch darauf, was du für dich willst. Wenn das in erster Linie eben doch das Baby ist, dann ist das natürlich okay. Ein Baby bedeutet aber eben auch Verantwortung und ja, es ist eine Entscheidung fürs Leben.
Ich möchte dich nicht davon abhalten, ein Baby zu bekommen. Es ist halt schwer, die richtigen Worte zu finden.
Ich möchte dich eigentlich nur daran erinnern, dass du jetzt in einer Situation bist, in der es gilt, sich um dich selbst zu kümmern. Jetzt grade bist du einfach wichtig.
Hast du vielleicht einen Therapeuten an deiner Seite, mit dem du über all das, was du hier schreibst, sprechen kannst?
Zitat von Mmiiaa: Darf ich dich fragen wie du zu deinem Frieden gefunden hast? Du schreibst wie jemand der gelernt hat zu Akzeptieren, das ist eine Leistung. Wie schafft man das ?
Mhn, ... ich glaube nicht, dass ich meinen Frieden gefunden habe.
Das ist so... ganz plötzlich ist alles anders. Auf einmal steht die Welt still. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, über die man sich noch nie Gedanken gemacht hat. Es müssen Entscheidungen getroffen werden, die man nicht treffen will. Diese große Leere lässt einen nicht klar denken. Da ist einfach alles zu viel. Da gibt es diesen ätzenden Satz Das Leben geht weiter! - der einfach mega furchtbar ist, weil der überhaupt nicht hilfreich ist. Irgendwie - es braucht Menschen, die keine Angst davor haben, mit dir darüber zu sprechen. Die sich deine Sorgen anhören, deine Ängste, die dir eine Schulter leihen oder auch einfach mal nur neben dir sitzen. Klar geht das Leben weiter und es bleibt nicht einfach stehen, nur weil es für mich stehen bleibt. Aber das ist nicht das, was wir brauchen.
Ich habe duzende Gespräche mit meinem Therapeuten geführt... Man kann das nicht vergessen. Man kann nur irgendwie versuchen, damit umzugehen.