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Fehlende Anerkennung - oder erwarte ich zu viel?

Lilly-18
Mein letzter Eintrag hier ist schon etwas länger her. Zwischenzeitlich habe ich meine Prüfung sehr gut bestanden und auch mein Chef war sehr zufrieden mit mir. Mein Ausbilder in der Firma hat mich als Crack bezeichnet, weil ich in unserer Gruppe die Beste war und in der Prüfungsvorbereitung teilweise mit über 90% abgeschnitten habe.
Die Prüfung war im Oktober. Ich hatte gehofft, dass ich danach mal über mehr Gehalt verhandeln könnte, aber mein Chef hat mir zu verstehen gegeben, dass die Ausbildung für ihn selbstverständlich war und eigentlich die Voraussetzung dafür ist, dass ich den Job, den ich mache, überhaupt machen DARF. Es war eine Auflage der Firma, die eigentlich keine gesonderte Anerkennung nach sich zieht.
Das war für mich sehr frustrierend. Mir geht es nicht darum, 20 Euro mehr in der Tasche zu haben, sondern nur um die Wertschätzung meiner Arbeit. Wieder mal Fehlanzeige. Manchmal denke ich mir war bildet der arrogante Schnösel sich eigentlich ein! Ich habe meine Ausbildung gemacht, ohne ihn auch nur irgendwie damit zu behelligen, hab meinen Jahresurlaub und meine gesamte Freizeit dafür aufgewendet und das soll jetzt selbstverständlich gewesen sein. Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr, die Arbeitswelt schon lange nicht mehr...
Jetzt nach unserem Weihnachtsurlaub eröffnet er mit, dass er meine Arbeitszeiten ändern möchte. Das ist schon länger im Gespräch, aber ich dachte, er möchte zukünftig den Freitag ganz zu machen, wodurch ich statt Montag eben Freitag frei hätte. Das ist natürlich völlig ok. für mich. Jetzt schaut es so aus, dass er alles so lässt, wie es ist, nur ER bleibt am Freitag zuhause und ich muss jeden Tag arbeiten. Dafür habe ich 2 Nachmittage frei. Unter dem Strich ist es eine Stunde mehr in der Woche, die ich durch einen steuerfreien Gutschein über 44 Euro vergütet bekomme.
Soweit so gut. Keine Gehaltserhöhung also. Aber dem Fass den Boden ausgeschlagen hat dann, dass ich nur 2 Tage mehr Urlaub bekomme, obwohl ich dann pro Urlaubswoche 5 statt bisher 4 Tage Urlaub brauche und er meint, dass das aber nirgends im Arbeitsvertrag steht und seiner Meinung nach völlig in Ordnung so ist.
Das hat mich völlig aus der Fassung gebracht. Nicht nur, dass ich KEINE Vorteile durch meine Ausbildung und meine bisherigen Leistungen bekomme, stelle ich mich jetzt auch noch schlechter als vorher. Geht`s noch
Ich weiß, dass ich es nicht ändern kann und er am längeren Hebel sitzt. Ich mag meinen Job, aber meine Motivation geht grade ordentlich den Bach runter.
Da ich ein blödes Schaf bin und mir eh nichts anderes übrig bleibt (in meinem Alter finde ich so schnell keinen Job mehr, wenn überhaupt) muss ich das jetzt einfach mal so hinnehmen. Aber ich bin stolz auf mich, dass ich meinen Unmut lauthals kund getan habe und ihm gesagt habe, dass er mich nicht für dumm verkaufen kann. Auch wenn das alles rechtens und wasserdicht ist, ist es FÜR MICH PERSÖNLICH subjektiv eine Verschlechterung, die mich nicht gerade motiviert. Ich habe meinen Gedanken freien Lauf gelassen und alles angebracht, was mir auf dem Herzen lag. Es war mir auch ganz egal, wie er das findet. Ein bisschen ist er schon wieder zurückgerudert, das hat aber meine Wut nicht geschmälert.
Ich bin es so leid, immer nur kämpfen zu müssen. Natürlich schenkt dir keiner was, das weiß ich schon lange und das verlangt auch keiner. Aber ich bin wirklich sehr fleißig, hilfsbereit und überdurchschnittlich engagiert, das weiß ich.
Warum kommt da nichts zurück? Ist das wirklich heute so selbstverständlich?
Ich habe schön langsam keine Lust mehr

11.01.2021 11:28 • x 3 #106


Lilly-18
Momentan habe ich überhaupt keine Lust zum arbeiten. Ich habe das Gefühl, ich drehe mich im Kreis. Nichts läuft so wie ich es mir wünsche. Ich werkle den ganzen Tag alleine so vor mich hin und weiß gleichzeitig, dass mein Chef nichts davon mitbekommt. Ich halte ihm quasi den ganzen Kleinscheiß vom Hals und er merkt es gar nicht.
Dann kommt er zwischendurch zu mir ins Büro und zeigt mir irgendein neues Programm, dessen Bedienung er mir beibringen will, wozu er aber eigentlich gar keine Zeit hat. Und wenn ich das dann mal irgendwann beherrsche, dann erst kann ich ihm endlich mal was bringen. Dann nehme ich ihm effektiv Arbeit ab. AHA, und was mache ich sonst so den ganzen Tag?
Es kotzt mich richtig an.
Ich fühle mich total an meine Ehe erinnert. Mein Ex hat mich wie Sch.... behandelt. Er meinte immer, wenn ich so oder so wäre, dies oder das täte, mich ihm gegenüber so verhalten würde oder überhaupt ganz anders wäre, dann wäre auch er ganz anders zu mir, dann würde ich von ihm bekommen, was ich mir wünsche, dann wäre er nett und freundlich. Einen Sch.... dreck wäre er gewesen. Selbst wenn ich Handstand gemacht hätte und mich völlig gegen meine Natur verhalten hätte, er wäre nie ein anderer geworden.
Genau das fällt mir gerade bei meinem Chef ein. Ich muss erst das können, das noch machen, natürlich nie auf die Uhr schaun, immer zur Verfügung stehen, sogar in meinem Urlaub (unentgeltlich natürlich!) ins Büro kommen, wenn er mich braucht usw. usf. ja und DANN, irgendwann vielleicht mal in einem anderen Leben, bekomme ich mal die Wertschätzung die ich V E R D I E N E !
So, das musst jetzt raus jetzt geht es mir besser

16.02.2021 20:33 • x 3 #107


A


Hallo Lilly-18,

Fehlende Anerkennung - oder erwarte ich zu viel?

x 3#3


Lilly-18
Ich gebe nicht auf. Ich mag meinen Job und weiß, dass ich immer besser werde. Momentan habe ich einen Lauf und ich glaube, ich war noch nie so effektiv wie jetzt. Schön langsam habe ich sowas wie Routine erreicht, was mir vieles erleichtert.
Und es kommt inzwischen tatsächlich öfter vor, dass mich der Chef lobt. Das freut mich sehr und es zeigt mir dass er doch was verstanden hat.
Ich habe in seinem Kalender gesehen, dass er Anfang April ein Mitarbeitergespräch mit mir anberaumt hat und da soll auch über mein Gehalt gesprochen werden. Wie gesagt, es geht mir nicht um 20 Euro netto mehr im Monat. Es geht um die Wertschätzung meiner Arbeit und der Ausbildung, die ich letztes Jahr gemacht habe.
Was mich am meisten freut ist, dass ich meine Ängste und Traumata bezüglich Arbeit wohl so gut wie überwunden habe. Seit Dezember nehme ich keine Medikamente mehr und es ist nichts passiert.
Manchmal, wenn ich das Gefühl habe, ich hab was verbockt, spüre ich schon noch diese altbekannte Panik in mir aufsteigen, aber das ist nicht mehr sehr oft und auch nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit. Ich kann mir inzwischen wieder ganz gut vertrauen.
Und - das muss ich zugeben - das liegt auch an meinem Chef. Der hat von Anfang an Vertrauen zu mir gehabt und mir das zugetraut. Ich konnte ganz offen zu ihm sein und er hat mich immer wieder beruhigt.
Ich glaube, ich bin auf einem guten Weg.

06.03.2021 08:53 • x 5 #108


E
Zitat von Lilly-18:
Ich glaube, ich bin auf einem guten Weg.


Das glaube ich auch!
Es ist gut, dass dein Selbstwert aus deinen schlechten Erinnerungen hinausruft. Und noch besser: dass du ihn hörst!

06.03.2021 11:32 • x 1 #109


Lilly-18
Momentan gehe ich wieder mal nicht so gerne in die Arbeit. Doch, irgendwie schon, aber ich spüre, wie wieder diese Angst in mir aufsteigt, nicht gut genug zu sein.
Mein Chef redet manchmal mit mir wie mit einer 12-jährigen Schülerin, und genauso fühle ich mich dann auch. Es ist nicht so, dass ich viele Fehler mache, wie gesagt, ich fühle mich inzwischen relativ sicher in dem was ich tue. Aber meinem Chef ist nichts genug. Ich fühle mich getrieben. Er belehrt mich wie ich meinen Terminkalender führen muss, damit er ihn auch versteht, er korrigiert meine Berechnungen, er erklärt mir das neue Programm wie einem kleinen Kind. Und er hat sehr wenig Zeit für mich.
Natürlich kann ich auch ohne ihn vieles erledigen, aber letztlich ist es ja mein Job, alles so zu machen, wie ER es möchte. ER ist der Chef. Und da muss ich eben vieles fragen.
Man kann nicht sagen, dass sein Geschäft grade schlecht läuft. Im Gegenteil, die Kunden rennen uns die Bude ein und er kann sich vor Terminen nicht retten. Außerdem hat er jetzt auch noch eine neue Aufgabe vom Vorstand aufs Aug gedrückt bekommen. Arbeit hat er genug.
Das ist einerseits gut, andererseits merke ich auch, dass ihm alles zu viel wird. Er ist über 60 und ich weiß nicht, wie lange er den Job noch machen wird. Er hat zwar immer gesagt, dass er bis 65 arbeiten will, eventuell auch länger, aber ob er das durchhält?
Was mache ich dann? Ich bin 3 Jahre jünger als er und müsste noch 9 Jahre arbeiten. Das würde ich auch gerne, aber wenn ich diesen Job verlieren sollte, wer nimmt mich dann noch?
Aber darüber sollte ich jetzt erstmal nicht nachdenken. Es ist wie es ist, und wenn sich was ändert werde ich auch irgendwie damit klar kommen. Muss ich ja.
Jetzt muss ich mich erstmal behaupten. Mein Chef hat eben eine solche Persönlichkeit. Er ist schon ewig in der oberen Etage des Unternehmens, er ist eine sehr starke Führungspersönlichkeit. Sonst wäre er nicht so weit gekommen. Er ist es gewohnt, Ansagen zu machen. Und er ist überzeugt von sich.
Irgendwie imponiert mir das natürlich, denn ich habe mir immer einen Chef gewünscht, der klar und authentisch ist. Aber manchmal spüre ich, dass ich selber dabei untergehe.
Meine Aufgabe ist es, gut für mich zu sorgen, nicht alles persönlich nehmen und auch ohne große Anerkennung von der Richtigkeit überzeugt sein von dem was ich tuel
Gar nicht so einfach

18.03.2021 08:25 • x 5 #110


Lilly-18
Ich versuche momentan, versöhnlich mit mir zu sein. Mein Chef hat die blöde Angewohnheit, meine Fehler aufzuschreiben und mir unter die Nase zu reiben. Gravierende Dinge sind das nicht mehr und ich frage mich, wenn er schon so eine Sache findet, warum bessert er das nicht einfach aus und gut. Nein, er streicht es rot an und lässt es mich selbst machen. Das ist ganz schön demütigend. Dann kommt noch so eine Bemerkung wie sehr schade, das ist sehr schade und ich könnte im Boden versinken. Momentan habe ich den Verdacht, er sucht nach Argumenten, mir nicht mehr zahlen zu müssen und sammelt quasi Fehler als Rechtfertigung.
Es ist wirklich ein Kindergarten teilweise. Ich bin sehr fleißig, mag meine Arbeit und bin nach wie vor sehr motiviert. Und die Anzahl meiner Fehler ist im Vergleich dazu, was ich richtig mache, verschwindend gering.
Das Schlimme ist, ich schäme mich so.
Ich wäre so gerne ein Vorbild für meine Kinder, die beide einen ordentlichen Beruf gelernt haben. Die Große durfte studieren und verdient jetzt schon, mit Mitte 20, das Doppelte wie ich. Mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld und jedes Jahr Gehaltserhöhung. Und die Kleine hat als Auszubildende das Gleiche Gehalt wie ich. Wenn sie heuer im Sommer fertig wird kann sie sich die Stelle aussuchen. Und verdient natürlich wesentlich mehr als ich.
Und ich? Krebse seit vielen Jahren von Job zu Job. Und bringe es zu nichts.
Das deprimiert mich manchmal so, dass ich mich wie gelähmt fühle. Ich gehe auf die 60 zu und da wird nicht mehr viel kommen.
Am meisten ärgert mich, dass ich das letzte Jahr meine komplette Freizeit in eine neue Ausbildung gesteckt habe und nichts davon habe. Kein Cent mehr. Nichts.
Es fällt mir sehr schwer, das nicht persönlich zu nehmen und nicht völlig meinen Mut zu verlieren. Ich bin so stolz auf meine Kinder, aber ich möchte nicht, dass sie sich für mich schämen müssen.
Ich weiß, das tun sie nicht. Ohne meinen Kampfgeist in den vielen Jahren, in denen ich mit ihnen alleine war, wären sie nicht so weit gekommen wie sie jetzt sind. Jetzt sind beide mit ihren Freunden zusammen gezogen, leben ihr eigenes Leben und es geht ihnen so gut, wie es mir noch nie gegangen ist.
Das freut mich natürlich für sie, macht mich selber aber auch irgendwie traurig.

26.03.2021 08:57 • x 5 #111


E
Es gibt keinen Grund, um dich zu schämen. Deine Leistungen sind enorm - und den Lohn siehst du im Gedeihen deiner Kinder.

Wenn das Leben gerecht wäre, würde dir genau das zustehen, was durch Fehlen in dir diese Scham verursacht.

Du bist nicht das, was auf deinem Lohnzettel steht.

26.03.2021 09:16 • x 1 #112


E
liebe @Lilly-18 , ich verstehe gut, was du meinst. mit meinem älteren gehts mir auch so, dass er mit einem höheren gehalt anfängt als ich mit meinen jahrzehnten berufserfahrung. deinen kindern geht es so gut durch dich. sie konnten mit ihren möglichkeiten und durch deine förderung es zu besserem bringen als du, im postiven sinne. so wie alle eletrn sich wünschen, dass es den kindern besser gehen möge. ich gratuliere dir dazu, toll gemacht . du kannst wirklich stolz sein auf dich.
und auch darauf, dass du noch eine ausbildung gestemmt hast.
und du hast schon deinen wert gut erkannt und weißt, dass du nur kleine fehler machst.
es kann frustrierend sein, wenn ein chef keine anerkennung zeigt. und ich glaube es ist, wie du es siehst, dass dein chef sammelt. um sich gegen deine gehaltserhöhung zu wappnen.
also sammle du alles, um deine gute arbeit zu belegen und für dich was seine gegenargumente entkräftet.
aber ich glaube, das weißt du schon selber.
liebe grüße, joline

26.03.2021 09:20 • x 2 #113


T
Oh je, ich mache das mit dem Fehleranstreichen auch so, aber nicht um zu kritisieren, sondern um dem Anderen die Möglichkeit zu geben, etwas zu lernen. Selber korrigieren ist viel einprägsamer. Das ich damit verletzen könnte, kam mir gar nicht in den Sinn. Allerdings kommuniziere ich das sehr freundlich und nicht so tragisch, wie dein Chef augenscheinlich.

Und kleiner Hinweis...jeder macht Fehler und das ist völlig okay. Dadurch wird man weder unsympathisch noch ist es ein Indiz für Dummheit. Das ist einfach menschlich. Drum geh nicht zu sehr mit dir ins Gericht. Meine Arbeitsbiografie liest sich übrigens auch sehr abenteuerlich

26.03.2021 09:23 • x 1 #114


Lilly-18
Ich danke euch sehr für euren Zuspruch, Das hat mich zu Tränen gerührt. Manchmal bade ich mich in Selbstmitleid und weiß doch dass ich auf hohem Niveau jammere.
Zitat von ClaraFall:
Du bist nicht das, was auf deinem Lohnzettel steht.


Du hast so recht, liebe Clara. Leider ist es aber immer noch so, dass man seinen Wert auch am materiellen festmacht. Man bekommt das was man verdient. Das ist natürlich quatsch, dafür fallen mir auf der Stelle ganz viele Beispiele ein. Was mir schlagartig bewusst macht, dass ich mich da in etwas reinsteigere.

Zitat von joline:
also sammle du alles, um deine gute arbeit zu belegen und für dich was seine gegenargumente entkräftet.


Das ist eine gute Idee, liebe joline. Ich werde anfangen, Argumente zu sammeln. Nur jammern alleine genügt nicht.
Das setzt allerdings voraus, dass ich einen kühlen Kopf bewahre und nicht wieder in meinem Gefühlschaos zu versinken.

Zitat von Traumtänzerin:
Das ich damit verletzen könnte, kam mir gar nicht in den Sinn.


Liebe Traumtänzerin, es ehrt mich, dass du dir meinen langen Text angetan hast
Weißt du, sowas kann man mit Lehrlingen oder Berufsanfängern machen, aber nicht mit einer gestandenen Frau. Das ist wirklich demütigend. Auch wenn es noch so freundlich angebracht wird.
Dumm bin ich sicher nicht. Ich habe gar kein so schlechtes Abitur, für meine Eltern war aber klar, dass ich nicht studieren darf. Ich wäre gerne Lehrerin geworden. So musste ich einen kaufmännischen Beruf lernen.
Damit hadere ich immer noch, aber es hilft ja nix. Wie gesagt, meine Kinder sollten keine Einschränkung haben und sie haben beide Ihre Chancen genutzt.

26.03.2021 21:22 • x 3 #115


E
Liebe Lilly, ich freu mich zu lesen, dass dich der Zuspruch so bewegt hat.
Zur Lehrerin, die kann man doch heutzutage auch als Quereinsteigerin noch werden, weil so viele fehlen. Könntest du deinen Traumjob vielleicht doch noch erreichen?

26.03.2021 21:34 • x 1 #116


Lilly-18
Liebe Joline, dafür bin ich definitiv zu alt. Ich habe die Kraft nicht mehr. Schließlich habe ich erst letztes Jahr nochmal einen neuen (auch wieder kaufmännischen) Beruf gelernt, einfach um nochmal eine Perspektive zu haben.
Nach meiner ersten Lehre ist mein Exmann gleich bei mir eingezogen und hat Medizin studiert. Ich hab alles finanziert und dachte damals wenn er fertig ist, komm ich nochmal dran. Doch wir waren fast 30, als er begann Geld zu verdienen und ich gleich schwanger wurde. Mit den Kindern bin ich aufgeblüht. Ich habe es so genossen, für sie da zu sein und wollte sie auf keinen Fall in fremde Hände geben. Finanziell ging das gut, auch wenn mein Mann (er war Narzisst und hat mich betrogen) mich nicht grade zuvorkommend behandelt hat . Und als ich endlich geschafft habe, das zu beenden, musste ich für meine Kinder sorgen und hab alles gemacht, was irgendwie ging. An mich hab ich als aller letztes gedacht.
Doch jetzt bin ich schon irgendwie angekommen, mein neuer Beruf ist ganz ok., ich hab auch viel mit Leuten zu tun und komme schon zurecht. Ich bin sicher kein Vollblutkaufmann aber ich sag immer, wenn man etwas will, kann man es auch.
Und das mit der fehlenden Anerkennung sitzt sicher tiefer, das wäre mir vielleicht als Lehrerin auch passiert. Die Wurzeln sitzen auch hier - wie bei vielen anderen hier - in meiner Herkunftsfamilie, in der man sich ruhig verhalten hat, um nicht aufzufallen. Förderung und Wertschätzung waren auch da Fremdwörter.

27.03.2021 09:51 • x 3 #117


Pilsum
Zitat von Lilly-18:
Mein größtes Problem ist, dass ich beruflich gescheitert bin.


Hallo Lilly,

Deinen Einstiegstext habe ich heute gelesen, weil mich Dein Thema angesprochen hat.

Zitat von Lilly-18:
Durch meine Angst habe ich fast immer mit angezogener Handbremse gearbeitet,
ich brauche unheimlich viel Bestätigung und Anerkennung.
Aber die bekommt man ja erst, wenn man sie verdient hat.


Im Grunde hast Du Recht. Anerkennung wird man sich fast immer im Leben verdienen müssen.
Nicht nur im Arbeitsleben.
Schön wäre es, wenn die Menschen das irgendwann mal begreifen würden.

Zitat von Lilly-18:
Ich habe gelernt, dass Chefs es riechen, wenn du Angst hast.


Nicht nur Chefs erkennen dies sofort. Fast alle Menschen erkennen dies. Und sie nutzen es aus.
Unangenehm wird es, wenn sogar Freunde und Partner diese Schwächen ausnutzen.

Zitat von Lilly-18:
Was mir fehlt ist Anerkennung.


Fehlt uns allen nicht diese Anerkennung immer wieder mal?

Zitat von Lilly-18:
Wie geht ihr damit um, keine Anerkennung zu kriegen?


Nun, ich versuche mich so zu verhalten und so zu denken, dass ich zumindest von mir selbst
genug Anerkennung bekomme.
Auf andere Menschen habe ich nur wenig Einfluss

02.04.2021 12:23 • x 2 #118


Lilly-18
Hallo Bernhard, es freut mich dass du mein Thema interessant findest.
Das Thema fehlende Anerkennung kennen sicher viele. Vor allem, wenn man eine Angsterkrankung hat und man mit Fehlern ganz schlecht umgehen kann ist es besonders wichtig, auch mal gesagt zu bekommen, was man alles richtig macht.
Für mich ist Anerkennung so eine Art Lebenselixier. Das ist sicher auch übersteigert bei mir.
Mir ist schon klar, dass ich mir Anerkennung auch verdienen muss. Aber manchmal täte es mir schon gut, wenn das nicht immer so anstrengend wäre.
Im privaten Bereich ist das komischerweise ganz anders. Da bekomme ich sehr viel Anerkennung. Ich bin ein sehr emphatischer Mensch, bin sehr hilfsbereit und habe immer ein offenes Ohr. Ich finde diese Verhaltensweisen auch für mich selbst anerkennenswert.
Leider sind in meinem Beruf aber soziale Kompetenzen nicht so sehr gefragt. Damit punkte ich nicht so wie ich es verdient hätte. Ich werde da an Dingen gemessen, die für mich viel schwieriger sind als das Zwischenmenschliche.
Wahrscheinlich muss ich das einfach mal so hinnehmen und mich damit trösten, dass ich eben andere Qualitäten habe, die sich nicht in barer Münze auszahlen. Das ist eben so.
Aber manchmal möchte ich mich einfach nur hier ausheulen. Das tut mir gut

06.04.2021 19:28 • x 2 #119


A


Hallo Lilly-18,

x 4#15


E
Liebe Lilly,
sorry, dass ich erst jetzt auf deine Antwort eingehe. Hab ja einige Tage Forenpause eingelegt und dann war ich zugegeben, sehr mit dem Verdauen und Einordnen von ein paar Dingen mir beschäftigt.

Zitat von Lilly-18:
dafür bin ich definitiv zu alt. Ich habe die Kraft nicht mehr. Schließlich habe ich erst letztes Jahr nochmal einen neuen (auch wieder kaufmännischen) Beruf gelernt, einfach um nochmal eine Perspektive zu haben.

Hmmh, verständlich. Das ist tatsächlich auch schon ne Meisterleistung gewesen.

Zitat von Lilly-18:
Doch jetzt bin ich schon irgendwie angekommen, mein neuer Beruf ist ganz ok., ich hab auch viel mit Leuten zu tun und komme schon zurecht. Ich bin sicher kein Vollblutkaufmann aber ich sag immer, wenn man etwas will, kann man es auch.

Und ich freu mich für dich, dass du angekommen und so zuversichtlich bist und dir so viel zutraust. Hut ab

Zitat von Lilly-18:
Und das mit der fehlenden Anerkennung sitzt sicher tiefer, das wäre mir vielleicht als Lehrerin auch passiert. Die Wurzeln sitzen auch hier - wie bei vielen anderen hier - in meiner Herkunftsfamilie, in der man sich ruhig verhalten hat, um nicht aufzufallen. Förderung und Wertschätzung waren auch da Fremdwörter.

Das kenne ich ich auch echt viel zu gut. Das sitzt echt so verdammt tief. Ich finde du machst das unheimlich gut, wie du die Ausbildung noch gemacht hast, alles so klar siehst, ankommst, mit dem Chef umgehst.
Ich finde übrigens, dass es auch Anerkennung ohne enorme Verdienste geben kann. Gerade wir, die wir so wenig Anerkennung bekommen habe, leisten oft besonders, also extra-mega viel, um Anerkennung zu kriegen.
Du hast so viel gewuppt. Echt toll. Und mit Depressionen und diesem Mangel im Hintergrund, ist es nochmal mehr etwas besonderes, das alles geschafft zu haben.

06.04.2021 19:54 • x 1 #120

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