Lilly-18
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Mein Freund musste noch bis Weihnachten arbeiten, dann hatte auch er frei.
Von der Arbeit konnte ich gut abschalten, ich habe kaum daran gedacht. Meine große Tochter war über die Feiertage bei uns, das habe ich sehr genossen. Die Kleine war mit ihrem Freund die ganzen Ferien in Urlaub und an Weihnachten nicht da. Ich habe sie sehr vermisst, habe ihr aber den tollen Urlaub sehr gegönnt.
Meinem Freund ging es den ganzen Urlaub immer schlechter. Er leidet unter furchtbaren Existenzängsten, seiner Firma geht es nicht gut und er muss ab Januar kurzarbeiten. Er war kaum zu motivieren, mit mir etwas zu unternehmen, Ich hatte oft das Gefühl, die Zeit vergeht sinnlos. Denn wenn mein Freund zuhause ist mache ich auch nicht so viel als wenn ich alleine bin. Er meint dann immer, ich soll mich doch auch mal ausruhen und erholen, aber ich brauche Bewegung, möchte was erleben und wenn ich zuhause bin werkle ich rum. Das kann er gar nicht verstehen, weil er eben momentan total durchhängt. Früher haben wir schon öfter zusammen was unternommen und mein Freund hat auch zuhause viel gemacht. Davon ist momentan nichts mehr übrig.
Seit dem 7.1. arbeite ich wieder und ich muss zugeben, dass ich mich wieder auf die Arbeit gefreut habe, weil es mir zuhause zu langweilig war. Es ist auch gut gelaufen bisher, ich komme relativ gut zurecht, aber mein Chef gibt mir schon wieder zu verstehen, dass ich effektiver arbeiten müsste, kritisiert wie ich meine Arbeit organisiere und ich fühle mich immer wieder unsicher. Ich weiß dass ich anders auftreten müsste, kann es aber nicht. Ich weiß auch, dass ich das alles zu persönlich nehmen. Mein Chef hat momentan große familiäre Probleme, die ihn sehr mitnehmen. Dafür habe ich auch Verständnis. Und ich weiß auch, dass er mich oft mit meinem Vorgänger vergleicht, der ganz plötzlich und sehr jung verstorben ist. Der hatte den Job aber auch lange gemacht und auch gelernt.
Ich bin so wie ich bin, eigentlich finde ich mich ganz ok. Ich glaube, dass ich ein netter und liebenswerter Mensch bin, sehr gutmütig, hilfsbereit und niemand merkt wahrscheinlich etwas von meinen furchtbaren Ängsten. Ich habe auch meine Medikamente wieder erhöht und erhoffe mir etwas Linderung davon.
Wie ich ja schon geschrieben habe, macht mir mein Partner momentan große Sorgen. Umso größer ist der Druck für mich, zu funktionieren. Einen Verlust meines Arbeitsplatzes kann ich mir überhaupt nicht leisten. Aber das steht Gott-sei-Dank auch gar nicht im Raum. Eigentlich kann ich mich relativ sicher fühlen.
Ausgerechnet jetzt, wo ich mich beruflich wieder festige und meine Freizeit genießen könnte, fällt mein Freund in ein Loch und ich bin voll gefordert. Manchmal wundere ich mich woher ich die Kräfte nehme. Ich weiß es schon, es sind meine Kinder, die meinem Leben Sinn geben. Sie sind mein ganzes Glück und ich kann gar nicht beschreiben, wie stolz ich auf sie bin. Ich habe von Ihnen zu Weihnachten einen Städtetrip geschenkt bekommen. Sie haben mir eine Karte geschrieben die so voller Liebe, Anerkennung und Wertschätzung war, ich habe geweint vor Rührung. Schon seit die Kinder klein sind machen wir jedes Jahr einen Mädelsausflug, mal nach Hamburg ins Musical, mal an den Gardasee. Als ich noch gut verdiente und Unterhalt für die Kinder bekam habe ich das natürlich bezahlt. Inzwischen kann ich das nicht mehr und schon letztes Jahr haben Sie mir den Ausflug nach Barcelona zum Geburtstag geschenkt. Heuer ist es Stockholm. Manchmal ist mir das ein bisschen peinlich, dass ich nicht mehr so kann wie ich möchte, aber den Kindern geht es so gut inzwischen, die können sich das problemlos leisten und es bedeutet ihnen viel, dass wir Zeit zusammen verbringen.
Meine Kinder geben mir sehr viel Halt. Sie sind inzwischen so erwachsen geworden und wir sind uns so innig verbunden, eigentlich brauche ich vor nichts mehr Angst haben. Ich habe mein Lebensziel erreicht.
Ich fühle mich stark genug, die Krise meines Partners durchzustehen und in meinem Job richtig gut zu werden.