Anchiwa4964
ich finde es ganz wichtig und richtig, dass du von deinen großen Sorgen erzählst. Schreiben und die Probleme zu Papier zu bringen, dabei Gedanken zu ordnen tut gut.
Bitte denke nicht, dass das, was dich bewegt, weniger Wert bzw. weniger an Schärfe und Gewicht hat als das, wovon andere Betroffene berichten. So unterschiedlich unser aller Probleme sind, jedes davon ist gleich wichtig, gleich schwer. Hier im Forum gibt es kein kleiner oder größer. Aber ich verstehe dich. Auch ich denke mir oft beim Schreiben, dass ich mit meinen paar Störungen gar nicht mitreden kann, zumal eine Diagnose auf Burnout oder Depression oder was auch immer, noch aussteht. Unser spanischer Nachbar und Arzt fand in Gesprächen heraus, dass ich eine große Angststörung mit daraus resultierender Depression habe. Das ist alles noch nicht gesichert. Ein Arzt in D wird es sicherlich herausfinden bzw. bestätigen.
Deine Ängste kann ich allesamt nachvollziehen, denn es ging und geht mir nicht anders. Auch ich habe schon ein gewisses Alter erreicht. Meine Ängste, besonders davor, dass Personen aus meinem Familienkreis samt mir selber, bei Krankheiten es nicht schaffen, wieder gesund zu werden. Angst, dann nicht genug Hilfe leisten zu können. Darauf folgt die nächste Angst: In Situationen zu kommen, wo meine Verantwortlichkeit wieder gefordert sein könnte, weil ich diese Hilfe gar nicht leisten kann.
Du fragst danach, wie du Anerkennung im Beruf bekommen kannst. Indem du dir selbst klar machst, wie viel Gutes du leistest. Du weißt, was du kannst, denn davon schreibst du. Von mindestens 10 guten Dingen. Wahrscheinlich sind es viel mehr tolle Leistungen, Fähigkeiten, Fertigkeiten, die du vorweisen kannst. Die meisten Chefs würden uns gerne als eierlegende Wollmilchsau sehen. Vielleicht gibt es einige Menschen, die tatsächlich das schier Unmögliche im Beruf schaffen und daheim noch Haus und Garten pflegen, nachdem sie tagsüber den Kreis zum Quadrat gemacht haben.
Aber wie lange halten diese Menschen das aus?
Meine Chefin hatte in den letzten Jahren auch immer mehr verlangt, ein Plus an Aktionismus, der uns ältere Kolleginnen schwindelig vor diesem Tempodruck gemacht hat. Eines Tages habe ich mir gesagt, dass ich da nicht mehr mitmache. Habe Bilanz gezogen: Was leiste ich wirklich? Sind damit diejenigen Personen zufrieden, für die ich gearbeitet habe? Es waren Schulkinder (und deren Eltern). Wobei bin ich noch auf die Hilfe anderer angewiesen? Daraufhin habe ich mir alles nötige Material besorgt und mir noch fehlendes Wissen angeeignet, um nicht bei anderen mehr nachfragen zu müssen. Ich stand beruflich auf eigenen Beinen und genau das sah auch die Chefetage. Sie machten meine Arbeit schlecht, obwohl sie gut war. Und ich war anfangs noch so unsicher, ob sie tatsächlich wertvoll war, weil ich bei anderen Kolleginnen sah, dass sie anders arbeiteten. Doch meine Art war für mich und die Kinder genau richtig. Ich bin mir meines Wertes bewusst geworden und meine Ängste ließen dann nach.
Aus anderen gesundheitlichen Problemen musste ich mich krankschreiben lassen und bin nun, nach einem halben Jahr in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Dein Bild mit der jahrelang angezogenen Handbremse trifft voll ins Schwarze. Auch ich bezeichne meine Arbeit als gescheitert und sehe nur manchmal die ganzen Schikanen und Bürden, die mir nun erspart bleiben. Glücklich bin ich dennoch (noch) nicht.
Liebe Lilly, alles Gute - und vor allem, schreib weiter hier!
Mayke