Gestern ist die Beerdigungen gelaufen, ohne mich ... ich war nicht in die Vorbereitungen eingebunden, und so wie mir seine Mutter erzählt hat, wurde ich auch mit keiner Silbe erwähnt. Ich existiere einfach nicht und sie, seine Exfrau, spielt die trauernde Witwe. Das alles schmerzt noch so viel mehr also ohenhin schon.
Auch seinen Facebookaccount hat sie schon entfernen lassen, obwohl dort einige Freunde Abschiedsgedichte hinterlassen hatten.
Sein Auto ist schon verkauft.
Aufgeräumt. Weggepackt. Nach gerade mal 10 Tagen...
Und ich finde keinen Weg aus der tiefen Trauer heraus. Ich finde keine Erklärung, habe alles nach einem Abschiedsbrief abgesucht, doch nichts ... Es muss am Morgen seines Todes in der Firma etwas passiert sein, dass ihn zu dieser Kurzschlusshandlung geführt hat.
Zitat von Steffi:Missi, nahm Thomas eigentlich ein Antidepressivum ?
Ja, er nahm Sertralin 50 mg, schon seit letztes Jahr Oktober. Aber erklärt das wirklich, was passiert ist?
Möglicherweise war Thomas die ganze Zeit über depressiv, ich habs nur nicht so gemerkt, weil ich ihn schließlich nur so kannte. Unsere Verliebtheit hat sicher einiges überdeckt, wir hatten eine traumhaft schöne Zeit zusammen, fühlten uns gemeinsam stark, ausgeglichen, gegenseitig erwärmt. Aber den Schatten auf seiner Seele habe ich doch hin und wieder gesehen, den die Trennnung von seiner Familie, von seinen Söhnen, hinterließ. Als wir uns kennen und lieben lernten, hatte er ein ganzes Jahr Kampf um den Erhalt seiner Ehe hinter sich, begriff da gerade erst, dass es nicht mehr geht.
Und dann begegneten wir uns. Für uns beide zunächst ein Glücksfall. Ich war ebenfalls gerade getrennt von meinem Mann, hatte mich endlich zu diesem Schritt durchgerungen. Wir konnten uns gegenseitig wieder aufbauen, gegenseitige Wertschätzung vermitteln, lieben. Darüber hinaus hat Thomas offensichtlich vergessen, dass er bis dahin in einer tiefen Depression gesteckt hatte.
Eigentlich hätten die Therapien fortgesetzt werden müssen nach seiner Rehamaßnahme im März. Doch Thomas fühlte sich so gut, dass er sich darum nicht kümmerte. Und ich auch nicht, wir waren glücklich.
Der Einbruch und die Erkenntnis dass Thomas immer noch krank ist, kamen erst kurz vor seinem Suizid. Die Belastung auf Arbeit wurden immer größer, weil ein wichtiger Leistungsträger in Thomas Abteilung in Vorruhestand getreten ist und die Firmenleitung keinen adäquaten Ersatz hatte. Thomas fühlte sich mit diesen Aufgaben aber zusehends überfordert und hat dies seinen Vorgesetzten mitgeteilt. Doch die verwiesen auf die Sommerpause ...
Dann ging alles so rasend schnell. Samstag habe ich ihn morgens schon kaum aus dem Bett bekommen, er war so antriebsarm, wollte nicht reden. Ich bin mit ihm raus an die frische Luft und dann ging es ein wenig besser.
Am Sonntag dann das gleiche Spiel von vorne. Da habe ich ihm auf den Kopf zugesagt, dass er bereits schwer depressiv ist und er zum Arzt müsse. Wieder machten wir einen langen Spaziergang und überlegten, wie es weitergehen könnte. Wir hatten alles durchgesprochen und Thomas hatte auch wieder Hoffnung und wollte sich Hilfe holen.
Schon am Montag ging er zur psychologischen Beratungsstelle in seiner Firma. Doch dort fühlte er sich nicht richtig verstanden. Also beschlossen wir, ihm nach unserem gemeinsamen Urlaub einen Therapeuten zu suchen. Er sagte ja, es ginge soweit, er schafft das schon noch bis Freitag. Das wären nur noch 4 Arbeitstage gewesen.
Und dann war da am Mittwoch das fatale Personalgespräch, dessen Inhalt ich immer noch nicht kenne. Er ist wohl sofort beurlaubt worden, hat dann alle privatenTermine soweit abgesagt, mir aber versprochen, dass er sich später bei mir meldet. Ich hatte nach all den vielen Gesprächen nicht den geringsten Zweifel daran, dass er dies nicht tun würde. An einen Suizid habe ich nicht nicht im Entferntesten gedacht. Und es traf mich wie ein Faustschlag mitten in die Seele.