Fühle mich eingeengt in der Beziehung / will mehr Distanz

P
Hallo,
noch eine Neue im Forum,
Wünsche allen erst mal alles gute zum Neuen!

Bin eine 27 jährige aus köllner Gegend.
Ich hätte eine kleine Frage/ Geschichte zu der ich verzweifelt versuche eine Erklärung zu finden...

Seit ca. 3-4 Wochen scheine ich in ein sehr tiefes Loch zu fallen. Ich kenne dieses Loch sehr gut, habe auch therapeutische Hilfe seit ca. 1 1/2 Jahre für depressive Störungen, sowie eine Neigung zu Essstörungen, Magersucht/ Ess-Brechsucht.

Mein neues Problem oder etwas, was mich nicht in Ruhe lässt, ist etwas worüber ich seit 3-4 Wochen grübele.
Seit ca. 6 Monaten bin ich mit meinem Freund zusammen. Wir sind uns sehr nahe, und ich zweifele nicht an der Liebe und zwischen uns und sehr engen Freundschaft. ( er weiss auch über meine Schwierigkeiten bezüglich Depressionen u.s.w. und hilft mir sehr, da er auch damit zu tun gehabt hat und vieles davon versteht)

Nun passiert es, dass ich manchmal einige Tage sehr intensiv mit Ihm verbinge. Sehr oft überkommt mich dann ein Gefühl von ich brauche ein paar Minuten alleine oder es wird zuviel. Ich spüre es überall im Körper, eine art Einengung, manchmal drang nach Bewegung/ Luft. Manchmal wache ich neben Ihm auf und kann nichts fühlen, wünschte ich wäre alleine. Wenn er mich umarmt oder Küsst empfinde ich nichts. Nichts ist übertrieben, aber es ist als sei ich nicht in meinem Körper, oder eine Verbindung zu einer Gefühlswelt sei gekappt. Eine Berührung kann sogar schmerzhaft sein. Dann überkommen mich enorme Schuldgefühle, verstehe nicht warum ich so gefühlskalt bin, suche das gewohnte, natürliche mit dem Moment fließenden Gefühl, aber es geht nicht. So wird das Zusammensein manchmal sehr anstrengend, ich frage mich die ganze Zeit was mit mir los ist. Es ist leider zur Zeit eine Erleichterung, wenn wir nicht zu viel Zeit miteinander verbringen...und das nächste Wiedersehen erzeugt die Sorge, es könnte wieder passieren, dieser Fluchtwunsch.


Meine Frage an den Leser / Kenner ist, ob dies ein typisches Bild für Depressionen ist, oder gar eine bestimmte Art??
Bin sehr gespannt auf Meinungen..


Generell habe ich in der Weihnachtszeit Schwermut und fühle mich alle jahre wieder sehr leer und melancholisch. Wärend des Jahres falle ich auch gelegentlich in schwarze Löcher. Letztes Jahr zur Winterzeit habe ich auch Antidepressiva genommen, haben aber nicht viel gebracht, eher das Gegenteil. Dieses Jahr, vor ca. 6 Wochen, kamen auch noch Geldsorgen und Familienprobleme dazu
( Vater und Stiefmutter).


Nun gut, ich danke sehr für dieses Forum und wünsche allen das beste für 2010!
Lara

26.12.2009 21:49 • #1


G
Mir ist dieses Gefühl sehr gut bekannt. Ich habe darunter über ein Jahr gelitten und es hätte fast meine Beziehung zerstört. Ich konnte auch keine Nähe ertragen. Mit meinem ersten richtig wirkenden Antidepressiva ging es dann besser (Imipramin). Leider vertrug ich das Antidepressiva mit der Leber nicht und bin seit Juli 2009 auf Sertralin umgestiegen. Seitdem geht es stetig bergauf. Ich kann Nähe wieder zulassen, fühle mich wohl, wenn er da ist und habe diese Angstgefühle nur noch sehr selten.

Leider scheint es bei einigen Depressiven einfach dazu zu gehören. Der Körper schottet sämtliche Einflüsse von Außen ab, um die Seele nicht noch mehr zu schädigen. Da ist natürlich auch die Liebe von betroffen. Du musst immer daran denken, dass es vorher anders war und dass dieser Zustand plötzlich kam. Liebe verschwindet nicht einfach so. Wenn sie geht, dann über einen ganz langen Zeitraum.

Ich könnte mir vorstellen, dass die letzten Umstände dich endgültig umgeworfen haben. Denn diese leichte Melancholie kannte ich vor meinem Zusammenbruch auch, aber erst als ich endgültig umkippte, war die richtige Depression da. Viele kleine Tropfen höhlen einfach den Stein und das scheint bei dir jetzt richtig passiert zu sein.

Weiß dein Partner von deiner Krankheit? Wenn nein, du solltest ihn einweihen. Gerade damit er evtl. Stimmungsschwankungen besser einschätzen kann. Und in einer Beziehung sollte man immer mit offenen Karten spielen, auch wenn es manchmal weh tut.

Gut ist, dass du schon in psychologischer Behandlung bist. Aber du solltest den Arzt noch einmal aufsuchen und es vlt. doch noch einmal mit einem Antidepressiva probieren. Diese Lebensqualität, die ich dadurch zurück gewonnen habe, möchte ich nicht mehr missen. Leider muss man viele Medis ausprobieren, bis man das richtige gefunden hat. Bei mir waren es insg. 6 Medikamente und nur 2 davon (eins ist zum Schlafen für die Nacht) habe mir wirklich geholfen.

26.12.2009 21:59 • #2


A


Hallo phoebe49,

Fühle mich eingeengt in der Beziehung / will mehr Distanz

x 3#3


P
Hallo !

Ich danke sehr, dass Du dir die Zeit genommen hast so ausführlich und freundlich auf meinen Eintrag zu antworten!
Mir ist im Moment jeder Rat von großer Bedeutung, egal, ob es mich mit einer nicht so schönen Realität konfrontiert!
Nur kurz zu Deiner Frage: Ja, er weiss sehr gut von meinen Problemen, es war schwer es zu verheimlichen und letztenendes auch falsch es zu versuchen!
Offene Karten, er ist unglaublich einfühlsam und unterstützend.
Es war nur sehr niederschmetternd, als es mir wie Schuppen von den Augen viel, dass dieses erdrückende Gefühl mit ihm in Zusammenhang zu bringen ist, mit der Nähe. Ich hatte es schonmal änlich gehabt, aber diesmal kann ich die Herkunft orten und es machte mich sehr fertig...manchmal fühle ich mich nicht mehr menschlich.
Ich danke sehr für die Worte und der Aufmunterung im Sinne von Aufklärung! Ich werde auch bald wieder eine therapeutische Behandlung anfangen. Meine letzte ging gerade im Dezember zuende, auch wegen einem Umzug.

27.12.2009 23:26 • #3


G
Hallo Phoebe,

meinst du nicht, du könntest mit deinem Freund über dieses Problem offen reden,
er wird es doch bestimmt verstehen.
Sage ihm doch, dass du Tage oder Stunden hast, wo du diese unglaubliche Nähe nicht ertragen kannst
und etwas Distanz brauchst.
Ich habe dieses Problem auch, ich muß einfach mal mit mir alleine sein,
ich ertrage die körperliche und auch räumliche Enge manchmal nicht mehr,
dann sage ich meinem Mann, er möchte mich einfach mal ein Paar Tage in Ruhe lassen,
er soll mich nicht in den Arm nehmen oder Zärtlichkeiten von mir verlangen.

Ich habe es mit ihm abgeklärt, dass es nicht persönlich gemeint ist, sondern dass
es durch meine Krankheit kommt, er hat alles Verständnis der Welt für mich
und akzeptiert es dann einfach so lange wie es andauert.

Versuche mit deinem Freund zu reden, du belastet sonst eure Beziehung
vollkommen unnötig und es werden sich Scherben anhäufen,
die vielleicht nicht mehr zu kitten sind.

G.L.G. Gitta

28.12.2009 18:44 • #4


T
Hallo

ich war schon lange nicht mehr im Forum. Aber heute hab ich das Bedürfniss wieder gehabt mal rein zu schauen.

Und siehe da ich hab gleich mein Thema gefunden.

Ich habe vor 10 Wochen einen Mann kennen gelernt, der sehr lieb und einfühlsam ist. Endlich mal jemand der es ehrlich mit mir meint. Wer meine Beiträge liest wird wissen was ich meine.

Ich habe nach ein paar Wochen so große Panik bekommen, dass ich alles hin schmeißen wollte.
Ich unterdrückte sämtliche Gefühle zu diesen Mann. Ich wollte Schluß machen. Nur mein Verstand hat mir gesagt, dass ich nicht mehr oft so eine Chance bekomme. vom Menschlichen her gesehen hat er alles was ich in meinem Leben vermisst habe. Was will ich mehr.
Aber die Panik war so groß, dass ich ihn schon zu kritisieren begonnen habe. Dann weiß ich, dass ich nur noch das Böse im Menschen suche, Alle Schwächen des Menschen aufnehme und ihn dann wieder in die Wüste schicke.

Aber ich habe diesmal gekämpft und hab ihm gesagt, dass ich schon so lange allein bin und ich meine Freiheit brauche.
Ich habe mir dann ein paar Tage auszeit genommen und nur mit ihm telefoniert. Nach einer Woche hab ich gemerkt, dass er mir doch was bedeutet.
Dann hab ich mich wieder mit ihm getroffen. Wir haben viel miteinander unternommen. Die Weihnachtstage waren dann viel schöner als erwartet. Ich bin mit ihm nach Erding in die Therme gefahren und hab mich so richtig entspannt. Das hat mir so viel gegeben, dass ich weiß, dass es der Mann ist den ich will.
Also wenn du so Panikataken bekommst: Nimm dir eine Auszeit, bis du wieder das Gefühl bekommst du musst ihn sehen.

Du musst aber immer ehrllich zu ihm sein. Sag ihm immer das es nichts mit ihm zu tun hat. Sag ihm dass du um seine LIebe dir sicher bist.

Mir hat es im Moment geholfen.
Ich wünsche dir noch ein gesegnetes neues Jahr 2010

03.01.2010 11:48 • #5


S
Hallo Phoebe,

vor ein paar Jahren war ich auch wegen einer Depression in psychologischer Behandlung. Erst hat mein Mann nicht verstanden, dass ich mir Hilfe suchte bzw. suchen musste.
Und da ich bis dahin IMMER alles allein schaffen musste und auch immer alles allein geschafft habe, hat es etwas länger gedauert, Hilfe anzunehmen.
Natürlich war das auch eine neue Erfahrung für meinen Mann, er kannte mich ja anders. Er ist ein ganz lieber und unterstützt mich in sehr vielen Dingen. Aber diesbezüglich war er zunächst auch etwas überfordert und wusste nicht recht wie er mit mir umgehen sollte.
Als er dann Verständnis für mich und meine Situation hatte, war er noch liebevoller. Glaubt mir - so einen Mann kann man sich eigentlich nur wünschen.

Die Therapie hat mir jedoch einige Sachen nahegelegt (unter anderem auch, dass ich mich von meinem Mann trennen sollte - so ein Quatsch!!!).
Natürlich habe ich gedacht, dass dies richtig ist (weil die ja wissen, was mir gut tut und was meine Depression ausgelöst hat).
Ich habe denen vollstes Verständnis entgegengebracht und habe vieles dafür getan, dass mein Mann einen Schlußstrich mit mir zieht.

Alles was er für mich getan hat habe ich abgeblockt - körperliche Nähe ging gar nicht, ein kleines Küsschen auf die Wange war viel zu viel, auch nur eine Frage ob er etwas für mich tun kann brachte mich da schon in Rage. Aber ich hatte mich in die Sache, dass ich ihn verlassen sollte, zu sehr reingesteigert. Ich wollte auch nur noch meine Ruhe haben! Er hat oft zu mir gesagt, dass er nicht an mich rankommt, aber ich habe das ignoriert.

Ich habe das so lange ignoriert, bis er selbst ganz fertig war. Und das tut mir heute noch leid bzw. weh - weil ich ja Schuld daran habe.
Er war fast selbst so weit, dass er einen Psychologen gebraucht hätte.

Und warum - weil ich nicht gesagt hatte, dass ich einfach mal meine Ruhe brauchte und weil wir eben nicht geredet haben.
Hätte ich damals mehr mit ihm gesprochen hätte ich ihm ein paar nervenaufreibende Wochen ersparen können.

Jetzt sag ich ihm einfach, dass ich mal meine Ruhe brauche. Er akzeptiert das, fragt zwar nach, ob alles okay ist, aber er bohrt dann nicht weiter.

So wie ich aus Deinem Text gelesen habe weiß ja Dein Freund auch verständnisvoll. Sag ihm doch einfach, dass Du mal für eine halbe Stunde oder wie auch immer mal Deine Ruhe haben möchtest - er wird es sicher verstehen können.

Hätten wir damals nicht die Kurve gekriegt wären wir heute wahrscheinlich nicht mehr zusammen.

LG Sunshine

06.01.2010 21:11 • #6


P
Hallo an alle, die so vielfältige Beiträge veröffentlich haben!

Ich danke so sehr, einen Einblick in Euren Erfahrungen und Rat zu erlauben!
Es hilft mir sehr bei der Orientierung und Aufklärung. ( Sehr froh, übrigens, dass sunshine ein Happy end hat!)

Es ist verrückt, wie eine Depression anscheinend einen Knopft auslöst, der jede menschliche Nähe abblockt ( was geschieht da im Gehirn..?)


Mein sehr verständlicher Freund weiss, wie gesagt von der Geschichte, dem wiederkehrenden Problem. Er lässt mir alle Freiheit, Distanz, Luft die ich Brauche. Er ist sehr froh zu wissen, ob es wieder da ist , um sich besser einzustellen, zu vestehen...Es macht mich trotzdem fertig, wenn es da ist!

Mitlerweile scheint auch mein jüngerer Bruder ähnliche Schwierigkeiten zu haben..
Er sagt, er kann plötzlich erscheinende sehr negative Gedanken über seine Freundin nicht vermeiden. Diese machen Ihn fertig und er hat Angst, dass diese aus dem Nichts wiedererscheinen. Weiss, nicht, ob dies mit einer Depression zusammenhängt, oder ob etwas anderes die Ursache ist.

Gibt es Leute, die diese zwiegespaltene Erscheinung / sich plötzlich abschotten wollen mit Medikamenten lindern konnten?

Nochmal danke und freue mich auf jeden weiteren Beitrag!
liebsten Gruß,
phoebe

09.01.2010 00:09 • #7


S
hallo phoebe,

happy end - schön wärs; aber ich arbeite an mir.
medis allein können, müssen aber allein nicht ausreichend sein - bei mir war damals eine kombi nötig.

sprech doch mal mit deinem hausarzt drüber, dieser kennt sicher einen weg den du beginnen kannst. es ist bei jedem anders. ich hatte damals in der thera-gruppe welche ohne medis, welche aber auch mit kombi medis + therapie. ich kenne aber auch einige, die es nur mit medis geschafft haben.

ich weiß: nun bist du auch nicht schlauer, aber es ist halt schwierig und auch besser, wenn da ein fachmann mal was dazu sagt.

lg sunshine

11.01.2010 15:42 • #8


F
Liebe phoebe, auch ich finde mich gerade just in dem Moment ein wenig darin wieder. Komisch. Ich habe mich irgendwann so nach Nähe und Partnerschaft gesehnt, weil ich das nicht so kannte, wie ich es mir wünschte, und habe alles dafür getan, Dinge zu verändern, damit ich in der Lage bin, endlich anders zu leben. Das ist mir ja nun auch gut gelungen und ich habe den Partner gefunden, der mit mir so umgeht, wie ich es mir immer gewünscht habe.

Diesen von dir geschilderten Knopf habe ich auch. Im Moment ertappe ich mich dabei, dass ich mich von der Umwelt distanziere. Ich mache so gut wie nichts mehr. Erschreckend. Gespräche strengen mich an, ich will nicht über andere nachdenken, ich telefoniere nicht. Ich gehe selten ausser Haus. Ich spüre, dass es nicht richtig ist, kann aber nicht viel dagegen tun. Ich habe mir gestern noch Auszeit von meinen Freunden und der Familie genommen, ich habe es allen mitgeteilt. Sie gehen damit um, weil sie mich jahrelang begleitet haben. Ich funktioniere für niemanden mehr. Mein Partner und meine Söhne gehen auch damit um, weil sie mit mich lassen können. Das zumindest kann man mit Partner, Familie und Freunden erreichen, wenn es denn mal wieder soweit ist.


... und es schleichen sich die von dir geschilderten Symptome ein, die ich jedoch gar nicht so wie du in Worte fassen konnte. Bis gerade. Danke dafür.

Ich spüre diese Gefühlslosigkeit auch oft und schimpfe dann innerlich mit mir. Jedoch weiß ich, dass da nichts bringt, ich lasse es dann auch zu. Ich will oft nicht spüren müssen. Die Gefühlslosigkeit fühlt sich an wie eine Ritterrüstung, die es schwer macht, sich zu bewegen. Es fühlt sich so an, als würde mein Hirn in Alufolie gewickelt. Luftdicht. Als wäre es eingefroren. Es ist so, als würde da oben jemand hocken, der sagt: Alle Sensoren ausschalten. Lebensnotwenig ! oder Sprich jetzt nicht aus, was du wirklich denkst. Starre !

Und komischerweise gibt sich das wieder nach einer Zeit. Ich weiß nicht, mit welchen Eindrücken es dann zu tun hat, dass es sich wieder anders anfühlt.

Ich habe ganz oft die Sehnsucht nach Distanz, Ruhe. Ich will dann nicht sprechen. Will mit mir alleine sein. Mein Partner weiß das. Deshalb habe ich hier meinen Raum im Keller, in den ich mich immer zurückziehen kann, wenn mir die Welt zu anstrengend wird. Schon irre, dass ich mir diesen Raum ausgesucht habe? Unten, im Keller. Die Welt - da oben !

Ich nehme es so hin, wie es ist. Ich genieße die Tage, an denen ich Nähe anderer brauche und ich Gefühle zu lassen kann. Und ich weiß, dass ich es kann. Das ist beruhigend.

Meine verworrenen Worte an dich . Dein Thread hat etwas in mir ausgelöst, etwas in Worte zu fassen.

Achso, Medikamente nahm ich sehr selten. Ich versuchte es mal mit Antidepressiva, aber ich kann es einfach nicht zu lassen, dass es in mir sein darf. Vielleicht täte ich mich manchesmal nicht so schwer, wenn ich es schaffen könnte, regelmäßig ein Antidepressiva zu nehmen? Ich weiß es nicht. Jedoch half mir über ganz vieles ein Klinikaufenthalt in einer psychosomatischen Tagesklinik und eine jahrelange Verhaltenstherapie, ES zu spüren, anzunehmen und damit umzugehen - nur in Worte konnte ich es bisher nicht fassen ... ich komm nicht drüber weg, irgendwie komisch. Ich weiß so vieles über mich, aber das Thema Distanz und Nähe und Gefühle zulassen war bisher nie so präsent (oder habe ich es nur vergessen?). ... und das nach über sieben Jahren Therapie ...

Sorry für meine Worte, ich find nur grad ganz spannend, was da passiert

LG
Angelika

12.01.2010 10:58 • #9


morriña
Liebe Phoebe,
uff, da habe ich gerade einen eigenen Thread eröffnet, und wusste gar nicht, wie genau ich mein Problem beschreiben soll, da finde ich Deinen hier.
Mir geht es ganz genauso wie Dir.
Ich hatte es in meiner vorherigen Beziehung, nach 6 Monaten fing es schlagartig an. Aber um diese Beziehung geht es hier nicht.
(Anmerkung: Ich habe seit mehreren Jahren immer mal wieder eine depressive Phase und nehme seit dem auch ein Antidepressiva)

Seit Mitte Dezember bin ich mit dem Mann zusammen, den ich immer wollte. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Es stimmt einfach alles. Aber nach einem oder zwei Tagen besonders großer Nähe und viel Beisammensein und sehr viel Kuscheln etc. überkommt mich plötzlich Herzrasen, Angst, Panik, das Gefühl seine Berührung nicht ertragen zu können. Wenn ich dann morgens neben ihm aufwache, fühle ich, dass es immer noch da ist und hoffe er fängt nicht an mich zu berühren, weil ich Angst vor diesem Gefühl habe, wo ich ihn doch liebe! Das ist doch unfassbar!

Ich will mich nicht trennen! Aber irgendetwas in mir scheint mir zuzuflüstern, dass ich alleine besser dran wäre...so ein Quatsch! Ich will es doch einfach nur genießen können. Ohne diese permanente Panik. Oder was noch schlimmer ist: Die Angst vor der Angst. Wenn es dann mal weg ist, habe ich Angst, dass es wieder kommt.

Kürzlich überkam es mich nur ganz kurz, das war sehr seltsam und auch noch nie so dagewesen bisher: Ich besuchte ihn (wir wohnen 200km auseinander). Morgens fuhr er zur Arbeit und ich wollte mal für 5min raus auf die Terasse gehen. Wie ich da so stand und den Schnee betrachtete, fuhr es mir plötzlich heiß und kalt den Rücken hinunter, ich bekam Herzrasen und es stellte sich eine erschreckende Gefühlskälte ein, von jetzt auf gleich. Mir war gleich ganz schlecht, weil ich wusste was das anrichten kann bei mir. Dann bin ich schnell reingegangen und hab überlegt, was ich machen soll. Ich entschloss mich zu zwingen, mich sofort abzulenken, obwohl ich das, wenn es da ist, überhaupt nicht kann, aber ich habe mich gezwungen. In eine warme Decke eingekuschelt, habe ich ein Buch angefangen zu lesen. Als er später heimkam, war ich kurz noch etwas zögerlich, aber dann war es wie weggeblasen. Ich war so glücklich. Das war der Beweis, dass es nicht verschwundene Liebe ist. Es hat mit der Krankheit zu tun. Dieses Wissen hilft mir ungemein.

Ich hoffe Dir auch.

20.01.2010 16:08 • #10


morriña
Ich muss den Thread jetzt nochmal hochholen...
Hat das jemand anderes auch schon erlebt?
Ich könnte verzweifeln....

27.01.2010 23:16 • #11


G
Liebe Morriña,

ja ich kenne das ebenfalls. Glücklicherweise ist es inzwischen weg. Manchmal kann ich das gar nicht fassen, dass wir beide auf dem Sofa sitzen können und lesen, ohne, dass ich mich irgendwie bedrängt fühle. Das ist einfach toll.

Was hat mir geholfen? Zunächst einmal das Wissen, dass es die Krankheit ist, und nicht die Wirklichkeit. Es ist zwar wie so eine Art Zwang, wenn man ständig daran denkt, alles hinzuwerfen. Aber bei mir war es so, dass ich meine Verzweiflung auf ihn übertragen habe, also auf denjenigen, den ich am meisten liebe. Hinzukommt, dass ich auch oft dachte, besser ich mach Schluss, bevor er es mit mir macht. Denn keiner kann es lange mit so jemanden wie mir aushalten. Doch mein Freund wollte nicht Schluss machen und hat mir das immer wieder zu Verstehen gegeben.

Ebenso hilfreich war und ist die Therapie und die Medikamente. Ich nehme jetzt seit Juli letzten Jahres Sertralin und bin damit sehr zufrieden. Meine Ängste sind wie weggeblasen und ich bin wieder belastbarer. Und vor allem haben die negativen Gedanken zu meinem Freund komplett aufgehört.

Ich hatte es auch, dass mir mein Freund plötzlich so hässlich vorkam. Jede Falte bannte sich regelrecht in sein Gesicht ein und stach mir in die Augen. Aber ich sah in dieser Phase eh alles sehr viel intensiver. Ich roch auch intensiver, schmeckte intensiver und hörte intensiver. Jeder Sinneseindruck war mir zu viel. Und so wurde es mit ihm schon dadurch schlimmer, dass ich den Geruch, seine Stimme, nichts mehr ab konnte. Auch das ist weg.

Du darfst die Hoffnung einfach nicht aufgeben. Arbeite daran und sag dir immer wieder, es ist nur die Depression, es ist nicht real.

28.01.2010 11:25 • #12


morriña
Hallo !
Oooh das muss ein Wink des Schicksals sein.
Eben lese ich gerade Deinen Beitrag. Er spricht mir aus dem Herzen, Du beschreibst genau, was mit mir manchmal passiert.

Und Du sagst, dass es mit dem Sertralin besser wurde.
Ich komme eben von meiner Neurologin. Ich hatte ihr von dem Problem erzählt, und sie meinte, ich solle ein anderes Medikament versuchen - nämlich das Sertralin, was für ein Zufall!

Jetzt bin ich irgendwie guter Dinge. Heute nachmittag fahre ich zu meinem Freund (haben Fernbeziehung), und mir ist schon ein wenig mulmig, weil ich die Gefühllosigkeit anwesend spüre. Aber ich schöpfe wieder Hoffnung.

Danke für diesen Beitrag!!

28.01.2010 13:25 • #13


G
Ich hoffe, dass es dir mit dem Mittel so gut geht wie mir. Aber hab Geduld, es dauert ein paar Wochen (so 3-4, jedenfalls hat es bei mir so gedauert), und man hat leichte Potenzstörungen (bei Frauen dauert dann alles etwas länger bis es so in Fahrt kommt), aber das ist ja eigentlich auch fast unwichtig, wenn es einem dann besser geht.

28.01.2010 15:07 • #14


morriña
Ja, das kenne ich schon vom Citalopram. Das ist eine ganz ganz blöde Nebenwirkung.

Aber erstmal abwarten, morgen nehme ich das Sertralin das erste Mal.

Erschreckend, wie ähnlich das bei Dir ist mit den Gefühlen. Man empfindet ja aber diese Gefühllosigkeit in dem entsprechenden Moment als ganz furchtbar, mit geht es jedenfalls so. Wir sind noch gar nicht so lange zusammen und ich sollte eigentlich hüpfen und mich freuen, aber ich kann irgendwie nicht. Tausend Sachen schießen mir durch den Kopf und ich habe echt Angst vor dem Zusammentreffen. Selbst eine harmlose Berührung kann dann richtig unangenehm sein.

Ich bin am Überlegen, ob ich ihn komplett darüber aufkläre...aber ob ich damit nicht die sich eigentlich gerade entwickelnde Beziehung gleich wieder bedrohe...?

28.01.2010 15:14 • #15


Mella
Hallo,

ich merk gerade, wie sehr ich mich ebenso wie alle anderen in euren Beiträgen wiederfinde. Ich dachte, es wäre ein persönliches Problem, er ist vielleicht nicht der Richtige...
Ich nehme mir oft vor, wenn ich heim komme von Arbeit, dass ich nett und lieb zu ihm, freue mich dann auch auf ihn, doch wenn ich ihn sehe, zuhause z.B. auf dem Sofa liegend, kommt es über mich und ich fange an zu meckern, ohne Hallo gesagt zu haben. Ich merke selbst, wie schelcht das ist und dass ich es doch eigentlich anders machen wollte. Doch ich kann einfach in diesem Moment nicht anders. Jede Kleinigkeit fällt mir auf, ich komme nur mit Negativem. Er fängt an zu Blockieren, in diesem Moment tut es mir leid, mir fällt wieder ein, dass ich es doch so anders machen wollte. Doch ich kann es nicht. Wir streiten, der (berechtigte) Vorwurf kommt, ich hätte heute noch nichts Liebes zu ihm gesagt. Mein Gedanke: Toll, wieder verkackt!, natürlich lass ich mir das nicht anmerken. Streiten wir nicht, kommt die Frage nach Zärtlichkeit und Streicheleinheiten, ich möchte nicht, mag ihn nicht anfassen, möchte einfach nicht. Er nimmt es persönlich, ist gekränkt. Es ist wie ein Kreislauf.

Zitat von phoebe49:
Eine Berührung kann sogar schmerzhaft sein.

Ja, das stimmt, denn man kann sich nicht fallen lassen, es ist unangenehm, man wird angefasst, obwohl man es nicht will, und zwar nicht von einem Fremden, sondern vom Partner, wie ambivalent. Man will es nicht, sagt man es, verletzt man!

Zitat von morriña:
Ich bin am Überlegen, ob ich ihn komplett darüber aufkläre...aber ob ich damit nicht die sich eigentlich gerade entwickelnde Beziehung gleich wieder bedrohe...?

Hm, gute Frage, sag ihm doch einfach, wie du manchmal fühlst, dass er es nicht persönlich nehmen soll, es hat nichts mit ihm zu tun. Ich würde mich vielleicht schonmal ins Thema 'schleichen', denn früher oder später, kommt es eh auf den Tisch!

Nach euren zahlreichen Beiträgen frage ich mich, ob es nicht besser wäre, auch Medikamente zu nehmen, denn scheinbar ist das in Verbindung mit der Depression zu bringen. Mein Therapeut hat mir bereits Schlaftabletten empfohlen, vielleicht sollte ich das mal ansprechen...

06.02.2010 17:35 • #16


morriña
So Ihr Lieben, ich melde mich in dieser Angelegenheit auch mal wieder zu Wort!

Ein Hallo auch an Mella

Ich habe wirklich wirklich gute Nachrichten
Ob vom Sertralin oder nicht: Es ist vorbei. Mein Freund ist wieder mein Freund, mein Geliebter, mein Heim.
Ich bin so unsagbar froh darüber

Ich muss sagen, dass es mir von Tag zu Tag besser geht. Es ist wirklich erstaunlich.
Das schlimmste, wenn Es da war, war diese Unsicherheit...liebe ich ihn nicht mehr??? Dabei wusste ich tief in mir, dass ich es tue, konnte es aber nicht mehr fühlen.

Jetzt weiß ich, dass es tatsächlich wirklich nur die Depression ist. Schlimm - aber ich bin so froh!!!! Falls Es irgendwann einmal wieder da sein sollte, werde ich besser damit umgehen können

Ich hoffe ich kann Euch ein wenig Mut damit machen.

09.02.2010 01:32 • #17


Mella
Hey morriña,

das freut mich für dich/für euch! Immer wieder schön zu hören, wenn es jemandem besser geht. Noch ein Grund mehr für mich, auch über Antidepressiva nachzudenken, da mich auch dieses Problem arg beeinträchtigt!
Hast du es nun eigentlich noch angesprochen?
LG, Mella

11.02.2010 14:47 • #18


morriña
Liebe Mella,

ja habe ich. Ich hatte schon Angst vor seiner Reaktion, aber die war völlig unbegründet. Aber als es mir noch so schlecht ging, musste ich es einfach tun. Er musste doch wissen, dass ich ihn nicht wirklich ablehne, sondern einfach nicht anders kann. Er war zwar sehr erstaunt, aber auch interessiert und wollte von mir wissen, wie er damit umgehen soll, wenn Es da ist.

Seit dem fragt er mich beinahe täglich, wie es mir geht und sagt mir aber auch immer wieder, dass er für mich da ist. Ein schönes Gefühl. Das beste daran ist, dass ich es jetzt wieder genießen kann

Ich wünsch Dir alles Gute Mella. Ich hatte meine Hoffnung schon einmal verloren, aber habe sie wiederbekommen. Und sie gibt mir recht.

12.02.2010 02:26 • #19


Mella
Danke morriña für's Mutmachen.

Ich hoffe, den anderen geht's auch bald besser, oder schon wieder gut...!

LG, Mella

16.02.2010 22:18 • #20


A


Hallo phoebe49,

x 4#21


morriña
Hallo Ihr Lieben,

nach längerer Zeit ohne Probleme und ziemlichem Glücklichsein nun doch wieder ein Einbruch

Gleich als erstes fällt mir ein, dass ich in den letzten 2 oder 3 Wochen meine Medikamente recht schlampig genommen habe, was oft vorkommt, wenn es mir richtig gut geht. Das heißt, dass ich sie nur alle 2 Tage nehme, oder mal 3 Tage gar nicht....wie blöd von mir

Der Absturz kam im direkten Anschluss an ein außerordentliches Glücksgefühl. Ich hatte ein wunderwunderschönes Wochenende mit meinem Freund und war regelrecht high davon. 2 Tage später kam er mich besuchen, ich war immernoch high, und dann war plötzlich alles anders.

Die Schutzmechanismen meiner Seele sind voll ausgefahren. Ich fühle nichts mehr, ich interessiere mich für nichts mehr, ich frage ihn nichts mehr, wenn er ein Gespräch beginnen möchte, reagiere ich innerlich total genervt, nach außen kommen knappe Antworten, wenn er mich anfassen will, zucke ich zurück, in meinem Kopf ist totales Chaos, 5000 Gedanken rasen gleichzeitig durcheinander. Gleichzeitig aber die Gewissheit, dass ich ihn sehr liebe, aber ich fühle mich unfähig, ihm das zu zeigen.

Das kann doch alles nicht wahrsein! Warum denn schon wieder

29.04.2010 09:15 • #21

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