Fühle mich hilflos - Angstzustände und Sertralin

butterfly
Hallo liebe Forumsmitglieder,

als erstes entschuldige ich mich, dass ich so lange nicht mehr im Forum war, obwohl ich gute Tipps von Euch erhalten habe. Das ist eine Form der Undankbarkeit von mir. Hatte zum Teil viel Trouble, u. a. eine schwere Erkrankung meines Katers. Dem gehts gottseidank wieder besser. Teilweise hatte ich nicht den Antrieb dazu, mich zu melden.

Ich habe seit ca 11 Jahren Depressionen und seit einigen Monaten kommen schlimme Angstzustände dazu. Zur Zeit schleiche ich Sertralin aus und werde mit Cymbalta anfangen. Hab schon viele Medikamente probiert. Morgen habe ich ein Erstgespräch bei einem Psychotherapeuten und nächste Woche eins bei einer anderen Therapeutin. Bei meiner Vorgeschichte kann ich von Glück sagen, wenn mich überhaupt noch ein Therapeut nimmt. Hab schon 4 Therapien hinter mir, die letzte hab ich abgebrochen, weil ich zu spät gemerkt habe, dass es mit der Chemie nicht stimmt. Bin schon mehrmals von Therapeuten abgelehnt worden. Zur Zeit gehe ich ab und zu zu einer Therapeutin, die keine Kassenzulassung hat und zahle selber.

Sicher gibt es genung Leute unter Euch, die diese schlimmen Angstzustände kennen. Besonders morgens sind sie sehr schlimm. Allgemein hab ich ein Gefühl großer Hilflosigkeit. Ich fühle mich wie ein Blatt im Wind, so ausgeliefert. Wer unter Euch fühlt sich auch sehr hilflos? Ich hab jetzt Angst, dass ich so von Selbstmitleid erfüllt rüberkomme. Ich bin nicht immer so, aber da sind diese Momente, wo ich mich nicht im Griff habe. Besonders Angst habe ich vor meinen Nachbarn. Die sind extrem laut und Drohungen sind üblich. Wenn man mal was sagt, kriegt man unverschämte Antworten. Für einen Umzug fühle ich mich zur Zeit nicht stark genug. Wohnen ist ja auch teuer. Außerdem hab ich Angst, dass es in einem neuen Zuhause auch laut wird. Ich bin auch lärmempfindlich. Das hängt vielleicht mit der Krankheit zusammen. Kennt jemand von Euch das Thema Lärmempfindlichkeit? Wie geht Ihr damit um? Ich habe große Angst vor meinen Nachbarn und denke, dass sich da was verselbständigt hat.

Ich habe einen sehr lieben Mann. Leider ist der auch, verständlicherweise, mit meiner Krankheit überfordert und ich reiße mich so gut es geht zusammen. Da er beruflich sehr überfordert ist, kann er mir auch nur begrenzt helfen. Ich selber beziehe Erwerbsminderungsrente. Meine erwachsene Tochter lebt mit ihrem Freund zusammen und hat ohne Angabe von Gründen den Kontakt zu mir abgebrochen. Ich hab mich immer bemüht, eine gute mutter zu sein. Ich war alleinerziehend. Ich habe ihr aber nie was vorgejammert und die schlimmste Depression hat sie gar nicht miterlebt. Aber vielleicht ist es für mich eine gerechte Strafe. Ich war nie so vital wie andere Mütter.

Zur Zeit zwinge ich mich, wenn immer es geht, dazu, etwas Positives zu unternehmen. Manchmal schau ich mir eine andere Stadt an. Manchmal fahre ich mit dem Fahrrad. Heute war ich im See schwimmen. Es gibt dann Momente, in denen ich abgelenkt bin. Eigentlich darf ich gar nicht jammern, denn es geht mir, im Vergleich zu vielen anderen, noch gut. Trotzdem gibt es diese Momente, wo ich verzweifelt bin. Weinen kann ich nicht, ich fühle mich innerlich wie abgestorben. Meine beste Freundin hat Krebs. Ich möchte gern stark sein und für sie da sein, wenn sie mich braucht. Ich will nicht im Selbstmitleid baden, aber manchmal gibt es diese Momente.

Vielleicht kann mir jemand seine eigenen Erfahrungen zum Thema Angst berichten.

Liebe Grüße

butterfly

04.09.2013 16:26 • #1


L
du bist nicht allein.
mir geht es sehr ähnlich wie dir.
auch innerlich wie abgestorben.
ich laß mir aber auch möglichst nichts annmerken, und will keinem auf den geist gehen.

aber diese maske tut nicht gut. ich fühle mich auch als belastung für andere, weil ich nicht so kann, wie früher.
weil ich nicht so mitmachen kann, hab panikstörung und angsterkrankung und depressionen und massive schlafstörungen.
ich emfpinde dich jetzt nicht als jammerig, bin ich auch nicht.
und doch, sind wir nicht einfach. so emfpinde ich es jedenfalls.

ich habe auch erwachsene kinder, mein sohn ist derzeit am umzug. noch während der ausbildung. will näher an der schule sein.
war auch letztes jahr schon in der schule.

fühle mich auch schuldig.

ich kann dir leider nicht helfen, aber dich sehr gut verstehen. mir geht es ebenso.
das alleine hilft mir dann schon immer mal ein bisschen.
dir vielleicht auch.
eines ist klar, es ist ein täglicher kampf und ich mache immer kleine schrittchen, keinen stillstand!
und wenn es heute nur ein kleiner spaziergang ist, meinen schweinehund muss ich überwinden.

lg liesl

05.09.2013 10:37 • #2


A


Hallo butterfly,

Fühle mich hilflos - Angstzustände und Sertralin

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butterfly
Hallo liesl, hallo Moonlightwoman,

vielen Dank für Eure antworten. Leider schreibe ich erst relativ spät, weil ich mich wegen der Depression nicht aufraffen konnte und außerdem wegen der Angst viel außer Haus war, das lenkt ab. Jede Eurer Antworten war sehr hilfreich für mich, ich hab sie beide mehrmals durchgelessen.

liesl, es ist schon eine große Hilfe, verstanden zu werden. Um mich herum sind viele Menschen, die mit sowas nichts anfangen können, denen brauch ich das garnicht zu erzählen. Wenn jemand schreibt, es geht ihm genauso, dann bin ich mit meinen Gefühlen nicht so allein. Das mit den Schuldgefühlen kenne ich auch sehr gut von mir, dabei haben wir uns die Krankheit ja nicht ausgesucht. Ich find es super, dass Du jeden Tag etwas machst, und wenn es etwas Kleines ist, ist es doch in Ordnung, besser, als sich zu überfordern. Bist Du eigentlich in psychiatrischer und/oder psychotherapeutischer Behandlung?

Moonlightwoman, das ist ja ein großer Erfolg, den Du Dir da erarbeitet hast. Das macht Hoffnung. Wie bist Du mit der Lärmempfindlichkeit fertig geworden? Bei mir ist das ein ganz großes Thema. Ist das auch ein Symptom der Depression? Ich würde mich freuen, wenn Du noch ein bisscchen was zur Überwindung der Angst schreiben würdest. In der Psychiatrie war ich auch schon, aber da hab ich mich gar nicht wohl gefühlt.

Letzte Woche hatte ich ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten, der kam mir aber irgendwie grimmig vor. Morgen hab ich noch eins mit einer Therapeutin.

Alles Liebe und nochmals danke

butterfly

10.09.2013 15:09 • #3


M
Hallo butterfly,

Zitat von butterfly:
Wie bist Du mit der Lärmempfindlichkeit fertig geworden? Bei mir ist das ein ganz großes Thema. Ist das auch ein Symptom der Depression?


Zu Ängsten kann ich dir leider nicht viel schreiben aber Lärmempfindlichkeit ist bei mir auch ein großes Thema. Die Lärmempfindlichkeit tritt bei mir verstärkt auf, wenn es mir schlecht geht. Das geht dann bis zu Schmerzempfinden, also Lärm tut mir dann regelrecht weh. Dazu kommt dann immer noch ein Tinnitus.

Ich brauche dann viel Ruhe, wobei das nicht so einfach ist, diese immer zu finden. Mit Meditationsübungen gelingt es dann meist. Außerdem bin ich ständig in Behandlung. Meine Termine bei der Psychiaterin sind normalerweise alle 1 - 2 Monate, wenn es mir schlechter geht aber auch öfter. Sobald es mir im Zuge der Behandlung und Medikation wieder besser geht, lässt die Lärmempfindlichkeit wieder nach aber verschwindet leider nie ganz. Es ist aber auszuhalten. Der Tinnitus ist dann ganz weg.

Bei mir ist das ganz klar ein Symptom der Depression.

10.09.2013 18:18 • #4


butterfly
Hallo Martina, hallo Moonlightwoman,

danke für Eure Antworten. Es tut gut, verstanden zu werden.

Gestern hatte ich ein Vorgespräch mit einer Psychologin. Sie hat sinngemäß gesagt, sie weiß noch nicht, was sie mir noch geben kann, weil ich schon so viel Therapieerfahrung habe. Sie war sehr nett. Heute hab ich einen Termin bei dem Therapeuten, der so grimmig geschaut hat, auch ein Vorgespräch.

Das mit der Lärmempfindlichkeit ist bei mir sehr schlimm. Am liebsten mag ich gar keine Geräusche hören, außer Naturgeräusche. Leider habe ich sehr laute Nachbarn. Sie sitzen, wenn das Wetter schön ist, jeden Tag draußen und schreien. Ich höre das durchs geschlossene Fenster. Wenn man etwas sagt, kriegt man unverschämte Antworten. Ich lasse jetzt ein Lärmschutzfenster im Schlafzimmer einbauen. Auf der Nordseite, wo meine Küche liegt, hat ein Nachbar ständig Bauarbeiten. Da hör ich es am Nachmittag dann mehrere Stunden sägen und hämmern. Und das schon über mehrere jahre hinweg. Gottseidank hat dieser Nachbar eine Sommerpause gemacht, so dass ich immer auf einer Seite Zuflucht finden kann, wenn es laut ist. An Umzug kann ich im Moment nicht denken, das ist grade zu schwer, außerdem hab ich Angst, vom Regen in die Traufe zu kommen.

Das mit der Angst ist immer noch sehr schlimm. Ich glaube, das ist eine generalisierte Angststörung. Ich wache morgens auf und habe Angst. Jeden Tag mache ich irgendwas, um mich abzulenken. Gestern bin ich zwei Stunden mit dem Fahrrad gefahren. Bis vor einigen Wochen hat mir das immer geholfen. Heute hab ich mir vorgenommen, einen Pflaumenkuchen zu backen und ihn dann einzufrieren. Zwei Kilo Pflaumen schneiden. Vielleicht hilft das, wenn man mit den Händen was zu tun hat, vielleicht baut das die Spannung ab. Wenn ich zwei Stunden etwas getan hab, dann bin ich hundemüde und muss mich erstmal hinlegen. Die Angst ist den ganzen Tag da, wird am Nachmittag ein bisschen besser und steigert sich dann wieder am Abend. Ich fühle mich so unendlich hilflos wie ein Blatt im Wind. Ich denke, Hilflosigkeit ist etwas, das ich in der Kindheit sehr viel erlebt habe und jetzt als Muster in mir drin ist. Angst war in meinem ganzen Leben ein Thema und jetzt ist sie besonders stark. Im Moment ist da auch noch die schwere Krebserkrankung meiner besten Freundin, die mir zeigt, wie zerbrechlich das Leben ist. Es gibt Leute, die sind trotz allem zuversichtlich. Vielleicht, weil sie einen starken Glauben haben, an das Leben, an Gott, an was auch immer. Ich selber fühle mich von Gott total abgeschnitten. Abgeschnitten auch von mir selber.

Ich jammere Euch total die Ohren voll. Jetzt werde ich versuchen, den Kuchen zu backen. vielleicht hilft es, mit den Händen was zu tun. Vielleicht beruhigt das.

Liebe Grüße

butterfly

12.09.2013 09:10 • #5


M
Liebe butterfly,

Zitat von butterfly:
Ich jammere Euch total die Ohren voll.


Als Jammern würde ich das nicht bezeichnen. Es tut ganz gut, wenn man das mal loswerden kann. Dafür sind wir ja auch da.

13.09.2013 17:09 • #6


L
nein, ein jammern ist das nicht. du beschreibst nur dein gefühl, deinen derzeitigen zustand.

ja, ich bin seit jahren in behandlung und meine angst ist auch schon von kindesbeinen an. leider!
bei mir hat sich sehr vieles chronifiziert.

tut mir leid, daß ich dir jetzt leider nicht positiv schreiben kann, es geht alles vorbei.
aber das kann keiner versprechen.
aber es wird besser werden, nie mehr so stark wie zu beginn. trau dich, das zu glauben.

schlaf gut,

lg liesl

13.09.2013 23:28 • #7

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