Zitat von Sonnen-schein: Da ich auch mit Depressionen zu tun habe kann ich vieles nachempfinden. Aber jede Depression ist Unterschiedlich. Ich erinnere mich auch an den Moment wo ich nichts mehr gefühlt habe. Aber da war ich nicht in Beziehung.
Hallo Sonnen-schein,
im Prinzip verstehe ich es so, dass Du ja eigene Erfahrungen mit der Erkrankung hast und somit ja die Mechanismen kennst. Nur wie kommst Du darauf, dass es anders sein müsste, wenn man in einer Beziehung ist?
Die Depression ist ja gekennzeichnet durch gedankliche Konzepte, die nahezu alles in Frage stellen. Auch Beziehungen zu anderen. Da muss es nicht mal darum gehen, jemanden als solchen nicht mehr zu lieben. Es geht oft eher darum, was verdiene ich überhaupt an Zuneigung, bin ich genug, gebe ich genug, mache ich es richtig, usw. und das alles in einem Kontext des Nichtfühlenkönnens. Ein großes Manko bei Betroffenen und Angehörigen ist oftmals die Erinnerung an „gute Zeiten“ in dem Irrglauben, es müsse immer so sein.
Das erzeugt Druck auf allen Seiten und ist leider oft kontraproduktiv. Auch braucht es ja eine gewisse Zeit, sich an Veränderungen anzupassen und ungeduldig auf eine vermeintliche Besserung zu hoffen, bringt auch eher wenig, wenn da der Glaube mitschwingt, alles solle möglichst schnell wieder gut sein.
Das ist aber alles eher eine Auseinandersetzung die im Gedanklichen stattfindet.
Gefühle sind die andere Ebene. Da ist es ungünstig zu meinen, es müsse doch immer ein Gefühl da sein oder aufkommen, dass früher in ähnlicher Weise und ähnlichen Situationen vorhanden war. Nur weil es dieses Gefühl mal so gab. Das ist aber nicht so und der depressive Mensch, da klammere ich mich nicht mal aus, unterliegt dann gerne der Überzeugung, garnichts mehr fühlen zu können. Dabei ist nur die Intensität eine andere. Schmerz ist auch nicht gleich Schmerz. Der hat ebenso wie jede andere Empfindung eine Bandbreite, nur macht es die Depression schwer, diese zu erkennen. Da ist schwarz weiß Denken halt auch einfacher und auch das zeichnet die Depression ja aus.
Beziehungen haben Bestand oder scheitern aus den unterschiedlichsten Gründen. Ein permanent Vorhandensein müssen von bestimmten Gefühlen, kann aber nicht ausschlaggebend sein. Zumindest sollte es das nicht, meiner Meinung nach.
Aus meiner Erfahrung heraus bringt es am meisten, die Individualität des Anderen einfach mal zu akzeptieren und dazu gehört es auch, dass es einem selbst und dem anderen auch mal anders geht, als ich es mir wünschen würde. Ein Vorbild waren die Katzen in meinem Leben. Die machen ihr Ding und sind mal da und mal eben nicht, kuscheln oder patschen um sich, schnurren oder fauchen und doch hatte und habe ich sie lieb, obwohl sie mir nie erklärt haben, warum sie gerade so sind, wie sie sind und nicht so, wie ich sie gerade gern gehabt hätte. In einen Partner kann man eigentlich nur eines setzen, nämlich Vertrauen. Hat man das nicht, wird eine Beziehung schwierig. Worauf man vertraut kann unterschiedlicher nicht sein und bedarf auch immer einer gewissen Reflexion dessen, wie weit einem selbst vertraut werden kann, in bestimmten Aspekten. Vertraut man anderen, kann man natürlich auch Enttäuscht werden. Und bei Enttäuschung kommt wieder die Depression ins Spiel, beziehungsweise das typische Denken, dass man als depressiver Mensch ja andere enttäuscht und das will man ja nicht, deshalb ist es besser, sich von anderen zu distanzieren ungeachtet der Tatsache, dass man damit ja vielleicht schon den anderen Enttäuscht.
Ich weiß, mein Geschwafel hilft Dir in Eurer Situation kein Stück weiter, deshalb belasse ich es jetzt dabei. Im Grunde wollte ich nur sagen, es liegt an einem selbst, wie man etwas interpretiert und somit auch, wie man damit gedanklich und gefühlsmäßig umgeht und dann eben handelt.
VG Dys