Hallo zusammen,
ich möchte mich auch gerne mal wieder hier einklinken und mal kurz von meinem seelischen Tief seit dem Wochenende berichten.
Ich habe zu meinem depressiven LG das Problem, dass es bei mir auf der Arbeit seit Wochen zusätzlich nicht läuft. Bin auf eine neue Position hochgerückt in meiner Firma, aber da fehlt es mir seit Wochen an Arbeitspensum, was mich zusätzlich noch belastet.
Ich habe die letzten Wochen gemerkt, dass es mir zusehends schwieriger fiel, morgens aufzustehen und den Weg zur Arbeit anzutreten. Nicht unbedingt vor Erschöpfung, aber ich habe das Gefühl, dass ich es einfach nicht kann.
War jetzt seit diesem Jahr etwas mehr als eine Woche deshalb krank geschrieben und habe mir hier und da Urlaub kurzfristig dazwischen schieben lassen.
Jetzt am Wochenende gab es hier daheim wieder ein Wenig Tohuwabohu.
Ich hatte mich die ganze letzte Woche darauf gefreut, dass das lange Wochenende vor der Tür steht. Nach den ganzen letzten Wochen, in denen auch ich, wie es der ein oder andere vielleicht schon mitbekommen hat, mit den neuen Lebensumständen bzgl. meines kranken Partners zu kämpfen hatte und der momentanen Situation auf der Arbeit, wollte ich einfach das Wochenende mal für mich nutzen, um ordentlich Luft holen und für die nächsten weiteren Wochen Kraft tanken zu können.
Mein Freund, der damit zu kämpfen hat, seine Kinder aus der getrennten Ehe nicht mehr regelmäßig sehen zu können, kann in unserer Beziehung zur Zeit nicht mehr viel geben.
Jetzt waren die Kinder kurzfristig von Donnerstag auf Freitag hier und ich wusste, sie würden gestern wiederkommen und dachte, somit hätte ich zwei Tage zum Durchschnaufen, denn ich merke, dass mir manchmal alles zu viel wird und ich manchmal einfach nur alleine sein will.
Sonntag morgen offenbarte er mir, dass seine Ex am Abend kurzfristig was vor und gefragt hätte, ob er die Kinder holen könnte.
Es gab schon einige Diskussionen, in denen er einfach über mich hinweg entschieden hat. Dieses Mal hat er mich darüber in Kenntnis gesetzt.
Ich aber natürlich, die jetzt ausnahmsweise selbst mal den Sonntag für sich und eventuell ihren LG haben wollte - wobei ich da die Ansprüche schon so gut wie habe fallen lassen - hat daraufhin aber gemeint, dass es mir lieber wäre, wir würden die Kinder dann gestern erst holen.
Wie so oft reagierte er darauf trotzig. Jetzt hätte er mich schon mit eingebunden und ich würde trotzdem nein sagen. Ich wüsste doch, wie sehr er im Moment wegen des Themas Kinder daran zu knabbern hätte und würde ihm das dann quasi verwehren - er sagte es nicht direkt so, allerdings indirekt. Da ist mir der Kragen geplatzt.. Wochen voller Selbstlosigkeit, in denen es nur nach ihm ging, weil er im Moment mit Depressionen nichts anderes sehen kann. Wochen voller fehlender Zuneigung, weil er sich selbst im Moment nicht leiden kann. Wochen voller Themen, die mich verletzt haben, aber die ich nie wirklich ansprechen konnte und wollte und es deshalb meistens geschluckt habe. Wochen, in denen er Freiraum brauchte und ich ihm den immer eingeräumt habe. Wochen, in denen die Kinder nur an mir hingen und ich für sie gesorgt hatte, wo es ging und ihm alles Mögliche abgenommen habe.. Und dann sagt er sowas.
Er stellte mich als Egoistin hin, obwohl es seit diesem Jahr nur noch nach seinen Bedürfnissen läuft. Ich weiß, dass das in dem Moment das Gesicht seiner Depression war und er nichts dafür kann. Aber ich bin auch nur ein Mensch und es hat mir wirklich gereicht.
Ich habe ihm, zum tausendsten Male, erläutert, wie sehr auch ich seine Kinder lieb habe. Wie oft ich für sie da war, als er es nicht konnte und das für mich selbstverständlich ist. Dass seine zwei Mädels und ich eine Verbindung haben, von der ich an manchen Tagen das Gefühl habe, dass mein Leben nie ohne sie stattgefunden hätte. Aber dass auch ich, wo ich schon auf alles verzichte, doch einfach nur einen weiteren Tag wollte, in dem ich Kraft tanken konnte.
Er meinte, ich würde mich widersprechen, woraufhin ich ihm erklärte, dass das eine das andere doch nicht ausschließen würde.
Also fing ich an bitterlich zu weinen und ihm zuzurufen, dann solle er halt die Kinder holen. Ich würde dann eben den ganzen Tag mit meiner Konsole im Büro verbringen.
Ich rannte hoch und brach schluchzend und weinend am Bürotisch zusammen. Ich war so enttäuscht. Ich strauchel' seit Wochen, habe jetzt angefangen, für mich selbst zu sorgen und mehr auf mich zu achten, statt auf ihn. Er kam hinterher, streichelte mich, entschuldige sich bei mir dafür, dass er so laut und gemein geworden war und bat mich, wieder mit runter zu kommen.
Das tat ich und er deckte mich liebevoll zu und streichelte mich. Offenbarte mir dann aber in einem Nebensatz, dass er dann gleich die Kinder holen würde.
Ich dachte, ich falle aus allen Wolken.
Ich sprang auf, sagte ihm, dass das doch jetzt nicht sein ernst sei. Rief ihm zu, er solle mich einfach in Ruhe lassen und dass ich glauben würde zu spinnen.
Darauf sackte ich erneut im Büro zusammen. All die Kraft, die ich mir angeeignet hatte, all die Selbstfürsorge.. Sie erschien mir wie weggeblasen. Ich wartete einige Minuten und wurde zunehmends wütender. Packte aus einem Impuls heraus meine Sachen und ging zu ihm runter.
Er war im Zuge, zu fahren, als ich ihm erklärte, dass ich meine Sachen gepackt und gehen würde. Dass es doch hier nicht nur um ihn ginge, bei aller Liebe und bei all dem Verständnis, dass ich für ihn aufbringe. Dass ich weiß, dass er selbst im Moment mit sich selbst genug zu tun hat, aber dass er mir das letzte Stück Luft zum Atmen nimmt. Es ging mir um den einen Tag, den ich gerne noch gehabt hätte. Die Kinder wären am nächsten Tag gekommen. Die Kinder sind dieses Wochenende da und darauf die ganze Woche. Aber wenn ich am straucheln bin, für mich einen Weg gefunden habe, mit allem umzugehen, mir selbst treu zu bleiben und dabei noch bei ihm sein zu können und DANN ein mal darum bitte, selbst Luft holen zu dürfen, es einfach ignoriert wird.
Er meinte dann, dass ich ihm doch gesagt hätte, er solle die Kinder holen.
Weinend und schluchzend, eigentlich ein Zeichen für das Gegenüber, dass derjenige eigentlich gerade nicht damit klarkommt.
Ich habe ihm gesagt, dass ich mich so sehr bemühe und es mir in solchen Momenten einfach reicht. Auch habe ich ihm gesagt, dass er wohl nicht mehr richtig tickt.
Aber dass ich jetzt nicht gehen werde. Dass ich dafür an diesem Tag keine Kraft mehr habe und er einfach dankbar dafür sein soll, denn dass ich es beim nächsten Mal tun werde.
In diesem Moment hat man in seinem Gesicht die Angst, Verzweiflung und Trauer gesehen. Es hat mir im selben Moment so leid getan, aber wie gesagt.. auch ich bin nur ein Mensch.
Daraufhin bin ich wieder hoch und habe gesehen, wie er, obwohl er gerade fahren wollte, Minuten lang regungslos am Esszimmertisch saß. Irgendwann kam er wieder zu mir hoch, klopfte an. Stand vor der Tür und sagte mir, er würde jetzt noch da und dort hinfahren, dies und das erledigen und die Kinder holen. Daraufhin zuckte ich nur mit den Schultern und sagte ihm, dass er das machen solle. Dann stand er da, schaute mir nur traurig in die Augen und sagte nichts. Auf meine Frage, was wäre, bekam ich keine Antwort. Er ging auf mich zu, streichelte mich links und rechts an den Armen, drückte meinen Kopf an seine Brust, gab mir einen Kuss auf die Stirn und den Mund und sagte mir, er würde mir was Schönes zu Essen machen, wenn er heim käme.
Ich verbrachte daraufhin den halben Tag im Büro, auch, als die Kinder da waren. Hatte mich dann aufgerafft, um mit meinem LG die Ostersachen für sie zu verstecken und bin mit raus zum Suchen.
So gerädert, wie ich aussah, fühlte ich mich auch. Als die Kinder dann im Wohnzimmer waren, saß er regungslos im Esszimmer. Er wollte, dass die Kinder kommen, damit er endlich genug Zeit mit ihnen hätte. Er muss sich so schon immer von der Arbeit aus Zeit freischaufeln und wenn er sie dann hat, ist trotzdem kaum Zeit, um vielleicht wenigstens mal was mit ihnen zu spielen. Und dann saß er da. Und machte nichts.
Ich riss mich also zusammen und schlug vor, mit den Kindern und ihm Geocachen zu gehen. Das haben wir dann auch gemacht, aber danach fühlte ich mich wie erschlagen.
Den Tag über gab es dann hier und da mal einen kleinen Annäherungsversuch von ihm. Kurz bevor es Essen gab, kam er zu mir, streichelte mich sanft am Arm und sagte mir, dass das Essen gleich fertig wäre.
Das ist schon mehr als an manch einem anderen Tag der letzten zwei Wochen. Denn seit diesem Zeitraum ungefähr ist es bei ihm wieder schlimmer geworden und die Zeit zieht sich für mich unendlich.
Danach verbrachte ich den Abend oben im Bett vor dem Laptop. Ich konnte einfach keinen Trubel, keine Nähe ertragen. Seine Distanz bin ich mittlerweile gewohnt, aber zu sehen, wie liebevoll er mittlerweile - Gott sei Dank endlich wieder - mit seinen Kindern umgeht, versetzt mir trotzdem einen Stich.
Die Kinder wollten unbedingt an dem Abend bei uns mit im Bett schlafen. Das wollen sie schon länger. Sie hatten mich gefragt und gemeint, mein LG hätte ja gesagt. Da hatten sie aber wohl was falsch verstanden, denn als er von ihrem Vorhaben erfuhr, hatte er bei mir und in Anwesenheit der Kinder mehrmals beteuert, dass er nicht einfach ohne mich irgendwas entscheiden würde.
In der Nacht kam er dann also hoch, ohne Kinder, legte sich neben mich und nahm meine Hand.
Gestern dann hat er sie am Nachmittag heim gebracht. Gab mir vorher einen lieben Kuss. Er hatte mir am Morgen auch nochmals ohne, dass ich es ansprechen musste, nochmal gesagt, dass er den Kindern das mit dem bei uns übernachten nicht erlaubt hätte ohne meine Zusage.
Als er nachhause kam, legte er sich zu mir auf die Couch. Ohne Nähe zu suchen. Das tat ich aber auch nicht, ich war noch viel zu kaputt.
Irgendwann suchte er aber hinter sich meine Hand, fand sie und nahm sie daraufhin in seine.
Ich glaube, das deutet daraufhin, dass es ihm irgendwo in seinem Innern, wo manchmal noch der ein oder andere klare Moment herrscht, leid tat.
Allerdings bin ich heute morgen wieder völlig kraftlos aufgewacht. Ich werde mich diese Woche wieder krank schreiben lassen. Auch, wenn der Moment, in dem ich erleichtert bin, nicht auf die Arbeit zu müssen, nur kurz andauert und dann meinem schlechten Gewissen Platz einräumt..
Liebe Grüße
radysa
06.04.2021 12:58 •
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