Hallo zusammen,
es freut mich zu lesen, dass ihr durch diese schweren Zeiten hindurch die Kraft wiederfindet, etwas Selbstfürsorge, wie @Jedi das immer richtig erklärt, für euch zu betreiben.
Ich hatte eben einen Disput mit meinem LG..
Ich hatte heute schlimme Rückenschmerzen, sodass ich nicht zur Arbeit konnte. Hatte ihm das geschrieben, da kam aber 9 Stunden später erst die Antwort, dass er sich dafür entschuldigt, dass er erst so spät schreibt, aber dass der Tag wieder so stressig auf der Arbeit war. Hat mich gefragt, wie es mir geht und ob ich schon beim Arzt war. Dass er gleich nachhause kommt. Damit war es für mich auch in Ordnung und das kurz aufflimmernde Gefühl des Verletztseins flachte ab. Er hatte mich immerhin auch mit Hey Schatz angeschrieben. Das alleine freut mich schon immer sehr, da es nicht mehr selbstverständlich ist.
Dann kam er nachhause, sichtlich abgearbeitet. Ich hatte ihn gefragt, ob er heute bei seiner Psychiaterin - die Antidepressiva wirken nach sechs Wochen noch nicht - und bei seinem Therapeuten - er hat am Donnerstag seinen ersten Termin und wir sind uns nicht sicher, ob das ein Versehen war, weil da ja Feiertag ist - angerufen hat. Wir sprachen da gestern Abend drüber und er nickte ab, als ich ihn bat, sich heute 10 bis 15 Minuten Zeit auf der Arbeit zu nehmen, um bei beiden mal anzurufen.
Ich atmete nach seinem Nein, das habe ich nicht. gefühlte hundert Male tief ein und aus, aber leider reichte das heute nicht.
Ich machte ihm klar, dass ich das nicht toll fand. Ich weiß, wie schlimm es bei uns auf der Firma zugeht, aber das Thema ist so wichtig. Auf einen Tag oder eine Woche mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an. - Diese Sorglosigkeit oder Gleichgültigkeit, was auch immer es in dem Moment war, machte mich so wütend. Und ich antwortete ihm, dass es eben doch auf diesen einen Tag, diese eine Woche mehr oder weniger ankäme. Gerade jetzt. Ich merke, dass es von Woche zu Woche schlimmer wird bei ihm, er schleppt sich doch jetzt schon ein halbes, dreiviertel Jahr mit der Krankheit rum. Ich bekomme jeden Tag die volle Wucht davon zu spüren und es ist nicht nur für mich wichtig, dass er solche wichtigen Telefonate zeitnah führt, sondern es ist doch auch für ihn wichtig.
Naja. Halb abreagiert setzten wir uns draußen auf die Treppe und rauchten. Ich wollte mich gerade bei ihm für den kleinen Ausbruch entschuldigen, da sagte er mir, er würde jetzt die Sachen packen, hoch zu seiner Ex fahren und den Rasen mähen.
Ehrlich. Dieses Mal atmete ich gefühlte tausend Mal tief ein und aus. Auch, wenn ich die letzten Wochen erfolgreich einstecken konnte, das hat da nicht mehr funktioniert. Ich bin also buchstäblich aus allen Nähten geplatzt. Das Thema, dass er beim gemeinsamen Grundstück mit seiner Ex, die da ja noch wohnt, ständig immer alles macht, ist ja nach einem Jahr, zumindest für mich, immernoch sehr präsent.
Ich verband also meine heutigen Grollgründe und erklärte ihm, dass es für mich ein Phänomen sei, dass er so wichtige Themen nicht zeitnah abarbeiten konnte, aber seinen selbstauferlegten Verpflichtungen und Abmachungen mit seiner Ex, die für mich nicht sonderlich schön sind, immer gleich nachkommen will. Dass es mir viel bedeutet, wenn er seine Tabletten regelmäßig nimmt - er hat sie hier und da manchmal vergessen -, seine psychotherapeutischen und psychiatrischen Termine wahrnimmt, dem offen gegenübersteht und damit verbundene Telefonate so zügig, wie es ihm eben im Moment möglich ist, erledigt. Dass ich da Hoffnungen reinsetze. Und es sich für mich anfühlt, als würde er auf ganzer Linie auf mich schei*en. Ich hatte ihm im Vorfeld gesagt, dass mir das, was ich ihm gleich sagen werde, leid tut, aber dass es mir für heute einfach reicht und ich auch nur ein Mensch bin. Dass es morgen wahrscheinlich wieder gut sein wird, aber ich für heute einfach bedient bin.
Mein Dann pack' jetzt halt deine Sachen und fahr' da hoch. Viel Spaß beim Rasen mähen. kommentierte er mit einem Was soll das denn jetzt?. Ich antwortete ihm, dass ich halt auch mal zickig sein darf. Seine Reaktion war ein Schulterzucken und das verletzte mich noch mehr.
Also setzte ich nach und erklärte ihm, dass ich hoffe, dass er einiges Tages endlich wieder merkt, wie ich mich fühlen muss. Dass er, im Rahmen seiner Möglichkeiten, endlich wieder Schritte auf mich zugeht, anstatt von mir weg. Und dass so ein Schulterzucken als Antwort ziemlich unangebracht ist.
Er schaute mir die ganze Zeit in die Augen. Aber sagte nichts.
Dann machte er sich fertig, gab mir einen Kuss und sagte, er würde sich dann jetzt auf den Weg machen.
Heute Abend wollte er mit seiner Ex auch Finanzielles klären. Da ich schätze, dass es heute Abend spät wird, schiebte ich noch ein bissiges Kommentar nach: Mach' dir wegen mir keinen Zeitdruck, den du dir bei mir immer so ungerne machst. Komm' nachhause, wenn du es für richtig hälst.
Der Hintergrund ist, dass er es aufgrund seines bisher stressigen Lebens nicht leiden kann, wenn man ihm noch Zeitdruck macht.
Er weiß, dass das von mir nicht böse gemeint ist. Für mich gehört es aber dennoch irgendwie zu einer Beziehung dazu, zu wissen, wo der andere gerade ist, wenn man nachhause kommt und keiner ist da. Oder dass man sich sagt, wann man ungefähr wieder zuhause ist. Sind für mich ganz normale Dinge, die ihn aber stressen, da ihm immer seit vielen Jahren Zeitdruck gemacht wurde. Mach' dies, mach' das, am Besten sofort und tausend Dinge gleichzeitig.
So bin ich nicht und das weiß er. Ich nehme ihm schon immer extra viele Dinge ab, ohne dass er was sagen muss und ich mache das gerne. Nur leider projiziert er das dann auch auf mich.
Nunja. Und so habe ich dann eben, als ich alleine war, seine Schuhe durch die Gegend gepfeffert und vor Wut kurz ein paar Tränen verdrückt. Ich glaube, das ist in Ordnung so.
Gestern Abend erst nahm ich ihn in den Arm und sagte ihm, dass ich froh bin, noch bei ihm sein zu können. Weil ich gerne Zeit mit ihm verbringe. Und dass es mir leid tut, dass ich manchmal grappich reagiere. Er sagte, dass das doch verständlich sei, dass ich manchmal nunmal auch verletzt und sauer wäre. Ich nahm seine Hand, gab ihm einen Kuss und sagte ihn, dass er ein ganz toller Mensch sei.
Bei all der Selbstbeherrschung, Selbstlosigkeit, aber auch Selbstliebe, die ich mir durch die Krankheit aneignen musste, ist es schätze ich okay, dass ich ihm heute ausnahmsweise mal filterlos das Passende gesagt habe. Es musste einfach raus.
10.05.2021 16:48 •
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