Zitat von Jedi:Dies kann man gemeinsam vereinbaren - gar eine Zeit festlegen u. dann wieder zusammenzukommen
Meinst du, ein Depressiver ist dazu in der Lage, das zu akzeptieren oder damit klarzukommen? Was ist, wenn ich nicht weiß, wie viel Zeit ich brauche? Ich habe mit meiner Therapeutin geredet und sie hat mir im Grunde bestätigt, was ich irgendwie schon wusste. Man kann sagen was man will, aber ich habe eigentlich immer ein ganz gutes Gespür dafür, was ich brauche und auch wenn etwas bei ihm im Busch ist. Ich brauche Abstand, er möchte sich mir öffnen und sucht Nähe. Ist es nicht falsch hier jetzt einen Riegel vorzuschieben? Gibt es hier nicht einen Kompromiss, den ich nicht sehe?
Zitat von Milla: In einer Therapie lernst du glaube ich eher mit dir klar zu kommen, nicht so sehr mit der Umwelt oder?
Es kommt darauf an. Letzten Endes ist die Umwelt und man selber nicht klar zu trennen. In meiner Therapie habe ich gelernt, wie ich mit der Vergangenheit abschließen und klarkommen kann. Diese Erfahrungen haben sich auch darauf ausgewirkt, wie ich meine Umwelt wahrnehme - meist nicht allzu blumig. Ich habe viel über mich gelernt, kenne meine Trigger und weiß sehr viel über meine eigenen Stolpersteine. Auf das hier war ich trotzdem nicht vorbereitet.
Zitat von Milla: Stärke und Schwäche gibt es in diesem Zusammenhang nicht.
Meinst du ehrlich? Ich fühle mich manchmal unglaublich schwach dafür, dass mich das so umgehauen hat. Dass ich nicht sagen kann, dass ich jetzt 1-2 Monate darunter leide und dann geht es weiter. Im Notfall auch ohne ihn. Ich fühle mich unglaublich schwach dafür, dass ich ihn so im Fokus habe und dass mich das gerade wirklich in den Abgrund zieht. Dass ich mich nicht einfach lösen kann, ihn fliegen lasse und dann ist es halt so. Die größte Frage, die ich mir derzeit stelle ist: Wie lieben mit Hingabe aber ohne (Selbst-)Aufgabe? Ich fühle mich was das angeht gerade unglaublich schwach, dass ich ihn nicht tragen kann, dass ich das alles gerade nicht (mehr) weiß. Dass ich mich selbst so unbemerkt verloren habe in dieser Beziehung während Corona.
Zitat von Milla: Kannst du dich evtl. ein bisschen von deiner Zukunftsplanung lösen?
Ich weiß, dass ich das muss. Ich höre nur unglaublich meine biologische Uhr ticken. Es ist schwer das zu ignorieren und sich wieder vollkommen auf sich selbst zu orientieren. Ich kann das, es fällt mir gerade nur (warum auch immer) unglaublich schwer.
Zitat von Milla: Wenn ich das mit der Hochzeit und deiner Mama lese, kannst du dir dann nicht ein bisschen vorstellen wie es ihm gehen könnte?
Ich kann mir vorstellen wie es ihm geht. Ehrlich. Ich verstehe nicht alles, aber ich kann einiges nachvollziehen. Das Problem ist, dass meine Mutter von mir erwartet, dass es mir gut geht und sie beobachtet mich und gibt mir keinen Raum. Psychische Probleme sind bei ihr glaube ich manchmal immer noch tabu - psychisch krank bedeutet in ihrem Kopf glaube ich immer noch, dass man entweder zu schwach ist oder wirklich übers Kuckucksnest fliegt... Das tue ich bei ihm nicht. Er muss keine Maske vor mir tragen. Wenn wir uns gesehen haben bei den letzten Malen, hat er mir viel von seinem Gemütszustand erzählt. Er beginnt sich zu öffnen und ich bemühe mich nicht zu werten oder sofort Lösungen zu suchen. Ich sage ihm oft, dass das ok ist wie er sich gerade fühlt, dass er stark ist, dass er das schafft, dass es keine charakterlicher Fehler ist sondern die Ernte langwieriger Probleme und Belastungen (unter anderem). Was ich sagen will: er muss nicht stark bei mir sein. Als er das letzte Mal da war, habe ich seine Wange gestreichelt und er irgendwann meinen Kopf. Es war so unglaublich schön. Im Nachhinein macht es das nicht leichter, aber für diese kurzen Momente tanke ich unglaublich auf.
Zitat von Milla: Er fühlt sicher ähnlich. Er will nicht, dass du ihn leiden siehst. Er will sich am liebsten allein verkriechen und weiß das er dir damit wehtut.
Könnte es so sein?
Könnte es. Aber es geht nicht nur um mich. Er ist von Fassade vor der Familie wahren hin zu wirklich von allen mal zurückziehen. Nicht nur von mir. Ob das was gutes ist, weiß ich nicht.
Zitat von Milla: Was mir stark auffällt: ihr habt konkurrierende Ziele.
Das stimmt durchaus. Dein Spruch war übrigens sehr schlau. (: Ich weiß nur manchmal nicht, ob er der Typ ist, der nach der Heilung da ist, um sich auch um den Schaden zu kümmern, den all das hinterlassen hat. Ich glaube, ich bin dabei zu schnell zu viel zu sichern - das stimmt. Ich frag mich einfach ehrlich, wie lange es dauern wird. Ich meine, mittelgradig nicht schwer. Er hat die Therapie aber manchmal frage ich mich warum das alles so langsam voranschreitet. Warum er alle 2 Wochen etwa einen Termin hat und nicht jede Woche?
Ich hatte auch heute mein Gespräch mit meiner Therapeutin. Das hat wirklich unglaublich gut getan und es hat sehr geholfen, das gesamte Chaos einfach mal auszusprechen und abzugeben an jemanden, der das ehrlich händeln kann. Ich weiß jetzt, was los ist. Oder eher was los ist. ich kann es wirklich nur jedem hier empfehlen, sich über den Hausarzt über Therapiemöglichkeiten zu informieren!