Ich muss sagen, ich kann schon verstehen, wenn jemand sagt, dass er oder sie sich nicht zumuten will. Was ich irre fand ist, dass man bei Depressionen nicht nur im Nebel befindet, sondern wohl auch komplett abgeschottet ist von der Realität. So als wäre man als einziger nüchterner in einer Gruppe angetrunkener Leute. Und da ist es egal ob dass die Freunde oder Partner sind, wenn man nicht dasselbe Level an Trunkenheit hat, ist man irgendwie nicht so richtig Teil und in der Dynamik.
Ich finde es ist aber trotzdem wichtig, dass man sich überlegt, was man genau will. Was braucht ihr, um euch in welcher Beziehung auch immer respektiert fühlt? Ich finde es immer schwierig - in jeder anderen Situation, also würde mich ein gesunder Mann so behandeln oder würde ich sehen, dass eine Freundin so von einem Mann behandelt wird, würde ich ihr sagen, dass sie den Typen vergessen und weiterleben soll. Aaaaaaber Depression. Man ist einfach automatisch in einem Spannungsfeld und es ist kein normales Miteinander mehr. Ich glaube gelernt zu haben, dass man mit Trotz, so nah er manchmal liegt, nicht weiterkommt. Also nach dem Motto jetzt entferne ich mich, damit er mal sieht wie es ohne mich ist, bringt nichts. Folgt man der depressiven Logik würde ich wahrscheinlich denken, dass das verdient ist und dass ich selbst schuld daran sei - also volle Bestätigung meiner depressiven Gedanken. Zu verharren und warten bis der Kranke gesund wird, baut Druck auf und bringt mich selbst als Angehörige in die Position abhängig und dauerfrustriert zu sein.
Ich denke, es tut allen gut, diesen Abstand wirklich einfach zu akzeptieren und auch zu akzeptieren, dass es ohne den anderen weitergeht. Diese Gedanken von es passt nicht zu ihm/ihr, es ist so untypisch, unausgesprochen, unklar etc ich habe zwar das "Glück", dass ich zu meinem Partner noch Kontakt aufnehmen kann und dann auch noch antworten bekomme, wirklich glücklich macht es aber auch nicht. Weil auch hier die Beziehung nicht erfüllt werden kann. Weil der Satz: ich liebe dich, aber ich kann nicht mit dir zusammen sein und weiß nicht ob je wieder etc pp usw usf bla bla unglaublich frustrierend ist und wirklich Wit aufbaut - das kommt von dem Mann, der sich nichts mehr gewünscht hat als eine Welt mit mir. Der auf die Frage: wo siehst du uns in 20 Jahren eiskalt gefragt hat, warum ich denn nur von 20 Jahren reden würde? Immer wieder mit diesem Anderen, diesem Unbekannten zu reden, der gefühlt nur in der eigenen Beziehung ausfällt, macht wirklich ehrlich sehr wütend. Pest und Cholera möchte ich mal sagen
Egal was die Gründe oder Ungereimtheiten sind: niemand kann alleine eine Beziehung führen. Es gehören immer zwei dazu. Immer! Sobald einer wegfällt, warum auch immer, ist diese Beziehung aufgehoben. Der Paartherapeut mit dem ich geredet habe, hat gesagt, dass man auch als Depressiver nicht einfach verschwinden kann und dann denkt, dass das mit der Beziehung nichts macht. Alsokann man schon und es ist auch in diesem Falle sehr wichtig, das nicht als Abwertung zu verstehen oder als Charakterzeugnis - in welche Richtung auch immer. Aber ich denke, dass es falsch ist, wenn man sich jeglichen Kontakt, jegliches Gefühl für andere potentielle PartnerInnen verbietet oder ausschließt, weil man als einzige/r eine nicht erwiderte Beziehung führt - meine SEHR bescheidene Meinung.
29.08.2021 12:35 •
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