Freshdaex
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Jetzt habe auch ich einen Moment Zeit und möchte dich, wenn möglich, ein wenig auffangen genauso wie auch mich dieses Forum und seine Mitglieder aufgefangen haben.
Erst einmal möchte ich dich hier willkommen heißen und dir dafür gratulieren, dass du den Mut gefunden hast, dich uns hier anzuvertrauen und um Hilfe zu bitten.
Zitat von Sunlight1981:Wir haben uns von Anfang an toll verstanden, es wurde schnell intim und ich wusste direkt von seiner Depression, seinem Klinikaufenthalt und den Medis.
Zitat von Sunlight1981:Es war so schön und unsere Gefühle intensivierten sich bis er wieder einen Rückfall hatte und dieser dauert immer noch an.
Diesmal trifft es mich härter, ich weine ständig, komme nicht an ihn ran und stößt mich regelrecht weg.
Erst einmal muss ich sagen, dass ich gut finde, dass ihr beide an dieser Stelle mit offenen Karten gespielt habt. Eure Situation (beide noch verheiratet, aber in Scheidung) hat mich anfangs ein wenig stutzig gemacht, aber es scheint ja, als wäre die Trennung von den jeweiligen PartnerInnen doch schon länger im Gange und daher doch gewollter und eure gemeinsame Beziehung unter einem anderen Stern als Flucht vor dem nervenden Alltag einer komplizierten und phasenweise schlecht laufender Ehe - das wäre glaube ich ein sehr schlechtes Zeichen gewesen.
Ganz besonders wichtig zu bemerken, finde ich, dass er sich um seine Depressionen kümmert. Auch wenn das an dieser Stelle wahrscheinlich gefühlt wenig bringt, ist es, meiner Meinung nach gut, dass er in Behandlung ist. Für dich ist es in dieser Situation ganz wichtig, dass du wirklich aktiv erkennst, verstehst und Verantwortung loslässt. DU kannst ihm diesbezüglich NICHT helfen. Die Behandlung von Depressionen müssen von einem Außenstehenden und einem Fachmann behandelt werden. All die Folgen, die leider auch immer die Angehörigen treffen, können nur mit der Zeit vom Betroffenen mit Hilfe des Therapeuten reflektiert und korrigiert werden. Das ist ganz wichtig, dass du dir das klar machst und dich wirklich auch aktiv aus der Sache ziehst, was mit allen Schuld- und Verantwortungsgefühlen wirklich ehrlich schwer ist. Ganz besonders wichtig und schwer, weil du gerade auch in ihn verliebt bist und mit all deinen Emotionen und Gedanken auf ganz natürliche Weise auf ihn fixiert bist - das ist in einer solchen Situation immer schlimm wieder aufzulösen und den Fokus wieder auf sich selbst zurückzuholen. Generell (im Sinne der Selbstfürsorge) darfst du dir hier also eingestehen, dass deine Gefühle und insbesondere dein Hadern verständlich sind.
Zitat von Sunlight1981:Er sagt mir ich solle damit rechnen, dass es so schnell nichts wird, selbst 6 Monate sind nicht realistisch. Gleichzeitig sagte er aber wenn ich warten will, soll ich das tun.
Ich finde diesen Satz ehrlich gesagt ziemlich toll (von außen gesehen). Auch wenn es für dich erst einmal schlimm ist, auf so lange Zeit zurückgestellt zu werden, zeugt es davon, dass er seine Depressionen und seine Verfassung zu beurteilen. Auch wenn es im Rahmen einer Depressionen sehr schwarzgemalt sein kann, ist es für dich erst einmal ein Rahmen, auf den du dich einstellen kannst. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass eine ungewisse Zukunft mitsamt einem unklaren Zeitrahmen oder Feedback wirklich schwierig sind. An dieser Stelle hat auch das Gespräch mit meiner Therapeutin geholfen in Worte zu fassen, dass genau das eine Grenze von mir ist. Ohne Feedback, ohne Rahmen, ohne Zusammensein, ohne irgendetwas zu erhalten überschreitet meine persönliche Grenzen. Wo deine Grenzen sind, musst du glaube ich noch erkennen und erfühlen.
Zitat von Sunlight1981:Ich bin momentan selbst am Ende meiner Kräfte und fühle mich so hilflos und teilweise veräppelt.
Zitat von Sunlight1981:Ich bemühe mich gerade selbst um eine Therapie um alles Geschehene in diesem Jahr zu verarbeiten.
Hut ab! Gegeben deiner Situation und deiner Lebensumstände, sowie äußere als auch innere, hast du glaube ich die beste Entscheidung getroffen!
Zitat von Sunlight1981:Ich bin mittlerweile an einem Punkt an dem ich merke, dass Liebe nicht ausreicht.
Er will mich nicht loslassen, kann sich aber auch nicht wirklich für irgendetwas entscheiden.
Zitat von Sunlight1981:Wir sind weder ein Paar noch sind wir nur Freunde.
Was das angeht, sitzen wir beide sprichwörtlich im selben Boot. Mein Partner ist exakt gleich. Loslassen kann er mich nicht, will mich nicht aus der Hand geben, aber sich für mich entscheiden geht nicht. Gegen mich auch nicht. Er sagt, er hat sich komplett aufgelöst, weiß nichts mehr, auch nicht im beruflichen Sinne und was sich selbst angeht - wie soll er da eine Beziehung führen und mir Sicherheit geben... Nachvollziehbar, aber doch schmerzhaft. Ich kann also total verstehen, wie verwirrend diese Situation ist und wie hart einen das selbst verunsichert und in die Tiefe reißt. Ich weiß auch, was das mit dem eigenen Selbstwertgefühl macht. Aus jetzt bald 6 Monaten Erfahrung mit seiner Depression kann ich dir sagen, dass sich an der Situation nichts geändert hat. Einen zeitlichen Rahmen habe ich nicht. Einbezogen werden ich auch nicht. Losgelassen auch nicht. Ich möchte dich und auch den Thread nicht mit meiner (wiederholten) Geschichte vollmüllen. Ich kann dir nur sagen, dass es mehr Sinn macht, die eigenen Gefühle und Fokus auf sich selbst zu richten und die Situation und den erkrankten Menschen loszulassen.
Zitat von Sunlight1981:Kann ich vertrauen, dass seine Gefühle für mich echt sind/waren und er nur durch die Depression und den Umständen so kalt reagiert?
Ich denke schon, dass seine Gefühle echt waren. Es klingt schon so. Er hält dich ja irgendwo fest. Er entfernt sich von dir und schließt dich aus, aber wenn ich es richtig verstehe, hat er dich ja noch nicht vor die Tür gesetzt und die Beziehung offiziell beendet. Letzten Endes begibst du dich mit dieser Frage auf wirklich dünnes Eis. Diese Frage treibt einen um, weil sie DU sie NICHT endgültig beantworten kannst. Das kann nur er - und das derzeit wahrscheinlich auch nicht. Meine Therapeutin würde mich auf so eine Äußerung fragen, was es ändern würde, wenn es denn so wäre? Und was es mir geben würde, das zu wissen? Meist hilft es, wenn man sich überlegt, auf was man eigentlich aus ist.
Zitat von Sunlight1981:Sind Depressive zu allen Menschen gleich? Sprich, wenn sie Kontakt meiden, meiden sie diesen zu allen oder nur zu bestimmten Menschen?
Auch das hatte ich mal in meiner Not einen Therapeuten in einem Gespräch gefragt (als die Verlängerung meiner Therapie noch nicht in die Wege geleitet war und ich alleine dagestanden habt). Er hat gesagt, dass dem nicht so ist. Entweder zieht sich ein Depressiver von allen zurück oder von niemanden. Wenn es von einzelnen Menschen passiert, ist meist noch etwas anderes im Busch und das kann alles sein. Bei meinem Partner sind es Schuldgefühle, dass er nicht mit mir reden kann. Ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Ich denke, er weiß halt auch einfach selbst nicht was los ist, da es seine erste depressive Episode ist und zu all den Zweifeln und den depressiven Gedanken und Gefühlen fehlt die Erfahrung mit der Krankheit. Demnach denke ich, kann es sein, dass er auf dich explizit reagiert, wie er das denn nun tut. Letzten Endes kannst du auch hier nichts tun, um das zu verändern, so frustrierend und unverständlich das auch sein mag. Das muss er selbst tun.
Insgesamt muss ich sagen, dass so schlimm die Situation auch für dich ist, finde ich, dass du dich doch gut schlägst - das sollte man dir vielleicht mal sagen und das solltest du dir auch selbst einmal sagen. Es kommt gerade knüppeldick bei dir und die Situation, in der du dich gerade mit einem depressiven Partner befindest (auch wenn nur 3 Monate und vielleicht alles noch gar nicht wirklich aus- und besprochen), ist niemals und für keinen leicht. Bei mir kam die gleiche Reaktion nach 2 Jahren Beziehung und ich garantiere dir, das macht es auch nicht besser oder leichter. Du solltest dir zugute halten, dass du dich um Hilfe bemühst und du deine Situation doch realistischer einschätzt als du es vielleicht gerade selbst wahrnimmst oder merkst: ohne Hilfe wird es schwierig und du machst genau das, was du tun kannst - Hilfe suchen. Egal in welchem Zeitrahmen deine Beziehung stattgefunden hat, erlaube dir deine Gefühle. Die Situation ist sch*. Erst recht wenn man verliebt ist und sich eine schöne Zukunft ausmalt, ist das eine tolles Brecheisen. Für dich selbst würde ich dir aber empfehlen, diesen Menschen vorerst loszulassen, einfach um wieder zu dir zurückzukommen. Meiner eigenen Erfahrung nach (aber Menschen sind unterschiedlich), findet man ohne Loslassen in einem gewissen Rahmen nur schwer bis gar nicht zu sich zurück...