Ihr dürft euch beiden eingestehen, durch diese Situation mehr als verletzt zu sein. Die Frage nach dem Warum und diesen Schmerz - all das ist völlig legitim zu fühlen und das darf man und muss man auch fühlen. Der Zusammenbruch von meinem Ex ist jetzt 1 Jahr und 2 Monate her. Ich sitze immer noch ab und zu da und heule, weil ich nicht verstehen kann, wie von heute auf morgen die Liebe und der Wunsch nach einer Beziehung zu mir weg ist - weil es so unverständlich ist. Wie aus einem Zweifel aus der Depression heraus, Überzeugung wurde. Auch hier sind Schlagwörter wie alleine schaffen und managen, mich nicht belasten, mich nicht reservieren können etc. gefallen. Auch bei mir gab es ab einem gewissen Punkt eine andere Frau für ihn, wo ihm der Kontakt etwas gibt. Der Kontakt zu mir hat ihm auch was gegeben, aber offensichtlich nicht genug. Er konnte teils nicht mit mir reden, weil er sich zu sehr geschämt hat, was er nicht musste, aber er hat es trotzdem so empfunden. Und ich glaube ihm, dass ihn das gelähmt hat. Ich habe es verstanden und es hat trotzdem nichts gebracht.
Ich würde es nicht als Verstand benutzen sehen. Ich denke, es hat etwas damit zu tun, dass einem ein Einfluss vollkommen aus der Hand genommen wurde. Egal, was man macht - im Notfall wird es einem aufs übelste ausgelegt und interpretiert. Das eigene Handeln wird vom Erkrankten kaum mehr reflektiert und die Wahrnehmung über das Verhalten des Partners genauso wenig. Jedenfalls nicht am Anfang. Und in meinem Fall auch nicht darüber hinaus. Ich bin aus dieser Beziehung gegangen und habe mich wie Dreck gefühlt, weil ich - weil ICH gestritten habe. Weil ich gefrustet war. Weil ich gelitten habe und so dumm war es ihm zu sagen und damit Schuldgefühle auszulösen. Weil ich dies gesagt habe und das getan und selbst wenn es nicht böse gemeint war und aus einem Wunsch heraus Verbundenheit aufrecht zu erhalten... nun ja.
Ich weiß nicht, wie eine Depression ist. Ich kann dieses Maß an alles tut weh, selbst mein Inneres schmerzt, es tut nicht nur weh sondern es zerreißt und ist dabei gleichzeitig komplett aufgelöst, nicht nachvollziehen. Ich kann aber verstehen, dass man in diesem Moment auf Abstand geht. Und wenn die Depression alles negativ wahrnehmen lässt, jedes Lächeln des Partners ein Abwerten, Lustig machen und Geringschätzung, dann kann ich verstehen, dass man das Weite sucht. Auch wenn man vielleicht logisch weiß, dass es so nicht ist - es fühlt sich doch so an. Genauso wie ihr jetzt Dinge fühlt und gleichzeitig die Situation gedanklich anders fassen könnt, wird es da auch sein. Nur eben viel, viel schlimmer.
Ich würde euch wünschen, Abstand zu nehmen. Für euch. Und Abstand im Sinne von, lieber 100x zu viel durchgeatmet und wieder zu sich gefunden als einmal zu vorschnell gehandelt. Und auch in dem Wissen, dass IHR mir EUREM Verhalten ok gehen müsst. Im Notfall wird alles verdreht, verzerrt und einem negativ ausgelegt in der Krankheit und in der Suche nach Verantwortung und Schuld, um diese Krankheit vielleicht auch als Erkrankter irgendwie zu kontrollieren, oder zumindest das Gefühl von Kontrolle zurückzuerhalten. Wonach ich selbst mehr hätte agieren sollen: die gleiche Aktion kannst du auch in einer Woche durchführen. Und in der nächsten Woche kann ich anders auf die Situation, auf meine Gefühle schauen und vielleicht sogar anders, durchdachter Handeln. Und zuletzt - wenn ihr in 2 Wochen noch von dem, was ihr getan habt, sagen könnt, dass es die richtige Entscheidung war, dann ist es so. Egal was das depressive Hirn und Herz daraus macht - ihr wisst für euch, dass es eine gute Sache war.
23.06.2022 19:12 •
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