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Heulattacken und wüste Beschimpfungen

Herrada
Hallo,

ich bin eine verzweifelte Lebensgefährtin.
Alles begann mit dem Umzug in eine andere Stadt. Wir, das sind meine Tochter im letzten Abi-Jahr, mein Lebensgefährte und ich. Wir mussten 250 km entfernt von unserer Heimatstadt Fuß fassen, des Jobs wegen.

Mein Partner und ich arbeiteten in derselben Firma, jedoch in unterschiedlichen Abteilungen. Wir sind beide Workaholics, arbeiten gerne und selbständig. Der Geschäftsführer ist ein cholerischer Despot, der seine Mitarbeiter ständig bedroht. Das Arbeitsklima war vergiftet. Was zur Folge hatte, dass wir ständig dem negativem Stress ausgesetzt waren. Wir litten auch privat an Antriebslosigkeit. Jegliche Freude war aus unserem Leben gewichen. Wir stritten häufig wegen Belanglosigkeiten. Leider gab es auch Handgreiflichkeiten, wodurch sogar eine Operation meiner Hand nötig war. Mein Partner wurde immer frecher und fauler. Er tyrannisierte uns täglich mit seinen Beleidigungen, Kontrollwahn, belanglosen Vorwürfen und Eifersuchtsszenen.

Im Januar letzten Jahres erlitt er einen leichten Schlaganfall. Ich war entsetzt und zutiefst besorgt. Nach dem Krankenhausaufenthalt ging er 4 Wochen in die Reha. Danach wollte er unbedingt wieder arbeiten. Am ersten Tag seiner Rückkehr mussten wir zum Geschäftsführer. Der forderte, dass wir in den nächsten Tagen ein Konzept vorstellen sollten, um Geld in die Firma einzubringen, ansonsten würden wir gekündigt. Ich hatte an dem Abend und in den Folgetagen große Sorge,dass er wieder einen Schlaganfall erleiden würde. Wir taten was er forderte, doch trotzdem wurde mein Partner 4 Tage später gekündigt. Ich ein halbes Jahr später mit viel Druck und einer Abfindung. Bislang hat keiner eine Anstellung gefunden.

Mein Partner wurde immer aggressiver und beleidigender. Meine Tochter begab sich in therapeutische Behandlung, aufgrund einer diagnostizierten Depression. Das öffnete mir die Augen. Ich wehrte mich gegen seine Beleidigungen (wobei *beep*, Dreckstück und dummes Geschiss nur die leichteren sind). Er reagierte auf mein Bestreben den Anstand, Respekt und das Vertrauen wieder in die Beziehung einkehren zu lassen, mit unkontrollierten Heulattacken und weiteren Beleidigungen.

Ich quartierte mich ins Gästezimmer ein, da seine Nähe unerträglich war. Das forderte ihn wieder heraus, da es jetzt auch keinen S. mehr gab. Ich konnte mich ihm nicht mehr hingeben, das Vertrauen war zerstört. Zumal er sich über den S. der letzten Jahre ständig lustig machte. Also kapselte ich mich ein und konzentrierte mich aufs Bewerbungen schreiben und neue Leute kennenlernen, um endlich wieder entspannen und Freude entwickeln zu können. Was wiederum bei ihm zu Eifersuchtsattacken führte, trotzdem dass meine Bekanntschaften fast ausschließlich weiblich sind.

Ich konnte ihn nirgendwo mehr mit hin nehmen. Er beleidigte die Menschen, wobei Augenrollen und Zungenschnalzen noch die harmloseren Respektlosigkeiten waren. Sobald er Migranten sah, gab es abschätzige und rassistische Bemerkungen. Selbst ein Konzertbesuch verdarb er, weil ihm die Menschen, neben denen wir sassen, nicht passten. Selbst ein Spaziergang durch die Stadt oder ein Essen im Restaurant führte zu peinlichen Situationen.

Nach einigen Wochen war er endlich bereit, sich ebenfalls in therapeutischer Behandlung zu begeben. Er bekam Antidepressiva und Gesprächssitzungen, was die Situation leider nicht besserte. Seit letzten Donnerstag ist er in der Tagesklinik und seitdem haben wir zu Hause die Hölle auf Erden.

Gestern Abend ist er wieder eskaliert. Ich hatte mich morgens alleine auf eine Motorradtour begeben und bin mittags in einer Imbissbude eingekehrt. Er fragte mich, ob ich alleine gefahren bin und mit wem ich gegessen hätte. Er bezeichnete mich als *beep* und Dreckstück, als ich ihm das nicht beantworten wollte. Ich ging in mein Zimmer und er folgte und bedrohte mich. Als ich mich mit einer Handcreme Tube bewaffnete, ging er laut schreiend und stampfend wie ein Teenie aus dem Zimmer. Ich sagte, es sei aus und dass ich ihn nicht mehr ertragen könne. Er eskalierte, knallte Türen, tyrannisierte die Katze. Meine Tochter, die schon geschlafen hatte, wurde von dem Lärm wach und drohte mit der Polizei, wenn er nicht endlich Ruhe geben würde. Ich schloss mich dem an und endlich gab er Ruhe.

Heute morgen fuhr er wieder in die Klinik. Jedoch lies er auf der Tafel in der Küche ein gezeichnetes Kreuz zurück.

Ich bin ratlos. Meine Tochter kann sich nicht auf die Schule konzentrieren und kämpft mit ihrer eigenen Depression. Ich werde von ihm vor jedem Vorstellungsgespräch demoralisiert und trete den Arbeitgebern total aufgelöst entgegen. Deswegen bekomme ich natürlich keinen Job, trotz meiner Fähigkeiten. Ich würde gerne mit meiner Tochter ausziehen, jedoch kann ich mir nur diese horrenden Mieten leisten, wenn ich wieder einen Job habe. Ich komme aus diesem Teufelskreis nicht mehr raus. Ich war bis vor kurzem selbst in einer Psychotherapie. Die Therapeutin meinte, dass sie den Eindruck hat, dass ich weiß was ich will und auf meine Ziele hin arbeiten würde. Sie sehe keinen Grund diese Therapie fortzusetzen, da mein Weg klar ist. Nur müsse ich durchhalten. Aber das ist das schwerste.

Wir leiden alle. Seine Depression hat seine Charakterschwächen nur noch verstärkt. Er sieht sich als Opfer, anstatt als Täter. Ich bin schon angespannt und frustriert, wenn ich nur an heute Abend denke. Es wird dann wieder Heulattacken und wüste Beschimpfungen geben. Keine Entspannung und Ruhe. Was soll ich nur tun?

05.09.2018 09:39 • #1


JuliaW
Hallo Herrada,

ich habe Deinen Beitrag zwei Mal gelesen und mich gefragt, was auf Deine Frage: Was soll ich nur tun? eine hilfreiche Antwort sein könnte. Ich habe den Eindruck, dass da am besten Menschen helfen können, die mit solchen Fragestellungen Erfahrung haben. Es gibt ein Hilfetelefon, das bei häuslicher Gewalt (körperlich und psychisch) rund um die Uhr anonym erreichbar ist: https://www.hilfetelefon.de/das-hilfete . blick.html.

Ich hoffe, das klingt nicht zu abweisend, denn ich schätze es so ein, dass es auch hier im Forum hilfreiche Vorschläge geben wird. Und gleichzeitig ist mein Eindruck, dass Du erstmal etwas professionelleren Beistand brauchst, um wieder zur Ruhe kommen zu können, und damit die Basis hast, um überlegen zu können wie Du am besten vorgehst.

Liebe Grüße
Julia

05.09.2018 13:07 • x 1 #2


A


Hallo Herrada,

Heulattacken und wüste Beschimpfungen

x 3#3


Herrada
Liebe Julia,

Danke für deinen Rat.

Ich habe heute morgen der Tagesklinik, in der er untergebracht ist, den gestrigen Abend geschildert. Man gab mir einen Termin für nächste Woche. Ich hoffe, dass wir es bis dahin aushalten und dass man uns dort nicht abweist mit einem Spruch wie Haben sie Geduld oder Da können wir auch nicht helfen.

Liebe Grüße
Natalie

05.09.2018 13:14 • #3


JuliaW
Liebe Natalie,

das klingt wie ein sinnvoller Schritt und es ist mit Sicherheit hilfreich, die Tagesklinik mit im Boot zu haben. Was wäre, wenn Du das nicht als entweder-oder siehst sondern als sowohl-als-auch? Mir scheint, je eher Ihr (Du und Deine Tochter) Euch Unterstützung holt, desto besser für Euch alle. Deinem Partner geht es mit seinem Verhalten ja wahrscheinlich auch nicht gut und wenn Du hilfreiche Maßnahmen einleiten und für Dich Sicherheit zurückgewinnen kannst, wird das wahrscheinlich eher wieder zu einer Normalisierung Eurer Beziehung führen. Es sei denn, Du hast das mit dem es ist aus ernst gemeint.

Liebe Grüße
Julia

05.09.2018 13:26 • x 1 #4


Herrada
Liebe Julia,

Es ist leider nichts mehr von dem Mann, den ich einst so liebte, übrig. Ich weiß auch nicht, ob er das jemals wieder wird.

Ich bin kein Mensch, der einfach eine Beziehung weg wirft/aufgibt. Nur mag ich im Moment einfach nicht darüber nachdenken und auch nicht mehr fühlen, weil es einfach zu schmerzhaft ist.
Es ist derzeit das Gesündeste, mich aufs Leben zu konzentrieren.
Ein step nach dem anderen.

Liebe Grüße
Natalie

05.09.2018 17:13 • #5


JuliaW
Liebe Natalie,

genau den Eindruck hatte ich aus dem, was Du geschrieben hast, dass Du nicht einfach so die Beziehung wegwerfen möchtest. Und die Entscheidung, Dich derzeit erstmal aufs Leben zu konzentrieren, finde ich nachvollziehbar. Was würde Dir jetzt helfen, um den nächsten step zu machen?

Liebe Grüße,
Julia

05.09.2018 17:23 • x 1 #6


Herrada
Liebe Julia,

Einen Job brauche ich. Das ist der nächste step an dem ich arbeite.

Liebe Grüße
Natalie

05.09.2018 17:34 • #7


JuliaW
Liebe Natalie,

Du hattest in Deinem ersten Beitrag geschrieben:
Zitat von Herrada:
Ich werde von ihm vor jedem Vorstellungsgespräch demoralisiert und trete den Arbeitgebern total aufgelöst entgegen. Deswegen bekomme ich natürlich keinen Job, trotz meiner Fähigkeiten.


Hast Du für Dich schon einen Plan, wie Du das ändern kannst, so dass Du im Vorstellungsgespräch stabil bist und Dein Potential abrufen kannst, oder bist Du noch an Anregungen und Ideen interessiert? In Sachen Selbstregulation gibt es ja einige Möglichkeiten.

Liebe Grüße
Julia

05.09.2018 17:46 • x 1 #8


Herrada
Liebe Julia,

Ich habe meine Tochter und mich für einen Kurs an der VHS zum Thema Gelassenheit im Stress angemeldet.

Im Moment schaffe ich es nicht Stabilität und Selbstbewusstsein auszustrahlen.
Wenn du sagst Selbstregulation, welche Tipps würdest du mir geben?

Liebe Grüße
Natalie

05.09.2018 18:57 • #9


A


Hallo Herrada,

x 4#10


JuliaW
Liebe Natalie,

ich hätte drei Buchempfehlungen. Mir ist die Regulation sehr viel leichter gefallen, nachdem ich relevante Informationen über Wirkzusammenhänge verstanden und verinnerlicht hatte und mir verschiedene Werkzeuge zur Verfügung standen, die ich anwenden konnte. Dadurch gelingt es mir inzwischen immer rechtzeitig gegenzusteuern (und ich meine immer). Bücher, die dabei hilfreich waren:

    InnerGame Stress - Wie sie größere innere Stabiltät gewinnen, um die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen von W. T. Gallwey / Dr. E Hanzelik / Dr. J Horton
    https://www.amazon.de/INNER-GAME-STRESS . _1?ie=UTF8
    Dieses Buch geht wahrscheinlich in eine sehr ähnliche Richtung wie der VHS-Kurs, zu dem Du Euch angemeldet hast. Die Autoren erklären in gut verständlicher Sprache die körperlichen Zusammenhänge bei sowie Auswirkungen von Stress, sie geben viele Beispiele und bieten eine ganze Reihe von Werkzeugen. Ich habe das Buch schon oft empfohlen und inzwischen mehrere Rückmeldungen bekommen wie hilfreich das war - und das bei ganz unterschiedlichen Menschen und Situationen.

    Die HerzIntelligenz-Methode von Doc Childre / Howard Martin
    http://www.vakverlag.de/leseproben/978- . -066-6.pdf
    Ein Buch von Stressforschern, die ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse in eine Methode überführt haben, um den eigenen Stress regulieren zu lernen und damit mehr innere Stabilität zu gewinnen.

    Gedanken verändern Gefühle: Fertigkeiten, um Stimmungen, Verhalten und Beziehungen grundlegend zu verbessern von D. Greenberger C.A. Padesky
    https://www.amazon.de/Gedanken-ver%C3%A . ksie=UTF8
    Die Autoren zeigen ganz klar auf wie groß der Einfluss unserer Gedanken auf unsere Gefühle ist - und damit auch wie wir nach außen wirken. Das Buch basiert auf der kognitiven Therapie und ist von zwei Psychologen als Selbsthilfe-Buch geschrieben.

Die Bücher bieten verschiedene Ansatzpunkte, was Du selbst tun kannst, um Deine Stabilität zu verbessern und wieder mehr Selbstbewusstsein auszustrahlen. Vielleicht ist ja für Dich was dabei?

Liebe Grüße,
Julia

05.09.2018 21:07 • x 1 #10

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