Hallo @ohneFunktion , ich weiß, was du meinst und das führt auch zu ziemlicher Nutzlosigkeit in Hochsensibilitäts-Selbsthilfeforen, jedenfalls ist das meine persönliche Einschätzung.
Anders als bei Depressionen oder bei ADHS versucht dort ein Teil der Leute, ihre großen psychischen Probleme, Lebensprobleme und Leistungsausfälle statt sie behandeln zu lassen, als Beleg ihrer besonderen hochsensiblen Begabungen zu sehen, die der rohen Leistungsgesellschaft nicht gewachsen sind. Sie tun also nichts dagegen, nur sich gegenseitig verklären und bestätigen.
Es finden sich viele darunter, die sich dann sogar als besonders Begnadete, Geistheiler oder sowas, sehen nach dem Motto: Diejenigen, die eine so hohe Einfühlung in höhere Sphären haben, dass sie zu gut für uns Normalsterbliche sind und unter denen leiden.
Das ist wahrscheinlich deine Befürchtung dabei und ich kann dir sagen, damit liegst du gar nicht falsch. Oft wird dann auch noch Hochsensibilität mit Hochbegabung gleichgesetzt, beides natürlich nie getestet, sozusagen Selbstzuschreibung.
Ein anderer Teil verwechselt Hochsensibilität mit Überreizungsbeschwerden, aber nach der Literatur zur Hochsensibilität ist das ganz und gar nicht dasselbe und Überreizungsbeschwerden weisen eher auf Erkrankungen hin.
Noch ein dritter Teil wehrt sich zurecht gegen diese ganzen selbstgestrickten Vorurteile und erfährt sich als hochsensibel, ohne damit größere Probleme zu haben, aber schon, wie z.B. auch Introvertierte, sich in manchen Situationen sehr unwohl und gestört zu fühlen. Diese leider kleine Gruppe versucht, in die Foren sowas wie sachlichen Austausch zu bringen und weist darauf hin, dass Hochsensibilität für sie Sinn macht und sie sich so erfahren, aber eben, dass weder irgend ein Test noch auch nur ein Buch dazu wissenschaftlich stichhaltig ist und niemand daraus irgend eine Anspruchshaltung ableiten kann und auch keine Rücksichtsnahme, denn es ist keine Krankheit.
Es sind Besonderheiten, die Selbsthilfe interessant machen, aber Besonderheiten, mit denen jeder Normalo fertigwerden muss wie auch damit, ruhiger oder temperamentvoller zu sein.
Diese sachliche Gruppe ist so damit beschäftigt, alle neuen Verschwörungstheorien der Begnadeten abzuwehren und alles, was nicht stichhaltig ist, abzuwehren, dass sie aus dem ständigen Relativieren gar nicht herauskommen und das letzte Forum, in dem ich war, schon fast tot war vor lauter Unmöglichkeit, sich auszutauschen.
Und wenn es stimmt, dass 20-30% aller Menschen hochsensibel sind, dann ist auch völlig klar, dass die Allermeisten gar nicht in Selbsthilfeforen auftauchen, weil sie gar keinen Grund dafür haben, denn es ist halt ein Persönlichkeitsmerkmal, mehr nicht, aber auch nicht weniger.
Hochsensibilität ist nichts, was bei Krankheitssymptomen auch nur irgendwas weiterhilft.
Wer unter Überreizung leidet, so dass es zu gesundheitlichen Folgen führt, sollte dies unter psychischen Diagnosen als Symptom suchen. Das ist kein Beleg für Hochsensibilität. Nicht mal in der populärwissenschaftlichen Literatur dazu.
Das sind meine subjektiven Erfahrungen und Einschätzungen in den letzten Jahrzehnten.
29.04.2019 22:39 •
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