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Hochsensibel Erfahrungen - wer kennt das auch?

A
Hallo liebe Forengemeinde,

mich interessiert, wer von Euch sich auch mit der Zuschreibung hochsensibel identifiziert.
Ich hab mich in letzter Zeit damit beschäftigt und festgestellt, dass sehr viel davon auf mich zutrifft. Ich hatte noch nie darüber nachgedacht, dass andere vielleicht völlig anders als ich empfinden könnten und von Situationen, die ich total schrecklich finde, wie in einer vollen S-Bahn fahren, gar nicht so sehr gestresst und belastet sind.
Mir wird immer klarer, wie abhängig ich von äußeren Einflüssen bin, im Negativen wie Positiven, und wie wichtig es für meine Gesundheit ist, auch im Hinblick auf Burnout, dass ich mein Leben so einrichte, dass ich mich nicht überlaste.
Konkret habe ich z. B. gerade so einen ätzenden Arbeitsweg, dass ich schon fix und fertig bin, wenn ich bei der Arbeit ankomme, weil ich schon so viele unangenehme Stimmungen anderer Menschen, Gerüche, Geräusche aufgenommen habe trotz Ohrenstöpsel, Augen zu und autogenem Training.

Wie geht es Euch, kennt Ihr das auch?

27.04.2019 18:56 • x 6 #1


Hoffnung21
Hallo Annaleen,
Ich weiß nicht, ob ich mich als hochsensibel bezeichnen würde, aber v.a. auf laute Geräusche und viel Durcheinandergerede reagiere ich sehr empfindlich. Als die Depression noch schlimmer war konnte ich erst in ein Lokal gehen als ich mir Musikerohrstöpsel besorgt hatte und Gespräche haben sich auf wenige Minuten begrenzt. Am ersten Tag meiner Reha bin ich vom Mittagstisch geflüchtet, weil es zu laut war. Es gab Lokale/Situationen, wo ich gleich wieder umgedreht bin (zu viele Menschen, zu laut). Mittlerweile, nach 2 Jahren und den richtigen Medikamenten klappt es relativ gut. Meine Ohrstöpsel brauche ich nur noch selten, hab sie aber immer dabei. Gestern musste ich von einer Geburtstagsfeier gehen, weil zu viele Parallelgespräche in zu hoher Lautstärke waren. Aber da ich offen mit meiner Depression umgehe wissen die meisten Leute Bescheid, dass es mir grad wieder zu viel wird und verstehen, dass ich gehe.
LG
Eis

28.04.2019 08:11 • x 4 #2


A


Hallo Annaleen,

Hochsensibel Erfahrungen - wer kennt das auch?

x 3#3


Leuchtturm765
Hallo Annaleen,
ich bin auch eine hsp. Habe schon immer mit Wahrnehmungen in meiner Umgebung zu kämpfen, die anderen nichts ausmachen. Viele Geräusche und helles Licht kann ich nicht aushalten. Menschenmassen machen mich fertig. Hinzu kommt, dass ich Emotionen und Missstimmungen meiner Mitmenschen verstärkt wahrnehme und mich damit, wenn auch unterbewusst, intensiv beschäftige.

Manchmal bekomme ich es hin und kann zumindest einiges ausblenden. An anderen Tagen schaffe ich es nicht und verlasse das Haus nur wenn ich muss.
Habe schon seit meiner Jugend mit Depressionen und Angstzuständen zu kämpfen und glaube, dass die extreme Wahrnehmung von Reizen dazu viel beiträgt.
Ich könnte mir vorstellen, dass zb autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung helfen könnten, um mit den Situationen umgehen zu können.
Grüße
Leuchtturm

28.04.2019 09:18 • x 6 #3


A
Liebe Eis und Leuchtturm, vielen Dank für Eure Antworten.

@ Eis: Das kenne ich auch, dass mich das stresst und ich Schwierigkeiten habe, einer Unterhaltung zu führen, wenn sich parallel noch andere Leute unterhalten und/oder der Umgebungspegel hoch ist. Ich kann mich dann nicht auf das Gespräch konzentrieren. Aber gut, dass die Leute Verständnis haben, wenn Du Dich rausziehst.

@leuchtturm: Mir geht es genau wie Dir außer das mit dem hellen Licht. Das finde ich nicht so schlimm, wahrscheinlich auch weil ich weiss, dass es der Seele gut tut.
Das mit den Stimmungen der Mitmenschen finde ich besonders belastend, wenn es um Agressionen geht, wenn die Leute auf der Straße sich gegenseitig anfeinden, im Straßenverkehr z.B. usw. Das macht mich fertig und bei mir geht der Stresspegel danach auch nicht wieder gleich runter wie scheinbar bei den meisten Menschen, sondern das dauert recht lange. Wenn ich dicht gedrängt im Bus/Bahn stehe/sitze überkommen mich auch starke Ekelgefühle wegen Körpergerüchen, Müll etc. Also die Öffentlichen machen mir schon schwer zu schaffen. Ich bin dann oft zum Ausgleich am wochenende auch oft nur in der Wohnung um mich von den ganzen Eindrücken zu erholen. Autogenes Training praktiziere ich schon. Nur 100 prozent abschalten kann man unterwegs ja nicht, ich will schon immer so ungefähr wissen, was um mich herum passiert, was das für Leute sind, die um mich herum sind.
Wahrscheinlich muss ich mein Leben konsequent so einrichten, dass ich zuviele dieser Reize einfach vermeide.
Ich hatte eigentlich auch vor, umzuziehen, so dass mein Arbeitsweg nicht mehr so weit ist und ich auch mal mit dem Rad fahren kann. Leider sind die Mieten so teuer geworden so dass das schwierig ist.

28.04.2019 14:45 • x 4 #4


maya60
Hallo Annaleen, ich bin auch betroffen von schneller Überreizung und zwar sensorisch (Hautempfindlichkeit, Geräuschempfindlichkeit, Geruchsempfindlichkeit, Lichtempfindlichkeit, Geschmacksempfindlichkeit), emotional-psychisch, (keinen emotionalen Schutzfilter), spirituell (Mystikerin) und psychomotorisch (Zappelphilippa, Träumerin).

Weil HS ja keine Krankheit ist, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal wie z.B. Introversion, meine fast lebenslange Dauerüberreizung und Erschöpfungsdepression aber klar krankheitswertig waren, musste ich lange warten, bis ich fast 50 Jahre alt war und auch hier in D die Diagnose ADHS bei Erwachsenen anerkannt wurde und ich endlich sowohl medikamentös als auch psychotherapeutisch und in Selbsthilfe konkret an meinen Ursachen ansetzen konnte und nicht mehr nur an den Folgen, den Depressionen.

Im spirituellen Bereich bin ich nie überreizt, da scheint es sich also um echte Hochsensibilität zu handeln.

Wenn du magst, lies mal in meinen Tagebuch-Lebenslinien hier im Forum den 3. Beitrag auf Seite 1, wo ich über meine Krankheitsbiografie berichte.

Dauerüberreizung war eindeutig immer mein Hauptproblem.


Liebe Grüße! maya

28.04.2019 14:45 • x 4 #5


A
Liebe Maya,

danke auch für Deine Antwort.
Da hast Du ja einen langen Weg hinter Dir mit der Diagnosestellung und damit, Dich in Deinem Leben zurechtzufinden und so gut es geht, wohlzufühlen. Hab den Beitrag in Deinem Tagebuch gelesen.
Was meinst Du denn mit Überreizungsschmerzen und Kompensationsaktionen?

Ich war schon immer sensibel, aber diese Überreizungsprobleme sind bei mir glaube ich im Zuge von Burnout und depressiven Episoden entstanden. ich bin mir aber gar nicht so sicher, wann das eigentlich angefangen hat mit der Überrreizung. Als Kind hatte ich das nicht, ich bin aber auch auf einem Dorf aufgewachsen, in Stadtnähe, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich als Kind oder Jugendliche damit Probleme gehabt hätte.
Die Ursache für meine Depressionen sind traumatische Kindheitserlebnisse. Ich kann mir vorstellen, dass diese Traumata meinen Hormonstoffwechsel so verändert haben, dass ich jetzt schon bei geringsten Anlässen Stress empfinde. Das macht mir vor allem im Berufsleben Probleme.

Liebe Grüße

28.04.2019 15:49 • x 2 #6


maya60
Liebe Annaleen, dann liegt es bei dir anders als bei mir!

Ja, es wird ja auch von einigen diskutiert, ob Hochsensibilität durch Kindheitstraumata erworben wurden, während die meisten vermuten, es sei angeboren eben als Persönlichkeitsmerkmal. Es gibt keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse dazu soweit ich gelesen habe. Der ganze Bereich der Hochsensibilität wird auf populärwissenschaftlicher Ebene diskutiert und ist ja deshalb auch Ärzten und Psychotherapeuten recht unbekannt.

Auch zu Depressionen sind als psychosomatische Symptome Überempfindlichkeiten bekannt, die nach Ende der Depression nicht mehr auftreten.

Das Gute an einem Selbsthilfeforum wie diesem ist, finde ich, dass wir unsere Erfahrungen so gut vergleichen können und damit auch unsere eigene Selbstwahrnehmung schärfen können, was bei uns zutrifft und was ganz anders ist.

Mein Überreizungsschmerz, wie ich ihn nenne, ist schwer zu beschreiben. Außer Magen- und Kopfschmerzen, schmerzenden Augen ist es auch ein Ganzkörperschmerz, ein muskulärer unter der Verkrampfung des Daueradrenalins.

Ja, ich erlebte meine extreme Überreizung als sehr schmerzhaft. Es war ein Schmerzgefühl am gesamten Körper als ob (was ja auch der Fall war) ein enormer Stressdruck alle Muskeln in mir zusammenzog. Danach, weil ja keine Erlösung kam, starr werden ließ, Herz und Blut antrieb, ein dementsprechendes rasendes Rauschen im Körper und in der Überreizung sensorisch auch noch so, als ob Unmengen von langen Fingernägeln an einer Wandtafel hinunterkratzen, ein elektrisiertes Gefühl und wie roh ohne Haut dem ausgeliefert zu sein, als ob meine Haut ein löchriger Mantel wäre.

Dazu der emotionale (depressive) Schmerz der Machtlosigkeit und Verzweiflung, der Anspannung und Angst sowie der abgrundtiefen Erschöpfung und zahllose psychosomatische Missempfindungen wie Sehstörungen, Kribbeln, Taubheit.

Ist das irgendwie verständlich?

Kompensationsaktionen waren z.B., nicht mehr bei Klassenfahrten mitzufahren, immer stille Ecken zum Arbeiten zu suchen, immer Minuten der Auszeit zu ermogeln und wenn´s auf dem WC war, früher von Parties zu verschwinden, alles, um meine Reizoffenheit soweit zu kompensieren, dass ich nicht aus dem Alltag fiel. Damit hatte ich ca die Hälfte des Tages viel zu tun und es zog enorme Energie. Ich konnte nur halbtags berufstätig sein.

Oh, das war ein anstrengendes Leben.

28.04.2019 16:22 • x 2 #7


A
Liebe Maya,

Zitat:
Das Gute an einem Selbsthilfeforum wie diesem ist, finde ich, dass wir unsere Erfahrungen so gut vergleichen können und damit auch unsere eigene Selbstwahrnehmung schärfen können, was bei uns zutrifft und was ganz anders ist.


Ja das stimmt, fällt mir jetzt auch auf. Man geht davon aus, dass andere mit der gleichen Diagnose ähnlich empfinden aber ein und dieselbe Krankheit kann sich vollkommen anders darstellen.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob das mit der Hochsensibilität wirklich auf mich zutrifft, weil es ja nicht schon immer da war und ich hab das schon so verstanden, dass es wie bei Dir ein Persönlichkeitsmerkmal ist, was schon immer da war.

Zitat:
Mein Überreizungsschmerz, wie ich ihn nenne, ist schwer zu beschreiben. Außer Magen- und Kopfschmerzen, schmerzenden Augen ist es auch ein Ganzkörperschmerz, ein muskulärer unter der Verkrampfung des Daueradrenalins.

Ja, ich erlebte meine extreme Überreizung als sehr schmerzhaft. Es war ein Schmerzgefühl am gesamten Körper als ob (was ja auch der Fall war) ein enormer Stressdruck alle Muskeln in mir zusammenzog. Danach, weil ja keine Erlösung kam, starr werden ließ, Herz und Blut antrieb, ein dementsprechendes rasendes Rauschen im Körper und in der Überreizung sensorisch auch noch so, als ob Unmengen von langen Fingernägeln an einer Wandtafel hinunterkratzen, ein elektrisiertes Gefühl und wie roh ohne Haut dem ausgeliefert zu sein, als ob meine Haut ein löchriger Mantel wäre.

Dazu der emotionale (depressive) Schmerz der Machtlosigkeit und Verzweiflung, der Anspannung und Angst sowie der abgrundtiefen Erschöpfung und zahllose psychosomatische Missempfindungen wie Sehstörungen, Kribbeln, Taubheit.

Ist das irgendwie verständlich?


Oh das ist krass. Ja, kann ich mir ein bisschen vorstellen. Das ist bei mir auch anders. Ich stumpfe dann ab, Erschöpfung und ich werde leicht agressiv. Obwohl Schmerz im ganzen Körper empfinde ich auch z.b. bei Lärm.

Zitat:
Kompensationsaktionen waren z.B., nicht mehr bei Klassenfahrten mitzufahren, immer stille Ecken zum Arbeiten zu suchen, immer Minuten der Auszeit zu ermogeln und wenn´s auf dem WC war, früher von Parties zu verschwinden, alles, um meine Reizoffenheit soweit zu kompensieren, dass ich nicht aus dem Alltag fiel. Damit hatte ich ca die Hälfte des Tages viel zu tun und es zog enorme Energie. Ich konnte nur halbtags berufstätig sein.

Oh, das war ein anstrengendes Leben.[/quote]

Das kenne ich auch. Ich kann auch alleine zu hause in Ruhe über viele Stunden konzentriert und produktiv arbeiten, mit anderen dann so gut wie gar nicht mehr.
Ich hab auch nur eine halbe Stelle und selbst das ist mir noch zu viel. Für eigene Kinder hätte ich gar keine Energie übrig.
Was machst Du denn beruflich, wenn ich fragen darf? Wie sind da Deine Erfahrungen mit verschiedenen Tätigkeiten?

28.04.2019 19:40 • x 3 #8


maya60
Liebe Annaleen, allein schon die vielen Unterforen hier im Forum zeigen, wie viele Gesichter und Verbindung mit anderen Diagnosen Depressionen haben. Aber eben auch innerhalb ähnlicher Stichworte wie jetzt Hochsensibilität helfen wir uns gegenseitig, genau hinzugucken, seit wann wir Überreizung kennen und in welcher Form und was Überreizung mit Hochsensibilität zu tun hat.

Als ich mich vor Jahrzehnten mit HS beschäftigte, reichte es mir eben nicht, um meine starken Leiden daran zu behandeln. Ich war mir sicher, es mit einer Krankheit zu tun zu haben und kam ja so letztendlich für mich zu ADHS.

Mit Depressionen treten aber ihrerseits auch Überempfindlichkeiten auf und auch die Kriegstraumata meiner Eltern, durch die ich auch mitgeprägt bin, könnten Ursache für Überreizungen sein, egal, ob man das nun HS nennt oder nicht.

Weil aber bei mir a l l e sensorischen, emotional-psychischen und psycho-motorischen Bereiche betroffen sind und ich selber zwar stark belastet und eingeschränkt durch die Elterntraumata aber nicht selber traumatisiert bin, suchte ich doch nach etwas Zutreffenderem für mich.

Aber deine Überlegungen zu deinem Befinden habe ich so in ähnlicher Form auch schon häufiger gehört und gelesen und kann nur unterstützen, dem nachzugehen.

Abgestumpftsein, Taubheitsgefühl, aber auch Reizbarkeit kenne ich auch als Überreizungsreaktion im emotional-psychischen Bereich, eben als Erschöpfungsdepression.

Sensorische Überreizung mit allen Sinnen tut aber immer weh bei mir.

Ich bin nicht mehr berufstätig seit wir unseren autistischen und leicht geistig behinderten Sohn im Alter von 1 Jahr im Ausland adoptiert haben, das ist jetzt 17 Jahre her.
Nach den ersten 3 Jahren Elternzeit, die wir Eltern auch im Zuge der Auslandsadoption damals als Auflage hatten, versuchte ich, wieder einzusteigen, aber unser Sohn war damals so tagesformabhängig unterschiedlich in Betreuung, zudem ganz oft krank, das war nicht möglich.
In meinen freien Stunden habe ich aber online dann eben ehrenamtlich in der Redaktion eines Behindertenmagazins mitgearbeitet und als Autorin, um nicht beruflich ganz rauszukommen und weil es enorm als Selbsthilfe als Mutter eines sehr verhaltensauffälligen Kindes half, auch den LeserInnen wie auch mir.

Später habe ich ehrenamtlich Wortgottesdienste im Seniorenheim gehalten und Deutschunterricht für Flüchtlinge wie auch Integrationsbegleitung, das ging alles sozusagen in Gleitzeit rund um die Besonderheiten unseres Sohnes drapiert.

Berufstätig war ich nach meinem Studium erst in der universitären Schulforschung in der Erziehungswissenschaft (hatte zuvor Deutsch und Unterrichtsfach Pädagogik für die gymnasiale Oberstufe studiert). Das habe ich geliebt, aber nach 6 Jahren war ich völlig ausgebrannt und musste vor meiner Überreizung kapitulieren.

Lehramt würde mich genauso plätten, wusste ich, also bin ich Ergotherapeutin mit Schwerpunkt Geriatrie (die können nicht mehr schnell weglaufen, schwarzer Humor off) geworden und habe mich auf Gedächtnistraining spezialisiert.

Nach einigen Jahren dann adoptierten wir unseren Sohn.

Jetzt mache ich gerade eine Weiterbildung zur Poesie- und Bibliotherapeutin, aber just for fun. Da ich die gesetzliche Betreuerin und die Pflegeperson für unseren Sohn noch bin, ist genug zu tun. Aber auch nicht zuviel, denn mittlerweile ist unser Sohn ausgeglichen und geerdet in seinem Leben angekommen.

Alles, was ich jemals studiert und gelernt habe, konnte ich bei seiner Erziehung und Förderung gebrauchen, irgendwie passte das alles.

Seit unser Sohn 12 Jahre alt war, ließen seine Verhaltensstörungen schlagartig enorm nach und seitdem konnte und musste ich mich meiner eigenen Gesundheitsruine widmen.

Klar habe ich enorm gelitten ohne richtige Diagnose jahrzehntelang, andererseits hätte mich die heutige Diagnostik nie soviel Normalität erkämpfen lassen wie ich sie trotz allem hatte ohne Etikettierung.

Musstest du auch beruflich rumtricksen, damit spezifische Belastungsgrenzen, Interessen, Begabungen und Lebenspläne zusammenpassen?

Liebe Grüße! maya

28.04.2019 20:43 • x 2 #9


Alexandra2
Liebe Annaleen,
Ja mir es geht es sehr ähnlich, eigentlich schon immer.
Meine Ohren sind schnell überreizt, meine Augen schalten ab durch verschwommenes Sehen, mein Körper ist ein Schmerztempel durch die überspannte Muskulatur, die ich wegen des Adrenalins kaum lockern kann.
Die Symptome der Depression (massive Erschöpfung) und Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom sorgen für Überforderung (Öffis wie bei Dir), mehr als drei Menschen verursachen maximalen Stress. Soviel kann ich gar nicht meditieren, um irgendwie Entspannung da rein zu bringen. Deshalb habe ich mich daran gewöhnt, daß meine Belastbarkeit zwischen 1-4 Stunden liegt. Es spielt keine Rolle, ob in Gemeinschaft oder allein.
Das Gedankenrasen strengt sehr an und lässt sich (noch) nicht stoppen.
Es ist eine große Herausforderung, so durch den Tag zu kommen.
Vieles, das Maya beschrieb, kenne ich auch.
Das Einzige, was mir dazu als eventuell hilfreich einfällt ist, für die einzelnen Zustände einen Ideenkatalog bereit zu halten.
Liebe Grüße
Alexandra

28.04.2019 21:05 • x 3 #10


A
Liebe Maya, liebe Alexandra,
Danke für Eure Beiträge, ich freue mich total, dass hier einige geantwortet haben, und das so ausführlich. Das ist ein gutes Gefühl, nicht allein zu sein, auch wenn es bei jedem anders ist, und sich auszutauschen!

@maya:
Gut, dass Du jetzt Deine Diagnose gefunden hast. Wir sind alle individuell und werden alle in mehr oder weniger passende Diagnoseschubladen gesteckt bzw. müssen uns die Schublade suchen, die immernoch am besten passt. Zumindest, wenn man sich Hilfe holt, sich austauschen will etc.
Ich habe auch einen aus dem Ausland adoptierten Bruder, der auch eine Behinderung hat. Leider waren meine Eltern mit ihm überfordert und es geht ihm jetzt leider nicht gut. Ich will nur sagen, ich habe eine Ahnung, wieviel Arbeit und Kraft dahinter steckt, ein behindertes Kind aufzuziehen. Und dass Ihr stolz sein könnt, wenn er, wie Du schreibst, seine Verhaltensstörungen enorm nachgelassen haben und er ausglichen in seinem Leben angekommen ist. Das ist eine große Leistung.
Deine beruflichen Tätigkeiten klingen sehr interessant. Da ich schon seit meiner Jugend nicht unwesentliche psychische Probleme habe, war ich lange - oder bin ich bis heute, das weiss ich gerade nicht - beruflich auf keinen grünen Zweig gekommen. Lange studiert, abgebrochen, Jobs, lange krank. Erst letztes Jahr habe ich eine Ausbildung zur Erzieherin abgeschlossen und arbeite seitdem in einer Kita. Ganz schön anspruchsvoll und anstrengend diese Arbeit.
Heute habe ich meine Chefin darauf angesprochen, ob es möglich wäre, meine Stunden zu reduzieren, weil ich das Gefühl habe, kurz vorm Burnout zu stehen. Sie will das klären.
Also so richtig getrickst habe ich bisher nicht, irgendwie war bisher immer alles gescheitert, was mit Arbeit zu tun hatte.Bis auf diese Ausbildung und es wird sich zeigen, ob ich diese Arbeit langfristig ausüben kann. Gerade bin ich mir da nicht so sicher.
Eigentlich wollte ich auch Ergotherapeutin oder Logopädin werden, das würde mir auch besser liegen, da ich mich da in Ruhe auf eine Person konzentrieren kann. Das ging dann aber finanziell nicht, weil die Schulen so viel Schulgeld kosten. Dieses Jahr wurde das Schulgeld abgeschafft.haha.
Ich mag Kinder und kann gut mit Kindern, aber die Rahmenbedingungen, vor allem zu wenig Personal, führen zu viel Stress bei mir zumindest.

@alexandra:
Oh das hört sich ja auch krass an was Du schreibst.
Was meinst du denn mit 1-4 Stunden belastbar? Also das gilt auch alleine? Wenn Deine Gedanken andauernd rasen, dann ist das ja eine permanente Belastung oder? Das heißt, Du bist sogar auch alleine überreizt? Das ist ja hart.
Mir geht es auf jeden Fall besser, wenn ich alleine bin, dann kann ich auftanken.
Was meinst Du mit Ideenkatalog? Sind das dann Ideen, was Dir in dem Moent helfen kann, also was Du konkret tun kannst? Magst Du vielleicht ein Beispiel geben, was Dir hilft?

Liebe Grüße an Euch beide!

29.04.2019 17:17 • x 2 #11


maya60
Liebe Annaleen, danke für deine warmherzigen und wertschätzenden Worte, die tun gut.
Ich möchte dir noch schreiben, dass du deine Berufslaufbahn auf keinen Fall als Scheitern ansehen solltest! Wenn du zu krank warst von Jungauf, dann hast du dich sicherlich, verglichen mit Gesunden, viel viel mehr ins Zeug gelegt, um in einen Beruf einzumünden, viel mehr gegen inneren Schmerz und Schwäche angearbeitet, dich überwunden, nie aufgegeben, das ist das Gegenteil von Scheitern!
Und das i s t das Tricksen, das ich meine und wo uns aufgrund ernsthafter Belastungsgrenzen gar nichts anderes übrig blieb. Hätte mein Mann nicht gut genug verdient, hätte ich mitarbeiten müssen, hätte ich unseren so bedürftigen Sohn auch nicht so fördern und unterstützen können wie es nötig war die ersten 11 Jahre lang und auch noch danach.
Und ich hätte mir nicht die Ruhe und den Rückzug leisten können, um so gesund wie möglich zu sein. Uns würde es in der Familie allen schlechter gehen.

Viel Kraft und sorge weiter gut für dich! Liebe Grüße! maya

29.04.2019 18:05 • x 2 #12


Alexandra2
Liebe Annaleen,
Mir tut es auch gut, mit diesem Mist nicht allein zu sein.
Ja, die Belastbarkeit allein oder mit mehreren liegt zwischen 1 und 4 Stunden. Oft muss ich zu Hause bleiben, was kann man schon erleben in einer Stunde? Das ist sehr frustrierend, erst Recht wenn dieser Zustand lange anhält. Dann komme ich an meine Grenzen.
Mit Ideenkatalog meine ich Einzelmaßnahmen gegen die Beschwerden. Z.B. körperliche Reizüberflutung= imaginäre Mäntel über ziehen, akustische Reizüberflutung= spezielle Ohrstöpsel, Niedergeschlagenheit= Bewegung u.a.
Liebe Grüße
Alexandra

29.04.2019 18:17 • x 2 #13


O
Hallo allerseits!

Ich stelle mir die Frage nach der eigenen Hochsensibilität auch.

Aber irgendwie verbinde ich mit dieser Zuschreibun was Negatives, in dem Sinne, dass ich mich von anderen abhebe indem ich von mir denke sensibler zu sein, etc.
Versteht ihr was ich meine? Es fühlt sich dann nicht gut an. Ich finde da die Mitte n

29.04.2019 20:12 • x 1 #14


O
Hallo allerseits!

Ich stelle mir die Frage nach der eigenen Hochsensibilität auch.

Aber irgendwie verbinde ich mit dieser Zuschreibung immer was Negatives, in dem Sinne, dass ich mich von anderen abhebe indem ich von mir denke sensibler zu sein, etc.
Versteht ihr was ich meine? Es fühlt sich dann nicht gut an. Ich finde da die Mitte nicht. Auf der einen Seite sind da die Unsensiblen, auf der anderen die Hochsensiblen bzw die die sich einbilden sensibel zu sein.

Mein Gehirn lässt da irgendwie nichts liebevolles zu.

29.04.2019 20:15 • x 1 #15


O
Allerdings würde eine Hochsensibilität auch viel erklären, was mein Burnout damals und meine teilweise mangelnde Energie heute, die ich dann schnell wieder als Faulheit empfinde oder denke dass ich das für andere bin, betrifft.

Ja, da denke ich viel darüber nach.
Und kann es (leider?) so ganz und gar nicht zulassen.

29.04.2019 20:19 • x 2 #16


Alexandra2
Hallo ohne Funktion,
Ich finde es auch schwierig, Symptome oder Erscheinungen zu identifizieren und richtig zuzuordnen. DAS ist aber für mich am Wichtigsten. Nur so bekomme ich meine Gefühle benannt und kann herausfinden, was hilft.
Wenn ich das bewerten würde, was ist wertvoll oder wertlos, käme ich total durcheinander. Deshalb bin ich nicht glücklich über das Hochsensible, weiß aber jetzt, daß mir das zusätzlich soviel Energie raubt. Und der Energiemangel (nicht zu verwechseln mit Trägheit) ist bei der Depression auch markant. Wenn ich das nicht wüsste, könnte ich völlig irritiert dazu neigen, meine Gefühle zu bewerten. Das tue ich nicht. Es macht keinen Sinn und verhindert, mich selbst mehr und mehr anzunehmen und mich zu mögen mit allem Drum und Dran.
Ich möchte mich sehr gut behandeln und immer wertfrei mit mir sein
Deshalb: akzeptiere das Chaos in Dir, schaue es wohlwollend an und klammere Bewertungen aus. Du bist Dein bester Freund.
Liebe Grüße
Alexandra

29.04.2019 21:15 • x 3 #17


maya60
Hallo @ohneFunktion , ich weiß, was du meinst und das führt auch zu ziemlicher Nutzlosigkeit in Hochsensibilitäts-Selbsthilfeforen, jedenfalls ist das meine persönliche Einschätzung.

Anders als bei Depressionen oder bei ADHS versucht dort ein Teil der Leute, ihre großen psychischen Probleme, Lebensprobleme und Leistungsausfälle statt sie behandeln zu lassen, als Beleg ihrer besonderen hochsensiblen Begabungen zu sehen, die der rohen Leistungsgesellschaft nicht gewachsen sind. Sie tun also nichts dagegen, nur sich gegenseitig verklären und bestätigen.
Es finden sich viele darunter, die sich dann sogar als besonders Begnadete, Geistheiler oder sowas, sehen nach dem Motto: Diejenigen, die eine so hohe Einfühlung in höhere Sphären haben, dass sie zu gut für uns Normalsterbliche sind und unter denen leiden.
Das ist wahrscheinlich deine Befürchtung dabei und ich kann dir sagen, damit liegst du gar nicht falsch. Oft wird dann auch noch Hochsensibilität mit Hochbegabung gleichgesetzt, beides natürlich nie getestet, sozusagen Selbstzuschreibung.

Ein anderer Teil verwechselt Hochsensibilität mit Überreizungsbeschwerden, aber nach der Literatur zur Hochsensibilität ist das ganz und gar nicht dasselbe und Überreizungsbeschwerden weisen eher auf Erkrankungen hin.

Noch ein dritter Teil wehrt sich zurecht gegen diese ganzen selbstgestrickten Vorurteile und erfährt sich als hochsensibel, ohne damit größere Probleme zu haben, aber schon, wie z.B. auch Introvertierte, sich in manchen Situationen sehr unwohl und gestört zu fühlen. Diese leider kleine Gruppe versucht, in die Foren sowas wie sachlichen Austausch zu bringen und weist darauf hin, dass Hochsensibilität für sie Sinn macht und sie sich so erfahren, aber eben, dass weder irgend ein Test noch auch nur ein Buch dazu wissenschaftlich stichhaltig ist und niemand daraus irgend eine Anspruchshaltung ableiten kann und auch keine Rücksichtsnahme, denn es ist keine Krankheit.
Es sind Besonderheiten, die Selbsthilfe interessant machen, aber Besonderheiten, mit denen jeder Normalo fertigwerden muss wie auch damit, ruhiger oder temperamentvoller zu sein.

Diese sachliche Gruppe ist so damit beschäftigt, alle neuen Verschwörungstheorien der Begnadeten abzuwehren und alles, was nicht stichhaltig ist, abzuwehren, dass sie aus dem ständigen Relativieren gar nicht herauskommen und das letzte Forum, in dem ich war, schon fast tot war vor lauter Unmöglichkeit, sich auszutauschen.

Und wenn es stimmt, dass 20-30% aller Menschen hochsensibel sind, dann ist auch völlig klar, dass die Allermeisten gar nicht in Selbsthilfeforen auftauchen, weil sie gar keinen Grund dafür haben, denn es ist halt ein Persönlichkeitsmerkmal, mehr nicht, aber auch nicht weniger.

Hochsensibilität ist nichts, was bei Krankheitssymptomen auch nur irgendwas weiterhilft.

Wer unter Überreizung leidet, so dass es zu gesundheitlichen Folgen führt, sollte dies unter psychischen Diagnosen als Symptom suchen. Das ist kein Beleg für Hochsensibilität. Nicht mal in der populärwissenschaftlichen Literatur dazu.

Das sind meine subjektiven Erfahrungen und Einschätzungen in den letzten Jahrzehnten.

29.04.2019 22:39 • x 4 #18


maya60
P.S.: Und hoch empfindlich gegenüber Reizen zu sein, ist auch nur überreizt in anderen Worten. Hochsensibel meint dagegen, und das wie gesagt auch nur populärwissenschaftlich, m e h r wahrzunehmen in bestimmten Bereichen ohne Überreizung.

Ich bin zum Beispiel nicht nur geräuschempfindlich, sondern auch noch hellhörig, beim HNO getestet. Ich höre eine größere Bandbreite von Tönen als Normalo. Das nützt mir aber gar nichts, denn durch meine Überreizung verrauscht mir das alles zu einem Geräuschrauschen und -brei, so dass ich zum HNO ging, weil ich dachte, ich wäre schwerhörig, da kam das erst heraus.

Wäre ich hellhörig ohne Überreizung, könnte ich mich vielleicht hochsensibel nennen in dem Bereich, was noch lange nicht hieße, dass ich dadurch hochbegabt wäre und das absolute Gehör hätte musikalisch.

Unser autistischer Sohn unterscheidet die U-Bahntypen an ihren Motorengeräuschen und er und seine Freunde unterhalten sich im U-Bahn-Club der Autisten sogar über die unterschiedlichen Türschließgeräusche der Bahnen unterschiedlicher Städte. Solch eine Hochsensibilität ist bei Autisten als Inselbegabung bekannt. Aber damit hängen keinerlei Beschwerden zusammen.

29.04.2019 22:58 • x 3 #19


Alexandra2
Liebe Maya,
Dein Beitrag ist sehr hilfreich für mich, dankeschön.
Es ist ein schmaler Grat oder Kontinuum auf dem wir uns bewegen. Links auf einer Geraden ist die normale Wahrnehmung angesiedelt, weiter rechts die Hochsensibilität und direkt daneben das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, ganz rechts Depression u.a.- jeder Bereich hat seine Belastungsgrenze, die blitzschnell überschritten ist. Dadurch werden Krankheiten getriggert, was ich unbedingt vermeiden will. Deshalb versuche ich den Regler auf dem Kontinuum möglichst weit links zu halten bzw ihn dorthin zu bewegen.
Die Hochbegabung passt dort nicht hinein. Sie ist quälend, weil mentale Verluste, Überreizung und Reizüberflutung anspruchsvolle und länger dauernde Aktivitäten nicht gestatten. Also,was lässt sich mit der Hochbegabung anfangen?
Liebe Grüße
Alexandra

30.04.2019 06:33 • x 2 #20


O
@maya60:
Was du schreibst, trifft es auf den Punkt. Natürl

30.04.2019 07:37 • x 2 #21


O
@maya60:
Was du schreibst, trifft es auf den Punkt. Natürlich habe ich mich mit dem Thema auch befasst und bin auf die Aussagen Begnadeter gestoßen, was mich ziemlich abgestoßen hat.

In meinem Fall ist es so, dass ich immer davon ausgegangen bin, dass alle Leute ähnlich wahrnehmen, nur ich vielleicht unfähig bin mit bestimmten Begebenheiten umzugehen.

Als Teenager war ich sehr emotional: Verliebtsein hat weh getan, Musik brachte mich zum weinen, Stimmungen habe ich stark gespürt, vieles machte mich nervös, ich war schüchtern, lief oft rot an, etc.

Im Erwachsenenalter war diese Emotionalität auch noch da und die Wahrnehmungen. Lärm- und vor allem Geruchsempfindlichkeit. Großes Verständnis für andere und eben auch das Gefühl, dass ich mit der harten Welt schlecht umgehen kann.

Erst nach meinem Burnout bzw einer weiteren schweren depressiven Krise beginne ich zu begreifen, dass ich möglicherweise viele Dinge anders wahrnehme und mir deshalb andere Gedanken mache oder auch mehr Gedanken.

So kann ich mir auch besser vorstellen, dass die erhöhte Sensibilität einen zusätzlichen Stress zum Stress von außen darstellt und daher langfristig zur Überforderumg beigetragen hat.

Und vor allem, dass harte Leute nicht böse Menschen sind oder was gegen mich persönlich haben. Dass der Umgang für mich einfach nur roher und weniger feinfühlig rüberkommt.

Das würde für mich schon einiges erklären.

Jedoch bin ich da noch am Üben im liebevollen Umgang mit mir selbst und mich vor bestimmten Situationen zu schützen.

30.04.2019 07:56 • x 4 #22


O
Ich habe übrigens auch das Gefühl schlecht zu hören. Bzw wundere ich mich immer wie Kellner/innen in einem lauten Lokal die Bestellungen verstehen können.


Was bei mir im Zusammenhang mit dieser Sensibilität auch noch unangenehm mitschwingt ist, dadurch als mimosenhaft rüber zu kommen.

Echt ein kompliziertes, verzwacktes Thema.

30.04.2019 08:01 • x 1 #23


maya60
Hallo Alexandra, ich würde Hochsensibilität und Hochbegabung in den gesunden Bereich einordnen, genauso wie sportlich, handwerklich, introvertiert, extrovertiert. Auch wenn die hohe Ausprägung nicht im Bereich des Durchschnitts-Normalos liegt, liegt sie ansonsten erstmal im Normalo-Bereich der Gesundheit. Viele Genies in allen möglichen Bereichen und genauso die meisten Hochsensiblen leben ein absolut gesundes Leben, auch wenn sie sich auf ihre besonderen Bereiche konzentrieren, aber das tut ja eigentlich jeder mit seinen Vorlieben.
Wenn jemand daran gehindert wird, seinen besonders starken Bereich zu leben, das kann krank machen, aber das geht auch jedem so. Nicht leben können, wer man ist, kann krank machen.
Hochsensible und Hochbegabte brauchen mehr Angebot in ihren Spezialgebieten, Unterforderung macht auch krank, das geht aber auch jedem so, dafür gibt es ja verschiedene Schul- und Berufswege, das ist auch ganz normal.

Außerdem gibt es nervösere Menschen und auch ernstere Menschen mit Hang zur Melancholie und auch das gehört noch ganz normal zum gesunden Spektrum. Frustriert und deprimiert und weniger belastbar in Trauer- und Lebenskrisen zu sein ist auch normal und noch lange nicht depressiv oder im Fall von Nervosität überreizt oder hyperaktiv.

Heutzutage wird schnell was pathologisiert, wofür kein Platz mehr ist im heutigen Bildungssystem. Toben und Bewegungsdrang wird dann schnell schon als auffällig oder gestört etikettiert, da haben es ja Jungen besonders schwer. Und die ganzen Dienstleistungsjobs verschulen das ganze Leben so gleichförmig, dass kaum noch Raum für mehr motorische Menschen bleibt. Die kriegen dann auch nicht, was sie brauchen und sind unter- oder überfordert und erst das macht krank.

Dann gibt es die Erkrankungen oder/und Behinderungen wie ADHS, Autismus, Depressionen u.a. Und bei Depressionen kommt es wieder sehr auf die Ursachen an, die dann nahelegen, wo der wahre Trigger liegt. Das kann unter vielem anderen eben auch Überforderung genauso wie Unterforderung sein und diese beiden brauchen ganz andere Lebensveränderungen und werden ganz anders getriggert.

Und weil du wegen Hochbegabung kombiniert mit Erkrankungen fragst. Durch die Erkrankungen bleiben die Betroffenen zwar meistens unter ihren Begabungen in dem, was dann beruflich und an Hobbies geht, aber die Intelligenz hilft auch in der Kreativität der Lebensbewältigung, dann fließt sie zwar fast ganz in die Kompensation und Selbstregulation im Alltag, aber das ist besser als wäre sie nicht da.

30.04.2019 08:04 • x 1 #24


maya60
Hallo @ohneFunktion , Hochsensibel heißt nicht sensibel im Sinne von empfindlich oder empfindsam im Sinne von empathisch. Viele Hochsensible bezeichnen sich als cool und nervenstark und arbeiten in lärmendsten Großraumbüros als Computerfreaks oder in gefährlichen Adrenalinjunkie-Bereichen, sie nehmen einfach mehr wahr, darauf bezieht sich der Begriff Sensiblität, nicht auf das umgangssprachliche Sensibelchen, überhaupt nicht. Darum heißt es ja auch Englischen Hochsensivität.
Viele Hochbegabte wie mein Mann (getestet) zum Beispiel auch. Er hat Nerven wie Drahtseile und ist das Gegenteil von mir.

Die Empfindlichkeit gegenüber Sinneseindrücken oder im empathischen Bereich, sobald sie als größere Verletzbarkeit empfunden wird, ist etwas ganz anderes. Sie kann noch im gesunden und normalen Bereich liegen oder überfordern und sogar krank machen.

Wenn sie überfordert und krank macht, betrifft sie den Bereich der emotional-psychischen Stabilität oder eben spezielle organische Fehlfunktionen in der Hirnchemie oder anderem.

30.04.2019 08:17 • x 1 #25


maya60
P.S.: Noch ein Nachtrag zur Empathie, denn darin liegt einer der größten Irrtümer rund um Hochsensibilität. Umgangssprachlich wird Empathie oft mit Mitleiden verwechselt und das tun viele selbstdiagnostizierte Hochsensible auch.
HS ist aber ja eben keine Krankheit, daher keine Diagnose und ist auch, nur um das noch einmal zu erinnern, kein wissenschaftlich anerkanntes Persönlichkeitsmerkmal, aber populärwissenschaftlich so pausibel, dass es vielen Menschen hilft, sich selbst zu verstehen, wenn sie in ihrer Wahrnehmung viel breiter hören, sehen uvm. als durchschnittlich normal. (was auch trotzdem noch lange keine Hochbegabung ist, auch wenn Hochsensible nach Elaine Aaron, die das Ganze ja aufbrauchte vor 30 Jahren, überdurchschnittlich oft hohe Bildungsabschlüsse mit ihrer nützlichen breiten Wahrnehmung haben, was auch zeigt, dass sie nicht unter ihren Begabungen bleiben durch ihre Hochsensibilität, sehr viele aber durch ADHS z,B., was eine Krankheit ist).

Bei mir in meinen pädagogischen und therapeutischen und seelsorgerischen Engagements, beruflich und privat, wurde mir immer wieder attestiert, dass ich eine hohe Intuition und in dem Sinne Empathie in diesem fachlichen Umgang mit Menschen habe, was zu guten Förderungen und Unterstützungen führte und auch in Prüfungen und Arbeitszeugnissen zu hohen Bewertungen führte.

Tatsächlich habe ich schon früh gemerkt, dass es mir leicht fällt, mich in andere Menschen einzuspüren, ohne dass ich mich das im Geringsten stresste oder überreizte ganz im Unterschied zu meinen maßlosen Überreizungen in allen anderen Bereichen.

Es fiel und fällt mir so leicht, liegt mir einfach, zu erfassen wie andere ticken, welche besonderen Wahrnehmungsformen sich wie auf ihr Denken, Fühlen und Handeln auswirkt, dass es eine Art Selbstgänger war und mich weder das wissenschaftliche Forschen und Schreiben noch das therapeutische oder pädagogische Handeln stresste oder überreizte, nur alle Begleiterscheinungen.

Darum nehme ich ja an, dass alle meine Überreizungen, die mich krank machen, ADHS sind und dieser empathische Bereich wirklich im Sinne der Hochsensibilität liegt.

Viele Leute verstanden nie, dass ich so gut und gerne mit Menschen arbeite (in Einzelsitzungen oder max. kleinen Gruppen wegen meiner Überreizbarkeit) und warum es mich nicht emotional aussaugt.

Weil Empathie eine Fähigkeit wie Sportlichkeit ist, die nicht von Haus aus mit emotionaler Empfindlichkeit gekoppelt ist. Das haben mir auch viele Psychotherapeuten und Ärzte bestätigt, die sonst ihren Beruf ja gar nicht ausüben könnten.

Ein schlechtes Teamklima und dauernde Störungen, sowas machte mich platt wie auch alles, was viele sensorische Reize bedeutet und das machte mir dann die Konzentration schwer, aber ungestört seelsorgerisch, pädagogisch oder therapeutisch arbeiten oder schreiben kann ich stundenlang und es erfrischt mich noch.

Viel emotional betroffen sein ist n i c h t Empathie, mitleiden auch nicht, das ist emotionale Betroffenheit. Empathie im Bereich der emotionalen Intelligenz ist einfach eine Fähigkeit der Intuition und des Einspürens. Mitgefühl und Anteilnahme und Warmherzigkeit ist nicht Mitleiden.

Wird das klarer?

30.04.2019 09:08 • x 2 #26


O
Vielen Dank für Deine Ausführungen.

Diese Definition ist mir durchaus klar und die von Dir genannte Abgrenzung zu anderen Konstrukten gut verständlich.

Ich empfinde die Sensitivität auch nicht als Krankheit oder Belastung.
Wenn allerdings Persönlichkeitszüge wie Perfektion, Gewissenhaftigkeit oder eben auch Hochsensitivität aufeinander treffen und die äußeren Umstände einen sehr fordern, ist es gut verständlich, dass man leicht in der Überforderung oder Erschöpfung landet.

Ein Puzzleteil zum Verständnis der Depressionsentstehung sozusagen.

30.04.2019 09:52 • x 3 #27


maya60
P.P.S.: Ich hoffe, ich nerve jetzt nicht, will nur ein Gesamtbild zeigen, wie es sich mir subjetiv darstellt.

Ins letzte Hochsensibilitäts-Selbsthilfeforum bin ich gegangen, weil ich mich dort mal austauschen wollte zu meinem wenigen gesunden Lebensbereichen, die ich auch als beruflich-fachliche Schwerpunkte hatte.

Nachdem ich endlich meine schweren Krankheiten nach Jahrzehnten in einem erträglichen Alltagsmodus mit Medikamenten, Psychotherapien und Verhaltensanpassung hatte, freute ich mich auf mal ganz stresslosen Austausch zwischen Fliegenbeinzählern wie mir und welche ganz unterschiedlichen Bereiche davon wohl betroffen waren, denn es sind ja nicht alle Wahrnehmungsbereiche bei allen betroffen.

Wie erstaunt war ich da, als sich dieses Forum erstmal im Großen und Ganzen als ein Forum großer Lebensprobleme zeigte, die aber mit der Härte der Welt gegenüber den Hochsensiblen begründet wurde, so dass man die ganze Zeit an die Gesellschaft appelierte statt an sich selber oder aber von anderen wurden die Lebensbrüche als Folge der Hochsensibilitätsüberreizung gesehen und HS wie eine Diagnose gesehen.

Und die allermeisten Mitglieder dort konnten nicht berufstätig sein vor lauter Überforderungen, was ich gut verstand, weil es bei mir selber so war, aber ich wusste auch, dass das mit Hochsensibilität im Sinne von Elaine Aron und ihren SchülerInnen nichts zu tun hat.

Wenn ich von Freude an der Bereicherung meiner wenigen stressfreien Wahrnehmungsbreite schrieb, bremsten mich sofort zahlreiche Mitglieder aus, weil sie schrieben, das sei kein HS.

Und wenn ich nachfragte, was denn HS sei, kamen (ohne Bezug auf die Literatur dazu) Eigenannahmen abgeleitet aus umgangssprachlichen Vorstellungen: Hochsensibel bedeute besonders anfällig und empfindlich gegenüber den Härten der Welt und besonders viel Weltschmerz und abgebrochene Lebenswege, weil man eben geniale lebensunpraktische Höhen bewohnen würde als Geistheiler und Empath.

(Genauso wie so am Stammtisch über Depressionen geredet wird und wie dort völlig unfachlich küchenpsychologisch gesagt wird, Depression sei Mimosentum und man solle sich doch nicht so anstellen, man sei ja schließlich nicht in Kriegszeiten unterwegs.)

Die wenigen Hochsensiblen, die nur aus Interesse im Forum dort waren, nicht wegen ihrer Lebensprobleme, waren völlig irritiert, weil sie weder besondere Lebensbrüche noch Überreizbarkeiten oder Empfindlichkeiten kannten, die sie auf ihre Hochsensibilität bezogen.
Und sie waren ganz anders als ADHSler, also auch als ich in den meisten Wahrnehmungsbereichen.

Ich bewunderte die Forenleitung, die immer weiter die eh ja schon wissenschaftlich nicht anerkannten Tests und Konzepte zur Hochsensibilität wie sie aber so anspruchsvoll wie möglich von Elaine Aron und Nachfolgern bearbeitet wurden und werden, weiterbringen wollte.

30.04.2019 10:05 • x 3 #28


maya60
Hi @ohneFunktion , unsere Beiträge haben sich überschnitten. Mein letzter Text ist keine Antwort auf dich gerade gewesen!

In der neueren Literatur zur HS steht, dass Hochsensible mit unterstützendem Elternhaus sehr stabil in ihrem Selbstbild sind und ihre besondere Wahrnehmung gerade besonders positiv umsetzen können und kein bisschen als negativ erfahren, während diejenigen mit vernachlässigendem Elternhaus instabiler im Umgang mit ihrer besonderen Wahrnehmung und ihrem Selbstbild seien. Also auch wieder eigentlich ganz normal.

HS ist kein besonderes Puzzleteil bei krankmachenden Faktoren, denke ich. Sondern wenn Stressoren zuviel zusammenkommen, dann entsteht Krankheit.

30.04.2019 10:14 • x 1 #29


A


Hallo Annaleen,

x 4#30


O
Zitat von maya60:
HS ist kein besonderes Puzzleteil bei krankmachenden Faktoren, denke ich. Sondern wenn Stressoren zuviel zusammenkommen, dann entsteht Krankheit.


Das ist es eben schon.
Dazu habe ich recherchiert: oft geht damit nämlich das problem einher sich schwer abgrezen zu können und zu wenig auf sich zu achten.
Was ja wesentlich für die Entstehung der Depression ist.

30.04.2019 10:36 • x 1 #30

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