fräuleinxx
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Am besten fange ich erst mal an, in dem ich meine aktuelle Situation beschreibe.
Ich habe vor einigen Monaten mein Abitur gemacht und habe danach einen sehr schönen Sommer ohne Verpflichtungen mit all meinen Lieben um mich herum verbracht. Ich hatte die FSJ-Stelle bekommen, die ich mir so sehr gewünscht hatte, und arbeite seit September dort, ganz in der Nähe meines ursprünglichen Wohnortes, während meine Freunde größtenteils zum Studieren weggezogen sind.
Da fängt das Dilemma langsam an. Es dauerte nicht lange, da fühlte ich mich allein. Während meine Freunde allesamt neue Kontakte schließen und sich einen neuen Bekanntenkreis aufbauen, bleibt mein Leben stecken. Jeden Tag das gleiche, morgens zur Arbeit, abends zurück kommen, Sofa, Bett. Nur die Wochenende sind Lichtblicke, wenn ab und zu die alten Gesichter in die Heimat zurückkehren.
Mein Traum-FSJ hat sich inzwischen als weniger grandios herausgestellt. Größtenteils sitze ich herum und habe nichts zu tun, fühle mich überflüssig und dumm. Ich glaube, dass ich zu viel Zeit zum Nachdenken habe, denn seit September quälen mich immer wieder dieselben Gedanken: Zum einen meine Familiensituation, die mich schon mein ganzes Leben lang beschäftigt. Allen voran mein cholerischer Vater, der nie ein gutes Haar an mir gelassen hat und mit dem ich mittlerweile nur noch sporadischen Kontakt habe. Als ich 11 war, haben sich meine Eltern geschieden und ich bin mit meiner Mutter in ihr ehemaliges, heruntergekommenes Elternhaus zu meiner Großmutter gezogen. Während mein Vater sich schnell eine neue Frau gesucht hat, mit denen er ein paar Kinder bekommen hat, ist meine Mutter allein geblieben. Sie hat keine Freunde, ist komplett isoliert. Meine Großmutter ist pflegebedürftig, Alk. und unausstehlich. Jetzt, wo ich für mein FSJ zu meinem Freund gezogen bin, bin ich einerseits froh, diese Zustände nicht mehr miterleben zu müssen, aber andererseits zerfrisst mich das Mitgefühl zu meiner Mutter. Sie arbeitet den ganzen Tag lang und muss nun abends immer wieder zu diesem Scheusal zurückkehren...sie hatte doch nur mich. Nie hat sie sich bei mir über irgendwas beschwert, aber ich fühle mich so schlecht, dass ich sie mit ihrer Mutter in diesem heruntergekommenden Haus allein lasse...
Zum anderen denke ich momentan viel über meine beiden besten Freundinnen nach. Ich wusste es schon immer, aber ich wollte es mir nie richtig eingestehen, dass ich wohl in Wirklichkeit immer das fünfte Rad am Wagen dieser wunderbaren Freundschaft zwischen den beiden war. Jetzt nach unserem Abitur verbringen sie ein Freiwilligenjahr im Ausland. Aus unerfindlichen Gründen fällt es mir unglaublich schwer, den Kontakt zu ihnen aufrecht zu halten...jetzt nach drei Monaten Trennung ist beinahe Funkstille. Und während ich hier zuhause alleine sitze, fühle ich mich betrogen, dass sie im Ausland die Zeit ihres Lebens verbringen und ich in meinem Loch festsitze. Es ist ein so schrecklicher Gedanke, dass ich mich selbst dafür verachte, aber wenn ich ehrlich bin, empfinde ich mittlerweile nur noch Ekel, wenn ich ihre gegenseitigen Liebesbekundungen auf öffentlichen Plattformen wie Facebook lese. Dabei sind sie mir eigentlich unheimlich wichtig, abgesehen davon geben sie mir wirklich keinerlei Grund dafür, anderweitig für sie zu empfinden. Aber zum ersten Mal in meinem Leben zerfrisst mich die Eifersucht...
Zu guter Letzt empfinde ich momentan einfach eine Hoffnungslosigkeit wie noch nie zuvor. Ich weiß nicht, was ich mit meinem Leben anfangen soll, habe unfassbare Angst vor der Studienplatzwahl, Angst davor, mit einer falschen Entscheidung mein gesamtes Leben zu ruinieren und für immer erfolgslos oder gar arbeitslos zu sein. Diese Angst hat sich in der letzten Zeit zu einer tiefen Unzufriedenheit mit mir selbst und meinem Können ausgeweitet. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir bewusst, dass ich wirklich überhaupt gar nichts kann und dass ich als Mensch wirklich absolut bedeutungslos bin. Ich finde mich selbst so unfassbar unausstehlich, dass es mir ein Rätsel ist, wie mich auch nur irgendjemand mögen kann.
Das alles brodelte so gemächlich in mir.