Ich fühle mich wertlos / kann mich nicht binden

L
Ich bin ganz neu hier und hoffe es passt in diese Sparte. Ich muss einfach mal meine komplette Lebensgeschichte loswerden. Es ist nicht so, dass ich niemanden zum Reden habe, aber wenn ich meinen Freunden auch nur Teile meiner Vergangenheit erzähle weinen sie meist und ich will nicht wochenlang bemitleidet werden.

Also zu mir: Ich bin männlich und 24 Jahre alt. Für eventuelle Zeitsprünge oder Unklarheiten entschuldige ich mich Voraus. Ich werde versuchen alles so chronologisch wie möglich zu erzählen.
Geboren wurde ich in einer mittelgroßen Stadt im Ruhrgebiet. Ich denke meine ersten Lebensjahre waren so ziemlich die glücklichsten auch wenn ich durch den jahrelangen Dro.konsum viel verdrängt/vergessen habe. Wir hatten in dieser Zeit nicht viel. Meine Eltern waren gerade erst im Berufsleben. Wir bewohnten eine kleine Bergbauwohnung und ich hatte kein eigenes Zimmer, aber mein Vater war immer bemüht um mich und hat immer alles für mich gegeben. In dieser Wohnung wohnten wir bis ich ungefähr 6 Jahre alt war.

In dieser Zeit begann meine Mutter mich mit zu ihrer Arbeit zu nehmen, da wir uns die Tagesmutter nicht länger leisten konnten und ich nicht den ganzen Tag im Kiga bleiben konnte. Dort bekam ich mit, dass meine Mutter ein Verhältnis mit einem Arbeitskollegen hat, der, wie sich später herausstellen wird mein wirklicher Erzeuger ist, doch dazu später mehr. Wir zogen in dieser Zeit dann auch innerhalb der Stadt um. Nach ca 1,5 Jahren in dieser Wohnung bekam mein Vater dann heraus, dass meine Mutter ihn betrügt. Es kam zu einem gigantischen Streit den ich miterlebt habe und der meinen ersten Kontakt mit wirklicher Gewalt darstellt. Mein Vater hat meine Mutter geschlagen und geschubst. Ich war so schockiert davon, konnte es kaum verarbeiten. Denkt jetzt nicht, dass mein vater ein frauenschläger wäre, ganz und gar nicht. Meine Tante die ebenfalls anwesend war bestätigte mir später, dass meine Mutter ihn so niederträchtig provoziert hat.

Es ist keine Entschuldigung macht das Ganze jedoch irgendwie nachvollziehbar. Jedoch entschied ich aufgrund dieses Vorfalls bei meiner Mutter bleiben zu wollen. Damit beginnt die Abwärtsspirale in ein Loch aus dem ich noch nicht herausgefunden habe. Ich habe meine Mutter abgöttisch geliebt, jedoch ist sie Borderlinerin und hat mich oft schlecht behandelt. Sie hat mich oft angeschrien oder mir eingeredet ich wäre ein schlechtes Kind. Ich habe dies natürlich geglaubt. Jedenfalls zog ich mit meiner Mutter in eine Wohnung, da war ich sieben Jahre alt. Sie hat mir den Kontakt zu sämtlichen Familienmitgliedern verboten. Zu meiner Tante (ihrer Schwester), meinen Großeltern, die ich über alles liebte und meinem Vater einfach jedem. Diese haben sich auch gerichtlich darum bemüht mich sehen zu dürfen, wie sowas in 90ern endete brauche ich wohl niemandem zu erklären.

Die Affäre mit meinem Erzeuger lief natürlich weiter. Er war dann fast täglich bei uns. Ich musste die Wohnung dann nachmittags verlassen damit die beiden in Ruhe S. haben konnten. Ich hatte eigentlich keine Freunde und war also den ganzen Tag alleine. Ich war Schlüsselkind und nach der Schule alleine zuhause und wenn meine Mutter dann kam musste ich wie gesagt rausgehen und sollte erst abends wiederkommen. Also bin ich halt irgendwo draußen gewesen. Als Deutscher musste man sich in dieser Gegend beinahe täglich mit den Ausländern prügeln.

Also blieb ich für mich. In dieser Zeit begann dann auch das, was ich heute vielleicht als S. Missbrauch beschreiben würde. Wenn mein Erzeuger nicht da war, sollte ich meine Mutter massieren. Sie zog dabei ihren BH aus und ich sollte sie am Ohrläppchen *beep* und am hals küssen. Für mich war das damals völlig normal. In der Schule war ich immer einer der Besten und nicht übermäßig beliebt aber auch nicht verhasst.

Ich flüchtete mich einfach nachmittags in eine Fantasiewelt die ich gar nicht beschreiben kann. Es war mein Elfenbeinturm. ich begann im Alter von 8 Jahren wieder bettzunässen und hatte nachts Panikattacken, sodass ich schreiend aufwachte. Mein Tag bestand aus Schulweg inklusive Prügeleien, alleine zuhause essen, rausgehen und rumstromern, nach hause und wieder von vorne.

Als ich gerade 10 war entschieden meine Mutter und mein Erzeuger zusammen zu ziehen. Wir zogen in ein kleines Dorf auf dem Land. Doch nicht nur meine Mutter und mein Erzeuger sondern auch eine weitere Arbeitskollegin der Beiden. Jetzt beginnt die richtige sch.. Drei Monate ist alles gut, dann plötzlich zeigt mein Erzeuger sein wahres Gesicht. Er wird wütend sobald ich ihn anschaue, beleidigt mich und demütigt mich. ich habe nicht verstanden was ich getan haben soll, ich war 10 Jahre alt und unschuldig. Er sagt mir wie wertlos ich bin, dass ich eh gleichgeschlechtlich werde, niemals Freunde finden werde usw. Meine Mutter hat da nie wirklich etwas zu gesagt sie war viel zu abhängig von ihm. Auch die andere Frau stört sich daran nicht.

Also endet es wieder damit, dass ich gar nicht mehr in die Wohnung darf außer zum schlafen. In dieser Zeit waren die Erwachsenen im Haus auch jeden Abend betrunken. Diese ganze Situation schaukelte sich immer weiter hoch. Er begann meine Mutter zu schlagen, teilweise auch mich. Die verbalen und psychischen Demütigungen werden immer intensiver. ich bekomme kaum noch saubere Wäsche, muss im garten schlafen. Bin ein Stück sch. etc.

Da bin ich ungefähr 11 Jahre alt. Trotz diesen Umständen habe ich gute Freunde im Dorf gefunden, darunter auch mein bester Freund, der der wichtigste, teuerste und wundervollste Mensch ist den ich je kennen lernen durfte, ich liebe ihn wirklich über alles. Ich begann mit diesen Freunden Skateboard zu fahren und es wird mein Fixpunkt. Kurz darauf beginne ich zu kif. Zusammen mit meinem Besten, der zuhause ebenfalls einen Alk. zum vater hat und nur sch. fressen muss. Es war so schön wie egal einem alles wurde. Mir war egal dass es nichts zu essen gibt. Mir war egal wie oft ich angeschrien werde. Mir war egal ob ich lebe oder sterbe. Es war mein Schutz.

Endlich durfte ich wieder zu meinem Vater, am Wochenende. Jedoch wurde mir danach immer eingeredet dass ich ein Verräter bin weil ich diese Zeit genossen habe und das die schlimmsten Menschen überhaupt sind. Schule hat gelitten wie ich nur skaten und kif. wollte. Das gab dann zusätzlich jede Menge Stress. Also wurde ich regelmäßig rausgeschmissen und lebte dann monatelang bei meiner Oma mütterlicherseits.

Mit 14 begann zusätzlich zum Kif. noch mit dem trinken. Entweder war ich bei meiner Oma der egal war wann ich nach hause komme oder halt bei meiner Mutter der ich dann erzählt habe ich schlafe bei freunden um das Wochenende zu saufen und zu kif. Zuhause immer noch die gleiche Situation: Schläge für mich und meine Mutter, niemand der zu mir hält. Ich habe mich auch nie getraut mich jemandem gegenüber zu öffnen der mir hätte helfen können. Ich war nur noch asozial. Habe mich in der Schule sch. benommen und zuhause begann ich alles und jeden zu beleidigen. Schläge und Ärger gab es ja sowieso. Also lieber im Stehen geschlagen als wie ein räudiger Köter zu kriechen.
So sah mein Leben aus bis ich 17 wurde. Die Übergriffe meiner Mutter gingen weiter bis ich ihr körperlich überlegen war. Sie hat mich gerne mit Ringen an den Fingern geschlagen bis ich irgendwann zurückgeschlagen habe. Nach außen haben sie immer so getan als wäre ich ihr kleiner Prinz, aber hinter geschlossenen Türen ging es dann ab. Lediglich mit meinen Freunden hatte ich eine verdammt schöne Zeit an die ich gerne zurück denke.

Als ich 17 war lernte meine Mutter einen neuen Mann kennen mit dem sie sofort zusammen zog, ich natürlich mit, wo hätte ich auch sonst hingekonnt? Meinem Vater den ich kaum noch kenne? Da war wenigstens Schluss mit dem anhaltenden Missbrauch. Meine Mutter hatte mir gegenüber ein schlechtes Gewissen, was mein Freifahrtschein war. Jedoch verlangten die Beiden von mir alles zu vergessen, ich solle aufhören in der Vergangenheit zu leben. ich begann chemische Dro. zu nehmen und ging kaum noch zur Schule.

In dieser Ziet lernte ich meine erste Freundin kennen. Bis heute meine große Liebe, jedoch auch sie Borderlinerin die mach fast kaputt gemacht hat. Mit ihr war ich 5 Jahre zusammen, habe auch mit gewohnt nachdem ich mit 19 ausgezogen bin. Naja und heute ist mein Leben irgendwie einfach nur Leid. Ich fühle mich innerlich einfach nur tot. Nach dieser Freundin habe ich keine Frau mehr richtig geliebt. ich habe Suizidgedanken und das obwoh mein Leben mittlerweile gut läuft. Ich habe wunderbare Freunde, einen Job den ich liebe eine tolle Wohnung. Alles was sich junge Leute wünschen. Und doch, kann ich einfach nicht mehr.
Diese Gefühl wertlos zu sein ist nie verschwunden.

Ich bin einfach entweder traurig oder leer. Und ich kann mich nicht mehr daran erinnern wie es ist glücklich zu sein. Ich bin völlig unfähig mich zu binden. Ich habe das Gefühl verrückt zu werden und will einfach weg. Ich will nichts sehen, nichts hören und nichts fühlen. Ich bin mittlerweile Dro.frei und das intensiviert diese ganzen Gefühe auch noch. ich habe bewusst darauf verzichtet den Missbrauch detailliert zu beschreiben weil es mich immer noch selbst triggert.

10.11.2014 01:34 • #1


achtsamkeit
Hallo,

deine Lebensgeschichte ist wirklich unvorstellbar. Dass die Wunden nicht verheilt sind ist völlig klar.
Hast du denn schon eine Psychotherapie gemacht? Ich meine, dass du deine Kindheit mit Hilfe eines Psychologen aufarbeiten musst.
Alleine ist das nicht machbar und es wird auch ein sehr langer Prozess werden.
Traurig, dass niemand von außen (lehrer, Nachbarn, Ärzte) dir geholfen haben oder das Jugendamt eingeschaltet haben.
Hast du noch KOntakt mit deinem Freund?

LG Achtsamkeit

PS. Ic habe deinen Text in Abschnitte unetrteilt, ansonsten erschlägt einen der lange Text und erschwert das Lesen.

10.11.2014 10:38 • #2


A


Hallo Liferuiner,

Ich fühle mich wertlos / kann mich nicht binden

x 3#3


L
Hallo!
Nein ich habe keine Therapie gemacht. Ich wurde mit 14 zur Therapie geschickt, weil ich an allen Problemen Schuld gewesen sein soll. Der Therapeut sah das genau so. Da habe ich mein Vertrauen in Therapeuten verloren. Ja ich habe immer noch Kontakt zu meinem besten Freund. Wir sehen uns jeden Tag und er ist noch immer der wichtigste Mensch auf der Welt für mich. Kaum in Worte zu fassen wie sehr wir uns lieben. Das weiß auch jeder der uns kennt. Uns gibt es seit fast 15 Jahren nur im Doppelpack. Auch seine Freundin ist eine sehr wichtige Person in meinem Leben. Doch irgendwie habe ich mich mit dem Leidensdruck abgefunden. Es ist halt mein Lebensgefühl, dass es mir nie richtig gut geht. Ich kenne es ja nicht anders.
Vielen Dank, dass du dir die zeit genommen hast zu lesen.

10.11.2014 11:11 • #3


achtsamkeit
Hallo liferuiner,

mit vierzehn scheinst du an einen nicht gerade empathischen Therapeuten geraten zu sein.
Bitte versuche es noch einmal. Es kann dir nur helfen!
Prima, dass du mit deinem Freund weiterhin eng verbunden bist und ihr euch so gegenseitig stützen könnt.


Lg Achtsamkeit

10.11.2014 11:55 • #4


Steffi
Hallo liferuiner,
Zitat von Liferuiner:
Es ist halt mein Lebensgefühl, dass es mir nie richtig gut geht. Ich kenne es ja nicht anders.

ich kann mir das trotz anderer Kindheits- und Jugenderlebnisse gut vorstellen. Wann und wie solltest Du bei Deiner furchtbaren Geschichte auch Selbstwertgefühl entwickelt haben ?
Dass Du Dich jetzt hier im Forum registriert hast, zeigt mir aber doch, dass Du etwas verändern möchtest. Ist das so ?
Ich würde Dir, wie achtsamkeit das schon getan hat, dringend zu einer entsprechenden Therapie raten. Du bist noch jung, Dein Leben trotz traumatischer Erfahrungen überschaubar.
Zitat:
ich habe bewusst darauf verzichtet den Missbrauch detailliert zu beschreiben weil es mich immer noch selbst triggert.

Wenn Du nichts tust, wird sich nichts ändern. Du wirst dieser Abwärtsspirale ausgeliefert sein. Allein der anhaltende Missbrauch in Deinem jungen Leben sollte Anlass genug für eine Therapie sein.

10.11.2014 19:19 • #5


L
Hey Steffi!
Ich weiß nicht, ob ich wirklich etwas ändern möchte. Als Beispiel: ich habe vor kurzem
Eine Frau kennen gelernt die mir sehr glücklich gemacht hat. Und damit kam ich absolut nicht klar. Glücklich zu sein fühlt sich falsch an. Wahrscheinlich nicht nachvollziehbar aber so ist es. Das ironische an dem ganzen ist, dass jeder Mensch um mich herum mich für sehr selbstbewusst hält. Ich glaube ich muss einfach mal schauen, ob es einen Therapeuten gibt, der meinen Ansprüchen gerecht wird. Hauptgrund mich hier anzumelden war einfach mal meine Geschichte zu erzählen. Ich bin im Moment an einem Punkt in meinem Leben wo ich nicht weiß, ob ich möchte, dass es mir jemals gut geht. Das was ich geschrieben habe bezieht sich nur auf mein großwerden. Ich denke ich werde in nächster zeit einen Post zu meiner gefühlswelt verpassen... Aber ganz lieben Dank fürs lesen...

10.11.2014 21:04 • #6


Knoten
Hallo liferunner,

auch ich bin der Meinung, dass eine Therapie ein wichtiger Schritt für dich wäre.
Auszusprechen was dir passiert ist und damit zu Arbeiten, verstehen zu lernen, warum du dich Heute so fühlst, ist ein wichtiger Schritt dich selbst kennen zu lernen.

11.11.2014 11:02 • #7


L
Vielen Dank Euch! Ich habe mich bereits auf die Suche nach einem Therapeuten gemacht, bin jedoch leicht überfordert. Könnt ihr mir vielleicht Tipps geben welche therapeutische Ausrichtung für mich am geeignetsten wäre? Traumatherapie oder Psychotherapie? Psychiater oder Psychologe? Da gibt es ja scheinbar 1000 Sachen...
LG

12.11.2014 01:40 • #8


Knoten
Hallo liferunner,

du hast Recht, es gibt mehrere Varianten.
Was für dich das Richtige ist, kann ich nicht entscheiden, aber ich kann dir sagen wie ich vorgegangen bin und vielleicht wählten andere hier aus dem Forum andere Wege die für sie zielführend waren.

Als erstes habe ich mir einen Facharzt gesucht. Im besten Falle einen Psychiater oder aber einen Neurologen mit psychiatrischer Weiter -/Ausbildung.
Der Facharzt kann, meines Erachtens, eher entscheiden, ob eine Verhaltenstherapie oder eine Psychoanalyse oder aber eine Therapie für eine posttraumatische Belastungsstörung für dich das Richtige wäre.

Ohne Facharzt steht man da ganz schön im Wald.

12.11.2014 11:22 • #9


A


Hallo Liferuiner,

x 4#10


Steffi
Traumatherapie wäre in Deinem Fall sicher irgendwann sinnvoll. Zunächst aber würde ich mir an Deiner Stelle einen Facharzt für Psychiatrie suchen oder einen Psychologen. Eine Gesprächstherapie wäre sicher ein guter Anfang.

12.11.2014 13:23 • #10

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