Ist ein Burn-Out heilbar oder kommt er immer wieder?

M
Hallo, ich bin schon einige Zeit nicht mehr aktiv hier in diesem Forum gewesen. War der Meinung, mein Leben wieder im Griff zu haben.

Aber seit nun min. 4 Wochen merke ich, wie ich immer mehr an den Rand gedrückt werde. Nicht durch Arbeit, die habe ich schon vor einem Jahr verloren. Mit riesem Knall und Burn-Out und Depression. Alle Ärzte und Therapeuten waren damals der Meinung, ich sei nun kuriert, weil ich ja die Umstände geändert habe: meinen GF-Posten aufgegeben, die Eltern auf Abstand gehalten. Aber was nun? Hartz IV und Stress mit dem Amt! Das Ersparte ist fast weg. Das Ende naht. Was kommt als nächstes?

Um nicht wieder in den Sog des ungeliebten und vermeintlich als Ursache für den Burn-Out 2008/2009 gesehenen Job als Ar..h vom Dienst zu enden, habe ich mich beruflich neu orientiert. Nur wie starten, wenn mir ständig Steine in den Weg gelegt werden. Da wurden Animositäten von Job-Center-MA zu meinem ganz persönlichen Problem, so dass ich immer mehr um meine Rechte kämpfen musste und die gerade neu gewonnene Kraftreserve nun aufgebraucht ist.

Mein Studium, welches ich im Frühjahr dieses Jahres begann, um mich auf meine neue Aufgabe vorzubereiten, wird nun zur Last, obwohl ich das Thema Psychologie liebe, obwohl ich voller Zuversicht in die Zukunft geblickt habe.

Die größte Last für mich ist jedoch, dass ich nun wieder die Symptome der Depression und der völligen Erschöpfung in mir wahrnehme. Zum Arzt gehe ich nicht mehr, weil ich mir nicht geholfen fühle. Eher nur belächelt. Die Klinik, in der ich Anfang letzten Jahres war, ist nur eine Episode der Erholung und des Wiederfindens meines Selbsts gewesen. Die Tagesklinik im Herbst letzten Jahres hat bei mir eher alles schlimmer gemacht, als es schon vorher war. Mit schwersten Depressionen wurde ich aus ihr als geheilt entlassen. Reha kriege ich nicht, weil ich ja vorher selbstständig war und meine Krankenkasse keine Notwendigkeit sieht. Wie soll man denn das Burn-Out erfolgreich überstehen, wenn man nach dem totalen Reset alles neu machen möchte, aber letztendlich alles auf das Thema Geld abgestellt ist. Man wird doch zu totalen Selbstaufgabe gezwungen, nur um seine *beep* Existenz zu erhalten.

Ich kann auch dieses Schakalaka nicht mehr ertragen, wenn mir dann erzählt wird, ich soll das alles nicht so persönlich nehmen, ich sei doch etwas wert. Nein! Eben nicht! Ich habe mir wieder eine Fassade zugelegt, die verhindert, dass die Außenwelt mich ausstoßen kann. Burn-Out ist Schwäche, die in meinem Umfeld auf schärfste bestraft worden ist. Ich bin wie ein Aussetziger mir selbst überlassen worden, keiner der Freunde und Verwandten, die vor meinem Burn-Out um mich herumsurrten, wie die Wespen um den Kuchen, ist für mich da gewesen, obwohl sie helfen könnten. Solange man mich auszutschen konnte, war ich gut genug, der Moor hat seine Schuldigkeit getan, nun kann er gehen.

Meine Frau ist auch völlig überfordert. Durch Abstoßung und geäußertem Unverständnis über mein Verhalten weist sie mich in die Schranken. Sie war die einzige, der ich mich offenbaren konnte, der ich einen Einblick in mein Seelenleben geben konnte. Aber auch hier ist mein Vertrauen enttäuscht worden.

Nun stehe ich wieder allein mit meinen Problemen und finde keine Weg zur Lösung...

26.10.2010 05:57 • #1


M
Lieber Mate,
auf der einen Seite freue ich mich wieder von dir zu lesen. Auf der anderen Seite bin ich erschüttert, dass du anscheinend keinen Ausweg aus deienr Situation gefunden hast.
Leider fallen mir keine passenden Worte ein, die dir helfen könnten. Das einzige ist, dir mein Mitgefühl auszudrücken.

Was ist aus deinem Mediator geworden?

Die Schilderungen über das Verhalten deiner Frau lassen darauf schließen, dass sie auch bis an ihre Grenze belastet ist. Vermutlich sind ihre Verhaltensweisen nur Ausdruck ihrer eigenen psychischen Belastungen. Leg ihre Worte bitte nicht auf die Goldwaage. Du kennst diesen Zustand sicherlich auch von dir selbst, dass es Momente gibt, wo du trotz aller Einsichten nicht anders handeln kannst.
Ich hoffe, dass ihr wieder einen Weg zueinander findet, denn diese Stütze ist enorm wichtig.
LG
Monty

26.10.2010 11:24 • #2


A


Hallo MaTe1901,

Ist ein Burn-Out heilbar oder kommt er immer wieder?

x 3#3


S
Hallo MaTe,

Zitat von MaTe1901:
Zum Arzt gehe ich nicht mehr, weil ich mir nicht geholfen fühle. Eher nur belächelt.

Welche Erfahrungen hast Du denn mit Deinem Arzt gemacht? Wie hätte er sich denn Deiner Meinung nach verhalten müssen, damit Du das Gefühl hättest, dass er Dir hilft?
Vielleicht kannst Du das ja mal näher beschreiben.

Im übrigen fühlt sich nicht jeder bei jedem Arzt wohl.Wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat, gibt es immer die Möglichkeit, den Arzt zu wechseln, denn nicht alle Ärzte sind schlecht oder inkompetent.Es gibt Menschen, die erst beim dritten oder vierten Anlauf einen gefunden haben, wo sie sich gut aufgehoben fühlen.
Es ist zwar müßig, aber es kann sich lohnen. Schlecht ist es immer, wenn man eine negative Erfahrung mit einem Arzt auf alle anderen Ärzte projeziert.

26.10.2010 15:08 • #3


M
Hallo Ihr beiden!

Lasst es mich so ausdrücken: Ich taumel hier gerade von einer Ohnmacht in die andere. Die Kraft, die ich im letzten halben Jahr mühsam getankt habe, ist aufgebraucht. Der Ballon sinkt immer schneller!

Was ist passiert? Ich startete noch im Frühjahr mit meinem Fernstudium. Irgendwie hat es mich gewurmt, es nicht tun zu können. Mir macht es Spaß, anderen zu helfen. Habe immer ein offenes Ohr und meist sehe ich für andere auch irgendwie eine Lösung. Nur mir selbst bleibt leider die Gabe vergönnt, mir selbst zu helfen. Mit vielem Hin und Her habe ich die Gründung mit ein wenig Zuschuss vom Job-Center regelrecht erkämpft. Aber jedes Mal, wenn ich dachte, ich hab's gepackt, trampelt einer meine Pläne (als kleines grünes Pflänzchen) nieder. Entweder man nutzt mich aus und lässt mich arbeiten ohne angemessene Bezahlung oder das Job-Center kalkuliert mal schnell und windig irgendwelche fiktiven Gewinne, nur kein HartzIV mehr zahlen zu müssen. Meine Reserven sind alle. Ich meine gänzlich meine Reserven: Psyche, Physis und Moneten.

Es ist für mich gerade so, als säße ich in einem Cockpit und muss dabei zusehen, wie die Maschine abschmiert. Wer soll mich da schon rausholen können?
Ich packe mal meine innersten Gedanken aus: Neben meiner Selbstständigkeit bin ich dennoch auf einen Job angewiesen. Ob ich nun belastbar genug bin? Keine Ahnung! Aber ich würde es versuchen. Die Arbeit muss mir aber auch genug Geld für meine Familie bringen. Und da hapert's aller Orten. Egal, wo man ankloppt - *beep* an die Unternehmer! Die bilden sich glatt ein, für den Rest Geld vom Amt zu kriegen. Wäre als Einstieg für mich auch kein Problem. Die Erfahrung zeigt leider vieles anders.

Im Sommer sind meine beiden Hunde schwerkrank geworden. Die eine hätte es fast nicht geschafft. Auch hier sind Kosten entstanden, die ich nie und nimmer geahnt hätte. Die Krönung kam dann mit meiner jüngeren Hündin. Die hat's dann erwischt, als die Große gerade übers Gröbste war. Und wer hat da geholfen? Keiner! Niente! Musste ich vom Hartz IV berappen und noch gleich das Konto überziehen. Mann, wo soll ich bloß noch landen.

Vor 4 Jahren stand ich voll im Saft, habe eine gute anspruchsvolle Arbeit gehabt, mein Auskommen auch. O.k., Urlaub und sowas war da auch schon nicht mehr drin, meine Prioritäten lagen aber auf Sicherheit und ein Dach überm Kopf.

Die feinen Doktoren und Therapeuten, ja, was haben die getan? Eher nix. Ich lasse mich gerade von einer Therapeutin coachen. Die macht das sehr gut, nur ist ihre Zeit einfach auch nur begrenzt. Und der Rest? Mein Hausarzt sagt nur lapidar, dass er nix mit Depri und Burn Out anfangen kann. Meine Nachbarin, mit der wir hier befreundet sind, hat er gleich Mal krankgeschrieben und in eine Interventionsklinik eingewiesen inkl. Nachbetreuung durch ihn selbst. Na und da soll ich mir nicht veräppelt vorkommen?

Mein erster Therapeut. Ein ganz netter. Aber nett ist die Schwester von Sche..e. Der wollte mir die ganze Zeit was einreden von wegen Papa lieb haben und mit meiner Frau so richtig S. haben. Weder werde ich meinen Vater lieben, dafür ist zu viel passiert, noch werde ich durch pop. glücklicher. Die Welt dreht sich, wie sie sich dreht, da kannst du einen Handstand machen oder Purzelbäume schlagen.

Apropos Hand, damit das ganze auch gleich noch perfekt wird, schreitet die Arthrose in meinen Händen ziemlich rasant voran. Von wegen Bewegung ohne Belastung! Pah! Seit Wochen werden die Schmerzen immer schlimmer. Der Orthopäde, bei dem ich wegen meiner kaputten Hüfte war, meinte nur lapidar, ich soll doch auf einem Schwam im heißen Wasser herumdrücken. Klar, ich nehme immer ein Spülbecken mit auf den Weg, damit ich meine Handübungen machen kann. Mensch, was ist bloß los mit mir, ich möchte am liebsten zu Staub zerfallen.

26.10.2010 18:49 • #4


S
Hallo MaTe,

aus Deinen Beiträgen kann man viel Wut, vielleicht auch Resignation, aber auch Vorwurf gegen all die Menschen und Institutionen, die Dir nicht helfen, damit es Dir gut geht, herauslesen.

Gegen die Vorschriften und Gesetze der Ämter sind wir leider im Großen und ganzen machtlos. Und die Mitarbeiter haben auch die Gesetze nicht gemacht. Die dürfen Dir nur das zugestehen, was im vorgeschriebenen Rahmen liegt.

Dass Du teilweise von Deinen Mitmenschen enttäuscht bist, das kann ich verstehen. Dazu kann ich Dir nur raten, sich von denen zu distanzieren, die Dir nicht gut tun und sich denen zuzuwenden, die kein Problem mit Dir haben.
Das ist leider so und ergeht vielen hier genauso, mich eingeschlossen.
Ich habe auch schlechte Erfahrungen mit meinem Umfeld in Bezug auf meine Krankheit gemacht. Mein Freundes- und Bekanntenkreis hat sich auch geändert. Aber ich habe auch einige wenige Menschen um mich herum, wo ich mich verstanden und ernst genommen fühle. Aber auch die stehen mir nicht ständig zur Seite, jeder führt irgendwie ja auch sein eigenes Leben, was ja auch legitim ist. Aber ich habe hin und wieder zwei Freundinnen, die mir zuhören und mir ein bisschen beistehen. Bei allem anderen bin ich auch auf mich selbst gestellt., habe aber zur Unterstützung einen guten Psychiater, bei Dem ich mich gut aufgehoben fühle und bin gerade auf der Suche nach einer neuen Therapeutin, da ich meine bisherige Psychotherapie abgebrochen habe, weil es nicht die richtige Therapieform war.

Du siehst, auch ich sowie viele andere auch, müssen immer wieder neu überlegen, was ihnen gut tun könnte und dann eben auch die Initiative ergreifen, auch wenn es schwer fällt.

Zitat von MaTe1901:
Mein Hausarzt sagt nur lapidar, dass er nix mit depr. und Burn Out anfangen kann

Schon oft genug wurde sich hier darüber geäußert, dass man mit einer psychischen Erkrankung bei einem Facharzt am besten aufgehoben ist. Viele Hausärzte kennen sich auch wirklich nicht mit Depressionen aus, verschreiben zwar manchmal lapidar Antidepressiva´s, aber sie verweisen auch oft auf den Psychiater oder Neurologen.
Also solltest Du Dir am besten so schnell wie möglich einen Psychiater suchen, gerade auch deswegen, weil Deine Symptome im Moment wieder stark ausgeprägt sind.

Zitat von MaTe1901:
Es ist für mich gerade so, als säße ich in einem Cockpit und muss dabei zusehen, wie die Maschine abschmiert. Wer soll mich da schon rausholen können?

Dich rausholen kannst Du nur selber. Dabei kannst Du Dir Unterstützung bei Facharzt/Therapeuten suchen.

Zitat von MaTe1901:
Mein erster Therapeut. Ein ganz netter. Aber nett ist die Schwester von Sche..e. Der wollte mir die ganze Zeit was einreden von wegen Papa lieb haben und mit meiner Frau so richtig S. haben. Weder werde ich meinen Vater lieben, dafür ist zu viel passiert, noch werde ich durch pop. glücklicher.

Vielleicht hattest Du bisher die falsche Therapieform. Mit einem Facharzt könntest Du besprechen, welche für Dich geeignet ist.

Zitat von Sonnenblume20:
Welche Erfahrungen hast Du denn mit Deinem Arzt gemacht? Wie hätte er sich denn Deiner Meinung nach verhalten müssen, damit Du das Gefühl hättest, dass er Dir hilft?

Der zweite Teil meiner Frage, auf den Du nicht eingegangen bist, würde mich interessieren. Deswegen stelle ich die Frage nochmal in den Raum.

Oder allgemein gefragt:

Was müsste denn Deiner Meinung nach passieren, dass Du wieder glücklicher wirst? Und nochmal: Was genau wünscht Du Dir von Ärzten und/oder Therapeuten, damit Du Dich gut aufgehoben fühlen kannst?
Hast Du selbst Ideen, was Du dazu beitragen kannst, damit es Dir besser geht?

26.10.2010 23:51 • #5


M
Zitat:
Was genau wünscht Du Dir von Ärzten und/oder Therapeuten, damit Du Dich gut aufgehoben fühlen kannst?
Hast Du selbst Ideen, was Du dazu beitragen kannst, damit es Dir besser geht?


Ich habe keine Wünsche gegenüber Ärzten. Im letzten Jahr hatte ich mit... warte, ich hab's gleich ... lass' mal überlegen... da war der Hausarzt, na gut der zählt nicht, der hat nicht therapiert, dann war da mein Therapeut, dann eine Psychiaterin, die mit ihm kooperierte, weil ich ja irgendwie in eine Klinik kommen musste, dann war die Psychiaterin in der Klinik, also Nummer 3, im Frühjahr kam dann auf Anraten meines Therapeuten noch unsere Paartherapeutin hinzu, die letztenendes eher mich therapiert hat und nun coacht, dann kam im Sommer die Depression.

Ich hatte dann eine ambulante psychiatrische Einrichtung aufsuchen müssen, weil mein Therapeut im Sommerurlaub war, also Ärztin Nummer 5, im Herbst kam ich in eine der Ambulanz angeschlossenen Tagesklinik, da hatte ich dann gleich 2 Therapeutinnen und 1 Ärztin...so ich hab's es müssten so 8 gewesen sein. Und nicht ich habe die mir ausgesucht, bis auf den ersten Therapeuten und die Paartherapeutin, alle anderen waren ja mehr oder weniger zwangsweise meine Begleitung durch die ersten Phasen des Burn Outs und der Depression. Und die haben mich nicht gerade sonderlich ernst genommen.

Klar die erste Klinik war wie Urlaub auf'm Mond (kein Handyempfang, keine Menschenseele, bis auf die Patienten und das Klinikpersonal), so richtig was geklärt wurde da aber nicht. Ich wurde lediglich aus dem reißenden Strudel gerissen und mein System wurde neu gebootet, wie man so schön sagt. Die Ärztin von der Ambulanz hatte am Schluss nur noch eine Aussage für mich übrig, als ich auf der Straße saß: Es ist in Ihrem Fall einfach dumm gelaufen, da müssen Sie schon allein durch, was sollen wir denn schon für Sie tun können? Ihre Kollegin und Chefin in der Tagesklinik konnte da noch toppen: Ich merke an Ihnen keine Depression, Sie wirken vollkommen normal. Die Stationsärztin hatte noch so Sprüche drauf wie Das Sie sich beschissen fühlen, kann ich gut nachvollziehen. Und? Weiter? Was kann ich dagegen tun? Darauf hatte sie keine Antwort.

Meine Psychologin aus der Tagesklinik war noch schärfer, die rührte in meinem Seelenleben rum, bis ich zusammenbrach und dann war plötzlich die Sitzung zu ende. Wenn überhaupt mal eine stattfand. Im Bericht stand dann, dass man bei mir eher narzisstische Akzentuierungen beobachten würde, mich manchmal als Chef aufspielen würde. Ich kann diese Beurteilung genau auf die Situationen zuordnen: Ich war der einzige Patient, der sich weigerte, ein viertes Mal die Küche zu putzen. In dieser tollen Tagesklinik wurde es als Therapieansatz verkauft, dass die Patienten selber für das Frühtstück und das Mittagessen einkaufen gehen, selber kochen und auch selber die Küche mit allen Desinfektionsarbeiten etc. sauber halten.

Mal ganz unter der Hand: ich kann bei meiner Krankenkasse die Abrechnungen in meiner Patientenquittung sehen. Diese Tagesklinik war doch satte 1000 EUR teurer für 6 Wochen Aufenthalt, als die Privatklinik mit Vollpension und Anwendungen (regelmäßige Massagen, Sportangeboten, Gruppen- u. Einzelsitzungen) für 9 Wochen. Ich wurde regelrecht als mopsfidel in die große weite Welt entlassen. Ohne weitergehende Nachsorge. Nix. Ich war in der ersten Woche nach der Tagesklinik überhaupt nicht mehr ansprechbar. Ich brach vollends zu Hause zusammen, meine Frau wusste gar nix mehr. Was hätte sie auch tun können?

27.10.2010 05:27 • #6


M
Im Augenblick ist es schrecklich. Das Gefühl der inneren Finsternis und sich nicht trauen, das nach außen zu zeigen. Weil ich genau diese traurige Wahrheit, mit einer Depression verdienen sich Spezis dumm und dämlich und wirklich helfen kann keiner. Auch die Abschottung von Freunden und Bekannten, zum Teil aus Hilf- oder Ratlosigkeit, zum Teil aus Unverständnis und Unkenntnis und zum leider überwiegenden Teil aus Arroganz und Ignoranz. Burn Out und Depression sind traurigerweise in D entweder nicht richtig bekannt oder ausgelutscht. Als Modekrankheit bezeichnet, als Faulheitssyndrom tituliert, weil man sich ja hinter diesen Krankheiten verstecken könnte. Ganz ehrlich, ich kenne keinen, der eine echte Depression hatte oder ein Burn Out erleben musste, der sich dahinter verstecken wollte. Eher umgekehrt, man versteckt diese beschissene Krankheit, weil man nicht als schwaches Mitglied der Gesellschaft abgestempelt werden möchte. Unsere Leistungsgesellschaft macht uns krank. Sie laugt uns bis aufs Letzte aus und wirft uns dann in den Orkus.

Du weißt, dass du nicht voll einsatzfähig bist, musst aber 150 % Leistung bringen. Vom Waldspaziergang, Radfahren und viel Sport wirst du nicht satt. Du musst arbeiten gehen. Ich hatte erst letzte Woche die Begnung, die ich schon sehr lange gefürchtet habe. Ich bekam von einem Bekannten (Unternehmensberater und Buchführungsunternehmer) einen Anruf, dass ich bei ihm unbeding aushelfen solle, ihm sei eine Mitarbeiterin wegen Krankheit mittelfristig ausgefallen. Buchhaltung! Gerade Buchhaltung! Ich habe so eine aversion gegen Buchhaltung entwickelt, war es doch der verhasste Beruf des Kaufmanns, den ich fast 20 Jahre lang gegen meinen Willen und Lebensplan ausüben musste.

Und dann auch noch der Bekannte, der mir vor Jahren die ganzen Mandate, ich hatte bis vor 7 Jahren selber eine Buchführungsfirma, abgesaugt hatte. Und nun saß ich bei ihm in seiner Kanzlei und buchte den ganzen Tag lang unsortierte Belege. Die Bezahlung sollte ein Witz werden. Ich konnte es gerade noch zum Selbstkostenpreis umbiegen. Seit dem höre ich nix mehr von ihm. Klar, ich könnte ja Konkurrenz sein, aber ich will ja gar nicht mehr im stillen Kämmerlein die Belege abstauben.

Sonnenblume, ich denke, dass ich den Grund für mein derzeitiges Dejavú kenne und nur für lange Zeit verdrängt habe:
Ich hätte nach der ersten Klinik (wegen Burn Out) nicht mehr bei meinem Vater arbeiten gehen dürfen. Ich hätte Schwein genug sein müssen, um ihm klarzumachen, dass er mich aus der Firma rauslassen soll und mir die Ausbildung in einen neuen Beruf bezahlen soll. So hat er's mir noch im März 2009 angeboten. Nach meinem zweiten Klinikaufenthalt in der Privatklinik, war dann keine Rede mehr davon. Da war er vergnazt, dass ich einfach wieder da hin gefahren bin und Urlaub gemacht habe. Ich hätte als Entschädigung für die ganzen Jahre, in denen ich den Ar. für ihn in der Firma riskiert habe, vollen Lohnausgleich für diese Ausbildung verlangen sollen und wäre heute damit fertig gewesen.

Ich säße jetzt in meiner eigenen Heilpraxis und könnte endlich das machen, was ich schon vor Jahren machen wollte und sollte. Stattdessen ließ ich an mein Ehrgefühl appellieren, organisierte noch unser Firmenjubiläum, den Firmenumzug und musste dann bitter feststellen, dass mein Vater und mein Bruder in der Zeit meines Klinikaufenthalts entgegen ihren Ausführungen einen schei. für die Finanzen gemacht haben. Die ließen alles für mich liegen. Im September 2009 kam dann die ganze Wahrheit heraus: Ich solle gefälligst nicht so faul rumhängen und Geld kosten. Heute wissen sie, was sie an mir hatten, nur will ich nichts mehr von denen wissen. Allerdings hat mein Ausscheiden aus dem Unternehmen einen faden Beigeschmack: Ich hätte es nie und nimmer während meiner Depression machen sollen. Wie soll ich auch gesund werden, wenn ich zwar das eine Übel abschaffe, aber letztlich nur durch ein anderes, nämlich Hartz IV, ersetze?

Ich habe somit die Wahl zwischen Pest und Cholera und beides ist nicht gut für mich. Wo soll ich nun die Lösung finden? Bei einem Facharzt, der mir erklärt, dass alles dumm gelaufen ist? Das weiß ich selber! Bei einem Neurologen (Psychiater klingt bei vielen so nach Macke, oder?), der nicht mal erkennt, wie's in mir drinnen aussieht, obwohl ich tränenüberströmt vor ihm sitze? Sorry, die wollten alle nur mein Bestes...

27.10.2010 05:27 • #7


Magda
Hallo MaTe,

Zitat von MaTe1901:
(Psychiater klingt bei vielen so nach Macke, oder?)


also meine Psychiaterin (und ich war auch früher mal europaweit IT-mäßig unterwegs, nicht daß Du denkst, so von wegen Macke) hat mir mal gesagt, als ich von Erfahrungen auf meiner Reha erzählt habe (ging mir da ähnlich schlecht wie Dir in der TK): Der Patient ist der Ar.... Damit hatte sie für mich den Ton getroffen. Nicht alle Psychiater sind völlig systemunkritisch. Die Schwierigkeit ist natürlich, einen guten zu finden.

Aber irgendwie scheinst Du nicht die Hoffnung zu haben, daß es außer Dir irgendjemanden geben könnte, der klug, standfest, kritisch und kompetent genug wäre, um hilfreich für Dich zu sein. Du entwickelst nicht mal eine Vorstellung, wie denn jemand sein müßte, um Dir gut zu tun - wie also solltest Du jemanden finden, wenn Du nicht weißt, was Du suchst?

Du brauchst Verbündete! Eine unter ARGE-Fuchtel halb funktionierende Selbständigkeit und ein Studium, das dürfte den Stärksten aus den Latschen hauen. Und zunächst ist es die einzige vernünftige Möglichkeit, nach ärztlicher Unterstützung zu suchen, da deine Symptome wiederkehren. Möglichst rechtzeitig und gezielt, bevor es Dir so schlecht geht, daß Du jeden hergelaufenen über Dich ergehen lassen musst (so ähnlich klang Deine Schilderung).

Vielleicht hat Deine Therapeutin einen Tip? Oder Du fragst mal beim VDK? Oder erkundigst Dich bei einem sozialpsychiatrischen Dienst? Bei einem Krisendienst? (Keine Angst vor psychiatrisch klingenden Namen! Wichtig ist nicht, wie sich irgendwas schimpft, sondern ob sie Dir helfen können!).

Ich bin auch erstmal ziemlich durch die Gegend geirrt. Was die Zukunft bringt, weiß ich auch nicht, aber momentan fühle ich mich einigermassen geschützt und nicht verarscht.

Und nur so mal als Idee für später: Auswandern? Was derzeit hierzulande mit arbeitenwollenden Menschen getrieben wird, ist eine einzige Sauerei! In der Schweiz oder in Skandinavien soll es besser sein ...

Liebe Grüße

Magda

27.10.2010 11:43 • #8


A


Hallo MaTe1901,

x 4#9


M
Hallo Magda,

Deine Worte sind erfrischend und ehrlich zugleich.
Was soll ich sagen. Du hast in dem Punkt recht, wenn Du mir sagst, dass ich keine Vorstellung über denjenigen habe, der mir helfen könnte. Ich hab' ja das ganze Buffet durchgekostet, nur ist da nix drauf, was mir schmeckt. Hier in meiner Gegend gibt's leider auch nix brauchbares an Fachleuten. Meine Psychologin macht soweit ihren Job ganz gut. Ich vertraue ihr voll und ganz. Nur die Umstände um mich herum kann sie auch nicht ändern, dann müsste ich schon zum Film 1000 und 1 Nacht wechseln und das Lämpchen reiben.

Auswandern war für mich auch schon ein Thema, da spielen nur meine Frau und meine Tochter nicht mit. Zum einen die sprachliche und kulturelle Umstellung und zum anderen müsste ich mir Gedanken darüber machen, womit ich unseren Lebensunterhalt finanziere. Als Buchhalter bin ich im Ausland nicht gefragt. Was nutzt das deutsche Steuerrecht im Ausland? Handwerker kann ich leider nicht sein, ich habe eher zehn Daumen an beiden Händen. Leider.

Ich weiß, alles nur Contra-Argumente, Pro hätte ich allerdings auch: Weg von dieser beschissenen deutschen Mentalität, ständig über schwächere die Nase zu rümpfen. Immer schneller, weiter, schöner, besser... Es gibt hier kein Maß der Dinge mehr. Wer nicht mithalten kann, hat hier schon verloren.

27.10.2010 12:08 • #9

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