Ist mein Freund depressiv?

E
Hallo zusammen, ich bin neu und hatte zuvor noch keinerlei Berührungspunkte mit dem Thema Depression. Ich hoffe es ist okay das hier zu posten und um Rat zu bitte, falls nicht bitte meinen Beitrag einfach löschen. Mein Freund und ich (beide 26) sind seit 2,5 Jahren zusammen, wir haben uns im Studium kennengelernt und studieren im Moment auch noch zusammen. Als wir uns kennengelernt haben, habe ich als einen sehr selbstsicheren und eigentlich auch fröhlichen Menschen eingeschätzt. Das dies nicht der Fall ist, ist mehr und mehr nach ungefähr einem Jahr aufgefallen. Er zweifelt stark an sich selbst, glaubt dass er nichts kann und hat vor jeder „Herausforderung“ fruchtbare Angst, weil er denkt dieser nicht gewachsen zu sein. Er hatte keine leichte Kindheit und auch einige „Misserfolge“ in seiner Vergangenheit. Das ist aber alles etwas was ich verstehen kann und auch noch mit zurechtkomme, ihn versuche zu unterstützen und ihm Mut zu machen. Er ist ein sehr lieber und anhänglicher Mensch und braucht enorm viel Liebe und Aufmerksamkeit, ist aber sehr fürsorglich und würde „alles für mich tun“. Seit dem letzten Jahr geht es jedoch nur noch mehr bergab, zu seiner grundsätzlichen Einstellung sind immer mehr Dinge dazugekommen, er ist nicht glücklich, er freut sich über nichts mehr, er sagt Sachen wie „ich habe mir mein Leben zu diesem Zeitpunkt ganz anders vorgestellt“ (meint damit nicht genug erreicht zu haben), hält das Leben für sinnlos und fühlt sich leer. Er hat davon gesprochen dass er gerne einfach nicht mehr da wäre. Ich habe das Gefühl er sieht seine Gegenwart und Zukunft grau in grau, für ihn ist das Leben eine einzige Anstrengung und ich habe mir öfter Sorgen gemacht das er irgendwann „aufgibt“. Eine Antwort darauf war, dass er das den Menschen die er leibt niemals antun könnte. Diese Antwort war für mich das absolute Gegenteil von Lebensfreude, wenn er nur noch glaubt dasein zu müssen um niemanden wehzutun. Ich habe das ganze Jahr über versucht dagegen zu halten und ihn zu ermutigen und Hoffnung zu machen. Ich habe mit seiner Mutter gesprochen, zu der er ein gutes Verhältnis hat, ihn zu vielen Sachen ermutigt, mir frei genommen um mit ihm etwas zu unternehmen wenn er nicht allein sein konnte. Jetzt habe ich das Gefühl meine Energie ist absolut abgesaugt. Ich muss dazu sagen dass unser Liebesleben vor dem Hintergrund sehr eingeschlafen ist, das ihn zusätzlich belastet. Das ihn das belastet kann ich verstehen, für mich ist nur diese Art und dieses traurige und hoffnungslose nichts was mich körperlich anzieht, ich hoffe verständlicherweise. Ich liebe ihn sehr, dass ist es nicht, aber es ist unheimlich schwer mit der Art zu leben und sich von ihm angezogen zu fühlen. Ich habe oft trotzdem mit ihm geschlafen, weil er das „braucht“ um sich besser zu fühlen, jedoch festgestellt dass mir das absolut selbst nicht gut tut. Ich habe vor ein paar Wochen unter Tränen angefleht etwas zu ändern, das Thema Therapie stand oft im Raum, schon vorher. Er glaubt allerdings nicht an einen Erfolg bzw. hat wenig Hoffnung. Ich habe mich natürlich auch zurückgezogen in letzter Zeit, ich bin selbst so ausgebrannt und erschöpft, immer wenn er in meiner Nähe ist frage ich mich wie es ihm geht, weil er traurig und perspektivlos wirkt.

Vor ein paar Tagen hat er sich morgens per SMS getrennt und gesagt dass er mich nicht mehr liebt und dass es so besser ist. Auf meine SMS und Anrufe hat er erst später reagiert und mir am Telefon gesagt er würde das schon länger wollen und das es mit uns einfach nicht besser werden würde und und und. Ich war absolut fassungslos, mir war natürlich bewusst das es nicht gut läuft, aber das „Ich liebe dich nicht mehr“ hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen.
Abends hat er sich erneut gemeldet und alles zurückgenommen und gesagt er hätte sich selbst alles nur einreden wollen und er werde eine Therapie beginnen und alles wird besser. Seitdem benimmt er sich äußerst liebevoll und beteuert seine Liebe und Zuneigung. Ich habe mich zurückgezogen aktuell und bin mit allem überfordert und ratlos und ehrlich gesagt tief verletzt von den Sachen die er gesagt hat.

Ich weiß nicht ob er unter Depressionen leidet, ich weiß nur das er leidet. Ich weiß nicht mehr was ich tun soll und und fühle mich absolut hilflos. Auf einen Rat in irgendeiner Form zu hoffen ist sicher naiv, aber ich weiß nicht was ich tun soll.

22.10.2017 09:59 • #1


Fritz
Hallo EllaK123
Natürlich ist es ok, wenn du hier deine Sorgen beschreibst! Ich habe festgestellt, dass fast alle Menschen, die depressiv sind, ein Mangel an Selbstliebe haben. (Ich auch) Gesunde Selbstliebe, bitte nicht verwechseln mit Egoismus. Negativer Egoismus, wenn jemand meint, er ist der Nabel der Welt und alles muss sich um ihn drehen. Ich meine, die Liebe zu sich selbst. Die kürzesten Worte, nämlich ja oder nein erfordern das meiste Nachdenken. Dein Freund hat negative Erfahrungen gemacht, die haben sich natürlich in sein Gehirn eingespurt. Unter diesen Erfahrungen leidet er. Aber nur er selber kann die negative Sichtweise verändern. Da passiert natürlich nichts von heute auf morgen. Hier braucht man viel Geduld und Durchhaltevermögen. Alle anderen können ihn nur ermuntert, Trost spenden und Verständnis zeigen. Es ist möglich, mit Wissen den negativen Pfad zu verlassen und wieder Freude empfinden. Ich denke, dass eine Therapie sinnvoll ist und das Auf und Ab verbessert. Es ist immer die Sichtweise und nicht das Objekt, das negativ ist. Ich wünsche euch, dass das eintrifft, was ihr euch selber am Meisten wünscht!

22.10.2017 18:16 • #2


M
Hallo EllaK, hallo Forummitglieder,
ich bin auch neu hier im Forum und sage mal freundlich Hallo. Warum ich hier bin ? Um Erfahrungen von Anderen betroffenen Menschen zu erfahren, die einen depressiven Partner haben, so wie ich. Eins kann ich jetzt schon schreiben, es gibt gute Zeiten und es gibt sehr schwere Zeiten. Für Betroffene ist dies eine sehr große Herausforderung und verlangt einem sehr viel ab. Ich habe damals viel zu lange gewartet, mich damit auseinanderzusetzen und einer Freundin anzuvertrauen. Daher ist es gut das du diesen Schritt gemacht hast. Man kann es allein kaum bewältigen. Wichtig ist das du dich mit diesem Krankheitsbild auseinandersetzt um nicht vor die Hunde zu gehen. Es ist eine Krankheit die man nicht wegreden kann mit schönen Worten, es ist bald alles wieder gut. Ich kann nur aus meiner Erfahrung schreiben. Bei jedem ist der Verlauf anders. Betroffene leben definitiv in einer anderen Welt in dieser Zeit. Das einzigste was ich dann gesagt bekomme von ihm ist, es hat nichts mit dir zu tun, mir geht es grade nicht gut. Die Phasen sind meist nur tageweise-ein Glück. Bei anderen kann es Wochen oder Monate sein. Er war damals in Therapie und hat auch Tabletten, die er mal nimmt und mal nicht. Ich sage dazu nichts mehr. Dein Gegenüber verändert sich dann zu schweigsam, gefühlskalt, verletzend, weinerlich, aggressiv und ungerecht.
Wir haben grade auch wieder seit zwei Tagen einen ,,Schub und es raubt mir jedesmal die Kraft. Ich sage ihm dann immer nur -ich bin für dich da egal was passiert und kümmere mich um das Alltägliche. Er rafft sich auch auf und geht arbeiten, wenn es ganz schlimm ist bleibt er einfach im Bett und schläft den ganzen Tag, das ist mir dann immer noch am liebsten. Aber es ist für mich immer noch schwer einfach den Alltag zu bewältigen, da ich mir immer Gedanken mache. Grade diese Ignoranz welche nicht beabsichtigt ist, setzt mir am meisten zu. Man reibt sich auf und muss sich noch anblubbern lassen. Man kommt sich dann vor wie ein Idiot. Das Problem, man muss sich damit auseinandersetzen um einen Weg zu finden, damit man nicht selber auf der Strecke bleibt. Die Betroffenen wissen das meistens auch, dass es für Angehörige schwer ist, aber nicht in dem Moment wo es stattfindet. Reden bringt dann auch nicht viel, da sie Dinge ganz anders empfinden und ihren Alltag als Belastung sehen. Sie stehen sich sozusagen selbst im Weg. Das sind Erfahrungen die ich gemacht habe und noch mache. Die Abstände sind unterschiedlich, mal ist paar Monate Ruhe und dann merke ich es- wenn er immer ruhiger und in seiner Ausdrucksweise unhöflich wird, da ihn alles nervt. Aber ich kann ja nun deswegen nicht im Garten schalfen. Ich versuche einfach meine Dinge zu machen wie immer- arbeiten gehen, Essen bereiten, waschen, reinigen, lese mal etwas)u.s.w. Was man eben so macht. Ich frage ganz normal was er essen möchte und bekomme dann auch eine Antwort, aber normale Dinge wie Nachschhlag den ich ihn immer mache, das macht er dann allein, nimmt seine Wäsche allein ab u.s.w. ich weiß nicht was er mir damit zeigen will, evtl. das er das auch allein kann. Ich lass ihn dann einfach, da ich es leid bin mir dann irgendwas anzuhören. Das hört auf, wenn die Phase vorbei ist, als hätte es nicht stattgefunden. Es ist ein Teufelskreis mit dem man klar kommen kann, aber man braucht starke Nerven und Geduld, genau diese fehlt mir manchmal und auch die Kraft, aber ich habe jetzt schon gut durchgehalten und das schaffe ich hoffe auch weiter. Mit Betroffenen zu reden ist fast nicht möglich, aber da gibt es bestimmt auch Unterschiede im Verlauf. Das war du schilderst ist fast so und wenn du ihn bewegen kannst sollte er definitiv die Therapie durchziehen. Es gibt auch Möglichkeiten für Angehörige. Du musst dir nur im Klaren sein, ob du das möchtest und schaffst. Das ,,Zusammensein,, S. gesehen kann ich nachvollziehen, es ist schwierig diese Art von Zärtlichkeiten mit einem ,,Stinkstifel,, auszutauschen und dann ist der Modus wieder eingeschalten ich bin jetzt nicht gut drauf. Ob er wirklich depressiv ist oder nur eine Selbstfinderkriese hat kann aber nur ein Arzt rausfinden. Versuche es anzuschieben, dass er einen Arzt aufsucht, biete ihm ggf. an das du ihn begleitest und draußen wartest. Andernfalls kann ich dir nur raten, lass ihn erstmal in Ruhe in diesen Phasen, er ist da nicht er selbst und belese dich, mir hat es viel gebracht, da ich das Krankheitsbild nun denke gut zu kennen und die Gesichter. Es stimmt auf den Punkt fast alles.
Viele Grüße
Mercedes01

25.10.2017 11:18 • #3

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