Rekay
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Ich bin eigentlich garnicht auf Ratschläge aus und schon gar nicht auf Mitleid. Ich glaube, es ist einfach nur das Schreiben an sich und die Tatsache, dass es hier Menschen gibt die einen verstehen können.
Ich bin mit meinen Depressionen ziemlich alleine. Allerdings habe ich mir das auch selbst ausgesucht. Ich spreche nur sehr ungern über meine komplexen Gedanken und ich glaube, dass gesunde Menschen damit auch maßlos überfordert wären - ich selbst bin mit meinen eigenen Gedanken ja schon maßlos überfordert.
Es gibt nur drei Menschen die von meiner Depression wissen. Mein Partner, meine Oma und mein Psychotherapeut. Mein Partner gibt sich wirklich alle Mühe mir zu helfen . wobei es nicht wirklich etwas zum helfen gibt.
Er fragt mich oft wie es mir geht und dass ich ihm bitte sagen soll wenn er was für mich tun kann und ich ihm sagen soll, wie er heute mit mir umgehen soll . was meistens gleich endet:
Ich mache ihm klar, dass er mir leider nicht helfen kann und ich auch eigentlich nur meine Ruhe will.
Selbst die Gespräche mit meinem Psychotherapeut bringen mir nichts. Im Gegenteil - mich strengt es wahnsinnig an regelmäßig einen Termin zu haben an dem ich über mich und meine Gedankenwelt sprechen muss. Dazu kommt, dass ich durch die Depression viel langsamer denke und auch anders spreche. Mir fallen oft Wörter nicht ein oder ich stelle Sätze merkwürdig zusammen und komme mir während ich spreche vor, als wäre ich geistig zurückgeblieben.
Ich konnte mich früher sehr gut ausdrücken, konnte fließend sprechen und während ich sprach, konnte ich schon über den nächsten Satz nachdenken. Das alles kann ich mittlerweile nicht mehr. Wahrscheinlich auch ein Grund, wieso ich lieber ruhig bin und nur das Nötigste an Konversation betreibe.
Ich habe mich weitgehenst isoliert von meinem gesamten Umfeld und wenn ich ehrlich bin kommt mir diese ganze Corona-Geschichte ziemlich entgegen.
Dieses Pflichtgefühl, sich bei der Familie blicken lassen zu müssen und sich hin und wieder auch mit den Freunden treffen zu müssen ist durch Corona ja zwangsläufig auf Eis gelegt.
Ich fühle mich wahnsinnig schlecht, dass ich mich so von allen distanziere und ich würde allen am liebsten sagen, was der wahre Grund dafür ist aber ich kann mich einfach nicht dazu durchringen. Ich gehe eigentlich davon aus, dass alle Verständnis hätten aber ich habe auch irgendwie Angst davor, anders behandelt zu werden. Das wäre für mich der Horror.
Es ist für mich aber auch der Horror wenn meine Schwester mich beispielsweise darum bittet, auf eins ihrer Kinder aufzupassen. Allein der Gedanke daran, stresst mich so wahnsinnig, dass ich am liebsten von vorne herein nein sagen würde. Andererseits möchte ich ja gerne am Leben meiner Familie teilhaben aber mir fehlt meist die Kraft dazu.
Hinzu kommt, dass ich ziemlich gefühlstot bin und ich die ganze Zeit - wie eine Schauspielerin - so tue als würde ich mich freuen meine Schwester und ihre Kinder zu sehen. Das wiederrum löst in mir ein furchtbar schlechtes Gewissen aus und endet in Selbstvorwürfen. Es ist ein Teufelskreis.
Es gibt wirklich nur ein Lebewesen, für das ich wirklich starke Verbundenheit empfinde - mein Hund.
Wie bei so vielen depressiven Menschen, ist mein Hund der einzige Grund morgens aufzustehen - raus zu gehen - Menschen zu treffen - sich zu unterhalten (auch wenn mich allein der beschissene Smalltalk schon extrem nervt).
Ich bin nicht wirklich in der Lage ein Buch zu lesen oder mich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Ich bin meist schon überfordert wenn die Wohnung geputzt werden muss und die Wäsche sich stapelt.
Ich bin wahnsinnig unkonzentriert und mit den Gedanken verstreut. Manchmal spricht mein Partner mit mir und ich antworte total mechanisch. Kurz nachdem das Gespräch beendet ist, habe ich manchmal keine Ahnung worüber wir gesprochen haben.
Ich nehme seit fast 2 Jahren Antidepressiva (Escitalopram 20mg) . die Tabletten unterdrücken meine nervösen Zuckungen, meine Erythrophobie (die mich vor der Antidepressiva-Einnahme in die völlige Isolation getrieben hat und wahrscheinlich auch mit Auslöser für die Depression ist) und meine Heulkrämpfe. Allerdings fühle ich mich wie in Watte gepackt. Alles kommt bei mir nur sehr gedämpft an und auch das macht mich krank. Ich fühle mich von meiner eigenen Gefühlswelt ausgeschlossen. Alles fühlt sich sinnlos und belanglos an. Jeder Tag gleicht dem anderen und ich hab keine Kraft das zu ändern.
Ich arbeite seit fast einem Jahr nicht mehr . war vorher selbstständig. 12 Jahre lang. Habe immer 120% gegeben und gearbeitet wie eine Verrückte. Jetzt bin ich manchmal nicht mal in der Lage die Spülmaschine auszuräumen.
Es gäbe noch so viel zu schreiben aber selbst jetzt merke ich, dass ich mich nicht mehr konzentrieren kann und keine Kraft mehr habe weiterzuschreiben. Daher lass ich es jetzt gut sein.
Liebe Grüße an alle die sich das hier durchlesen.
RK