Liebe djamila, es ist eine zweischneidige Sache mit dem Krankheit als Selbstschutz. Das hört sich schnell missverständlich so nach weiser Eigenmacht an, die wir aber ja gerade bei unseren Erkankungen viel zulange nicht hatten, unsere Erkrankungen haben viel mit Ohnmacht und Ausgeliefertsein als Kind zu tun.
Einerseits stimmt es natürlich in dem Sinne, der hier in deinem Thema diskutiert wird oder auch, wenn wir vom vordergründig körperlichen Zusammenbruch beim Burnout reden oder darüber, wie bei manchen das innere Kind für unser Überleben in untragbarer Situation sorgte, indem es Horrorerinnerungen abspaltete. Es gibt da noch weitere Beispiele.
Wenn wir davon reden, genauso wie bei deinem Beispiel, mit dem du dein Thema begonnen hast, dann reden wir von Lebenssituationen höchster psychischer und körperlicher Not, Vernachlässigung, Bedrohung und Ängstigung oder auch Überforderung.
Es geht um existentielle Gefahren für das Überleben und die Gesundheit.
Es geht um Situationen, in den so wenig Schutz und Selbstschutz möglich ist, dass der Körper massive Schutz-Mechanismen einsetzt, die ihrerseits auch sehr belastend für uns sind in der Folge. Er hat also unter nur gefährlichen Handlungsangeboten die am wenigsten schädliche genommen, die aber weit entfernt von Gesundheit und Frieden ist und später in ruhigeren Lebenssituationen immer wieder querschießt, um bearbeitet und verstanden zu werden.
Wenn Kinder ins Krankenhaus müssen, haben sie normalerweise eine irre Angst davor, gerade weil sie es als Vergleich zum Zuhause als Verlorenheit fürchten oder erleben.
Wenn nun für dich das Krankenhaus so wohltuend im Vergleich zu deinem Zuhause war, sagt das, wie du ja selber schreibst, schon alles über deine heimische Lebenssituation.
Daher würde ich hier für mich persönlich lieber von Notstop von Körper und Psyche reden, um die wirklich existentielle Ausnahmesituation zu würdigen.
Zu dem Zeitpunkt leiden wir zuvor schon so dermaßen stark und lange, dass eben unserer Psyche kein Selbstschutz mehr möglich war und auch danach werden wir noch lange mit den psychischen Folgen dieser absoluten Ohnmacht, Vernachlässigung und Schutzlosigkeit zu tun haben.
Kinder können und sollen sich nicht selber schützen müssen und wenn sie das müssen, geht das nicht ohne massive psychische Kosten und Schäden.
Dann geht es mir noch darum, dass die Gefahr der Verharmlosung überall außer hier im Forum unter Gleichgesinnten, droht. So nach dem Motto. Hab ich ja schon immer gesagt, Selbstschutz, du willst also nur nicht. Faulheit. Oder dass einem der Genuss des sekundären Krankheitsgewinns vorgeworfen wird: Du willst dich doch nur in den Mittelpunkt stellen, nach Aufmerksamkeit heischen und umsorgt werden und uns die Arbeit zuschieben. Oder gar Du simulierst ja nur.
Es kann aber auch bei uns selber und unserem Umfeld, wenn die Psyche als so eigenmächtig angesehen wird, zu Schuldzuschreibungen kommen, so dass z.B. KrebspatientInnen sich zu allem anderen noch rechtfertigen müssen, schuld an ihrem Krebs zu sein, habe ich oft gehört.
Der menschliche Körper und die menschliche Psyche haben zahlreiche Schutz- und Abwehrmechasnismen, Warnmechanismen und Notstopmechanismen zum Überleben. Für äußere Bedingungen, denen wir schutzlos ausgeliefert sind. Für Ohnmachtssituationen.
Wir dürfen sie nicht als Selbstrettung sehen oder als ob wir die Macht des gesunden Lebens alleine hätten, die haben wir nicht. Sonst ginge es uns nicht so, wie es uns heute geht.
Liebe Grüße! maya
28.07.2019 16:47 •
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