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Mutter-Tochter-Beziehung / Konflikte, Tipps & Erfahrungen

Liselotte
Ich berichte aus eigenen Erfahrungen, sowohl als Tochter. wie auch als Mutter einer Tochter.
Heute zum Frauentag ist es Zeit ein Thema zu eröffnen, welches an die Substanz gehen kann.
Die Beziehung Mutter Tochter gehört zu den wichtigsten und mit den größten Vorurteilen und Mythen belegten zwischenmenschlichen Verbindungen. Sie ist geprägt von hohen Erwartungen, sei es von Seite der Gesellschaft, wie auch von Müttern an die Töchter und Töchtern an ihre Mütter. Diese Erwartungen behindern einen Austausch auf Augenhöhe und verhindern somit ein Weiterkommen der Emanzipation von Frauen. Somit verbleiben wir, Mütter wie Töchter in der Spirale von Gewalt, Abhängigkeit, und aufopfernden und ewig liebenden Verhaltensmustern stecken.

Würde mich über eine rege Anteilnahme zu diesem Thema freuen, denn Erfahrungsberichte sind tausendmal wertvoller als jegliche Statistiken und wissenschaftlichen Veröffentlichungen, denn sie berühren unser Herz und zeigen uns die ungeschönte Realität, die es schnellst möglichst zu verändern gilt.

Liselotte M.

08.03.2019 12:43 • x 4 #1


mutmacher
Danke Liselotte- ein interessantes Thema!
Lege gleich mal los.
Das Verhältnis zu meiner Mutter war ein Leben lang katastrophal, ein anderes Wort fällt mir da wirklich nicht ein. Noch heute (ich bin 71 Jahre alt, meine Mutter 93 und im Altenheim) graut es mich, meine Mutter zu besuchen! Ich habe sie 3 Jahre in meinem Elternhaus gepflegt, meine eigene Wohnung und Privatleben total zurückgestellt um ihr alles recht zu machen- ich hab es nicht geschafft! Schließlich war ich so erschöpft (vor allem psychisch/ das Gefühl meiner Mutter gegenüber war ein Leben lang nur ANGST), dass ich das Elternhaus verkaufte und meine Mutter ins Altenheim brachte. Jetzt besuche ich sie jeden Monat für ein WE in Monatsmitte, muss aber für 1 Fahrt 135 km Autobahn fahren (und fahre sehr ungern und unsicher Autobahn). Kaum bei ihr angekommen überfällt sie mich sofort mit ihren 1000 Wünschen und Anforderungen. Sie lügt, beschwert sich über das Personal, jammert und heult mir die Hucke voll, hält ständig die Hand auf für Geld, das sie eigtl. gar nicht auf dem Zimmer haben darf, um Putzfrau, Nachtwache usw zu schmieren! das heißt, sie will sich damit beliebt machen, indem sie Geld verschenkt.
Ich habe von der Fahrt noch nicht Platz genommen od. erholt, will sie, dass ich ihren Kleiderschrank aufräume usw.
Wenn ich ehrlich bin, kann ich es kaum erwarten, endlich aus dieser Nummer raus zu sein!
- Ganz anders das Verhältnis zu meiner Tochter.
Obwohl wir 30 Jahre Altersunterschied haben, hatten wir immer ein freundschaftliches Verhältnis. Das hysterische Verhalten meiner Mutter in meiner Kindheit hatte bei mir zur Folge, das ich sowas unter keinen Umständen weitergeben wollte. Meine Mutter überdeckte jede Unpässlichkeit oder Depression mit einem Kaufrausch und Alk.. Erst als sie mit einer schweren Bauchspeicheldrüsenentzündung in die Klinik musste, wurde sie mit Alk. etwas zurückhaltender. Da ich leider in einem Weingebiet aufgewachsen u. wir auch selbstgemachten Wein im Keller hatten, war das natürlich auch für mich lebenslang ein Gefahr- ja selbst meine Tochter muss sich da am Riemen reißen. Aber meine Mutter war ja ein gutes Negativvorbild wie es eben NICHT laufen sollte.
Vlt. reicht das mal fürs Erste. Bin gespannt, wie sich der Thread entwickelt.
Dir noch`n schönen Tag, Liselotte

08.03.2019 14:17 • x 4 #2


A


Hallo Liselotte,

Mutter-Tochter-Beziehung / Konflikte, Tipps & Erfahrungen

x 3#3


Juju
Zitat von mutmacher:
Danke Liselotte- ein interessantes Thema! Lege gleich mal los. Das Verhältnis zu meiner Mutter war ein Leben lang katastrophal, ein anderes Wort fällt mir da wirklich nicht ein. Noch heute (ich bin 71 Jahre alt, meine Mutter 93 und im Altenheim) graut es mich, meine Mutter zu besuchen! Ich habe sie 3 Jahre in meinem Elternhaus gepflegt, meine eigene Wohnung und Privatleben total zurückgestellt um ihr alles recht zu machen- ich hab es nicht geschafft! Schließlich war ich so erschöpft (vor allem psychisch/ das Gefühl meiner Mutter gegenüber war ein Leben lang nur ANGST), dass .
.


Habe Deine Geschichte gelesen und meine Mutter ist schon tot.
Ich bin nur überrascht, dass Deine Mutter trotz scheinbar ständigem Alk. synchron alt wurde oder ist.

08.03.2019 15:31 • x 4 #3


Juju
Zitat von Juju:

Habe Deine Geschichte gelesen und meine Mutter ist schon tot.
Ich bin nur überrascht, dass Deine Mutter trotz scheinbar ständigem Alk. synchron alt wurde oder ist.


. . . trotzdem so alt wurde, sollte das heißen.

08.03.2019 15:33 • x 1 #4


mutmacher
@Juju
Ja, das stimmt! Selbst die Mutter meiner Mutter trank jeden Tag 1 Fl. Wein! ging nie zum Arzt, wusste nichts von Blutdruck, Cholesterin u. Co und aß, was und wieviel ihr schmeckte (wurde nach einem Schlaganfall nur 84 Jahre alt). Wie gesagt, meine Mutter erschrak mit dieser schlimmen schmerzhaften Entzündung und man redete ihr sicher ins Gewissen und sie wurde mit ca. 50-60 Jahren etwas zurückhaltender bzgl. Alk. Dafür nahm sie dann aber Pillen jeglicher Art. ja wir staunen auch, dass sie noch lebt.

08.03.2019 15:53 • x 3 #5


Liselotte
Danke, sehr interessant.
antworte später, muss noch mal raus, Sonne tanken und bewegen.
bis später.

08.03.2019 15:57 • x 1 #6


Alexandra2
Liebe mutmacher, es tut mir sehr leid, was Du erleben musstest und immer wieder erträgst. Ich kenne diese tiefe Erschöpfung, die eine kraftraubende Mutter hinterlässt. Hat man sich ein wenig erholt, geht's von vorne los.
Ich hatte es leichter, als meine Mutter mich während eines Kliniksaufenthaltes zurück stieß und ich mich aus Selbstschutz endgültig von ihr lossagte.

Ich fasse mich mit meiner Mutter kurz:
Angst, Todesangst
hast Du mir beigebracht
still, bedürfnislos
zu sein
und unstillbare Sehnsucht
nach Frieden, Nestwärme
zu haben
Deinen ewigen Hass nahmst Du mit
und ich finde mich immer mehr.
Ich darf sein.

Liebe Grüße

08.03.2019 18:37 • x 3 #7


Seelenzwilling
Hallo Liselotte,

Spannendes Thema.
Ich kann nur aus der Sicht einer Tochter sprechen. Ich bin 26 Jahre alt und meine Mama wird 60.

Meine Mam und ich hatten früher ein sehr schlechtes Verhältnis. Zudem muss ich auch leider sagen, dass die Gewalt ein tägliches Thema war. Mein Vater und mein ein und alles lebte seit meiner Geburt nicht mehr bei uns und oft fühlte ich mich mit ihr gefangen. Irgendwann Begriff ich, dass ich nicht so mit mir umspringen lassen muss und fing an mich zu wehren. Ich war fast jedes Wochenende weg von zuhause. Hab einfach reiß aus genommen. Meine Worte wurden aggressiver und verletzender und ihre schläge auch. Irgenwann war ich so selbstgefällig, dass ich ihre schläge ignorierte um ihr keinen gefallen damit zu tun und sie somit weiter zu provozieren. Ich habe ihr ganz deutlich gezeigt das ich sie hasste und oft hat sie mir das selbe gezeigt.

Dann starb mein Vater. Es war eine sehr langwierige und qualvolle Reise und ich bin innerlich gebrochen. Mir fehlte der Antrieb mich weiter mit ihr zu streiten. Ich war wie eine Hülle gefüllt mit Tränen.

Dann kam die Zeit wo ich ausgezogen bin mit 17. Meine mum und ich sahen uns immer seltener. Am Anfang jedes Wochenende (weil ich keine Waschmaschine hatte) und dann ziemlich schnell fast gar nicht mehr.

Und je weniger wir uns sahen umso mehr hatten wir Zeit uns zu erholen und nachzudenken. Dann fingen wir an zu telefonieren und zu schreiben. Bis das erste ich hab dich lieb gesprochen wurde. Wir haben uns gegenüber immer mehr geöfften uns gegenseitig die Sorgen erzählt und gemeinsam gelacht wenn wir telefonierten. Wir sagen uns oft, dass wir uns lieb haben und geben uns gegenseitig Ratschläge. Wir weinen wenn wir uns verabschieden ( da wir uns meist nur 2 mal im Jahr sehen weil ich mit der Weile etwas weiter weg wohne). Wir haben uns gegenüber vor kurzem ausgesprochen weil diese ganze Vergangenheit noch irgendwie an uns lastete. Wir haben uns entschuldigt und dem gegenüber Verständnis ausgesprochen. Ich weiß, dass ich nicht leicht war zu händeln , besonders als dann auch mein Vater krank wurde und sie weiß mit der Weile, wie unglaublich schwer es für mich gewesen ist weil ich ganz alleine mit diesem ganzen Schmerz war. Wir verstehen uns besser als ich es mir je hätte erträumen können und ich kann sagen das ich meine Mutter wirklich liebe.

08.03.2019 20:21 • x 4 #8


Liselotte
@Seelenzwilling

Was für eine Geschichte, danke.

Voll des Wandels in der Beziehung zwischen Deiner Mutter und Dir.

Ich denke, in der Pubertät ist es ganz normal sich zu lösen, sich zu streiten, sich anzuschreien.
Die Trennung jedoch hat euch Zeit gegeben und ihr habt sie genutzt.

Besonders Du, als Jüngere und als Tochter hast Dich wahnsinnig erwachsen, authentisch und reflektiert verhalten.

Ich freue mich sehr, dass ihr zueinander gefunden habt, ja es ist sogar etwas passiert, was Du Dir nicht erträumen konntest. Aber Du hast Dir diesen Traum erarbeitet, Du warst bereit für einen Neuanfang.

Ich finde Deinen letzten Satz so berührend, Liebe zwischen Tochter und Mutter wird erkannt und gelebt.

Ganz liebe Grüße
Martina

08.03.2019 20:36 • x 4 #9


Liselotte
Bis zu ihrem 5.Lebensjahr lebte meine Tochter mit mir und ihrem Vater in Italien. Oft waren wir bei den Großeltern und es gab eine richtige Familie für sie. Eine typische italienische Traumoma, die sie verwöhnte, für alle kochte, für sie strickte und häkelte. Einen Großvater, der sie abgöttisch liebte, mit ihr bastelte, mit ihr auf der gro0en, sonnigen Terrasse die Nachmittage verbrachte. Es gab Tage, die sich nur nach ihren Bedürfnissen richteten und alle bewunderten dieses blonde, kleine Traumwesen, welches so sehr aus dem italienischen Bild herausstach. Eine wahre Prinzessin.
Ich war damals 18 Jahre jung , hatte nie so etwas wie eine Familie kennengelernt und war die Deutsche, die Ernste, jemand der in diese Konstellation nicht freiwillig gegangen ist. Niemand kannte meine Geschichte, niemand wusste das ich diesen Mann heiraten musste, weil ich sonst weiter auf der Straße hätte leben müssen.Noch schlimmer, da ich keine gültigen Papiere hatte, hätte ich nach Deutschland zurückkehren müssen. Wohin? Zu meiner Mutter, die geschwiegen hat, zu Missbrauch, die wollte, dass ich meine Tochter sofort in eine Krippe geben sollte und dann doch putzen gehen könne.
Ich war eingesperrt, wieder eingesperrt, aber für meine Tochter war es eine glückliche Zeit.
Alles in meinem Leben habe ich entschieden um sie zu schützen, um das Beste für sie zu ermöglichen.
Ich selbst hatte keinerlei Bedeutung, ich war unglücklich, traurig mit diesem 10 Jahre älteren Mann, der mich bewachte, wie eine Gefangene. ich durfte das Haus nicht alleine verlassen, durfte mit niemanden reden.

08.03.2019 21:08 • x 3 #10


Simone
Hallo meine Liebe, ich hatte ja ein sehr gutes Verhältnis zu meiner Mutter, bis ich ihr erzählt hatte das ich mein Studium abgebrochen habe. Seitdem ist es ja leider zwischen uns aus mit dem Kontakt. Ich leide darunter immer noch sehr. Aber das zum Thema Mutter-tochter Beziehung

08.03.2019 23:36 • x 3 #11


Liselotte
@Simone
Ich kann mir absolut nicht vorstellen, das Euer Verhältnis davor in Ordnung gewesen sein kann.
Wenn sie Dich als eigenständige Frau akzeptieren könnte,
Dich als Tochter lieben würde,
wäre diese Banalität absolut kein Grund den Kontakt auf diese Art und Weise zu unterbinden.
Da würde ich an Deiner Stelle mal etwas genauer hinschauen.

09.03.2019 09:53 • x 1 #12


Liselotte
Ich bin bis zum Tod meines Schwiegervaters in Italien geblieben. Er war mir vom ersten Zusammentreffen zu einem herzlich zugewandtem Freund geworden. Wir spielten zusammen Karten, er konnte das Haus nur selten verlassen. Er hatte eine Beinprothese, welche nicht die Beste war, sie machte unangenehme Geräusche bei jeder Bewegung das war ihm peinlich. Er hatte auch schon eine Kehlkopfoperation hinter sich. so das seine Stimme nicht mehr die Seine war. Trotz aller dieser Einschränkungen ist er ein stolzer und mitfühlender Mensch geblieben, der jeden Tag seine Aufgaben erfüllte und seine Söhne, die nicht nach seiner Vorstellung geraten waren, in jeglicher Hinsicht unter die Arme griff.
Er sagte mir schon früh, das wenn es einmal an das Sterben ginge, er sich mich an seiner Seite wünsche und so haben wir das dann auch gemacht. Er kam in die kleine hässliche Stadt, in die 2 Zimmerwohnung im 11. Stock, in der ich, meine Tochter und ihr Vater damals zusammen lebten, etwa 140km von Rom entfernt. Er sagte nichts, doch ich wusste, jetzt ist es soweit.

09.03.2019 10:13 • x 2 #13


Liselotte
Morgen kommt meine Tochter zum Frühstück, wenn sie es dann wirklich macht.
Wir haben uns seit September vergangenen Jahres nicht mehr gesehen.
Also, ich werde ihr ohne Maske begegnen, habe keinen Plan, will nichts, erwarte nichts, werde nicht aufräumen, werde mich nicht anstrengen, werde einfach nur Martina sein. So wie ich bin, sein will.

09.03.2019 20:05 • x 3 #14


A


Hallo Liselotte,

x 4#15


Liselotte
moin,moin.
oh je.grau ist es im Hinterhof,und ich kann nicht definieren wie es mir geht. Ich freue mich nicht auf den Besuch meiner Tochter, wie traurig. Zu oft hat sie mich einfach nicht gesehen, zu oft hat sie nur ihr eigenes Wohlergehen im Auge gehabt und hat mich behandelt wie eine Aussätzige. Irgend etwas, nein nicht irgend etwas sondern die bedingungslose Liebe, die ich viele Jahre, Jahrzehnte für sie empfand ist einer Gleichgültigkeit gewichen. Kein Kampf mehr um Zuneigung, Anerkennung, zu viele Schläge ins Gesicht und Erniedrigungen habe ich ertragen. Man sagt ja, eine Sache ist erst verloren, wenn man sie aufgibt und ich merke, ich habe aufgegeben. Das ist sehr traurig. Aber wenn man sein Leben, seine Jugend einem anderen Menschen geopfert hat, weil man es über seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse hinaus als wichtigste Lebensaufgabe definiert hat, sein Kind zu schützen und maximal zu fördern und es kommt nichts, nicht nur nichts, sondern sogar eine Art von Respektlosigkeit und Desinteresse, dann ist die Erkenntnis bitter. Aber nun, vorbei, erkannt, unter Erfahtrung abgebucht.

10.03.2019 09:57 • x 4 #15

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